Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit in der Spitex Kanton Zug BACHELOR THESIS 2022 Autorin Rusan Marijana Begleitperson Prof. Dr. Meier-Magistretti Claudia Praxispartnerin Spitex Kanton Zug Baggenstos Claudia Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit Abstract Diese Arbeit befasst sich mit dem Onboardingprozess der Spitex Kanton Zug und möglichen Fluktuationsgründen in der Probezeit. Im Zeitraum von 2019 bis Ende 2021 haben insgesamt 29,8% der Pflegekräfte ihre Anstellung in der Probezeit gekündigt. Um diesem Problem vorzubeugen, sollte in dieser Arbeit mit einer qualitativen Erhebungsmethode ermittelt werden, wie der bestehende Onboardingprozess wahrgenommen wird und warum es in der Probezeit zu vielen Fluktuationen kommt. Dafür wurden insgesamt sieben Interviews durchgeführt. Fünf davon mit ehemaligen Mitarbeitenden und zwei mit den jeweiligen Standortleitenden. Die Auswertung der Interviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Die Ergebnisse zeigten, dass die fachliche Integration nicht besonders erfolgreich verlief und dass die Arbeitsbelastung, der dadurch entstandene Zeitdruck, die Unzufriedenheit mit den geteilten Diensten sowie die zeitlichen und personellen Ressourcen die Hauptgründe für die hohe Fluktuationsrate während der Probezeit sind. Aus den Ergebnissen der Untersuchung wurden einige Handlungsempfehlungen zur Verbesserung gemacht. Anzahl Zeichen (inkl. Leerzeichen): 123’896 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung........................................................................................................................... 1 1.1 Beschreibung Projektpartnerin und Ausgangslage ................................................... 1 1.2 Zielsetzung und Fragestellung .................................................................................. 2 1.3 Vorgehen und Aufbau der Arbeit ............................................................................... 3 2 Theoretischer Hintergrund ................................................................................................ 3 2.1 Onboarding ................................................................................................................ 4 2.1.1 Definition ............................................................................................................. 4 2.1.2 Integrationsindikatoren für ein gelungenes Onboarding.................................... 4 2.2 Fluktuation ................................................................................................................. 9 2.2.1 Definition ............................................................................................................. 9 2.2.2 JOINT Model ...................................................................................................... 9 3 Methodisches Vorgehen ................................................................................................. 14 3.1 Dokumentenanalyse ................................................................................................ 14 3.2 Qualitative Erhebungsmethode ............................................................................... 14 3.2.1 Erstellung des Interviewleitfadens ................................................................... 15 3.2.2 Beschreibung der Stichprobe ........................................................................... 17 3.2.3 Durchführung der Interviews ............................................................................ 17 3.2.4 Datenauswertung ............................................................................................. 18 4 Wahrnehmung Onboardingprozess ................................................................................ 19 4.1 Beschreibung Kategoriensystem............................................................................. 19 4.2 Ergebnisse zum Onboardingprozess ...................................................................... 20 5 Einflussfaktoren auf die Fluktuationsrate ....................................................................... 25 5.1 Beschreibung Kategoriensystem............................................................................. 