Institut für Bauingenieurwesen Institut für Geomatik Hofackerstrasse 30 4132, Muttenz alexander.erath@fhnw.ch www.fhnw.ch Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder Projektbericht Prof. Dr. Alexander Erath, Adrian Meyer, Dr. Sara Venuleo, Prof. Dr. Denis Jordan Muttenz, November 2023 Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 2/83 Impressum Forschungsstelle und Projektteam Prof. Dr. Alexander Erath Adrian Meyer Dr. Sara Venuleo Prof. Dr. Denis Jordan Projektbeirat Thomas Marty (Bundesamt für Energie) Arne Schöllhorn (Kanton Basel-Stadt) Dr. Corsin Sulser (Parcandi) Frank Ritz (Parcandi) Ralf Fahney (Parcandi) Paolo Maltese (Bundesamt für Strassen) Projektfinanzierung Koordinationsstelle für nachhaltige Mobilität (KOMO), Bundesamt für Energie Amt für Mobilität, Kanton Basel-Stadt Parcandi AG Schlagwörter Flexibel vermietete Parkfelder; Parcandi; PropTech; Smart Parking; verkehrliche Wirkung Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 3/83 Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 4/83 Inhaltsverzeichnis Kurzfassung 7 Ausgangslage und Forschungsfragen 7 Vorgehen und Datengrundlagen 7 Resultate 8 Analyse der Parkfeldnutzung 8 Substitutionsverhalten 9 Verkehrliche Wirkung 9 Handlungsempfehlungen 11 Flexible Vermietung von Parkfeldern 11 Regulation durch Städte und Gemeinden 11 1 Ausgangslage, Forschungsfragen, Vorgehen 13 1.1 Ausgangslage 13 1.1.1 Flexible Vermietung privater Parkfelder 13 1.1.2 Pilotversuch in Basel 13 1.2 Forschungsfragen 14 1.3 Übergeordnetes Vorgehen 16 2 Analyse der Buchungsdaten 18 2.1 Datenbasis 18 2.2 Buchungen nach Parkhausstandorten 18 2.2.1 Generierte Fahrten 18 2.2.2 Belegungsgang 19 2.3 Regelbasierte Identifikation von Nutzendengruppen 20 2.3.1 Buchungshäufigkeit pro Autokennzeichen 20 2.3.2 Nutzendengruppen 22 2.4 Ergebnisse der Auswertung nach Nutzenden-Kategorien 23 2.4.1 Anzahl generierter Fahrten 23 2.4.2 Belegungsgang im Tages- und Wochenverlauf 25 2.5 Wirtschaftliche Aspekte der Parkfeldnachfrage 27 2.6 Datenbasierte Klassifizierung von Nutzendengruppen 28 2.6.1 Klassifizierungsmethoden 28 2.6.2 Ergebnisse 29 Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 5/83 3 Befragung von Nutzenden 30 3.1 Zielgruppen und Art der Rekrutierung 30 3.2 Aufbau des Fragebogens 30 3.3 Rücklauf und Vergleich mit Grundgesamtheit 34 3.3.1 Rücklauf 34 3.3.2 Vergleich mit Grundgesamtheit 34 3.4 Deskriptive Analyse 36 3.4.1 Gelegenheitsnutzende 36 3.4.2 Regelmässig- und Dauernutzende 39 3.5 Mehrverkehr aufgrund von Substitution 42 3.6 Zwischenfazit 45 4 Statistische Modellierung zur verkehrlichen Wirkung 45 4.1 Vorgehen 45 4.2 Klassifikation mit Multinominalem Logit-Modell 46 4.2.1 Modell 1.1 zum Substitutionsverhalten auf übergeordneter Ebene mit Daten zu Parkvorgängen kürzer als 24h 47 4.2.2 Modell 1.2 zum Substitutionsverhalten auf übergeordneter Ebene mit Daten zu Parkvorgängen länger als 24h 49 4.2.3 Modell 2.1 zum Substitutionsverhalten auf Ebene «Typ des alternativ gewählten Parkplatzes» mit Daten zu Parkvorgängen kürzer als 24h 51 4.2.4 Modell 2.2 zum Substitutionsverhalten auf Ebene der Wahl eines alternativen Parkplatztyps mit Daten zu Parkvorgängen länger als 24h 53 4.2.5 Modellkenngrössen 55 4.2.6 Zwischenfazit 55 5 Abschätzung der verkehrlichen Wirkung 56 5.1 Vorgehen 56 5.2 Resultate 57 5.2.1 Verkehrliche Gesamtwirkung 57 5.2.2 Verkehrliche Wirkung bei den am häufigsten benutzten Standorten 58 5.2.3 Verkehrliche Wirkung nach Tageszeit 61 5.2.4 Wirkung bezüglich Mehrverkehr 62 5.2.5 Wirkung auf den Parkplatzsuchverkehr 63 5.2.6 Potenzial zur Reduktion der Anzahl anderer Parkfelder 65 5.3 Verkehrsmindernde Wirkung im Kontext Homeoffice 69 5.3.1 Ausgangslage 69 Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 6/83 5.3.2 Fallunterscheidung 69 5.3.3 Quantifizierung 72 5.3.4 Verkehrsmindernde Wirkung im Vergleich zum Mehrverkehr 74 5.4 Zwischenfazit 75 6 Synthese 76 6.1 Handlungsempfehlungen bezüglich der flexiblen Vermietung von privaten Parkfeldern 76 6.1.1 Günstigere Nutzungsmöglichkeiten von privaten Parkfelder nachts 76 6.1.2 Erhöhung der Anzahl von flexibel genutzten, privaten Parkfelder in Wohnquartieren 76 6.1.3 Erschliessung neuer Arten von Parkfeldern für die zeitliche flexible Nutzung 77 6.2 Handlungsempfehlungen bezüglich der regulatorischen Bestimmungen zur Erstellung und Nutzung von privaten Parkfeldern 77 6.2.1 Abbau von Hemmnissen zur flexiblen Nutzung von Parkfeldern 77 6.2.2 Anpassung der Bestimmungen bezüglich der Parkplatzerstellpflicht 77 6.2.3 Marktgerechte Preise für öffentliche Parkfelder 78 6.2.4 Public private Partnerships im Bereich Parkierung 78 6.3 Grenzen der Forschungserkenntnisse und weitere Forschungsbedarf 78 7 Literatur 79 Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 7/83 Kurzfassung Ausgangslage und Forschungsfragen Die Firma Parcandi vermietet private Parkfelder zeitlich flexibel an Drittpersonen. Per Dezember 2022 vermietete Parcandi 483 solche Parkfelder in 35 Parkgaragen in verschiedenen Schweizer Städten und Agglomerationen. Die Tarifierung sieht in der Regel Stunden- und Tagestarife und teilweise auch einen zeitlich unbeschränkten Zugang gegen Bezahlung einer monatlichen Gebühr vor. Im Rahmen des Forschungsprojekts sollen anhand der bei Parcandi vorliegenden Buchungsdaten und ei- ner neuen Befragung der Nutzenden folgende Forschungsfragen beantwortet werden: 1. Wie machen verschiedene Nutzendengruppen Gebrauch von der flexiblen Vermietung von priva- ten Parkfeldern (Häufigkeit, Parkdauer, Tageszeiten, Wochentage)? 2. Wie beeinflusst das neue Parkplatzangebot die Verkehrsmittelwahl und die Häufigkeit der Pen- delwege und anderen regelmässig durchgeführten Fahrten? 3. Inwiefern führen die neu entstehenden Parkmöglichkeiten zu Mehrverkehr durch Gelegenheits- nutzende, die dort ihr Fahrzeug abstellen, um an Aktivitäten wie z.B. Einkaufen oder Besuche von Kulturveranstaltungen oder gastronomischen Angeboten teilzunehmen? 4. Inwiefern führen die neuen Parkplatzangebote zu Minderverkehr, einerseits aufgrund einer Ab- nahme des Parksuchverkehrs, andererseits aufgrund einer Abnahme der Häufigkeit von Pendel- fahrten zum Arbeitsplatz, da das Angebot im Vergleich zu einer monatlichen Parkplatzmiete mehr Flexibilität bietet. 5. Wie viele Parkfelder im öffentlichen Raum (blaue und weisse Zone) könnten aufgrund des Ange- bots von Parcandi abgebaut werden? Vorgehen und Datengrundlagen Die unten aufgeführte Abbildung zeigt das übergeordnete Vorgehen. Die von Parcandi für den Zeitraum 1.1.2022 – 31.12.23 zur Verfügung gestellten Daten zu 18'253 Buchungen bilden die Datenbasis für die deskriptive Analyse der Parkfeldnutzung (Kapitel 2). Im Zeitraum zwischen 24.3.23 bis 23.6.23 wurden Personen, welche in diesem Zeitraum ein Parkfeld von Parcandi gebucht haben oder das Angebot im Jahr 2022 regelmässig benutzt haben, per SMS dazu eingeladen einen web-basierten Fragebogen auszufüllen. Mit dem Fragebogen wurden unter anderem folgende Informationen erhoben: Während dem Parkvor- gang durchgeführten Aktivitäten, den zuvor und danach besuchten Standorten sowie dem Verhalten, wenn das Angebot von Parcandi nicht zur Verfügung gestanden wäre (Kapitel 3). 681 Personen haben diesen vollständig ausgefüllt und bilden die Basis für die deskriptiven Analyse und die statistischen Mo- delle zum Substitutionsverhalten. Basierend auf deren Antworten erfolgte die Analyse der Substitutions- effekte mit Logit-Modellen sowie deskriptiven Analysen (Kapitel 4). Die Abschätzung der verkehrlichen Wirkung erfolgte aufgrund der deskriptiven Analyse, der datenbasierten Klassifizierung und der Analyse der Substitutionseffekte (Kapitel 5). Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 8/83 Abb. 1 Übersicht zum Vorgehen Resultate Analyse der Parkfeldnutzung Die Belegungsganglinie der von Parcandi verwalteten Parkfelder (Abb. 2) zeigt aggregiert über alle Stand- orte im Tages- und Wochenverlauf tagsüber eine über dreimal höhere Auslastung der Parkflächen als nachts. Bis auf Sonntag ist dieses zyklische Muster auch an jedem Wochentag deutlich ausgeprägt. Jeweils zur Mittagszeit wird die Spitze der Parkfeldbelegung erreicht. Personen, die im Jahr 2022 einen Parkplatz mindestens fünfmal über 24h oder einmal an fünf aufeinander folgenden Tagen parkiert haben (Dauer- nutzenden) bilden ein «Basislinie» bei der Parkfeldbelegung. Über den gesamten Wochen- und Tages- zeitenverlauf variiert die Belegung dieser Gruppe praktisch nicht und machen dabei nachts einen Anteil von ca. 70% und zur Mittagsspitze ca. 30% an den belegten Parkfeldern aus. Die Gruppen der Frequent- nutzenden (mindestens 10 Nutzungen im Jahr 2022) und der Gelegenheitsnutzenden (alle anderen) ma- chen den Grossteil der variablen Belegungskomponente aus. Abb. 2 Parkfeldbelegung in parkierten Stunden (Belegungsgang) pro Nutzendengruppen nach Wo- chentagen und Tageszeit. Deskriptive Analyse • Regelbasierte Identifikation von Nutzendengruppen • Nutzungsmuster Hauptkomponenten- analyse (PCA) • Datenbasierte Klassifizierung von Nutzendengruppen Web-basierter Befragung • Spezifisch für verschiedene Nutzendentypen Analyse der Substitutionseffekte • Statistische Modelle zur Erklärung der Substitutionseffekte Abschätzung verkehrliche Wirkung B uc hu ng sd at en Auszug für den Zeitraum 1.1.22 – 31.12.2022 Wöchentliche Auszüge im Zeitraum 24.3.23 – 23.6.23 Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 9/83 Die Häufigkeiten der während dem Parkiervorgang nachgegangenen Aktivitäten unterscheiden sich je nach Nutzendengruppe und Parkierdauer (geringer oder länger als 24h) zum Teil deutlich. Während bei Gelegenheitsnutzenden fast die Hälfte der Parkvorgänge einer Arbeitsaktivität dient, beträgt dieser Anteil bei Nutzenden, die im Jahr 2022 mindestens zehnmal ein Parkfeld von Parcandi gebucht haben, über 80%. Substitutionsverhalten Bezüglich des Substitutionsverhaltens zeigen sich zwischen den Nutzendengruppen ebenfalls Unter- schiede. In über 85% (Gelegenheitsnutzende) respektive rund zwei Drittel der Fälle (Frequent- und Dau- ernutzende) würde im Falle, dass kein Parkfeld von Parcandi verfügbar wäre, auf einen anderen Parkplatz ausweichen. Dabei wird die Nutzung eines Parkfelds in einem Parkhaus in rund 40% (Gelegenheitsnut- zende) respektive 60% (Frequent- und Dauernutzende) und eines Parkplatzes in der blauen Zone in rund 20% respektive 15% der Fälle in Erwägung gezogen. Weitere rund 15% (Gelegenheitsnutzende) respektive 25% (Frequent- und Dauernutzende) der Nutzen- den würden im Falle, dass kein Parkfeld von Parcandi verfügbar wäre, die Fahrt durch ein anderes Ver- kehrsmittel ersetzen. Bei den Gelegenheitsnutzenden würde in den allermeisten Fällen (90%) der ÖV ge- nutzt, bei den Frequent- und Dauernutzende würden neben dem ÖV (rund 60%) auch auf ein Motorrad (14%), Auto als Mitfahrer (14%) sowie andere Verkehrsmittel eingesetzt. Falls kein Parkfeld von Parcandi verfügbar wäre, würden unabhängig von der Nutzendengruppe nur 3% bis 5% der Nutzende auf die Aktivität verzichten oder die Aktivität an einem anderen Standort durchfüh- ren. Aufgrund der mit der Befragung erhobenen Angaben zu den vor und nach dem beobachteten Parkvorgang aufgesuchten Standorten können Aussagen zum Mehrverkehr abgeleitet werden. In den Fällen, bei denen ein anderes Verkehrsmittel substituiert wurde, beträgt der Medianwert des pro Parkfeldnutzung entste- henden Mehrverkehrs 26.8 km. Dieser Wert variiert jedoch je nach Nutzendengruppe und Nutzungsdauer beträchtlich. Die durch das neue Angebot aufgrund von veränderter Zielwahl respektive Durchführung der Aktivität induzierte Mehrverkehrsmenge beträgt im Median 4.6 km, respektive 30.6 km pro Parkvor- gang. Aufgrund der Seltenheit dieser Verhaltensreaktionen basieren diese Werte auf einer sehr kleinen Stichprobe. Zudem variieren auch hier die Werte je nach Nutzendengruppe und Nutzungsdauer beträcht- lich. Verkehrliche Wirkung Zur Abschätzung der verkehrlichen Wirkung werden die Resultate der Befragung aufgrund der Buchungs- daten verallgemeinert. Dazu wurden zusätzlich zur deskriptiven Analyse aufgrund der Antworten zum Substitutionsverhalten von Gelegenheitsnutzenden statistische Modelle entwickelt. Beim ersten Modell wurde die auf übergeordneter Ebene aufgeführten Verhaltensalternativen als abhängige, zu erklärende Variable verwendet. Das zweite Modell zielt darauf ab die Faktoren zu quantifizieren, welche die Wahl des Parkplatztyps beeinflussen. Zur Schätzung vergleichbarer Modelle für Frequent- und Dauernutzende war die erhobene Datenbasis zu klein. Hier erfolgt die Abschätzung der verkehrlichen Wirkung aufgrund der in der deskriptiven Analyse identifizieren Häufigkeit dieser Verhaltensweisen. Die Abschätzung des Mehrverkehrs durch Verkehrsmittelsubstitution sowie des Mehr- oder Minderverkehrs aufgrund verän- derten Zielortes sowie Verzicht auf die Aktivität wird aufgrund der in der deskriptiven Analyse je Nutzen- dengruppen ermittelten Werte berechnet (siehe Abb. 3). Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 10/83 Abb. 3 Vorgehen zur verallgemeinerten Abschätzung der verkehrlichen Wirkung Die Abschätzung der verkehrlichen Wirkung der von Parcandi flexibel vermieteten Parkfelder führte zu folgenden Resultaten: • Bei rund drei Viertel der Nutzungen von Parcandi-Parkfeldern wäre die Autofahrt auch ohne das Angebot von Parcandi durchgeführt, das Auto aber auf einem anderen Parkfeld abgestellt wor- den. Die flexible Vermietung privater Parkfelder führt also primär dazu, dass die Nachfrage nach anderen Arten von Parkfeldern in der unmittelbaren Umgebung der Parkierungsanlage abnimmt. o In rund der Hälfte der Fälle ersetzt die Nutzung eines Parcandi-Parkfelds die Nutzung ei- nes Parkfelds in einem benachbarten Parkhaus. Die Nutzung eines öffentlichen Parkfelds in der blauen Zone wird in 23% der Fälle substituiert. In Bezug auf Parkfelder in der weis- sen Zone beträgt dieser Wert 12%. o Bei Standorten mit hoher Nachfrage (z.B. Im Gundeli, Picassoplatz, Reitergasse) ersetzen zehn von Parcandi angebotene Parkfelder im Jahresschnitt rund vier bis sechs andere Parkfelder. Rund die Hälfte dieser Nachfrageänderung bezieht sich auf umliegende Park- häuser, zwischen 25% bis 40% auf Parkfelder in der blauen und weissen Zone. Der Rest entfällt auf private und andere Parkfelder. • In rund 20% der Fälle würde die Autofahrt durch ein anderes Verkehrsmittel ersetzt. In 75% dieser Fälle würde der ÖV benutzt. In diesen Fällen führt das Angebot flexibel vermieteter Parkfelder aufgrund von Verlagerungen von anderen Verkehrsmitteln zu mehr motorisiertem Individualver- kehr. Der auf solche Verkehrsmittelwahleffekte zurückzuführende Mehrverkehr wird über alle Standorte von Parcandi für das Jahr 2022 auf 118'000 km beziffert. Pro Nutzung eines Parkfelds, bei der ein anderes Verkehrsmittel ersetzt wird, entspricht dies einem Mehrverkehrsmenge von 20.1 Fahrzeugkilometern. • Der aufgrund von Zielwahlveränderungen für das Jahr 2022 ermittelte Mehrverkehr beträgt 2’165 km, was 1.8 km pro Nutzung eines Parkfelds mit dieser Art von Substitution entspricht. Der auf- grund induzierter Aktivitäten entstehende Mehrverkehr beträgt rund 37’000 km oder 18.4 km pro Nutzung eines Parkfelds. Im Vergleich zu den Verkehrsmittelwahleffekten beruht diese Abschät- zung aber auf einer deutlich kleineren Grundlage von Verhaltensdaten und weist daher eine ge- ringere Messgenauigkeit auf. • Falls ein Parkvorgang in der blauen oder weissen Zone ersetzt wird, entfällt der Parkplatzsuchver- kehr. Aufgrund der derzeit kleinen Anzahl der durch Parcandi vermieteten Parkfelder fällt die ab- geschätzte Menge des Parksuchverkehrs von 3'700 Fahrzeugkilometern jedoch insgesamt nicht Verhaltensweise, falls kein Parkplatz von Parcandi vorhanden. Modellanwendung • Modell 1.1 (Buchungsdauer kürzer als 24h) • Modell 1.2 (Buchungsdauer länger als 24h) A bs ch ät zu ng v er ke hr lic he W irk un g B uc hu ng sd at en Auswahl • Start der Buchung zwischen 1.1.2022 – 31.12.2022 • Nur Buchungen in der Schweiz • Keine Buchungen des Standorts „Fahrschule Suuli“ • Keine Buchungen von Abonutzenden • Parkvorgänge länger als 10 Minuten Deskriptive Analyse • Buchungsdauer kürzer als 24h • Buchungsdauer länger als 24h Gelegenheits- nutzende (49% der Buchungen) Regelmässige Nutzende (51% der Buchungen) Substitution durch anderen Parkplatztyp Modellanwendung • Modell 2.1 (Buchungsdauer kürzer als 24h) • Modell 2.2 (Buchungsdauer länger als 24h) Deskriptive Analyse • Buchungsdauer kürzer als 24h • Buchungsdauer länger als 24h Substitution durch anderes Verkehrsmittel, anderen Aktivitätsort oder Verzicht auf Aktivität Deskriptive Analyse • Buchungsdauer kürzer als 24h • Buchungsdauer länger als 24h Deskriptive Analyse • Buchungsdauer kürzer als 24h • Buchungsdauer länger als 24h Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 11/83 ins Gewicht. Im direkten Umfeld der Standorte stellt sich aber aufgrund des Wegfalls des Park- suchverkehrs eine lokale Verkehrsreduktion ein. Monatliche Mietverträge für Parkplätze am Arbeitsort sind bei zunehmendem Homeoffice unattraktiv, da die Nutzungskosten pro Tag steigen. Flexibel mietbare Parkfelder bieten eine Lösung für diejenigen, die nur an bestimmten Tagen im Monat vor Ort arbeiten. Dieses Angebot ermöglicht Arbeitnehmenden, die nur an wenigen Tagen im Monat am Arbeitsplatz sind, nur für die tatsächliche Nutzungsdauer zu bezahlen und so Kosten sparen. Unter bestimmten Umständen kann das also dazu führen, dass Arbeitnehmende weniger oft zum Arbeitsplatz fahren. Im webbasierten Fragebogen wurde diese Verhaltensdimension nicht erfasst. Daher wurde der diesbezüglich zu erwartende Minderverkehr basierend auf den Buchungs- daten und einer Marktanalyse der pro Standort verfügbaren alternativen Parkmöglichkeiten abgeschätzt. Der im Kontext von Homeoffice auf seltener durchgeführten Fahrten maximal erwartbare Minderverkehr beträgt rund 16'000 km. In der Gesamtbilanz reduziert sich der für das Jahr 2022 abgeschätzte Mehrver- kehr also um etwa 10% auf rund 137'000 km, was einer Mehrverkehrsmenge pro angebotenem Parkfeld und Jahr von 284 km entspricht. Handlungsempfehlungen Flexible Vermietung von Parkfeldern Die flexible Vermietung von bisher leerstehenden oder über den Tagesverlauf nur teilweise genutzten Parkfelder führt dazu, dass die Nachfrage nach privaten und öffentlichen Parkfelder abnimmt und bietet so die Möglichkeit, dass in der unmittelbaren Umgebung entsprechende Parkfelder abgebaut werden können. Damit Parkplätze in der Umgebung abgebaut werden können, müssen flexibel vermietete Park- plätze zu Zeiten genutzt werden, wenn auf andere Arten von Parkfeldern hoher Bedarf besteht. Bei Park- feldern in der blauen Zone ist das jeweils nachts, bei Parkfeldern in der weissen Zone tagsüber der Fall. In der blauen Zone ist die Parkplatzbelegung nachts am grössten. Gleichzeitig beträgt die Belegung von flexibel vermieten Parkfelder an zentralen Lagen je nach Standort nachts nur zwischen 10% bis 40%. Eine kostengünstige und flexible Vermietung dieser Parkplätze von 20:00 Uhr bis 7:00 Uhr könnte dazu führen, dass die Anwohner nachts häufiger davon Gebrauch machen, da sie dann nicht mehr nach einem Parkplatz in der blauen Zone suchen müssen. Dadurch könnten Parkplätze in der blauen Zone reduziert werden, um Platz für andere Zwecke wie mehr Grünflächen zu schaffen. Um das Potenzial für einen Rückgang der Parkplätze in der blauen Zone durch flexibel vermietete Parkplätze besser zu verstehen, wird empfohlen ein Pilotprojekt durchzuführen. Ziel dabei wäre es aufzusteigen, welche Angebote dazu geeignet sind, dass Anwohnende nachts auch private Parkfelder nutzen, welche sie am folgenden Morgen wieder frei- geben und inwiefern diese Angebote zu einem höheren Deckungsbeitrag führen können. Derzeit ist das Angebot von Parcandi und anderen Anbietern von flexibel mietbaren, privaten Parkplätzen in städtischen Wohnquartieren auf einige wenige Standorte beschränkt. Damit flexibel vermietete private Parkfelder einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des Parkplatzdrucks in städtischen Wohnquartieren haben können, müssen an solchen Standorten wesentlich mehr Parkfelder zugänglich gemacht werden, die derzeit nachts unbenutzt bleiben. Hier bieten sich neue Zusammenarbeiten mit Liegenschaftsbesit- zenden an, deren Parkfelder primär während des Tages, z.B. durch Pendlerinnen und Pendler oder für Einkäufe genutzt werden. Regulation durch Städte und Gemeinden Die Berechnung der minimal erforderlichen und maximal möglichen Anzahl Parkfelder erfolgte in der Schweiz bisher in der Regel nutzungsspezifisch. Dementsprechend ist regulatorisch keine flexible Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 12/83 Vermietung von privaten Parkfeldern vorgesehen. Es wird empfohlen diese Bestimmungen so anzupas- sen, dass die Mehrfachnutzung von Parkfeldern für die Wohnnutzung bei der Berechnung der minimal erforderlichen und maximal möglichen Anzahl Parkfelder berücksichtigt werden kann. Dadurch reduziert sich nicht nur die Anzahl der bei Neubauprojekten zu erstellende Parkfelder, sondern wird auch die fle- xible Vermietung und somit effizientere Nutzung von privaten Parkfeldern ermöglicht. Ebenso wird emp- fohlen, die regulatorische Praxis so anzupassen, dass eine flexible Vermietung bestehender privater Park- felder ermöglicht wird, wenn gewährleistet wird, dass dadurch öffentliche Parkfelder abgebaut werden können. In einem weiteren Schritt könnte der Gesetzgeber auch vorsehen, dass Immobilienfirmen bei neu bewilligten Immobilien private Parkplätze nur noch als im Pool geteilte Parkfelder vermieten dürfen. Falls ein gesetzlicher Auftrag besteht, die Anzahl Parkfelder im öffentlichen Raum zu reduzieren und sich das Angebot von privaten Parkfelder, um solche öffentlichen Parkfelder zu ersetzen, betriebswirtschaft- lich nicht rechnet, bietet es sich an ein solches Angebot durch Subventionen zur fördern. Solche Subven- tionen erscheinen dann als sinnvoll, wenn dem Staat durch die Erstellung und den Betrieb alternativer Angebote, zum Beispiel Quartierparkings, höhere Kosten entstehen, als dies bei einer Subvention der Fall ist. In Schweizer Städten und Gemeinden werden die Preise für Anwohnendenparkkarten unabhängig von dem im jeweiligen Quartier vorhandenen Parkraumdruck festgelegt. Bei privaten Parkfeldern sind hinge- gen Preisunterschiede je nach Quartier feststellbar, gleichzeitig besteht in vielen Quartieren ein Leerstand bei privaten Parkfeldern. Je nach Quartier und Parkplatzdruck festgelegte Preise für Anwohnendenpark- karten würden dazu führen, dass deren Preis in dichten Quartieren höher als heute zu liegen kommt. Dadurch würde der Leerstand privater Parkfelder abnehmen, was für Immobilienbesitzer den Anreiz einer effizienteren Bewirtschaftung dieser Parkfelder, zum Beispiel durch Mehrfachnutzung erhöht. Somit könnten bestehende Parkfeldressourcen besser ausgenutzt werden, was wiederum das Potenzial zum Ab- bau von Parkfeldern im öffentlichen Raum erhöht. Public Private Partnerships bieten die Möglichkeit bestehende öffentliche und private Parkfelder besser auszulasten und bezüglich dem Parkregime besser aufeinander abzustimmen. In der Stadt Genf betreibt die «Fondations des Parkings» verschiedene öffentliche und private Parkhäuser im Sinne der von der Stadtverwaltung gesetzten verkehrsplanerischen und betriebswirtschaftlichen Ziele. In Antwerpen setzt das Public private Partnerships «Gemeentelijk Autonoom Parkeerbedrijf Antwerpen (GAPA)» den Schwer- punkt auf gebührenpflichtige Parkplätze, die Durchsetzung von Vorschriften und den Einsatz intelligenter Parklösungen. Die Einführung solcher Public Private Partnerschaften schafft Planungssicherheit und er- laubt es die Anzahl von mehrfach und somit effizient genutzten Parkfeldern zu erhöhen. Die meisten kommunalen Baugesetze in der Schweiz sehen vor, dass der Parkplatzbedarf nutzungsspezi- fisch bestimmt und mit der Baubewilligung genehmigt wird. Eine Mehrfachnutzung von so bewilligten Parkfeldern ist demnach nicht vorgesehen, obwohl dies den ebenfalls gesetzlich vorgesehenen Zielen ei- ner nach Innen gerichteten Siedlungsentwicklung Vorschub leistet. Es besteht somit die rechtliche Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Mehrfachnutzung bereits bewilligter Parkfelder rechtlich zulässig ist und wie eine solche Mehrfachnutzung juristisch gewährt werden kann. Die Erkenntnisse dieser Forschungsarbeit können bei solchen Erwägungen als Grundlage dienen, müssen aber durch eine entspre- chende Anpassung der Rechtslage eingebettet werden. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 13/83 1 Ausgangslage, Forschungsfragen, Vorgehen 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Flexible Vermietung privater Parkfelder Parcandi, ein Corporate Start-Up der Baloise Versicherungen, hat eine Technologie entwickelt, die es er- laubt den Zugang zu bestehenden Parkgaragen per Smartphone App zu gewährleisten. Diese Technologie ermöglicht es Parcandi über ihre Webplattform Parkfelder in entsprechend ausgestatteten Parkgaragen ihren KundInnen anzubieten. Per Dezember 2022 vermietet Parcandi solche Parkfelder in über 33 Parkga- ragen in verschiedenen Schweizer Städten und Agglomerationen. Die Tarifierung sieht in der Regel Stun- den- und Tagestarife vor. In einigen Parkgaragen können Parkfelder auch für einen ganzen Monat gebucht werden. In der Schweiz wird die Erstellung von Parkfelder gemäss den geltenden Bauverordnungen in der Regel nutzungsbezogen bewilligt und in den meisten Städten bezüglich der Anzahl beschränkt. Damit wird unter anderem das Ziel verfolgt, das Verkehrsaufkommen zu beschränken und die Verkehrsmittelwahl zu be- einflussen. Diese Zweckbestimmung schliesst auch eine durch digitale Parkplatzbuchungssysteme ermög- lichte Mehrfachnutzung aus. Aufgrund der bisher nur kleinen Anzahl angebotener Parkfelder und der so- mit geringen Nutzungszahlen wurden die Angebote bisher toleriert. Gleichzeitig besteht in vielen Städten der Bedarf bestehende Parkfelder im Strassenraum abzubauen, um die freiwerdenden Flächen andere Nutzungszwecken wie z.B. Grünflächen oder Veloinfrastruktur zuzu- weisen. Während der Bau neuer Parkfelder auf privatem Grund ressourcen- und kostenintensiv ist und deren Planung und Realisierung lange dauert, bietet eine Mehrfachnutzung bereits bestehender, privater Parkfelder das Potenzial kurzfristig Fahrzeuge vermehrt abseits vom öffentlichen Raum zu parkieren. Da- her besteht bei verschiedenen Stadtverwaltungen, z.B. Basel-Stadt ein Interesse, dass Parkfelder in priva- ten Quartierparkings von Drittpersonen genutzt werden. In Quartierparkings werden einzelne Parkfelder nicht fix einzelnen Mietenden zugeordnet, dafür können Parkfelder für verschieden Zeitdauern (Stunde bis ganzer Monat) flexibel gemietet werden. Dies erhöht das Potenzial, dass einzelne Parkfelder durch verschiedene Nutzungsarten belegt und die zur Verfügung stehenden Parkfelder intensiver bewirtschaftet werden und somit weniger Fläche beansprucht wird. 1.1.2 Pilotversuch in Basel Im Rahmen eines vom Bundesamt für Energie unterstützten KOMO-Projekts begann die Firma Parcandi in der Parkgarage der Lautengartenstrasse 6 in Basel («Picassoplatz») und anderen Standorten Parkfelder neben einer stundenweisen Nutzung auch zur Monatsmiete anzubieten. Im Fall des «Picassoplatz» in Basel kostet die Nutzung eines Parkfelds pro Stunde CHF 2.50, wobei die maximalen Kosten pro Tag auf CHF 15 beschränkt sind. Die exklusive Miete eines bestimmten Parkfelds kostet CHF 350 pro Monat, unbeschränkten Zugang zu freien Parkfeldern werden mit CHF 330 pro Monat verrechnet (Pool). Ein auf Mo-Fr beschränkter Zugang von Pool Parkfeldern wird mit CHF 310 pro Monat in Rechnung gestellt. Ursprünglich war vorgesehen, dass auch auf die Bedürfnisse von Anwohnenden zugeschnittene Angebote zur Monatsmiete angeboten werden, z.B. mit Zugang wochentags zwischen 19h – 8h und ohne Beschrän- kung am Wochenende. Da während des Projektzeitraum die technische Umsetzung noch nicht verfügbar war und aufgrund von administratorischen Hürden (Zustimmung der Immobilieneigentümer) konnte ein Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 14/83 solches Angebot aber während des Zeitraums der in diesem Bericht dargestellten Begleitstudie nicht rea- lisiert werden. Die Parkgarage «Picasso Platz» ist am Rand der Basel Innenstadt gelegen. Die Parkgarage gehört dem Versicherungskonzern Baloise. Insgesamt umfasst die Parkgarage 81 Parkfelder, 34 dieser Parkfelder wer- den durch Parcandi vermietet. Im Untersuchungsgebiet mit einem Umkreis von 500m (Luftlinie) arbeiten gemäss STATENT 2018 15'890 Beschäftigte (Vollzeitäquivalent) und gemäss STATPOP 2019 wohnen 2’846 Personen. In diesem Perime- ter sind im öffentlichen Strassenraum 370 Parkplätze in der Blauen Zone, 281 gebührenpflichte Parkplätze (Weisse Zone) vorhanden. Zudem sind in den Parkhäusern Aeschen, Anfos, Drachencenter und Kunstmu- seum mehrere hundert Parkfelder öffentlich zugänglich. Um den Flächenbedarf von öffentlichen Parkfeldern im Strassenraum reduzieren zu können, verfolgt das Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt die Strategie, dass Parkfelder vermehrt in Quar- tierparkings angeboten werden. 1.2 Forschungsfragen Zu Beginn des in diesem Bericht dargestellten Forschungsprojekts war wenig darüber bekannt, wie Park- felder benutzt werden, die über digitale Parkplatzbuchungssysteme gebucht werden. Um die verkehrliche Wirkung und das Potenzial der Mehrfachnutzung, die solche Systeme bieten, besser abschätzen zu kön- nen, bedarf es einer Analyse wie solche Parkfelder genutzt werden. Neben den zeitlichen Belegungsmus- ter interessieren dabei auch zu welchen Zwecken die Fahrzeuge abgestellt werden und ob durch die Ver- fügbarkeit von privaten Parkfeldern für Drittpersonen Mehrverkehr entsteht. Digitale Parkplatzbuchungssysteme ermöglichen es Personen, die einen Standort regelmässig aufsuchen, z.B. zum Arbeiten, aber bisher keine Gelegenheit hatten, ihr Fahrzeug dort zu parkieren, diesen Ort mit dem Auto zu erreichen, wodurch Mehrverkehr entsteht. Im Vergleich zu einer Dauermiete eines Parkplat- zes in einem anderen Parkhaus ermöglicht das neue Angebot eine flexiblere Nutzung. Gleichzeitig bietet es im Vergleich zu Parkfeldern in der blauen und weissen Zone die Möglichkeit auch länger als 2h zu par- kieren. Im Vergleich zur Nutzung von konventionellen Parkhäusern sind die Nutzungstarife günstiger. Dies führt dazu, dass bei nur sporadischer, regelmässiger Nutzung, z.B. aufgrund eines Teilpensums im Home- office, sich die monatlichen Parkkosten und somit auch die generalisierten Kosten1 des Verkehrsmittels Auto verringern und daher eher das Auto als Verkehrsmittel gewählt wird. Für Gelegenheitsnutzende ermöglicht das neue Angebot ein im Vergleich zu den Parkhäusern günstigeres Parkieren. Dies kann zu Veränderungen der Zielwahl (z.B. Einkaufen in der Innenstadt statt anderswo) und der Verkehrsmittelwahl (Nutzung des Autos statt einem anderen Verkehrsmittel) führen. Für Anwohnende entfällt beim Parkieren von Fahrzeugen in Quartierparkings statt in der Blauen Zone der Parksuchverkehr. Aufgrund des geringeren Suchaufwands reduzieren sich die generalisierten Kosten einer Fahrt mit dem Auto. Dies kann bei Anwohnenden dazu führen, dass zusätzliche oder längere Fahrten ge- neriert werden (Rebound-Effekt). Ja nach Lage des Parkfelds in Bezug zum Aktivitätsort kann es aber auch 1 Die generalisierten Kosten: Summe der risiko- und komfortgewichteten entscheidungsrelevanten Ressourcenverbräuche der Fahrt einzelner Personen, also subjektive Bewertung einzelner Elemente der Reisedauer und monetäre Kosten. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 15/83 sein, dass gleichzeitig längere Zu- und Abgangswege nötig werden und dadurch ein möglicher Rebound- Effekt gedämpft wird. Im Rahmen des Forschungsprojekts sollen anhand der bei Parcandi vorliegenden Buchungsdaten und ei- ner neuen Befragung der Nutzenden folgende Forschungsfragen beantwortet werden: 1. Wie machen verschiedene Nutzendengruppen Gebrauch von der flexiblen Vermietung von priva- ten Parkfeldern (Häufigkeit, Parkdauer, Tageszeiten, Wochentage)? 2. Wie beeinflusst das neue Parkplatzangebot die Verkehrsmittelwahl und die Häufigkeit der Pen- delwege und anderen regelmässig durchgeführten Fahrten? 3. Inwiefern führen die neu entstehenden Parkmöglichkeiten zu Mehrverkehr durch Gelegenheits- nutzende, die dort ihr Fahrzeug abstellen, um an Aktivitäten wie z.B. Einkaufen oder Besuche von Kulturveranstaltungen oder gastronomischen Angeboten teilzunehmen? 4. Inwiefern führen die neuen Parkplatzangebote zu Minderverkehr, einerseits aufgrund einer Ab- nahme des Parksuchverkehrs, andererseits aufgrund einer Abnahme der Häufigkeit von Pendel- fahrten zum Arbeitsplatz, da das Angebot im Vergleich zu einer monatlichen Parkplatzmiete mehr Flexibilität bietet. 5. Wie viele Parkfelder im öffentlichen Raum (blaue und weisse Zone) könnten aufgrund des Ange- bots von Parcandi abgebaut werden? Im Rahmen des Pilotversuchs wurde nur an einem Standort beabsichtigt Monatsmieten für Parkfelder anzubieten. Die stunden- und tageweise Nutzung macht aber einen deutlich grösseren Anteil der Park- feldbelegung und somit der verkehrlichen Wirkung aus. Daher werden zur Abschätzung der verkehrlichen Wirkung Daten der Nutzung von Parkfeldern an allen 33 im Jahr 2022 betriebenen Parcandi Standorten in der Schweiz erhoben und ausgewertet. 25 dieser Standorte befinden sich in den Agglomerationen Ba- sel, Zürich und Bern und machen 63% der von Parcandi verwalteten Parkfelder aus (Abb. 4). Eine vollstän- dige Liste der Standort ist im Anhang I verfügbar. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 16/83 Abb. 4 Übersicht der im Jahr 2022 aktiven Parcandi-Standorte in den Agglomerationen Basel, Bern und Zürich und die dort verfügbare Anzahl Parkfelder Die ersten beiden Forschungsfragen werden basierend auf einer Analyse der Buchungsdaten von Parcandi und einer Beschreibung des urbanen Raums rund um die von Parcandi betriebenen Parkhäusern beant- wortet. Zur Beantwortung der anderen Forschungsfragen wird eine webbasierte Befragung durchgeführt und ausgewertet. Die bezüglich der Monatsmiete gemachten Erkenntnisse beschränken sich auf das Fall- beispiel des Pilotversuchs der Parkgarage «Picassoplatz». 1.3 Übergeordnetes Vorgehen Abb. 5 zeigt das Vorgehen der Forschungsarbeit im Überblick, welches zwei parallellaufenden Arbeitspa- kete (blaue und gelbe Textkasten) umfasst, deren Ergebnisse in einem dritten Arbeitspaket (roter Textkas- ten) zusammengeführt werden. Die von Parcandi zur Verfügung gestellten Buchungsdaten bilden die Datenbasis für die deskriptive Ana- lyse der Parkfeldnutzung (blaue Textkasten) und für die Rekrutierung der Teilnehmenden einer web-ba- sierten Befragung zur Parkfeldnutzung (gelbe Textkasten). Für die deskriptive Analyse und die datenba- sierte Klassifizierung von Nutzendengruppen (siehe Kapitel 2) wurden alle von Parcandi in der Schweiz im Zeitraum 1.1.22 bis 31.12.22 aufgezeichneten Parkvorgänge verwendet. Die Rekrutierung der Umfrage erfolgte im Zeitraum zwischen 24.3.23 bis 23.6.23. Nutzende, welche in diesem Zeitraum ein Parkfeld von Parcandi gebucht haben, wurden per SMS dazu eingeladen einen web- basierten Fragebogen auszufüllen und darin Angaben zur Nutzung des Parkfelds und zur Person zu Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 17/83 machen (siehe Kapitel 2.6). Basierend auf den eingegangenen Antworten erfolgt die Analyse der Substi- tutionseffekte mit Logit-Modellen und Random Forest, einem Klassifikations- und Regressionsverfahren, dass aus mehreren unkorrelierten Entscheidungsbäumen besteht (Kapitel 4). Auf Basis der Ergebnisse der deskriptiven Analyse, der datenbasierten Klassifizierung und der Analyse der Substitutionseffekte erfolgt die Abschätzung der verkehrlichen Wirkung (Kapitel 5). Abb. 5 Übersicht zum Vorgehen Deskriptive Analyse • Regelbasierte Identifikation von Nutzendengruppen • Nutzungsmuster Hauptkomponenten- analyse (PCA) • Datenbasierte Klassifizierung von Nutzendengruppen Web-basierter Befragung • Spezifisch für verschiedene Nutzendentypen Analyse der Substitutionseffekte • Statistische