Erfolgsfaktoren in der Patientengewinnung Entscheidungsprozess und –faktoren bei der Wahl eines Akutspitals Modul Marketing und Mittelbeschaffung Gedanken eines Dienstleistung-Marketeers Thomas Helbling thomas.helbling@fhnw.ch; 078 690 20 50 Kundenorientierung muss eine Leidenschaft sein. Akquisition und Kundenbindung ist ein Handwerk, das Spass macht. thomas.helbling@fhnw.ch Kernaufgabe des Klinik-Marketing Aktuelle Patienten zufrieden stellen und neue Patienten gewinnen Bestehende Patienten 9 von 10 Patienten würden für dieselbe Behandlung wieder in dieses Spital kommen Neukundenakquisition 11.06.2014 2 Patientengerechte medizinische und pflegerische Leistungen Quelle: Nationale Patientenbefragung 2012. In: http://www.hplus.ch/de/zahlen_fakten/akutsomatik/qualitaet/ 19.5.14 thomas.helbling@fhnw.ch Kernaufgabe des Klinik-Marketing Aktuelle Patienten zufrieden stellen und neue Patienten gewinnen Bestehende Patienten Neukundenakquisition 11.06.2014 3 thomas.helbling@fhnw.ch Erfolgsfaktoren in der Patientengewinnung Programm • Ausgangslage: Bekannt komplexes Marktsystem • Zuweisermarketing • Neupatientenakquisition • Patientenentscheidungsverhalten • Marktbearbeitungsstrategie 11.06.2014 4 thomas.helbling@fhnw.ch Abgrenzung Nicht Gegenstand Referat «Werbung zur Patientengewinnung» 11.06.2014 5 «Werbung» für Spitäler: ca. 20 Mio. CHF/Jahr Quelle: WEMF, (eigne Auswertung) thomas.helbling@fhnw.ch Erfolgsfaktoren in der Patientengewinnung Programm • Ausgangslage: Bekannt komplexes Marktsystem • Zuweisermarketing • Neupatientenakquisition • Patientenentscheidungsverhalten • Marktbearbeitungsstrategie 11.06.2014 6 thomas.helbling@fhnw.ch Marktstruktur Krankenhaus Komplexes System mit unterschiedlichsten Ausgangssituationen & Erwartungen 11.06.2014 7 thomas.helbling@fhnw.ch Marktbearbeitung Zwei Märkte mit komplett unterschiedlichen «Best Practice» Zuweisermarketing Schlüsselfragen: • Welche Rolle spielen die Zuweiser, in im Entscheidungsprozess der Patienten? • Welche Bedürfnisse haben Zuweiser? • Wie können diese effizient bearbeitet werden? Patientenmarketing 11.06.2014 8 Quelle: Rotthaus. In http://www.qualitaetsmedizin.ch/wp-content/uploads/2013/06/5_SGfM-Vortrag-Rotthaus-Marketing.pdf thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 9 Bedeutung der zuweisenden Ärzteschaft: Entscheider oder Beeinflusser? Aus Perspektive dieser selber Quelle: Sloane et al. (2008); Sobhani/Bär (2010) 430 (Mehrfachnennungen) - eigene Darstellung thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 10 8.25 8.01 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 If surgery were the only solution for me, it would be important for me to select the hospital/surgeon myself I want to be the person who decides about undergoing surgery, not the HCP or anyone else Mittelwert (Min: 1 / Max: 10) Quelle: LINK Institut (2009) Befragung von Orthopädiepatienten in D, F, I - eigene Darstellung PS. Werte entsprechen den Ergebnissen einer laufenden Untersuchung in der Schweiz Bedeutung der zuweisenden Ärzteschaft: Beeinflusser! Perspektive europäische Patienten thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 11 Entscheidungskriterien und Bedürfnisse der Key Beeinflusser Faktoren für Spitalempfehlung aus Sicht Hausarzt/Spezialist USA 1. Standard of services provided by hospital 1. Standard of nursing care at hospital 2. Own preference 3. Patient preference 4. Written care summary sent to you by hospital 5. Patient’s insurance status 6. Availability of resident medical staff at hospital 6. Location of hospital Europa 1.Rückmeldung Patienten 2.Persönlicher Kontakt zu Klinikärzten 3.Fortbildungen/Veranstaltungen der Kliniken Quelle: Sloane et al. (2008); Rotthaus thomas.helbling@fhnw.ch Neupatientenakquisition aus Perspektive «Zuweisermarketing» Zuweiser sind die Keyaccounts der Spitäler Analyse und Kategorisierung der aktuellen und potenziellen Zuweiser – Analyse der Bedürfnisse, Zufriedenheit und Art u. Anzahl der Einweisungen der zuweisenden Stellen. – Bekannte Standardkriterien zur Optimierung sind 1. Kommunikation Klinik-Zuweiser (u.a. Entlassungsberichte: zeitnah, präzise, attraktiv) 2. Erreichbarkeit Klinikärzte 3. Medizinische Versorgung Marktbearbeitung – Bearbeitung gehört zum Jobprofil der leitende Ärzteschaft – Prozesse & Ressourcen für kontinuierliche Bedürfnisbefriedigung der Zuweisenden müssen aufgebaut werden. 11.06.2014 12 Quelle: Rotthaus. In http://www.qualitaetsmedizin.ch/wp-content/uploads/2013/06/5_SGfM-Vortrag-Rotthaus-Marketing.pdf thomas.helbling@fhnw.ch Marktbearbeitung Zwei Märkte mit komplett unterschiedlichen Best Practice Zuweisermarketing Patientenmarketing Schlüsselfrage: • Wie können neue Patienten effizient und effektiv gewonnen werden? 11.06.2014 13 thomas.helbling@fhnw.ch Gedankenexperiment Situation • Ihr Krankenhaus steht vor der Einführung eines neuen ERP-Systems. • Unbestritten ist, dass Sie externen Support benötigen. • Verschiedene IT-Consultant (die Sie alle nicht kennen) haben ein Angebot unterbreitet. • Sie haben sich für IT-Consultant A entschieden. Frage: Wann wissen Sie, ob Sie sich richtig entschieden haben? a) im Moment der Entscheidung b) im Verlaufe des Projektes c) bei Projektabschluss d) nie 11.06.2014 14 thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 15 Patientenentscheidungsverhalten hohen Informationsasymmetrien zwischen Anbietern und Verbrauchern Zeitpunkt der Eigenschaftsbeurteilung Vor Kauf Nach Kauf Beurteilbar- keit von Leistungs- eigen- schaften Möglich Sucheigenschaften Erfahrungseigenschaften Nicht möglich Erfahrungs- bzw. Vertrauenseigen- schaften Vertrauenseigenschaften Quelle: Weiber/Adler 1995 aus: Kuss A., Tomczak T. (2007) Käuferverhalten. 119 thomas.helbling@fhnw.ch Neukundenakquisition für Vertrauensgüter Methodische Herausforderung: Akquisition von Neukunden für Vertrauensgüter Generische Ansätze zur Risikoreduktion - das A&O • Kauf zur Probe • Garantien • Marken/Reputation • Vertrauenstransfer via bekannter Personen • Mund-zu-Mund-Kommunikation • People Business • Darstellung der eigenen Potenziale • Lieferantenloyalität; z.T. sogar trotz nur bedingter Zufriedenheit 11.06.2014 16 thomas.helbling@fhnw.ch Akquisitionen von neuen Patienten Patienten suchen nicht primär mehr Informationen sondern Risikoentlastung • Probekauf • Leistungen mit geringerem gefühlten Risiko anbieten (z.B. Ambulatorium mit Physiotherapie, Rückengymnastik) • Events wie Informationsabende oder Tag der offenen Tür • Besucher • Darstellung der eigenen Potenziale • z.B. Anzahl erfolgreiche Eingriffe mit konkreten positiven Patientengeschichten • Garantien • Vertrauenstransfer via bekannter Personen • Zuweiser und andere Health Professional als Testemonials gewinnen • People Business: Belegarztsystem • Marken/Reputation (vgl. Referat M. Marini, AMEOS Gruppe) 11.06.2014 17 thomas.helbling@fhnw.ch Erfolgsfaktoren in der Patientengewinnung Programm • Ausgangslage: Bekannt komplexes Marktsystem • Zuweisermarketing • Neupatientenakquisition • Patientenentscheidungsverhalten • Erfolgreiche Patientenakquisition 11.06.2014 18 thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 19 Phasen-Modell für Patientenentscheidungen In der Online-Welt vermischen sich die Phasen Mythos «Aufgeklärter Patient»? • Mehr als 50% der Patienten wählen Vereinfachungsstrategie und umgehen Informationssuche, Bewertung und Entscheidung (D) Vorkonsum Konsum Nachkonsum Quelle: Meffert/Bruhn (2009), 89. Sobhani/Bär (2010) 430 thomas.helbling@fhnw.ch 20 Patientenentscheidungsverhalten Basis für effiziente