25 5.2 Ergebnisse zu den Einflussfaktoren ........................................................................ 26 6 Diskussion ....................................................................................................................... 43 6.1 Beantwortung der Fragestellung ............................................................................. 43 6.2 Limitationen.............................................................................................................. 52 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 6.3 Fazit und Ausblick .................................................................................................... 53 7 Handlungsempfehlungen ................................................................................................ 54 8 Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 57 9 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... 59 10 Tabellenverzeichnis ..................................................................................................... 59 11 Anhang ........................................................................................................................ 60 11.1 Anhang A: Organigramm Spitex Kanton Zug .......................................................... 60 11.2 Anhang B: Interviewleitfaden ................................................................................... 61 11.3 Anhang C: Einverständniserklärungen der Teilnehmenden ................................... 66 11.4 Anhang D: Kategoriensystem Wahrnehmung Onboardingprozess........................ 67 11.5 Anhang E: Kategoriensystem Einflussfaktoren ....................................................... 69 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 1 1 Einleitung Im Jahr 2019 waren insgesamt 185‘600 Personen in der Schweiz im Gesundheitswesen in den Bereichen Pflege und Betreuung angestellt. Etwa die Hälfte der Beschäftigten war in Spitälern und Kliniken tätig, etwas mehr als ein Drittel in Alters- und Pflegeheimen und der Rest bei den Spitex-Diensten. Der Bedarf an Pflege- und Betreuungspersonal dürfte bis zum Jahr 2029 auf 222‘100 Personen steigen. Es müssen dabei insbesondere für die Langzeitpflege in Alters- und Pflegeheimen sowie für die Spitex mehr Pflegende dazu gewonnen werden (Merçay, Grünig & Dolder, 2021). Das schnelle und starke Wachstum der älteren Bevölkerung sowie der bestehende Personalmangel im Pflegebereich stellen in diesem Fall eine grosse Herausforderung für bestehende Organisationen dar (Pellegrini, Dutoit, Pahud & Dorn, 2022). Ein Grund für den Mangel an Pflegepersonal sind Personalfluktuationen, welche zum Ausscheiden aus der Erwerbstätigkeit oder zu einem Berufs- oder Branchenwechsel führen. Der Anteil der Berufsaustritte liegt beim Pflegepersonal aktuell bei ca. 42% (Lobsiger & Liechti, 2021). Die hohe Ausstiegsquote wird laut Studien der hohen Arbeitsbelastung in der Pflege zugeschrieben (Ziegler, Bernet, Metzenthin, Conca & Hahn, 2016). Die Problematik mit den Personalfluktuation zeigt sich ebenfalls bei der Spitex Kanton Zug. Um dem jedoch entgegenwirken zu können, muss zu Beginn ermittelt werden, welche Gründe für die vielen Fluktuationen verantwortlich sind, um somit entsprechende Massnahmen definieren und umsetzen zu können. Im nachfolgenden Abschnitt wird die Organisation Spitex beschrieben und die Ausgangslage näher erläutert. 1.1 Beschreibung Projektpartnerin und Ausgangslage Die Spitex Kanton Zug ist ein Pflegedienst, welcher für die Langzeit- wie auch Akutpflege zuständig ist. Sie besteht aus insgesamt vier Regionalstellen, einigen Spezialabteilungen sowie dem Hauptsitz in Baar ZG (siehe Anhang A). Die Organisation Spitex ist eine Non- Profit-Organisation, welche allen Personen bedarfsgerecht Pflege und Betreuung zu Hause zur Verfügung stellt. Sie beschäftigt insgesamt 295 Mitarbeitende in den Bereichen Pflege, Hauswirtschaft und Betreuung und Administration (Spitex Kanton Zug, 2021). Zu Beginn wurde in einem ersten Gespräch mit der HR-Leitenden besprochen, welche möglichen Themen und Fragestellungen für die Spitex Kanton Zug bearbeitet werden