Modelle zur Erklärung der Substitutionseffekte Abschätzung verkehrliche Wirkung B uc hu ng sd at en Auszug für den Zeitraum 1.1.22 – 31.12.2022 Wöchentliche Auszüge im Zeitraum 24.3.23 – 23.6.23 https://de.wikipedia.org/wiki/Klassifikationsverfahren https://de.wikipedia.org/wiki/Entscheidungsbaum Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 18/83 2 Analyse der Buchungsdaten 2.1 Datenbasis Für die deskriptive Analyse und die datenbasierte Klassifizierung (Kapitel 2.6) wurden Daten zu Buchungen verwendet, die im Zeitraum 1.1.22 – 31.12.22 von Parcandi aufgezeichnet worden sind. Diese Daten um- fassen die Folgenden Variablen: • Autokennzeichen • Startzeitpunkt der Buchung • Endzeitpunkt der Buchung • Buchungsdauer • Name der Parkgarage Im genannten Zeitraum wurden 18'253 Buchungsvorgänge registriert, die somit 36'506 Zu- und Wegfahr- ten entsprechen registriert. Diese stellen die Datenbasis für die deskriptive Analyse mit regelbasierter Identifikation von Nutzendengruppen, sowie für die automatische Klassifikation der Nutzendengruppen, dar. 2.2 Buchungen nach Parkhausstandorten 2.2.1 Generierte Fahrten Abb. 6 Generierte Fahrten aller Parkhäuser pro Jahr Mit grossem Abstand sind die Parkhäuser Reitergasse (ZH) und Picassoplatz (BS) die am häufigsten fre- quentierten mit über 8'000 respektive über 6'500 generierten Fahrten im Untersuchungszeitraum, also durchschnittlich ca. 20 Fahrten pro Tag. Gefolgt werden diese von den Parkhäusern Im Gundeli (BS) und Wasserwerkstrasse (ZH) mit jeweils über 3'500 Fahrten (ca. 10 pro Tag) und Lausanne-Sébeillon (VD) mit Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 19/83 ca. 2'300 Fahrten. Weitere Parkhäuser mit über 1'000 Fahrten sind Wollishofen (ZH), Basel Messeplatz (BS), Birmannsgasse (BS), Wettingen (AG) und Fahrschule SULI (ZH). Alle nachfolgenden Parkhäuser sind mit durchschnittlich weniger als zwei generierten Fahrten pro Tag in ihrer verkehrlichen Wirkung praktisch zu vernachlässigen. Es fällt dabei auf, dass sich die stark genutzten Parkhäuser innerhalb oder in der Nähe grosser Ballungszentren befinden. Abb. 7 Generierte Fahrten der drei am meisten befahrenen Parkhäuser im Wochen- und Tagesverlauf kumuliert über das ganze Jahr, Farbskala = Anzahl Fahrten pro Wochentagsstunde Über den Wochenverlauf hinweg lassen sich wiederholende Muster bei den durch die Parkhäuser gene- rierten Fahrten erkennen. So sind beispielsweise Werktage praktisch immer wesentlich stärkerer Nutzung unterworfen als Sonntage. Innerhalb der Werktage lassen sich darüber hinaus sehr deutlich zwei Nut- zungsspitzen ausmachen: morgens von ca. 06:00 Uhr bis 08:00 Uhr, sowie nachmittags von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Nachts werden praktisch keine Fahrten durchgeführt, mittags eher wenige. Deutliche Unter- schiede zwischen den Parkhäusern finden sich gelegentlich bei der Samstag-Nutzung was sich aus den Standortfaktoren wie Einkaufs- oder Freizeitmöglichkeiten ergeben kann (siehe 2.4.1 für detailliertere Aussagen und Anhang A1 für Grafiken zu allen möglichen Parkhäusern). 2.2.2 Belegungsgang Neben den generierten Fahrten ist auch der Belegungsgang im Wochenverlauf eine interessante Ziel- grösse für die Auswertung verkehrlicher Wirkungen. Hier wird die Anzahl momentan belegter Parkfelder pro Stunde ausgedrückt und beispielsweise durch die kumulierte Anzahl parkierter Stunden innerhalb dieser Wochentagsstunde visualisiert. Eine detaillierte Auswertung des Belegungsgangs nach Nutzenden- gruppen findet sich in Kapitel 2.4.2. Abb. 8 Belegungsgang der drei am stärksten belegten Parkhäuser im Wochen- und Tagesverlauf ku- muliert über das ganze Jahr, Farbskala = Parkierte Stunden pro Wochentagsstunde Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 20/83 Im Vergleich zu den generierten Fahrten ist der Belegungsgang abhängig davon, ob es sich um Zu- oder Wegfahrten handelt. Zwischen einer Zu- und einer Wegfahrt gilt ein Parkfeld als belegt. Über die Fahrten hinaus ermöglicht dies beispielsweise Aussagen, ob ein grösserer Anteil der Nutzenden nur tagsüber oder auch nachts das Parkangebot in Anspruch nimmt. Analog zu den generierten Fahrten zeigt sich bei den am stärksten belegten Parkhäusern, dass der grösste Teil der Nutzenden morgens zufährt und nachmit- tags wegfährt. Die Belegungsspitze wird dabei mittags erreicht und erreicht Minima jeweils nachts und am Wochenende (vor allem sonntags). Einzelne Parkhäuser können sich standortbedingt stark darin un- terscheiden, ob samstags eine eher höhere Belegung (z.B. Im Gundeli, BS) oder kaum Belegung (z.B. Pi- cassoplatz, BS) erreicht wird. Bei starker Einkaufs- und Freizeitnutzung verschiebt sich die Samstagsspitze unter Umständen auch in den Nachmittag (z.B. Wasserwerkstrasse, ZH). Auch ein höherer Anteil der Nachtnutzung (z.B. Picassoplatz Mittwoch bis Freitag) kann so visualisiert werden. Eine Übersicht über den Belegungsgang aller Parkhäuser findet sich im Anhang A1, weitere Beispiele mit detaillierteren Nut- zungsprofilen im Kapitel 2.4.2. 2.3 Regelbasierte Identifikation von Nutzendengruppen Parkfelder in privaten Quartierparkings werden für verschiedene Nutzungszwecke gemietet. Es wird er- wartet, dass die verkehrliche Wirkung sich je nach Nutzungszweck unterscheidet. Allein aufgrund der Bu- chungsdaten kann nicht direkt auf einzelne Nutzungszwecke geschlossen werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass je nach Zeitpunkt, Dauer und Häufigkeit der Parkfeldnutzung unterschiedliche Nutzungszwecke vordergründig sind. Zudem wird erwartet, dass bei sich wiederholenden Nutzungszwe- cken, wie zum Beispiel Arbeiten, für verschiedene Parkvorgänge die gleiche verkehrliche Wirkung eintritt. Zur möglichst präzisen Abschätzung der verkehrlichen Wirkung wäre es wünschenswert bei jedem einzel- nen Parkvorgang zu erheben, wie sich die Person verhalten hätte, wenn kein privates Parkfeld zur Verfü- gung gestanden wäre. Gleichzeitig macht es in Bezug auf den Rekrutierungs- und Beantwortungsaufwand wenig Sinn die verkehrliche Wirkung bei sich wiederholenden Nutzungszwecken für jeden Parkvorgang einzeln zu erheben. Dementsprechend empfiehlt es sich bei der Gestaltung des Erhebungsinstruments folgende Punkte zu berücksichtigen: • Je nach Zeitpunkt und Nutzungsdauer sind andere Verhaltensreaktionen zur Auswahl anzubieten. • Personen, die regelmässig private Parkfelder mieten, sollten nur einmal einen Fragebogen aus- füllen. 2.3.1 Buchungshäufigkeit pro Autokennzeichen Zum Zeitpunkt, an dem im Forschungsprojekt die regelbasierte Identifikation von Nutzendengruppen durchgeführt wurde, standen Buchungsdaten für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis zum 8.12.2022 zur Ver- fügung. Daher beschränken sich die in diesem Teilkapitel dargestellten Analysen auf Buchungsdaten auf diesem Zeitraum. Die in Abb. 9 dargestellte kumulative Dichtefunktion zeigt, wie oft von einem bestimmten Autokennzei- chen ein über Parcandi vermietetes Parkfeld genutzt worden ist. Für rund zwei Drittel der knapp 5'600 unterschiedlichen Autokennzeichen wurde eine Nutzung registriert. Für weitere rund 11% der Autokenn- zeichen wurden zwei Nutzungen registriert. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 21/83 Abb. 9 Kumulative Dichtefunktion der Nutzungshäufigkeit pro Autokennzeichen Um besser zu verstehen, welcher Anteil aller Parkvorgänge von Autokennzeichen ausgeht, die regelmässig ein von Parcandi vermietetes Parkfeld nutzen, zeigt Abb. 10 die kumulative Dichtefunktion nach Rang der Nutzungshäufigkeit pro Autokennzeichen. Es zeigt sich, dass Kundinnen und Kunden mit häufiger Nutzung einen grossen Teil der registrierten Parkvorgänge ausmachen. Über die Hälfte aller Parkvorgänge gehen sind auf 360 Autokennzeichen zurückzuführen, für die im betrachteten Zeitraum 11 oder mehr Buchungen vorliegen. Hingegen machen Autokennzeichen, für die in diesem Zeitraum nur eine Nutzung registriert worden ist, nur rund 20% aller Buchungen aus. Es zeigt sich also, dass für eine statistisch gesicherte Aus- sage zur verkehrlichen Wirkung insbesondere Daten zum Verkehrsverhalten von Personen wichtig sind, welche das Angebote von Parcandi regelmässig nutzen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich diese Perso- nen durch entsprechende Anreize für eine Teilnahme an der Befragung zu motivieren. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 22/83 Abb. 10 Kumulative Dichtefunktion der Nutzungshäufigkeit pro Kennzeichen 2.3.2 Nutzendengruppen Neben der Buchungshäufigkeit ist für eine regelbasierte Identifikation von Nutzendengruppen auch die Buchungsdauer von Relevanz. Dabei wird davon ausgegangen, dass bei einer Nutzungsdauer länger als 24h andere Verhaltensreaktionen von Relevanz sind als bei kürzeren Nutzungen. Abb. 11 zeigt nach welchem Regeln die Einteilung von Nutzendengruppe erfolgt ist, gemäss derer die Buchungsdaten deskriptiv analysiert und die web-basierte Befragung aufgebaut worden sind: • Als Dauernutzende werden Autokennzeichen von Personen identifiziert, welche ein Parkfeld min- destens fünfmal länger als 24h oder mindestens einmal ein Parkfeld länger als 120h (5 Tage) re- serviert haben. • Als «Frequentnutzende» werden Autokennzeichen von Personen identifiziert, welche mindes- tens zehnmal kürzer als 24h ein Parkfeld genutzt haben. • Als «Frequent- und Dauernutzende» werden Autokennzeichen von Personen identifiziert, welche sowohl die Bedingungen von Dauer- und Frequentnutzenden erfüllen. • Alle anderen Nutzenden werden als «Gelegenheitsnutzende» identifiziert. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 23/83 Abb. 11 Schema zur regelbasierten Einteilung der Nutzendengruppen 2.4 Ergebnisse der Auswertung nach Nutzenden-Kategorien 2.4.1 Anzahl generierter Fahrten Abb. 12 Anzahl Zu- und Wegfahrten pro Stunde nach Wochentagen und Tageszeit, aufgeteilt nach ma- nuell zugewiesenen Nutzendengruppen. Betrachtet man die Entwicklung der aus den Buchungsdaten abgeleiteten Fahrten über den Wochengang hinweg so zeigt sich mehrere Muster. Es sind an Werktagen grundsätzlich wesentlich mehr Fahrten zu verzeichnen als am Wochenende, wobei insbesondere auf den Sonntag im Vergleich nur geringe Anteile fallen. Des Weiteren sind die Fahrten starken tageszeitlichen Schwankungen unterworfen. Während Gelegenheitsnutzende Alle anderen Nutzenden «Dauernutzende» Mindestens 5x in einem Parkhaus länger als 24h oder Mindestens während 5 aufeinanderfolgenden Tagen parkierte «Frequent» Mindestens 10x in einem Parkhaus kürzer als 24h «Frequent & Dauer» Erfüllen Bedingungen von «Frequent“ und «Dauernutzenden» Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 24/83 nachts zwischen 23:00 Uhr und 04:00 Uhr praktisch keine Bewegungen stattfinden so konzentrieren sich die Parkvorgänge insbesondere Werktags auf eine Doppelspitze. Diese korreliert mit Fahrten zu oder von der Arbeit während regelmässiger Büro-, Werk- oder Öffnungszeiten. Die erste Werktag-Spitze zeigt sich morgens von 05:00 Uhr bis 08:00 Uhr und eine zweite von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Während dieser Spit- zenzeiten werden ein etwa doppelt so viele Fahrten durchgeführt wie zur Mittagszeit. Morgen- und Abendspitze sind ungefähr ähnlich stark besetzt, allerdings ist die Verteilung an Werktagen leicht rechts- schief, sodass werktags nach 18:00 Uhr noch länger einige Fahrten durchgeführt werden als vor 05:00 Uhr. Ein abweichendes Muster von den gleichförmigen Doppelspitzen zeigt sich am Samstag. Hier finden nachmittags und abends mehr Fahrten statt als morgens. Die Verteilung der Nutzendengruppen innerhalb der generierten Fahrten zeigt, dass Dauernutzende über alle Wochentage und Tageszeiten hinweg den niedrigsten Anteil aufweisen. Den grössten Anteil machen werktags in etwa zu gleichen Teilen die Frequentnutzenden, sowie die Gelegenheitsnutzenden aus. Beide dieser relevanten Nutzendengruppen folgen dem werktäglichen Doppelspitzenmuster im Tagesverlauf. Ein Blick auf das Wochenende zeigt ein anderes Bild: Gelegenheitsnutzende weisen den weitaus grössten Anteil an Fahrten an Samstag und Sonntag