Marktbearbeiitung Quelle: Modifiziertes S-O-R-Modell (Kotler, Keller, 2007, 27 und Anderson, 1995) - eigene Darstellung. thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 21 Informationskanäle Ergebnis Metaanalyse • Zuweisende Ärzte: Topbeeinflussende sind diese auf jeden Fall! • Einfluss von Verwandten und Bekannten - ist geringer als bisher angenommen und - substantiell tiefer als gemäss Theorie Vertrauensgüter zu erwarten ist (bis Faktor 3) • Am Beispiel Orthopädiepatienten (Gelenkersatz) 20% 19% 19% 7% 9% 12% 18% 21% 14% 11% 0% 10% 20% 30% 40% 50% "Behandlungsart" "Spital" Quelle: LINK Institut (2009) Befragung von Orthopädiepatienten in D, F, I - eigene Darstellung; vgl auch Sauerland/Wübker, (2008) und andere Studien thomas.helbling@fhnw.ch Kriterien bei der Auswahl eines Spitals Erste Ergebnisse eines laufenden Marktforschungsprojekt (Orthopädie, Kantonsspital) 4.4 3.2 4.1 4.3 3.3 4.0 4.3 3.6 3.3 3.6 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 23 Entscheidungskriterien Ergebnis Metaanalyse Qualität medizinische Leistung • 81% der Patienten sagen diese sei wichtig, aber nur die Hälfe gibt an, dass Qualität bei eigener Wahl Entscheidungskriterium war. Umstrittene Bedeutung von Spitalranking (Qualitätsreporte) • Ergebnisse verschiedener Studien streuen sehr stark • Wichtigkeit der Qualitätszertifikate ist zunehmend Geografische Distanz • Patienten mit komplizierten Krankheitsbildern nehmen grösser Distanz auf sich Erwartete menschliche Atmosphäre und Zuwendung Eigene Erfahrung als Besucher im Spital Quelle: Sauerland/Wübker (2008); Leister (2008); Sloane et al. (2008); Sobhani/Bär (2010) thomas.helbling@fhnw.ch Chance «Besuchende» Ausgangslage High Potential • Die grosse Mehrheit Ihrer neuen Patienten kennen Ihr Krankenhaus bereits als Besucher • Besuchende von Patienten sind oft in gleichen Lebens(abschnitt)situationen (z.B. Geburtskliniken: Freundinnen im gleichen Alter; Sportler; ältere Personen) Awarness • Die überwiegende Anzahl der Neupatienten kennt die Konkurrenz-Spitäler und das gewählte Krankenhaus aus Perspektive «Besuchende» • 90% der Orthopädiepatienten kennen die Klinik aus Perspektiv «Besucher» Schweiz (Laufende Untersuchung in einem Kantonsspital im Mittelland, 2014) High Involvement • Besucher taxieren eigene Erfahrungen analog Patientenerfahrung 11.06.2014 24 thomas.helbling@fhnw.ch Besuchende als potenzielle neue Patienten gewinnen Low Hanging Fruit Zielsetzung • Top of Mind dank bewusster, zielgruppengerechter Marketingkommunikation Umsetzung • Nutzung aller Touchpoint zur Kommunikation relevanter Botschaften • Behandlungsergebnisse via Story Telling Patientengeschichten • Ergebnisse Patientenzufriedenheitsanalysen • … • Customer Experience • Homepage (Emotionale Zusatzbotschaften, ergänzend zu meist guten funktionalen Informationen) • Positive Bild vom Personal (Fokus: Kommunikationsfähigkeit) 11.06.2014 25 thomas.helbling@fhnw.ch Erfolgsfaktoren in der Patientengewinnung Programm • Ausgangslage: Bekannt komplexes Marktsystem • Zuweisermarketing • Neupatientenakquisition • Patientenentscheidungsverhalten • Marktbearbeitungsstrategie 11.06.2014 26 thomas.helbling@fhnw.ch Stellen Sie sich vor Sie sind verantwortlich für eines der über 300 ***-Ferienhotels in Rimini… 11.06.2014 27 thomas.helbling@fhnw.ch Versuchen Sie alle diese Kundengruppen mit dem gleichen Kommunikationsmix als Hotelgäste zu gewinnen? 11.06.2014 28 thomas.helbling@fhnw.ch Und wie zielgruppengerecht bearbeitet Ihre Klinik Ihre Patienten? In CH-Spitalmarkt verbreitete Kategorisierung Gemeinsame Kernnutzen: Schmerzfreiheit, Lebensqualität, etc. Haben aber wirklich alle z.B. Kreuzband-Patienten das gleiche • Informationsverhalten? • Ansprüche an Betreuung • … oder ist nicht deren einzige Gemeinsamkeit die Indikation? 