können. Die Wünsche und Anliegen der Projektpartnerin wurden dabei stets berücksichtigt. Es wurde schnell klar, dass die hohe Fluktuationsrate während der Probezeit beim Pflegepersonal schon länger ein Thema in der Organisation ist. In den Jahren 2019 bis und mit 2021 haben insgesamt 47 festangestellte Pflegekräfte ihre Arbeitsstelle freiwillig gekündigt, 14 davon während der Probezeit. Die Kündigungen in der Probezeit entsprechen Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 2 hierbei einer Fluktuationsrate von 29,8%. Die vielen Fluktuationen haben persönliche, organisatorische und finanzielle Auswirkungen auf die Organisation und führen daher zu einem Kostenanstieg für die Rekrutierung, Einarbeitung sowie die vorübergehende Besetzung freier Arbeitsstellen. 1.2 Zielsetzung und Fragestellung Aufgrund der oben beschriebenen Ausgangslage soll untersucht werden, was die Gründe für die hohe Fluktuationsrate in der Probezeit sind. Die Untersuchung bezieht sich dabei nur auf Pflegekräfte, die festangestellt waren und sich nicht in Ausbildung oder in Praktika befanden. Auch externe Mitarbeitende werden nicht dazugezählt. Da der Onboardingprozess während der Probezeit ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, soll zusätzlich noch untersucht werden, wie dieser von den Pflegekräften wahrgenommen wurde. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen Handlungsempfehlungen für die oben beschriebene Problemstellung erarbeitet werden. Auf Wunsch der Projektpartnerin sollen zudem zwei Standortleitende, die ebenfalls am Onboardingprozess beteiligt sind, befragt werden, da diese aufgrund ihrer Erfahrung und Teilhabe einen guten Input zu allfälligen Fragen und möglichen Verbesserungsvorschlägen beitragen können. Damit diese Ziele erreicht werden können, wurden folgende zwei Hauptfragestellungen mit den dazugehörigen Unterfragestellungen definiert: Wie wurden die verschiedenen Integrationsindikatoren im Onboardingprozess der Spitex Kanton Zug von den ehemaligen Pflegekräften während der Probezeit wahrgenommen? - Wie nahmen ehemalige Pflegekräfte die fachliche Integration im Onboardingprozess wahr? - Wie wurde die soziale Integration während des Onboardings empfunden? - Wie beurteilen ehemalige Mitarbeitende die werteorientierte Integration der Spitex Kanton Zug? Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 3 Welche Faktoren haben laut den ehemaligen Pflegekräften der Spitex Kanton Zug einen Einfluss auf die hohe Fluktuationsrate in der Probezeit? - Inwiefern haben individuelle Faktoren einen Einfluss auf die Fluktuationsrate? - Inwiefern beeinflussen zwischenmenschliche Aspekte wie der Führungsstil und private sowie berufliche Beziehungen die Fluktuationsrate? - Welche arbeitsplatzbezogenen Faktoren haben laut den ehemaligen Pflegekräften einen Einfluss auf die Fluktuationsrate in der Probezeit? - Welche Faktoren auf der organisatorischen Ebene spielen laut den ehemaligen Pflegekräften bei den Fluktuationen eine Rolle? 1.3 Vorgehen und Aufbau der Arbeit Die Bachelorarbeit ist so aufgebaut, dass zu Beginn die wichtigsten theoretischen Grundlagen und Konzepte vermittelt werden, die als Basis und zum besseren Verständnis dieser Arbeit dienen. Anschliessend wird das methodische Vorgehen genauer erläutert. Der Ergebnisteil ist für eine bessere Übersicht in die zwei Themenbereiche «Onboardingprozess» und «Einflussfaktoren» aufgeteilt. Diese stellen den Hauptteil der Bachelorarbeit dar, da beim Ergebnisteil die Erfahrungen und Sichtweisen der ehemaligen Angestellten sowie die der Standortleitenden dargestellt werden. Aufgrund der Einhaltung der Genderneutralität werden im Folgenden die Begriffe «die zu behandelnden Personen» sowie «die Kundschaft» konstant und anstelle von «die Patienten» angewendet. Im darauffolgenden Kapitel «Diskussion» werden zu Beginn die definierten Fragestellungen explizit beantwortet, interpretiert und mit dem theoretischen Hintergrund verglichen. Danach werden die Limitationen dieser Arbeit sowie ein Fazit mit Ausblick aufgezeigt. Im letzten Kapitel werden mögliche Handlungsempfehlungen für die Praxis aufgezeigt, welche basierend auf den Aussagen der ehemaligen Mitarbeitenden sowie der zwei Standortleitenden erstellt und mit eigenen Vorschlägen ergänzt wurden. 