auf. Abb. 13 Generierte Fahrten ausgewählter grösserer Parkhäuser nach Wochentag Grössere Parkhäuser in Ballungsräumen weisen ähnliche Nutzungsprofile auf und unterscheiden sich da- mit auch weniger von den Gesamtprofilen, die über alle Parkhäuser hinweg beobachtet werden können. So sind die grössten Anteile generierter Fahrten jeweils bei den Gelegenheitsnutzenden und den Fre- quent-Nutzenden zu beobachten, während die Dauernutzenden einen sehr geringen Anteil ausmachen. An Sonntagen ist im Allgemeinen eine stark reduzierte Aktivität zu verzeichnen. Häufig besteht diese dann auch überwiegend aus Gelegenheitsnutzenden. Je nach Standort unterscheiden sich die Parkhäuser je- doch stark in der Samstagsnutzung. Während im Parkhaus Reitergasse (ZH) samstags eine starke Nutzung beobachtet wird (sogar stärker als montags), ist die Aktivität im Parkhaus Picassoplatz (BS) stark reduziert und etwa ähnlich hoch wie sonntags. Generell ist samstags ein höherer Anteil Gelegenheitsnutzender zu verzeichnen, was für ein Nutzungsprofil mit typischen Samstagsaktivitäten wie Einkauf oder Freizeitnut- zungen spricht. Auch werktags gibt es Unterschiede im Nutzungsverhalten, diese gehen jedoch stärker von Frequentnutzenden (also beispielsweise Arbeitspendelnden) aus, während die Anzahl Fahrten von Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 25/83 Gelegenheitsnutzenden werktags konstant bleibt. So sind Montag und Dienstag die Wochentage mit der höchsten Anzahl Fahrten durch Frequentnutzende in den Parkhäusern Picassoplatz (BS) und Wasser- werkstrasse (ZH) mit fallender Nutzung zum Wochenende hin, während die Anzahl Fahrten in der Reiter- gasse (ZH) mittwochs am höchsten ausfällt. Abb. 14 Generierte Fahrten ausgewählter Parkhäuser nach Wochentag mit besonderem Profil Einige Parkhäuser weisen im Wochenverlauf besondere Nutzungsmuster auf, die aus der Anzahl generier- ter Fahrten deutlich werden. So ist im Parkhaus Basel Messeplatz der Samstag der Tag mit den meisten generierten Fahrten, wobei diese fast ausschliesslich durch Gelegenheitsnutzende verursacht werden. Auch sonntags finden sich hier noch verhältnismässig viele Fahrten durch Gelegenheitsnutzende statt. Dies lässt sich auf den besonderen Standort des Parkhauses zurückführen, wo viele Messen und Veran- staltungen Gelegenheitsbesuche verursachen. Ein besonders extremes Profil findet sich im Parkhaus Fahr- schule SULI (ZH). Durch eine Sondervereinbarung gelten hier Spezialkonditionen für die Angestellten und die Fahrzeuge der Fahrschule, wodurch insbesondere der Anteil der Frequentnutzenden aufgrund immer wiederkehrender Kennzeichen hoch ausfällt. Auch die vernachlässigbare Aktivität an Wochenenden lässt sich so erklären. Das Parkhaus Birmannsgasse (BS) zeigt ein besonderes Profil, da hier insbesondere die Anteile der Dauernutzenden an den generierten Fahrten (blau und grün) relativ hoch ausfallen, sogar mit einem starken Fokus auf Sonntag. Dies könnte für einen höheren Nutzungsgrad durch Anwohner spre- chen. Der hohe Anteil an Fahrtbewegungen am Samstag durch Gelegenheitsnutzende weist wiederum auf Einkaufsaktivitäten hin. 2.4.2 Belegungsgang im Tages- und Wochenverlauf Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 26/83 Abb. 15 Parkfeldbelegung in parkierten Stunden (Belegungsgang) pro Nutzendengruppen nach Wo- chentagen und Tageszeit. Die Belegung der Parkfelder (Abb. 6) folgt einem teilweise gegensätzlichen Muster im Vergleich zur Anzahl Fahrten aus Abb. 5. Da die erste Wochentagsspitze in Abb. 5 zum grössten Teil aus Zufahrten (Anreisen in die Innenstadtzonen) und der die zweite Wochentagsspitze zum grössten Teil aus Wegfahrten bestehen ergibt sich beim Blick auf die Belegung der Parkflächen tagsüber eine höhere Auslastung der Parkflächen als nachts. Bis auf Sonntag ist dieses zyklische Muster auch an jedem Wochentag deutlich ausgeprägt. Jeweils zur Mittagszeit wird die Spitze der Parkfeldbelegung erreicht. Die Wochentage von Dienstag bis Donnerstag weisen dabei jeweils die stärksten Auslastungen auf. Montags und freitags fällt die Spitze leicht reduziert und Samstag stark reduziert aus. Sonntags wird tagsüber keine höhere Belegung als nachts erreicht und markiert dabei über den ganzen Tag hinweg auch den Wochentiefpunkt. Bei der Betrachtung der einzelnen Nutzendengruppen fällt auf, dass die Dauernutzenden eine «Basislinie» bei der Parkfeldbe- legung bilden. Über den gesamten Wochen- und Tageszeitenverlauf variiert die Belegung dieser Gruppe praktisch nicht und machen dabei nachts einen Anteil von ca. 70% und zur Mittagsspitze ca. 30% an den belegten Parkfeldern aus. Die Gruppen der Frequentnutzenden und der Gelegenheitsnutzenden machen den Grossteil der variablen Belegungskomponente aus. Während Gelegenheitsnutzende jedoch auch am Wochenende und nachts noch einen substanziellen Anteil zur Belegung beitragen so ist bei der Gruppe der Frequentnutzenden eine viel stärkere Fokussierung auf den Tagesstunden an Werktagen zu beobach- ten. Insbesondere sonntags und nachts fällt der Anteil der Frequentnutzenden auf nahezu 0, während werktags zwischen 06:00 Uhr und 18:00 Uhr in dieser Gruppe die Spitzenauslastungen erreicht werden. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 27/83 2.5 Wirtschaftliche Aspekte der Parkfeldnachfrage Abb. 16 Kumulierte bezahlte Parkgebühren nach Nutzendengruppen pro Parkhaus und Jahr Teil der Buchungsdatensätze war auch der pro Vorgang jeweils bezahlte Betrag. Dieser schwankt von Bu- chung zu Buchung stark von zumeist wenigen Franken für eine einzelne Gelegenheitsnutzung und in Ein- zelfällen bis zu mehreren hundert CHF für ein Einstellen des Fahrzeugs über mehrere Wochen hinweg. Auffällig ist hier eine Verschiebung der Anteile der Nutzendengruppen gegenüber den beobachteten An- teilen bei den generierten Fahrten sowie den Anteilen beim Belegungsgang. Während die Gelegenheits- nutzenden und die Frequent- (aber nicht Dauer-!) Nutzenden bei den generierten Fahrten gemeinsam über 90% beobachteten Anteil ausmachen, so ist deren gemeinsamer Anteil am Umsatz mit lediglich etwa 42% zu beziffern. Der weitaus grössere Anteil machen die Dauernutzenden (58%) aus, insofern man in diese Gruppe die Dauer- und Frequent-Nutzenden (grün) miteinschliesst. Im Allgemeinen korreliert der Umsatz etwas stärker mit dem Belegungsgang als mit den generierten Fahrten, wobei jedoch die Gruppe der Frequent- und Dauernutzenden als «Power-User» bei den Umsätzen einen stark erhöhten Anteil ein- nimmt. Reine Dauernutzende fallen hier etwas weniger ins Gewicht, dies ist möglicherweise mit umfang- reichen Rabatten bei der reinen Dauernutzung zu erklären. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 28/83 2.6 Datenbasierte Klassifizierung von Nutzendengruppen 2.6.1 Klassifizierungsmethoden Bei der Klassifizierung von Buchungsdaten wurden verschiedene Methoden zur automatischen Gruppie- rung von Daten untersucht. Ziel war es, automatisiert relevante Muster in den Buchungsdaten zu identi- fizieren und diese entsprechend zu segmentieren. Die Buchungsdaten wurden für diesen Zweck vorprozessiert und mit neuen Eigenschaften mittels sog. «Feature Engineerings» angereichert. Insbesondere die Nutzung bestimmter Wochentage / Wochenende, die Parkierdauer oder die Anzahl wiederholter Parkiervorgänge wurden so modelliert. Im Anschluss wurden folgende Klassifikationsmethoden getestet: «K Means Clustering» ist eine effiziente und schnelle Segmentierungsmethode, welche häufig für einfache Datensegmentierungen angewandt wird. In diesem Fall weist sie jedoch den Nachteil auf, dass kategoriale Variablen wie z.B. die Zugehörigkeit der Buchungsdaten zu einem spezifischen Parkhaus-Standort nicht direkt unterstützt werden. Getestet wurde daher die Erweiterung der Methode «K Modes», die keine sogenannte One-Hot-Kodierung (Konversion der Variablen in 1/0-Vektoren) benötigt und damit den Um- gang mit kategorialen Daten erleichtert. Das prinzipielle Problem, dass viele Kategorien schwierig mit die- ser Klasse von Methoden handzuhaben sind, bestand jedoch auch bei K Modes weiterhin, sodass die Zu- ordnungen wie wiederholte Besuche einzelner Kennzeichen oder Parkhausstandort nur wenig aussage- kräftiges Clustering zuliessen. Die Parcandi-Buchungsdaten enthalten darüber hinaus sowohl numerische (z. B. Dauer des Parkens) als auch kategoriale Daten. K-Modes ist primär für kategoriale Daten konzipiert, wodurch hier wiederum die numerischen Daten möglicherweise nicht angemessen berücksichtigt wer- den. Eine getrennte Behandlung dieser Daten könnte zu einer Verfälschung der Beziehungen zwischen den Variablen führen. Ein weiterführender Ansatz wie K-Prototype, der beide Datentypen berücksichtigt, könnte geeigneter sein, aber wäre in der Umsetzung komplexer. K-Means Methoden neigen ausserdem dazu, Cluster von ähnlicher Größe und ähnlichen internen Abständen zu bilden. Da die Mehrheit der Par- candi-Nutzer nur für kurze Zeiträume bucht, während eine kleine Gruppe für längere Zeiträume parkiert, wäre die Methode eher ungeeignet, diesen kleinen, aber wichtigen Teil der Nutzenden korrekt zu erfas- sen. Eine weitere in Betracht gezogene Methode war das «Hierarchische Clustering» (HAC). Bei dieser Me- thode werden die Datenpunkte anhand der hierarchischen agglomerativen Clusteringmethode mit Ward- Verknüpfung gruppiert. Ein großer Vorteil von HAC ist, dass es die Flexibilität bietet, die Anzahl der Cluster nach der Erstellung eines sogenannten Dendrogramms («Abstammungsbaum») zu wählen. Dies bedeutet, dass kein Vorwissen über die Anzahl der Cluster erforderlich ist, was es zu einer robusten Methode macht. Allerdings erwies sich diese Methode in Bezug auf die Rechenzeit als ineffizient und zeitintensiv. Lokale Clusterentscheidungen waren ausserdem nach der Vorklassifizierung durch das Dendrogramm nicht sehr nachvollziehbar. «Spectral Clustering» wurde ebenfalls evaluiert und hat den Vorteil, dass es komplexe (nicht-konvexe) Datenverbindungen behandeln kann. Es ist weniger empfindlich gegenüber Störungen und kann effizient mit neuen Daten skaliert werden. Ein signifikanter Nachteil ist jedoch, dass das Anpassen der Methode in mehreren Iterationen so rechenintensiv war, dass zur Anwendung zunächst eine Principal Component Analysis (PCA) für die Dimensionsreduktion durchgeführt werden musste. Wird jedoch auf den Datensätzen ohnehin eine Dimensionalitätsreduktion durchgeführt, so eignen sich auch die wesentlich weniger rechenintensiven K Means Methoden wieder für die Segmentierung, da nach der PCA nur noch numerische, standardisierte Informationen klassifiziert werden müssen. Die zuvor Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 29/83 beobachteten Nachteile dieser Klassifikationsmethode treten also in den Hintergrund. Durch die Anwen- dung einer Standardskalierung werden die Daten zudem so transformiert, dass sie einen Mittelwert von 0 und eine Standardabweichung von 1 haben. Dies erleichtert zusätzlich die Anwendung von Algorithmen wie K Means, die auf Abstandsmessungen basieren. 2.6.2 Ergebnisse Letztendlich wurde somit eine K-Means-Klassifizierung auf der Basis per PCA dimensionalitätsreduzierter Datensätze gewählt. Die PCA schien dabei dazu beizutragen, dass das Rauschen in den Daten reduziert werden konnte und so die wichtigsten Merkmale hervorgehoben wurden. Interessanterweise waren die automatisch gefundenen Cluster bei der Wahl von N=4 oder N=5 Clustern denjenigen aus der manuellen Zuweisung insofern relativ ähnlich, als dass die identifizierten Hauptkomponenten 1 und 2 weitgehend der Parkdauer, sowie der Anzahl Besuche entsprachen, womit mittels der automatischen Methode also eine ähnliche Auftrennung des Datensatzes erreicht wird wie mit der manuellen Methode, die sich eben- falls an diesen Kerngrössen orientiert. Abb. 17 Vergleich der Hauptkomponenten 1 und 2 aus der PCA (oben) mit einem Scatterplot der Bu- chungsdaten als Funktion von Buchungsdauer (x) und Anzahl Besuche (y) (unten). Einfärbung nach N=5 Clustern per K Means. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 30/83 Dies legt nahe, dass die manuelle Segmentierung der Daten bereits relativ genau war. Da die manuelle Klassifizierung bereits in der Projektphase der Nutzerbefragung vorhanden war und diese somit für ver- gleichbare Analysen verwendet werden konnte, wurde die automatische Klassifizierung der Buchungsvor- gänge trotz der datengetriebenen und mit Vor- und Nachprozessierung soliden Herangehensweise letzt- lich nicht weiterverfolgt. Das Fazit dieses Untersuchungsabschnitts ist, dass eine automatische Klassifizierung von Buchungsdaten durchaus möglich und in einigen Fällen auch präzise ist. Dennoch ist der Mehrwert dieser automatischen Methoden in diesem speziellen Kontext eingeschränkt, insbesondere wenn bereits zuverlässige manuelle Segmentierungen vorliegen. 3 Befragung von Nutzenden Um die verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung von privaten Parkfeldern abschätzen zu können, wurde eine web-basierte Befragung der Nutzenden durchgeführt. In diesem Kapitel wird Rekrutierung, der Aufbau des Fragebogens, die Durchführung der Befragung und die deskriptive Analyse der eingegan- genen Antworten dargestellt. 3.1 Zielgruppen und Art der Rekrutierung Die Rekrutierung erfolgte per SMS aufgrund der von Parcandi im Zeitraum vom 24.3.23 bis 23.6.23 meist wöchentlich zur Verfügung gestellten Buchungsdaten. Für die Rekrutierung und das Design des Fragebo- gens wurden folgende drei Zielgruppen unterschieden: • Gelegenheitsnutzende • Dauernutzende und regelmässig Nutzende (Frequent) • Nutzende mit Monatsmiete Die Einteilung der Zielgruppen erfolgte aufgrund der bereits für die deskriptive Analyse der Buchungsda- ten angewandten Logik (siehe Abb. 11). Die Parkfeldnutzung von Nutzenden mit Monatsmieten lässt sich nicht direkt aus den Buchungsdaten ableiten. Hier stellte Parcandi Daten zu den zum jeweiligen Zeitpunkt aktiven Monatsmieten sowie den Ein- und Ausfahrten der jeweiligen Fahrzeuge zur Verfügung. 3.2 Aufbau des Fragebogens Für jede der drei Zielgruppen wurde ein spezifischer Fragebogen entwickelt, wobei alle Fragebögen ge- mäss der in Abb. 18 dargestellten Ablauflogik aufgebaut wurden. Auf der ersten Seite der Fragebogen wurde die Teilnehmenden willkommen geheissen sowie die erwartete Antwortdauer und den groben Auf- bau des Fragebogens dargestellt. Auf der zweiten Seite wurde das Ziel der Befragung erläutert, die daran beteiligten Institutionen vorgestellt und die Datenschutzreglung beschrieben. Der Fragebogen wurde erst nach Annahme der angegebenen Einverständniserklärung gestartet. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 31/83 Abb. 18 Schematischer Aufbau des Fragebogens Für Gelegenheitsnutzende bezog sich der Fragebogen jeweils auf die letzte Buchung. Demgemäss wurde bei den Fragen, die sich direkt auf die letzte Nutzung beziehen (Aktivitäten, Substitution, Ausgangspunkt der Fahrt, Zielort der nachfolgenden Fahrt), die Bezeichnung des Parkplatzes und das Datum der letzten Nutzung im Fragebogen angezeigt (Abb. 19). Je nach Nutzungshäufigkeit wurden einzelne Personen mehr- mals zur Teilnahme an der Befragung eingeladen. Dabei wurde der Fragebogen so programmiert, dass falls eine Person den Fragebogen bereits einmal ausgefüllt hat, die Abschnitte zur Erhebung der Mobili- tätswerkzeuge (Auto- und ÖV-Zeitkartenbesitz) sowie die Soziodemographie nur beim Ausfüllen des ers- ten Fragebogens angezeigt wurden. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 32/83 Abb. 19 Frage für Gelegenheitsnutzende zur Erhebung der während eines Parkvorgangs durchge- führten Aktivitäten Die Auswertung der Buchungsdaten von regelmässig Nutzenden hat gezeigt, dass die meisten Fällen über 80% der von diesen Personen getätigten Buchungen auf einen einzelnen Standort fallen. Um die Befra- gungslast gering zu halten, erhielten Regelmässige Nutzende daher nur einen Fragebogen, welcher sich auf den im Zeitraum zwischen 1.1.22 bis 31.3.23 am häufigsten genutzten Parcandi-Standort bezog. Die Verhaltensweise, wenn das Angebot von Parcandi nicht verfügbar wäre (Substitution), wurde mit dem Fragetyp «Konstante Summer erhoben». Dabei konnten die Antwortenden angeben, wie relevant die ver- schiedenen möglichen Verhaltensweisen bei der Nutzung des spezifischen Parcandi-Standorts sind (Abb. 20). Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 33/83 Abb. 20 Erhebung des Substitutionseffekte für regelmässig Nutzende Je nach Wahl des substituierenden Verhaltens wurden dynamisch weitere Fragen vorgesehen, um fol- gende Informationen zu erheben: • Welche Art von Parkplatz genutzt würde. • Welches andere Verkehrsmittel genutzt würde. • Wo sich der Ort befindet, an dem eine andere Aktivität durchgeführt würde Um die verkehrliche Wirkung besser quantifizieren zu können, wurde in weiteren Fragen erhoben von wo und wohin die Fahrten vor und nach der Nutzung des Parcandi-Parkplatzes führen. Aufgrund dieser Infor- mation können, je nach Art der Substitution, Veränderungen der Verkehrsleistung abgeschätzt werden. Im Teil «Mobilitätswerkzeuge» wurde mit drei Fragen Angaben zum Besitz von Abonnementen des öf- fentlichen Verkehrs, Mitgliedschaft bei einer Carsharing-Organisation und die Verfügbarkeit von Autos erfasst. Im Teil «Soziodemographie» wurden Angaben zum Geschlecht, dem Alter, dem Wohnort, dem höchsten Ausbildungsabschluss sowie dem Haushaltseinkommen erhoben. Anhand dieser Angaben kann dargelegt werden, inwiefern sich Nutzende von Parcandi von der Gesamtbevölkerung von Autofahrenden in der Schweiz unterscheiden. Von einer Verwendung dieser Angaben für die statistische Modellierung der Substitutionseffekte wird aber abgesehen, da diese Angaben nicht für alle Buchungsdaten vorhanden sind und somit für die Abschätzung der verkehrlichen Wirkung nicht verwendet werden können. Im letzten Teil wurden regelmässig Nutzenden als Dankeschön zur Teilnahme an der Befragung ein Pro- mocode ausgegeben, welcher die kostenfreie Nutzung eines Parcandi-Parkplatzes während eines Tages ermöglicht. Gelegenheitsnutzende konnten an einem Gewinnspiel teilnehmen, bei der 100 solcher Pro- mocodes verlost wurden. Zudem konnten die Teilnehmenden angeben, ob sie daran interessiert sind, über die Ergebnisse der Befragung informiert zu werden. Falls ja wurde die E-Mail-Adresse erfasst, welche Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 34/83 bei der späteren Datenauswertung aber separat gespeichert wurde, um den Datenschutz zu gewährleis- ten. 3.3 Rücklauf und Vergleich mit Grundgesamtheit 3.3.1 Rücklauf Tab. 1 listet für die einzelnen Zielgruppe auf, wie viele Einladungen verschickt worden sind und wie viele vollständig ausgefüllte Fragenbögen eingegangen sind. Bei den Gelegenheitsnutzenden sind insgesamt 555 Fragebögen vollständig ausgefüllt worden. Die Rück- laufquote beträgt 11.4%. Knapp 90% der zugehörigen Buchungen betreffen Parkvorgänge, die kürzer sind als 24 Stunden. Bei Berücksichtigung der Buchungen aller angeschriebenen Personen beträgt der Anteil der Buchungen, die kürzer sind als 24h ebenfalls 90%. Es zeigt sich also, dass bei Gelegenheitsnutzenden die Buchungsdauer keinen Einfluss auf die Antwortbereitschaft hatte. Tab. 1 Rücklauf nach Zielgruppe Zielgruppe Einladungen Vollständig aus- gefüllte Fragebö- gen Anzahl Buchun- gen kürzer als 24h Anzahl Buchun- gen länger als 24h Rücklauf- quote Gelegenheitsnutzende 4891 555 499 56 11.3% Regelmässig- und Dau- ernutzende 471 124 105 19 26.3% Monatsmiete (nur Pi- cassoplatz) 3 2 - - 66.7% Von den 471 angeschriebenen, regelmässig Nutzende haben 124 Personen den Fragebogen beantwortet. Die Rücklaufquote beträgt hier 26.3%. Für rund 15% dieser Personen wurden in den Buchungsdaten mehr als 5 Parkvorgänge über 24h erkannt und dementsprechend als regelmässige Dauernutzende identifiziert. Von den angeschriebenen Personen wurden 28% als regelmässige Dauernutzende identifiziert. Es zeigt sich also, dass bei Dauernutzenden eine geringere Antwortbereitschaft vorlag. Anfangs Juni, zum Zeitpunkt der Rekrutierung der Nutzenden mit Monatsmiete, hatten nur drei Privat- personen im Quartierparking Picassoplatz einen aktiv laufenden Monatsmietvertrag. Zwei dieser Perso- nen haben den Fragebogen vollständig ausfüllt. Eine Person nutzt ein Parkfeld primär, um mit dem Auto zum Arbeitsort zu gelangen. Im Fall, dass kein Parkfeld von Parcandi genutzt werden könnte, würde diese Person ein Parkfeld anderswo anmieten. Die andere Person wohnt in der Umgebung, ist aber erst kürzlich dorthin gezogen und hat zuvor das Auto auf einem privaten Aussenparkfeld abgestellt. Aufgrund der ge- ringen Anzahl Beobachtungen von Nutzenden mit Monatsmiete können keine verallgemeinernden Schlüsse zur verkehrlichen Wirkung gezogen werden. Daher beschränken sich die im Rest des Berichts dargelegten Auswertungen auf Gelegenheitsnutzende sowie Regelmässig- und Dauernutzende. 3.3.2 Vergleich mit Grundgesamtheit Basis für den Vergleich mit der Grundgesamtheit bilden die im Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2015 (kurz MZMV, Bundesamt für Statistik BFS und Bundesamt für Raumentwicklung (ARE 2017)) dokumen- tierten Autofahrten mit Ziel in folgenden Raumkategorien (Raum mit städtischem Charakter, (Goebel und Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 35/83 Kohler 2014): Kernstadt, Hauptkern, Nebenkern. Diese Raumkategorien entsprechen denjenigen, an de- nen Parcandi Parkfelder zur Miete anbietet. In Tab. 2 sind die nach Altersgruppen, Geschlecht und Einkommen differenzierten Anteile der Grundge- samtheit und die eingegangenen Antworten. Es zeigt sich, dass die Kundinnen und Kunden von Parcandi tendenziell jünger sind. Tab. 2 Rücklauf nach Zielgruppe MZMV n=16043 Gelegenheitsnutzende n=495 Regelmässig- und Dauer- nutzende, n=124 Anteile Anteile Differenz Anteile Differenz Altersgruppe bis 24 Jahre 6% 11% 4% 12% 5% 25 bis 34 Jahre 17% 30% 13% 29% 13% 35 bis 44 Jahre 20% 26% 5% 21% 1% 45 bis 54 Jahre 23% 17% -6% 29% 6% 55 bis 64 Jahre 17% 12% -5% 7% -10% 65 Jahre und älter 16% 5% -12% 2% -15% keine Angabe 0% 0% 0% 0% 0% Geschlecht weiblich 44% 36% -7% 47% 3% männlich 56% 63% 7% 53% -3% anderes / keine Angabe 0% 0% 0% 0% 0% Einkommen weniger als 2'000 CHF 1% 4% 3% 4% 3% 2'001 - 4'000 CHF 7% 9% 3% 5% -1% 4'001 - 6'000 CHF 16% 12% -5% 16% 0% 6'001 - 8'000 CHF 17% 15% -2% 21% 3% 8'001 - 10'000 CHF 15% 13% -2% 12% -3% 10'001 - 12'000 CHF 11% 10% 0% 12% 1% 12'001 - 14'000 CHF 6% 6% -1% 5% -1% 14'001 - 16'000 CHF 5% 5% 0% 4% -2% mehr als 16'000 CHF 9% 9% 0% 4% -4% keine Angabe 14% 16% 2% 18% 4% Bei den Gelegenheitsnutzenden sind Männer im Vergleich zur Grundgesamtheit leicht übervertreten. Bei den Regelmässig- und Dauernutzenden sind hingegen Frauen geringfügig übervertreten. Bei den Gelegenheitsnutzenden sind Männer im Vergleich zur Grundgesamtheit leicht übervertreten. Bei den Regelmässig- und Dauernutzenden sind hingegen Frauen geringfügig übervertreten. Bezüglich des Einkommens zeigt sich, dass in Stichproben und die Grundgesamt insgesamt recht ähnlich verteilt sind. Es zeigt sich also, dass das Angebot von Parcandi unabhängig vom Haushaltseinkommen ge- nutzt wird. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 36/83 3.4 Deskriptive Analyse 3.4.1 Gelegenheitsnutzende Der Parkzweck, also die Aktivität, die durchgeführt wird, während das Auto parkiert, beeinflusst nicht nur die Parkzweck, sondern auch das Substitutionsverhalten, falls kein Parkplatz von Parcandi zur Verfügung stehen würde. Abb. 21 zeigt für Parkfeldnutzungsdauern unter und über 24h die Häufigkeit verschiedener Parkzwecke auf. Da die Frage als Mehrfachauswahl formuliert war, summieren sich die Prozentangaben auf über 100%. In den meisten Fällen wurde pro Parkvorgang aber nur ein Parkzweck angegeben. In jeweils knapp die Hälfte der Fälle ist der Parkzweck «Arbeit». Bei Parkvorgängen unter 24h sind Freizeit- und Ausbildungsaktivitäten mit 17% respektive 14% die zweit- respektive am dritthäufigsten genannten Aktivitäten. Bei einer Parkdauer von über 24h sind Besuche von Familien oder Freunden mit 31% die am zweithäufigs- ten genannten Aktivitäten. In 10% dieser Situationen wird ein Parcandi-Parkfeld von Personen genutzt, die in der Nähe wohnen, aber keine andere Parkmöglichkeit verfügbar ist. Dies zeigt, dass in Situationen mit hohem Nachfragedruck auf Parkfelder in der blauen Zone, Personen auf ein temporär auf Parcandi- Parkfeld ausweichen, um so die Suche nach einem freien, öffentlichen Parkfeld zu vermeiden. Abb. 21 Häufigkeit verschiedener Parkzweck (Mehrfachauswahl) bei Gelegenheitsnutzenden Abb. 22 zeigt die Antworthäufigkeiten von Gelegenheitsnutzenden der drei Fragen zum Substitutionsver- halten bei einer Parkfeldnutzungsdauer von weniger als 24 Stunden. Im Fall, dass kein Parkplatz von Par- candi zur Verfügung gestanden wäre, wäre das Auto in 78% der Fälle auf einem anderen Parkplatz 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% Anteil der Antworten in Prozent Arbeit Freizeit Ausbildung Besuch von Familie oder Freunden anderes Geschäftstermin persönliche Dienstleistung Einkauf 47% 259 17% 93 14% 79 8% 42 5% 27 4% 24 3% 19 2% 11 Aktivitäten bei Parkfeldnutzungsdauer von unter 24h (n=554) 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% Anteil der Antworten in Prozent Arbeit Besuch von Familie oder Freunden Wohne in der Nähe, keine andere Parkiermöglichkeit anderes Ausbildung Freizeit / (Kurz-)Urlaub vor Ort (Kurz-)Urlaub anderswo, aber ohne Auto (z.B. Flugreise) 46% 27 31% 18 10% 6 8% 5 2% 1 2% 1 2% 1 Aktivitäten bei Parkfeldnutzungsdauer von über 24h (n=59) Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 37/83 abgestellt worden. In knapp 16% der Fälle wäre ein anderes Verkehrsmittel genutzt worden und in jeweils rund 3% der Fälle wären die Aktivitäten an einem anderen Standort respektive nicht durchgeführt wor- den. Über die Hälfte, der Personen, die angegeben haben, einen anderen Parkplatz zu nutzen, würden ihr Auto in einem nahegelegenen Parkhaus abstellen. In diesem Fall beschränkt sich die verkehrliche Wirkung auf geringfügig unterschiedliche Zu- und Wegfahrstrecken sowie Zu- und Abgangswege zu Fuss. Abb. 22 Antworthäufigkeiten von Gelegenheitsnutzenden der drei Fragen zum Substitutions- verhalten bei einer Parkfeldnutzungsdauer von unter 24h Knapp 19% dieser Personen würde das Auto in der blauen Zone abstellen, weitere 12% in der Weissen Zone. Im Gegensatz zur Nutzung eines Parkplatzes von Parcandi würde dabei Suchverkehr anfallen. Das Ausmass des Parksuchverkehrs ist abhängig von der Auslastung öffentlich zugänglicher Parkfelder zum Nutzungszeitpunkt und kann nur mit grossem Aufwand verlässlich erhoben werden. Auswertung von GPS- Daten in Zürich (Montini, Horni et al. 2012) sowie in San Francisco und Ann Arbor (Weinberger, Millard- Ball et al. 2020) zeigen aber, dass auch in dichten Quartieren mit hoher Parkfeldauslastung die Suche nach einem Parkfeld sehr selten mehr als 5 Minuten in Anspruch nimmt. In jeweils rund 7% der Fälle würde ein privater Parkplatz respektive eine andere Art von Parkplatz benutzt werden. Für diese Fälle wird wiederum angenommen, dass sich die verkehrliche Wirkung auf geringfügig unterschiedliche Zu- und Wegfahrstrecken sowie Zu- und Abgangswege zu Fuss beschränkt. Von den knapp 16% Personen, die angegeben haben, dass sie ohne Zugang zu einem Parkplatz von Par- candi ein anderes Verkehrsmittel nutzen würden, würden 90% die Fahrt mit dem ÖV zurücklegen. Die anderen 10% verteilen sich fast gleichmässig auf den Veloverkehr, Auto als Mitfahrer:in sowie weitere Verkehrsmittel. Die verkehrliche Wirkung kann hier einerseits über die Anzahl der aufgrund das neuen Parkplatzangebots generierten Fahrten sowie der dabei zurückgelegten Verkehrsleistung (Fahrzeugkilo- meter) beschrieben werden. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 38/83 Abb. 23 zeigt die Antworthäufigkeiten von Gelegenheitsnutzenden der drei Fragen zum Substitutionsver- halten bei einer Parkfeldnutzungsdauer von mehr als 24 Stunden. Im Fall, dass kein Parkplatz von Par- candi zur Verfügung gestanden wäre, wäre das Auto in 86% der Fälle auf einem anderen Parkplatz abge- stellt worden, also leicht häufiger als bei einer Parkdauer von unter 24 Stunden. In knapp 16% der Fälle wäre ein anderes Verkehrsmittel genutzt worden und in jeweils rund 3% der Fälle wären die Aktivitäten an einem anderen Standort respektive nicht durchgeführt worden. In jeweils 5% der Fälle wäre ein ande- res Verkehrsmittel genutzt respektive die Aktivtäten nicht durchgeführt worden. In knapp 4% der Fälle wäre die Aktivität an einem anderen Ort durchgeführt worden. Rund 42%, der Personen, die angegeben haben, einen anderen Parkplatz zu nutzen, würden ihr Auto in einem nahegelegenen Parkhaus abstellen. In 27% dieser Fälle würde das Auto in der Blauen Zone parkiert, wobei aufgrund der langen Parkdauer hier in der Regel eine entsprechende Tagesparkkarte gelöst werden müsste. Knapp 15% haben angegeben eine «andere Art von Parkplatz» zu nutzen und 10% würden das Auto auf einem Parkplatz in der Weisse Zone abstellen. Private Parkplätze werden in 6% der Fälle als Substitut angegeben. Insgesamt sind die angegeben Verhaltensweisen für ein Parkierdauer unter und über 24h recht ähnlich. Dies war a priori nicht zu erwarten, da sich einerseits die während des Parkiervorgangs durchgeführte Aktivitäten für die beiden Gruppen deutlich unterscheiden. Andererseits erscheinen je nach Parkierdauer andere Arten von Parkplätzen und Verhaltensreaktionen als zweckmässig. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 39/83 Abb. 23 Antworthäufigkeiten von Gelegenheitsnutzenden der drei Fragen zum Substitutionsverhalten bei einer Parkfeldnutzungsdauer von über 24h 3.4.2 Regelmässig- und Dauernutzende Die Häufigkeiten der verschiedenen Parkzwecke, wie sie von Regelmässig- und Dauernutzenden angege- ben wurde, ist in Abb. 24 dargestellt. Bei der Berechnung der Anteile wurde die Anzahl der pro Person im Zeitraum zwischen dem 1.1.2022 – 31.3.2023 registrierten Parkvorgänge als Gewicht verwendet. So wird sichergestellt, dass sich die Angaben als Anteil in Bezug auf Parkvorgänge und nicht an der Befragung teilnehmende Personen interpretiert werden können. Bei Parkvorgängen unter 24h macht die Aktivität «Arbeit» mit 82% den weitaus grössten Anteil ein. Auf Ausbildungsaktivitäten sind für weitere 13% dieser Parkvorgänge zurückzuführen. Weitere Aktivitäten weisen nur kleine Anteil aus. Bei Parkvorgängen über 24h entfallen 46% der Fälle auf Arbeitsaktivitäten, wie beispielsweise mehrtägige Messebesuche oder Montagearbeiten. Weitere 38% der Fälle sind auf Personen zurückzuführen, die in der Nähe wohnen, aber über keine andere Parkmöglichkeit verfügten. Für jeweils 8% der Parkvorgänge ist der Parkzweck der «Besuch von Familien und Freunden» sowie «andere Aktivitäten». Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 40/83 Abb. 24 Häufigkeit verschiedener Parkzweck (Mehrfachauswahl) bei Regelmässig- und Dauernutzen- den Anders als bei den Gelegenheitsnutzenden bezieht sich der Fragebogen, der für Regelmässig- und Dauer- nutzende eingesetzt wurde, nicht auf einen bestimmten Parkvorgang, sondern auf die Parkierung am von der Person häufigsten genutzten Standort. Dementsprechend wurden die Antwortenden gebeten mittels des Fragetyps «konstante Summe» anzugeben, wie ausgeprägt die verschiedenen Substitutionsreaktio- nen sind. Daher umfassen die in Abb. 25 und Abb. 26 jeweils oben dargestellten Balkengrafiken nur rela- tive Angaben der Auswahlhäufigkeit. Regelmässig-Nutzende, die normalerweise ein Parkplatz von Parcandi für weniger als 24h nutzen, würden in rund zwei Drittel der Fälle einen anderen Parkplatz nutzen, falls das Angebot von Parcandi nicht be- stünde. In etwa einem Viertel der Fälle würde ein anderes Verkehrsmittel genutzt und in rund 3% der Fälle würde die Aktivität an einem anderen Ort respektive nicht durchgeführt. Im Vergleich mit Gelegenheits- nutzenden (Abb. 23) zeigt sich, dass der Anteil der Verhaltensreaktion «einen anderen Parkplatz nutzen» rund 10 Prozentpunkte geringer, dafür «ein anderes Verkehrsmittel nutzen» rund 10 Prozent höher liegt. Die Verhaltensreaktionen «Verzicht auf eine Aktivität» sowie «Aktivität an anderem Standort durchfüh- ren» werden von beiden Nutzendengruppen ähnlich selten angegeben. 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Anteil der Antworten, gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Arbeit Ausbildung Freizeit / Einkaufsbummel Besuch von Familie oder Freunden anderes Geschäftstermin 82% 78 13% 17 2% 3 2% 3 1% 1 1% 1 Aktivitäten bei Parkfeldbenutzungsdauer von unter 24h (n=103) 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% Anteil der Antworten, gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Arbeit Wohne in der Nähe, keine andere Parkiermöglichkeit Besuch von Familie oder Freunden anderes 46% 11 38% 4 8% 2 8% 2 Aktivitäten bei Parkfeldbenutzungsdauer von über 24h (n=15) Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 41/83 Abb. 25 Verhaltensreaktionen bei Nutzungsdauer des Parkfeldes unter 24h für Regelmässig- und Dau- ernutzende 61%, der Personen, die angegeben haben, einen anderen Parkplatz zu nutzen, würden ihr Auto in einem nahegelegenen Parkhaus abstellen. Weitere 15% würden das Auto in der «blauen Zone», rund 13% in der «weissen Zone» und 10% auf «einer anderen Art von Parkplatz» parkieren. Diese Anteile liegen in der gleichen Grössenordnung wie bei Parkiervorgängen unter 24h von Gelegenheitsnutzenden. Der Anteil der Alternative «Parkhaus» liegt 6 Prozentpunkte höher, derjenige der Alternative «Blaue Zone» hingegen 4 Prozentpunkte tiefer. Im Falle der 26% der Fahrten, für die ohne Zugang zu einem Parkplatz von Parcandi ein anderes Verkehrs- mittel benutzt würde, würden knapp 57% den ÖV für diese Fahrt nutzen. Jeweils 14% würden ein Motor- rad benutzen, respektive ihr Reiseziel als Mitfahrer:in erreichen. In 11% der Fälle würde das Ziel zu Fuss und in 4% per Velo erreicht werden. Im Vergleich mit den für Gelegenheitsnutzenden erhobenen Daten wird der ÖV weniger oft, dafür wird das Motorrad und das Auto als Beifahrer:in als Substitut in Erwägung gezogen. Regelmässig- und Dauernutzende, die häufig über 24h lang parkieren würden in 65% der Fälle einen an- deren Parkplatz nutzen, falls kein Parkfeld von Parcandi zur Verfügung stünde (Abb. 26). In über der Hälfte der Fälle würde ein Parkplatz in der blauen Zone genutzt, wobei Personen mit Anwohnerparkkarten hinter den meisten dieser Antworten stehen. Es kann also schlussgefolgert werden, dass das Parkfeldangebot von Parcandi für diesen Personenkreis in Situationen mit hohem Parkfelddruck in der blauen Zone als eine Art «Überlaufbecken» genutzt wird. In weiteren knapp 40% der Fälle würde ein Parkplatz in einem Park- haus genutzt. In rund 30% der Fälle würde ein anderes Verkehrsmittel genutzt, falls kein Parkplatz von Parcandi zur Verfügung stehen würde. Dabei würden 85% dieser Fahrten mit dem ÖV, 10% durch «andere Verkehrs- mittel» und 5% durch Fahrten als Mitfahrer:in ersetzt. 