11.06.2014 29 Medizinisches Angebot Zielgruppe Orthopädie Gynäkologie Chirurgie …. Privatpatienten KVG-Patienten thomas.helbling@fhnw.ch Undifferenzierte Marktbearbeitung – Ressourcensparend aber ineffizient Fallbeispiel Orthopädiepatienten 11.06.2014 30 Fearless Sportsman (1) • ältere Personen • Ländliche Umgebung • Häufiger Besuch beim Orthopäden, selten Physiotherapie • Wiedererlangung von Mobilität • Wenig Ängste, Sorgen für OP • Doktor als Berater und Partner Anxious Child (4) • Urbane Region • Selten behandelt durch Orthopäde • Skeptische Haltung bez. Operation • Ängstlich, besorgt, unsicher, • Doktor als «Vater» • Braucht viele Informationen Offensive controller (3) • Lange «Leidensgeschichte» • Kontroll-Person • Nimmt Rat von anderen nicht an / will komplette Infos haben • Doktor als unterstützende Rolle für eigene Entscheidung • Weinerlich Independent Adult (2) • Kurze «Leidensgeschichte» • Wenig Beteiligung bei OP • Wenig Bedenken • Unabhängig von anderen • Hohe Informationssuche • Doktor spielt keine wichtige Rolle Quelle: LINK Institut (2009) Befragung von Orthopädiepatienten in D, F, I - eigene Darstellung thomas.helbling@fhnw.ch One size does not fit for all (1) Motive für den Eingriff 11.06.2014 31 Quelle: LINK Institut (2009) Befragung von Orthopädiepatienten in D, F, I - eigene Darstellung thomas.helbling@fhnw.ch One size does not fit for all (2) Einstellungen und Informationsbedürfnis 11.06.2014 32 Quelle: LINK Institut (2009) Befragung von Orthopädiepatienten in D, F, I - eigene Darstellung 1 3 5 7 9 11 It is essential that my doctor doesn't only have medical knowledge but also social & human sensitivity. It would be very important for me to be able to select the hospitalby myself. I always like to be reassured by my doctor about my state of health situation. If my doctor recommends surgery, I will not decide at once but first try to look for more information. I utterly trust my doctor therefore I would follow his or her advice. thomas.helbling@fhnw.ch One size does not fit for all (3) Befürchtungen 11.06.2014 33 Quelle: LINK Institut (2009) Befragung von Orthopädiepatienten in D, F, I - eigene Darstellung thomas.helbling@fhnw.ch Informationsquellen Phase in der Wahl des Krankenhauses erfolgt 11.06.2014 34 Quelle: LINK Institut (2009) Befragung von Orthopädiepatienten in D, F, I - eigene Darstellung Neupatientenakquisition Zusammenfassende Gedanken des Dienstleistungsmarketeers 11.06.2014 35 • Patientengerechte medizinische und pflegerische Betreuung ist Basis für Reputation • Ressourcen investieren in professionelle Zuweiserbearbeitung • Fokus auf definierte Zielgruppe(n) • Online Marketing • systematischen Bearbeitung von Besucher thomas.helbling@fhnw.ch 11.06.2014 36 • Meffert H., Bruhn M. (2009). Dienstleistungsmarketing. Grundlagen – Konzepte – Methoden. 6. Auflage. Gabler. • Kotler P., Keller K. & Bliemel F. (2007). Marketing Management. 12. aktualisierte Auflage. Pearson Prentice Hall. • Wilson A., Zeithaml V., Bitner M. & Gremler D. (2008). Services marketing. Integrating Customer Focus Across the Firm. First European Edition. McGraw Hill International Edition. • Ennker J., Pietrowski D., (2009). Krankenhaus-Marketing. Ein Wegweiser aus ärztlicher Perspektive. Steinkopff Verlag. • Young G. (2011). What is a Hospital’s Reputation? Relating Hospital Characteristics to the Judgements of Patients and Doctors. Paper presented to the 15th annual meeting of the reputation research. May 15. 2011 • Koch C. (2010). Achtung: Patient online! Wie Internet, soziale Netzwerke und kommunikativer Strukturwandel den Gesundheitssektor transformieren. Gabler. • Sobhani B., Bär S. (2010). Das Unentscheidbare entscheiden. In: Das Krankenhaus. 5..2010. 427-432. Literaturtipps