2 Theoretischer Hintergrund In diesem Kapitel werden die wichtigsten Begriffe, Theorien und Konzepte beschrieben. Zu Beginn wird der Begriff «Onboarding» definiert und die dazugehörigen drei Ebenen sowie Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 4 Indikatoren für ein gelungenes Onboarding werden beschrieben. In einem zweiten Teil wird der Begriff «Fluktuation» definiert und erläutert. Danach folgt das JOINT Model, sowie weitere Theorien und Studien, welche die Gründe für Fluktuationen beim Pflegepersonal erklären. 2.1 Onboarding 2.1.1 Definition Der Ausdruck «Onboarding» bedeutet wörtlich übersetzt «das an Bord nehmen» neuer Mitarbeitenden (Schmidt-Pfister, 2014). Gemäss Brenner (2014) ist «Onboarding» ein Ausdruck für den Einarbeitungs- und Integrationsprozess bei der Besetzung einer neuen Stelle. Das Ziel des Onboardings ist die möglichst rasche Integration neuer Mitarbeitenden in die Organisation. Die Massnahmen des Onboardings sollten den Mitarbeitenden dabei helfen, sich «an Bord» des neuen Arbeitgebers zurecht zu finden. Das Onboarding beginnt in der Regel mit dem Unterschreiben des Arbeitsvertrages und endet mit der Probezeit (Van Dick, 2004). Diese Arbeit konzentriert sich ausschliesslich auf die Probezeit, welche ab dem ersten Arbeitstag beginnt. Gemäss Bauer und Erdogan (2011) ist Onboarding, auch organisationale Sozialisation genannt, ein Prozess, durch den neue Mitarbeitende von Aussenseitern zu Insidern einer Organisation werden. Der Prozess dient neuen Mitarbeitenden dazu, sich Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen anzueignen, die sie für den Erfolg in der neuen Organisation benötigen. Aufgrund der vielen Arbeitsplatzwechsel ist die Sozialisierung für den einzelnen Mitarbeitenden genauso wichtig wie für die Organisation. Ein erfolgreicher Onboardingprozess kann somit zu effektiven Mitarbeitenden mit einer positiven Arbeitseinstellung führen, welche längerfristig in der Organisation bleiben. Verläuft die Sozialisierung nicht erfolgreich, kann dies dazu führen, dass Mitarbeitende ihren neuen Arbeitsplatz wieder verlassen. Daraufhin kommt es zu einem Mehraufwand für die Organisation, da diese wieder neue Mitarbeitende auswählen und einstellen müssen. Dadurch entstehen wiederum Kosten für die Organisation und es kommt zu einem Zeit- und Ressourcenverlust. In den folgenden Abschnitten werden die Integrationsindikatoren für ein gelungenes Onboarding näher erläutert. 2.1.2 Integrationsindikatoren für ein gelungenes Onboarding Beim Onboarding werden die drei Ebenen nach Brenner (2014) und die acht Indikatoren des Onboardings nach Lohaus und Habermann (2015) beschrieben, da diese generell aufzeigen, welche Elemente für ein gelungenes Onboarding erfüllt werden sollten. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 5 Die drei Ebenen Brenner (2014) beschreibt insgesamt drei Ebenen, die bei der Einarbeitung von neuen Mitarbeitenden unterschieden werden. Dazu zählen die fachliche, die soziale sowie die werteorientierte Ebene. Damit das Onboarding erfolgreich verlaufen kann, ist die Berücksichtigung aller drei Ebenen von Bedeutung. Der Autor erwähnt zudem, dass bei der sozialen und bei der werteorientierten Integration die häufigsten Schwierigkeiten entstehen, worauf das Arbeitsverhältnis oftmals mit der Begründung, «die Chemie passe nicht», aufgelöst wird. Als weiterer Grund für die Auflösung werden noch die unterschiedlichen Vorstellungen über die Vorgehensweisen und Prioritäten genannt. Im Gegensatz dazu fällt die fachliche Integration den neuen Mitarbeitenden eher leicht. Bauer (2010) betont in Bezug auf die Einarbeitung, dass jeder Mitarbeitende etwa 90 Tage braucht, um sich an einem neuen Arbeitsplatz zu integrieren. Die acht Indikatoren Lohaus und Habermann (2015) beschreiben und fassen insgesamt acht angestrebte Ergebnisse des Onboardings zusammen, welche in der Fachliteratur auf verschiedene Weisen beschrieben werden. Dazu zählen: Rollenklarheit, Beherrschung der Aufgaben, Integration in das Team, generelle Arbeitszufriedenheit, Commitment/Loyalität, Engagement, Verbleib in der Organisation