25.9% 3.5% 3.3% 67.3% Die Aktivität nicht durchführen Die Aktivität an einem anderen Ort durchführen Ein anderes Verkehrsmittel nutzen Einen anderen Parkplatz nutzen 0 25 50 75 Prozent (%), gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Häufiger Benutzer: Wie würden Sie sich verhalten, wenn es das Angebot von Parcandi nicht gäbe? (t<24H) [n=103] 61.4%[54] 0%[0] 12.9%[10] 9.7%[10] 0%[0] 0.6%[1] 0.7%[1] 14.7%[13] Blaue Zone mit Anwohnerkarte Blaue Zone mit Gewerbeparkkarte Blaue Zone mit Pendlerkarte Blaue Zone mit Parkscheibe (max. 60 Min) Weisse Zone andere Art von Parkplatz Blaue Zone mit Tages− oder Halbtagesparkkarte Parkhaus 0 20 40 60 80 Prozent (%), gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Welche Art von Parkplatz hätten Sie genutzt? [n=89] 56.8%[31] 10.9%[1] 0.9%[1] 3.4%[2] 13.6%[4] 14.4%[6] anderes Verkehrsmittel Velo, E−Bike zu Fuss Auto, als Mitfahrer:in Motorrrad ÖV 0 20 40 60 80 Prozent (%), gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Welches Verkehrsmittel hätten Sie genutzt? [n=45] Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 42/83 Abb. 26 Verhaltensreaktionen bei Nutzungsdauer des Parkfeldes über 24h für Regelmässig- und Dau- ernutzende 3.5 Mehrverkehr aufgrund von Substitution Die Nutzung von Parcandi-Parkfeldern führt zu Mehrverkehr, falls ohne Zugang zum Parkfeld die Fahrt mit einem anderen Verkehrsmittel oder die Aktivität nicht durchgeführt worden wäre. Falls eine Aktivität an einem anderen Ort durchgeführt worden wäre, kommt es darauf an, wo sich dieser Standort in Bezug auf die vorher und nachher durchgeführte Aktivität befindet. Im Fall, dass sich der Parcandi-Standort näher zu diesen Aktivitätsorten befindet, ergibt sich Minderverkehr, andernfalls Mehrverkehr. Um eine Abschätzung des Mehrverkehrs vornehmen zu können, wurden im Fragebogen die Orte erfasst, von dem die Fahrt zum Parcandi-Standort ausgegangen ist respektive nach der Nutzung des Parcandi- Parkfelds angefahren wurden. Im Fall, dass die Aktivität an einem anderen Standort durchgeführt worden wäre, wurde auch dieser Standort erfasst. Die Georeferenzierung dieser Orte erfolgte jeweils über Web- karten-Plugin (GoogleMaps). In 88% (Startort) resp. 85% (Zielort) der Fälle war dies jeweils Wohnort, in 12% (Startort) resp. 15% (Zie- lort) der Fälle ein anderer Ort. Aufgrund der Koordinaten vor- und nachgelagerten Aktivitätsorte und des Parcandi-Standorts wurden mit der Google Maps Distance Matrix API die Fahrdistanzen des Hin- und Rückwegs ermittelt. Im Fall, dass die Aktivität an einem anderen Standort durchgeführt worden wäre, wurde zusätzlich auch die Fahrdistanz zwischen den vor- und nachgelagerten Aktivitätsorten und dem alternativen Zielort erfasst. Tab. 3 zeigt die so ermittelte mittlere Fahrdistanz (und deren Standardabweichung) aufgrund von Substi- tution mit anderen Verkehrsmitteln differenziert nach verschiedenen Nutzendengruppen und Parkdauer (kürzer und länger als 24h). Die Analyse basiert auf 116 Beobachtungen, im Mittel beträgt der Mehrver- kehr pro Parkfeldnutzung 52.3 km, was einer An- sowie Wegfahrtslänge von je 25.95 km entspricht. Un- realistische Angaben, z.B. ein Fussweg von 7.8km wurden von der Analyse ausgeschlossen. 29.8% 2.9% 2.9% 64.5% Die Aktivität an einem anderen Ort durchführen Die Aktivität nicht durchführen Ein anderes Verkehrsmittel nutzen Einen anderen Parkplatz nutzen 0 20 40 60 80 Prozent (%), gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Häufiger Benutzer: Wie würden Sie sich verhalten, wenn es das Angebot von Parcandi nicht gäbe? (t >24H) [n=21] 38.9%[7] 3.7%[1] 9.3%[2] 33.3%[2] 5.6%[2] 0%[0] 9.3%[2] 0%[0] Blaue Zone mit Pendlerkarte andere Art von Parkplatz Blaue Zone mit Parkscheibe (max. 60 Min) Blaue Zone mit Gewerbeparkkarte Blaue Zone mit Tages− oder Halbtagesparkkarte Weisse Zone Blaue Zone mit Anwohnerkarte Parkhaus 0 20 40 Prozent (%), gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Welche Art von Parkplatz hätten Sie genutzt? [n=16] 85%[11] 5%[1] 0%[0] 0%[0] 0%[0] 10%[1] Motorrad Velo / E−Bike zu Fuss Auto, als Mitfahrer:in anderes Verkehrsmittel ÖV 0 25 50 75 100 Prozent (%), gewichtet nach Anzahl Parkvorgänge Welches Verkehrsmittel hätten Sie genutzt? [n=13] Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 43/83 Tab. 3: Mehrverkehr aufgrund von Substitution mit anderem Verkehrsmittel Nutzenden- gruppe Park- dauer Verkehrs- mittel N Mittlere Distanz (km) Median (km) Minimale Distanz (km) Maximale Distanz (km) Std.abw Gelegen- heitsnut- zende Unter 24h ÖV 47 82 57.2 0.6 438.1 84.4 Auto, als Mitfahrer:in 3 74.8 52.6 22.3 149.6 66.5 anderes Verkehrs- mittel 1 16 16 16 16 - Velo / E- Bike 3 15.5 7.2 6 33.2 15.4 Alle Ver- kehrsmittel 54 76.4 52.6 0.6 438.1 81.4 Über 24h ÖV 3 107.7 59.3 37.9 225.9 102.9 Regelmäs- sige Nut- zende Unter 24h ÖV 31 28.2 18.1 1.2 225.9 40.9 Motorrad 7 17.9 22.4 0.8 26.6 10.3 Auto als Mitfahrer:in 4 16 3.4 1.8 55.4 26.3 Velo / E- Bike 3 5.6 4.2 4.2 8.4 2.4 anderes Verkehrs- mittel 1 72.8 72.8 72.8 72.8 - Alle Ver- kehrsmittel 46 25.2 16.5 0.8 225.9 36.0 Über 24h ÖV 11 45.4 31.7 0.9 200.6 57.5 Auto als Mitfahrer:in 1 1.5 1.5 1.5 1.5 - anderes Verkehrs- mittel 1 1.3 1.3 1.3 1.3 - Alle Ver- kehrsmittel 13 38.6 30.3 0.9 200.6 55 Total 116 52.3 26.8 0.6 438.1 68.5 Die in Tab. 3 aufgelisteten Werte zeigen deutliche Unterschiede der mittleren Distanz nach Nutzenden- gruppen, Parkdauer und Verkehrsmittel. Falls die Autofahrt mit einer ÖV-Fahrt ersetzt worden wäre, fal- len für regelmässige Nutzende sowie bei einer Parkdauer unter 24 Stunden geringere Mehrverkehrsmen- gen an. Dies ist intuitiv gut nachvollziehbar, da bei regelmässig durchgeführten Aktivitäten mit kürzerer Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 44/83 Dauer geringere Wegdistanzen zurückgelegt werden als bei eher selten durchgeführten, längeren Aktivi- täten. Die geringen Fallzahlen für die Verkehrsmittel Motorrad, Auto als Mitfahrer:in Velo / E-Bike und anderes Verkehrsmittel lassen keine verallgemeinernde Interpretation zu. Die pro Parkfeldnutzung ermittelte Mehrverkehrsmenge zeigt eine rechtsschiefe Verteilung mit einer be- trächtlichen Streuung. Dies bedeutet, dass einige wenige Ausreisser mit besonders hohen Distanzen den Mittelwert erhöhen. Bei langen Fahrdistanzen von über 200 km (Hin- und Rückrichtung) stellt sich auch die Frage, ob die Verfügbarkeit eines Parkfelds von Parcandi tatsächlich der einzige Grund dafür war das Auto statt eines anderen Verkehrsmittels zu nutzen. Zudem stehen für die Abschätzung der verkehrlichen Wirkung auf Basis aller Buchungsdaten stehen keine Angaben zur Wahrscheinlichkeit der Substitution durch ein bestimmtes Verkehrsmittel zur Verfügung. Daher werden für die Abschätzung des gesamten Mehrverkehrs (Kapitel 5.2.4) die in Tab. 3 je Nutzendengruppe und Parkdauer aufgelisteten Medianwerte ohne Unterscheidung nach Verkehrsmittel verwendet. Die Kennzahlen des Mehrverkehrs aufgrund von veränderter Zielwahl und Substitution der Aktivität sind in Tab. 4 differenziert nach Nutzendengruppe und Parkdauer aufgeführt. Da diese Verhaltensreaktionen auf insgesamt nur 3% respektive 4% aller Parkfeldnutzungen zutreffen, ist die Datenbasis mit 23 Beobach- tungen zur veränderten Zielwahl und 22 Beobachtungen zur Substitution der Aktivität recht dünn, insbe- sondere für die Fälle mit einer Parkdauer von mehr als 24h. Tab. 4: Mehrverkehr aufgrund von veränderter Zielwahl und Durchführung der Aktivität Substitu- tion Nutzenden- gruppe Parkdauer N Mittlere Distanz (km) Median (km) Minimale Distanz (km) Maximale Distanz (km) Std.abw Verän- derte Zielwahl Gelegen- heitsnut- zende Unter 24h 9 -0.2 -6.0 -34.3 43.0 24.2 Über 24h 2 61.4 61.4 -2.9 125.6 90.9 Regelmäs- sige Nut- zende Unter 24h 11 44.4 19.6 -29.3 148.6 64.5 Über 24h 2 26.8 26.8 -2.3 55.8 41.1 Total 24 26.9 4.6 -34.4 148.6 54.0 Aktivität nicht durchge- führt Gelegen- heitsnut- zende Unter 24h 10 103.3 81.3 0.3 231.8 81.8 Über 24h 3 585.6 460.9 12.9 1283.0 644.2 Regelmäs- sige Nut- zende Unter 24h 8 15.9 8.2 0.8 45.1 15.6 Über 24h 2 13.8 13.8 3.1 24.5 15.1 Total 23 133.1 30.6 0.3 1283 279.4 Auch bezüglich des Mehrverkehrs aufgrund von veränderter Zielwahl und Durchführung der Aktivität sind die für einzelne Beobachtungen ermittelten Werte breit gestreut und unterliegen einer rechtsschiefen Verteilung. Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 45/83 Bezüglich der veränderten Zielwahl sind auch Beobachtungen mit Minderverkehr ermittelt worden. Der Medianwert von -6.0km bei Gelegenheitsnutzenden mit einer Parkdauer von unter 24h zeigt, dass für dieses Segment die Nutzung eines Parcandi-Parkfelder in der Regel zu einer geringeren Fahrdistanz führt, da aufgrund des Parkfeldangebots ein näher gelegenes Ziel angefahren wird, also beispielsweise im näher gelegenen Stadtzentrum eingekauft wird, statt in einem weiter entfernt gelegenen Einkaufszentrum in der Agglomeration. Die Beobachtungen des Mehrverkehrs aufgrund einer Substitution eine Aktivität von Gelegenheitsnut- zenden unterliegen einer besonders grossen Streuung. Für den Fall einer Parkdauer von über 24h werden sogar Werte von über 1’200km ausgewiesen. Dabei ist fraglich, ob die Verfügbarkeit eines Parkfelds von Parcandi tatsächlich der einzige, ausschlaggebende Grund dafür war, die weite Anreise für die betreffende Aktivität auf sich zu nehmen. Ebenso muss in Frage gestellt werden, ob stattdessen keine anderen Aktivi- täten an anderen Standorten durchgeführt worden wären, was wiederum mit Verkehr verbunden gewe- sen wäre. Daher wird in diesem Fall bei der Abschätzung des gesamten Mehrverkehrs (Kapitel 5.2.4) der für Gelegenheitsnutzende ermittelte Medianwert verwendet. 3.6 Zwischenfazit Im Überblick kann aus der deskriptiven Analyse in Bezug auf die verkehrliche Wirkung der flexiblen Ver- mietung privater Parkfelder folgendes Zwischenfazit gezogen werden: • Die Häufigkeiten der während dem Parkiervorgang nachgegangenen Aktivitäten unterscheiden sich je nach Nutzendengruppe und Parkierdauer (geringer oder länger als 24h) zum Teil deutlich. Gleichzeitig zeigen sich bezüglich des Substitutionsverhaltens zwischen diesen Nutzendenseg- menten insgesamt aber nur geringe Unterschiede. • Die mit Abstand am wichtigste Substitutionsreaktion ist die Nutzung eines anderen Parkplatzes. Dabei wird die Nutzung eines Parkfelds in einem Parkhaus am häufigsten in Erwägung gezogen. Am zweithäufigsten würde in diesen Fällen ein Parkfeld in der blauen Zone genutzt. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass ein Grund für die Nutzung eines von Parcandi angebotenen Parkfelds darin liegt, Parksuchverkehr zu vermeiden, wenn freie, öffentliche Parkfelder rar sind. • Die Substitution von Autofahrten mit dem ÖV ist für Personen, die regelmässig ein Parkfeld von Parcandi nutzen, von deutlich höherer Relevanz als für Gelegenheitsnutzende. Ein Grund dafür dürfte sein, dass in diesem Segment der Parkzweck «Arbeit» deutlich wichtiger ist und der ÖV bei Pendelfahrten eine geeignetere Alternative darstellt als bei anderen Verkehrszwecken. • Aufgrund der Ortsangaben der Parkfeldnutzung vor- und nachgelagerten Aktivität konnte für der für die verschiedenen Arten des Substitutionsverhaltens entstehende Mehrverkehr beziffert wer- den. Dabei zeigen sich je nach Nutzendengruppe und Parkdauer deutliche Unterschiede. Auf- grund dessen rechtschiefen Verteilung wird zur Abschätzung des Gesamtverkehrs jeweils der pro Nutzendengruppe und Parkdauer ermittelte Medianwert verwendet. 4 Statistische Modellierung zur verkehrlichen Wirkung 4.1 Vorgehen Es ist davon auszugehen, dass Faktoren wie der Standort des Parkierungsanlage, die Tageszeit und die Dauer sowie der Wochentag der Parkfeldbenutzung einen Einfluss auf die Häufigkeit der verschiedenen Arten des Substitutionsverhaltens und somit auf die verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung von privaten Parkfelder haben. Mit statistischen Modellen kann einerseits geprüft werden, welche dieser Verkehrliche Wirkung der flexiblen Vermietung privater Parkfelder August 2023 Seite 46/83 Variablen einen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit der verschiedenen Arten des Substitutionsverhal- tens haben. Andererseits kann mit statistischen Modellen für alle vorliegenden Buchungsdaten die Wahr- scheinlichkeit verschiedener Verhaltensreaktionen quantifiziert werden. Durch eine solche Modellanwen- dung kann also die aufgrund der Befragungsdaten erhobenen Verhaltensreaktionen auf die Grundgesamt- heit der vorliegenden Buchungsdaten verallgemeinert werden, was im Vergleich zu den Auswertungen in Kapitel 3 zu einem repräsentativeren und differenzierteren Gesamtbild der verkehrlichen Wirkung führt. Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden mit der multinominalen logistischen Regression und Random Forrest zwei unterschiedliche Modellansätze getestet, um das Substitutionsverhalten zu beschreiben. Während bei der multinominalen logistischen Regression die Modellform vorgegeben werden muss, han- delt es sich beim Random Forrest um ein rein datengetriebenes Verfahren. Bei der Validierung der Ran- dom Forrest Modelle hat sich gezeigt, dass diese bei der Modellanwendung die beobachteten Wahlanteile nicht reproduzieren können, sondern für fast alle Beobachtungen jeweils die insgesamt am häufigsten gewählte