und politische Fähigkeiten. Mit Hilfe dieser acht Indikatoren lässt sich eine erfolgreiche Integration messen. Diese Indikatoren beziehen sich auf das Verhalten und die emotionalen Ereignisse von neuen Mitarbeitenden. Obwohl all diese Kriterien als angestrebte Ereignisse angesehen werden, sind sie bezüglich Zeit und Inhalt nicht unabhängig voneinander. Aufgrund der beschränkten Zeichenanzahl werden in dieser Arbeit nur jene Indikatoren beschrieben, welche sich für die Beantwortung der Fragestellung als relevant erwiesen haben. Für eine bessere Übersicht werden im folgenden Abschnitt sechs von acht Indikatoren nach Lohaus und Habermann (2015) auf die drei Ebenen fachliche, soziale und werteorientierte Integration nach Brenner (2014) aufgeteilt (siehe Tabelle 1). Zudem werden sie für ein besseres Verständnis miteinander kombiniert und im Anschluss ausführlicher beschrieben. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 6 Tabelle 1 Kombination der Integrationsindikatoren (eigene Darstellung, 2022) Fachliche Integration Die fachliche Integration wird auch als die tätigkeitsbezogene Einarbeitung der neuen Mitarbeitenden bezeichnet. Das Ziel besteht darin, sich Kenntnisse über die Organisation sowie das Arbeitsgebiet anzueignen. Der Schwerpunkt liegt hier darauf, sich mit bestimmten beruflichen Aufgaben vertraut zu machen, Fachwissen zu erwerben und Kenntnisse und Fähigkeiten umzusetzen, um organisatorische Ziele zu erreichen. Ebenfalls werden die Kenntnisse über die Organisationsstruktur und die korrekten Ansprechpartner, mit denen die Mitarbeitenden zu tun haben, zu der tätigkeitsbezogenen Einarbeitung dazu gezählt (Brenner, 2014). Rollenklarheit Bei der Rollenklarheit geht es darum, das neue Mitarbeitende verstehen, welche Aufgaben Priorität haben und in welchem Umfang diese zu bewältigen sind. Die dazu benötigten Informationen werden durch die Führungskräfte und Teammitglieder vermittelt (Lohaus & Habermann, 2015). Beherrschung der Aufgaben Es ist wichtig, dass neue Mitarbeitende ihre Arbeitsaufgabe beherrschen und diese in qualitativer und quantitativer Hinsicht zuverlässig erfüllen. Dies ist besonders für die Organisation ein wichtiger Punkt. Beherrschen neue Mitarbeitende die Arbeitsaufgabe, sollte dadurch auch die intrinsische Motivation steigen (Lohaus & Habermann, 2015). Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 7 Generelle Arbeitszufriedenheit Die Zufriedenheit der neuen Mitarbeitenden hängt oftmals davon ab, ob die Möglichkeit vorhanden ist, die Arbeitsrolle selbst zu gestalten und diese nach den eigenen Vorstellungen zu definieren. Ist dies der Fall, entsteht bei den betreffenden Mitarbeitenden Zufriedenheit. Ebenfalls wichtig ist, dass die Arbeitsanforderungen mit dem Privatleben in Einklang gebracht werden können (Lohaus & Habermann, 2015). Herzberg, Mausner und Synderman (1959) beschreiben in ihrer Theorie zur Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation, dass Zufriedenheit und Unzufriedenheit zwei voneinander unabhängige Dimensionen sind. Demzufolge ist Zufriedenheit nicht zwangsläufig das Gegenteil von Unzufriedenheit. Die sogenannten Kontextfaktoren (Hygienefaktoren) beziehen sich auf den Arbeitskontext und können Unzufriedenheit verhindern. Dazu zählen Bezahlung, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsbedingungen, Status und soziales Klima. Diese sind für die Erreichung von Zufriedenheit zwar notwendig, jedoch allein nicht ausreichend, da die Erfüllung der Kontextfaktoren lediglich zur «Nicht- Unzufriedenheit» führen. Die Forschenden gehen davon aus, dass die Erfüllung der sogenannten Kontentfaktoren (Motivationsfaktoren) zur Zufriedenheit führt. Diese beziehen sich auf den Arbeitsinhalt und beinhalten intrinsische Aspekte wie Anerkennung, Verantwortung, Bedeutsamkeit der Arbeit, Lernanforderungen und Leistungsmöglichkeiten. Die Abwesenheit dieser Faktoren führt jedoch nicht zur Unzufriedenheit, sondern zum neutralen Zustand der «Nicht-Zufriedenheit». Somit sind für die Entstehung von Zufriedenheit beide Dimensionen von Bedeutung. Soziale Integration Die soziale Integration beschreibt die Eingliederung in das bestehende Team und die Organisation. Das Ziel hierbei ist, die neuen Mitarbeitenden mit dem neuen Arbeitsumfeld vertraut zu machen. Die im Fokus stehenden Elemente sind die Teamarbeit, die Vereinbarkeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie die Positionierung der eigenen Person in der Organisation. Von einer erfolgreichen sozialen Integration wird gesprochen, wenn die betreffenden Mitarbeitenden als Teil des Teams akzeptiert werden und sich ein Zusammenhalt entwickelt hat (Brenner, 2014). Integration in das Team Zu Beginn jeder neuen Anstellung besteht die Anforderung, ein positives Verhältnis zu den Teammitgliedern aufzubauen. Dazu zählen Mitarbeitende und Führungskräfte. Wenn es um die Eingliederung der neuen Mitarbeitenden geht, wird dem Team eine besondere Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 8 Bedeutung zugeschrieben, da dieses als Referenz für angemessenes Verhalten, als Interpretationshilfe bei der Suche nach Lösungen sowie als emotionale Unterstützung bei der Orientierung in der neuen Arbeitsumgebung dient. Indem neue Mitarbeitende die Werte und Normen des neuen Teams übernehmen, gewinnen sie das Vertrauen der Mitglieder und werden akzeptiert (Lohaus & Habermann, 2015). Brenner (2014) beschreiben die Integration in das Team ebenfalls als wesentliche Aufgabe. Engagement Es wird angenommen, dass die erste Wirkung der Eingliederung, die erfolgreiche Beherrschung und Erfüllung der Arbeitsaufgabe, eine hohe Leistungsbereitschaft und die Integration und Mitwirkung im neuen Team das Engagement der neuen Mitarbeitenden positiv beeinflussen. Wenn die Arbeitsleistung unterhalb der Erwartungen liegt und getroffene Absprachen nicht eingehalten werden, zeigt dies ein mangelndes Engagement (Lohaus & Habermann, 2015). Werteorientierte Integration Bei der werteorientierten Integration wird von der Übernahme der Organisationskultur durch die neuen Mitarbeitenden gesprochen. Demnach müssen sich Mitarbeitende mit den Zielen, Werten und Führungsgrundsätzen der Organisation vertraut machen. Dieser Prozess ist ein mittel- bis langfristiger, da er den Mitarbeitenden zuerst über die gelebten Werte des Teams vermittelt werden muss und nicht über Leitbilder entsteht. Wenn der Prozess erfolgreich verläuft, können sich die betreffenden Mitarbeitenden mit der Organisation identifizieren und die «corporate identity» entsteht (Brenner, 2014). Commitment/Loyalität Die Anfangsphase ist besonders entscheidend, wenn es um die Stärke der Bindung von neuen Mitarbeitenden gegenüber der Organisation geht. Bei einer bestehenden Bindung werden die Werte und Ziele der Organisation akzeptiert und Mitarbeitende beginnen damit, sich für die Organisation einzusetzen. Damit eine Bindung überhaupt erst entstehen kann, müssen neue Mitarbeitende davon ausgehen, dass durch ihre Organisationszugehörigkeit die eigenen Ziele erreicht werden können (Lohaus & Habermann, 2015). Laut Meyer und Allen (1997) wird Bindung auch als Commitment bezeichnet. Es wird dabei zwischen den folgenden drei Dimensionen des Commitments unterschieden (siehe Tabelle 2). Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 9 Tabelle 2 Dimensionen des Commitments (eigene Darstellung, 2022) 2.2 Fluktuation 2.2.1 Definition In der Literatur wird der Begriff «Fluktuation» unterschiedlich definiert. Huf (2020) bezeichnet damit die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmenden. Gemäss Fluktuation (2017) werden unter einer Fluktuation die Wechselbewegungen der Arbeitnehmenden von einem Arbeitsplatz zu einem anderen bezeichnet. Dazu zählen sowohl Eintritte wie auch Austritte in oder aus Arbeitsplätzen. Die Fluktuation kann hierbei als positiv oder negativ angesehen werden und hängt davon ab, welche Art der Fluktuation vorherrscht und wie die aktuelle Situation ist. In einer Organisation unterscheidet man zwischen einer natürlichen (Pensionierung), einer unternehmensinternen (Stellenwechsel innerhalb der Organisation) sowie unternehmensfremden (Wechsel in andere Organisation) Fluktuation. Die negativen Folgen sind vor allem bei den Frühfluktuationen im ersten Anstellungsjahr ersichtlich, da hier Kosten und Mehraufwand für die Einarbeitung und Qualifizierung eines Mitarbeitenden entstehen, ohne einen entsprechenden Erlös dafür zu erhalten. 2.2.2 JOINT Model Als konzeptionelle Basis wurde das «JOINT Model of nurse absenteeism and turnover» nach Daouk-Öyry, Anouze, Otaki, Dumit & Osman (2014) ausgewählt, da dieses die Gründe für Fehlzeiten und Kündigungen beim Pflegepersonal aufgrund von fünf verschiedener Ebenen ausreichend und vollumfänglich erklärt. Da sich diese Arbeit nur mit den Gründen einer Fluktuation auseinandersetzt, wird nicht näher auf das Thema Fehlzeiten eingegangen. Das Modell der beruflichen Gratifikationskrise nach Siegrist (1996) wurde in das bestehende JOINT Model integriert, da es ebenfalls einen möglichen Fluktuationsgrund aufzeigt. Ebenfalls werden unter den einzelnen Ebenen noch Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 10 Erkenntnisse aus weiteren Studien zum jeweiligen Thema ergänzt. Das Modell setzt sich somit aus folgenden fünf Ebenen zusammen (siehe Abbildung 1): Abbildung 1. JOINT Model of nurse absenteeism and turnover (Daouk-Öyry et al., 2014) Individuelle Ebene Die individuelle Ebene befindet sich auf der Mikroebene und umfasst Variablen, welche die Mitarbeitenden charakterisieren oder von ihnen selbst erlebt werden können. Diese können in folgende vier Unterkategorien aufgeteilt werden: Demografische Daten: Die Variablen in dieser Kategorie beschreiben den Hintergrund einer Person und werden dementsprechend als demografische Variablen bezeichnet. Demografische Variablen, die zu einer höheren Fluktuation führen sind: ein junges Alter, private Verpflichtungen, Vollzeitbeschäftigung, Kinderbetreuung, der Wohnort einer Person sowie Aus- und Weiterbildungen ausserhalb des Arbeitsplatzes. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 11 Persönliche Merkmale: Diese Kategorie beschreibt Fähigkeiten, Eigenschaften und Kenntnisse, die eine Person von anderen Personen unterscheiden. Es wurde festgestellt, dass Pflegekräfte mit gewissen persönlichen Eigenschaften (wie beispielweise technischen Fähigkeiten, einer hohen Sozialkompetenz sowie einer effektiven Kommunikationsweise) mit einer geringeren Fluktuationsrate verbunden sind. Arbeitseinstellungen und Ansichten zum Beruf: In dieser Kategorie werden die Ansichten über den Beruf, die Karriere und die Organisation beschrieben. Es konnte festgestellt werden, dass die eigenen Arbeitseinstellungen (wie die Unzufriedenheit mit der Arbeit, die Absicht zu gehen, mangelnde Motivation, Machtlosigkeit, mangelndes Vertrauen in die eigene Fähigkeit, Pflege zu leisten, die Unzufriedenheit mit der Qualität der Geleisteten Pflege sowie ein mangelndes berufliches Engagement) mit einer höheren Fluktuationsrate zusammenhängen. Zudem führen Fluktuationen zu einer höheren Arbeitsunzufriedenheit innerhalb des verbleibenden Teams und zu einem Rückgang der Arbeitsmoral. Gesundheit und Wohlbefinden: In dieser Kategorie wird das physiologische und psychologische Befinden einer Person beschrieben, welches sich auf das Arbeitsverhalten auswirken kann. Demnach führen ein schlechter Gesundheitszustand, ein schlechtes Wohlbefinden, die Verschlechterung der psychischen Gesundheit, körperliche Verletzungen sowie ein Burnout nachweislich zu einer erhöhten Personalfluktuation. Zwischenmenschliche Ebene Auf der interpersonalen Ebene werden zwischenmenschliche Interaktionen der Mitarbeitenden mit den verschiedenen Interessengruppen am Arbeitsplatz betrachtet. Die Betrachtung der Variablen findet auf der Mikroebene statt. Dabei wird zwischen dem Führungsstil der Führungskraft und den persönlichen sowie beruflichen Beziehungen unterschieden. Führungsstil der Führungskraft: Als Führungsstil wird der professionelle Umgang mit den Angestellten seitens der Führungskräfte und Personen mit Entscheidungsbefugnis bezeichnet. Demzufolge haben ein schlechter und nicht transformativer Führungsstil, ungeschickte Ausbildnerinnen und Ausbildner, die Unfähigkeit Probleme zu lösen, unrealistische Erwartungen, eine mangelnde Professionalität und eine negative Wahrnehmung der Unterstützung durch die Führungskraft einen negativen Einfluss auf die Fluktuationsrate von Pflegekräften. Der Führungsstil ist laut Nei, Snyder und Litwiller (2015) einer der stärksten Prädiktoren für eine freiwillige Fluktuation. Pflegekräfte mit einer Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 12 unterstützenden und kommunikativen Führungskraft haben somit weniger den Wunsch ihre aktuelle Arbeitsstelle zu kündigen. Beziehungen: Zu den Beziehungen zählen persönliche sowie berufliche Beziehungen zwischen den einzelnen Mitarbeitenden sowie zwischen Mitarbeitenden und den dazugehörigen Interessensgruppen wie beispielsweise der Kundschaft. Hierbei führen das Gefühl, nicht respektiert zu werden und unterbewertet zu sein, ein nicht unterstützendes und mangelhaftes Arbeitsklima und Team, fehlende regelmässige Interaktionen und die negative Einstellung der Mitarbeitenden zu einer erhöhten Fluktuation. Ein höherer Teamzusammenhalt hat laut Nei et al. (2015) zur Folge, dass Pflegekräfte an ihrem aktuellen Arbeitsplatz verbleiben und kaum mit dem Gedanken spielen diesen wieder zu verlassen. Job-Ebene Die Job-Ebene umfasst Variablen, die auf der Makroebene betrachtet werden und sich auf den Arbeitsplatz beziehen. Diese können Auswirkungen auf Anwesenheit, Leistung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden haben. Die Job-Ebene besteht aus folgenden zwei Unterebenen: Arbeitsanforderungen: Die Arbeitsanforderungen beschreiben unter anderem die Menge an mentaler, körperlicher und emotionaler Energie, die für die Erfüllung bestimmter Aufgaben erforderlich ist. Beispiele, die sich negativ auf die Fluktuationsrate auswirken, sind Zeitdruck, körperliche und geistige Belastungen, ungünstige Arbeitsbedingungen, eine hohe Arbeitsbelastung, berufliche Risiken, anspruchsvolle Aufgaben, eine stressige Arbeitsumgebung und Konflikte zwischen Beruf und Familie (Privatleben) sowie insbesondere ein höheres Aufwand-/Belohnungsverhältnis. Diese Erkenntnisse decken sich mehrheitlich auch mit Studienergebnissen von Breinbauer (2020), Nei et al. (2015) und Dewanto und Wardhani (2018). Das Modell der beruflichen Gratifikationskrisen nach Siegrist (1996) zeigt hierbei auf, wie psychosoziale Belastungsfaktoren eine negative Auswirkung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden haben können. Die Auswirkungen entstehen, wenn bei einer erbrachten Leistung ein Ungleichgewicht zwischen Aufwand und Belohnungen herrscht. Die Belohnungen können in diesem Fall ganz ausbleiben oder als nicht genügend empfunden werden. Für den betroffenen Mitarbeitenden kommt es in solch einer Situation zu einer «Gratifikationskrise». Das Modell besagt ebenfalls, dass nicht nur Geld als angemessene Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 13 Belohnung angesehen wird, sondern auch Wertschätzung, Anerkennung, Arbeitsplatzsicherheit und Aufstiegsmöglichkeiten. Auftragssteuerung: Unter der Aufgabensteuerung wird die Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu nutzen, und der Grad der Kontrolle, welche Mitarbeitenden über ihre Arbeitssituation haben, beschreiben. Die Fluktuationsrate erhöht sich, wenn Pflegekräfte das Gefühl haben, keinen Betrag zur Entscheidungsfindung leisten zu können, wenn sie keine Autonomie haben, um zu entscheiden, wann Überstunden zu leisten sind und bei Unklarheiten und Konflikten in Bezug auf die eigene Arbeitsrolle. Organisatorische Ebene Die Organisationsebene umfasst Variablen, die sich direkt oder indirekt auf das Verhalten der Pflegekräfte auswirken. Diese Variablen befinden sich auf der Makroebene und umfassen folgende zwei Kategorien: Praktiken der Personalführung: Die Praktiken der Personalführung beinhalten Richtlinien, Regeln und Vorschriften der Organisation, die sich negativ auf die Fluktuationen in der Organisation auswirken können. Dazu werden das Fehlen der Karriereleiter, mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten, ungerechte Löhne, Lernhindernisse sowie Misserfolge im Einstellungsverfahren gezählt. Struktur: Die Struktur bezieht sich auf den Kontext, in dem sich eine Organisation befindet und darauf, wie Prozesse und Verfahren gestaltet sind, um die Ziele der Organisation zu erreichen. Zu den Variablen, welche die Fluktuationen unter dem Pflegepersonal erhöhen, zählen: Ressourcenmangel, die nicht konsistente Anwendung von Richtlinien und Verfahren, eine nicht unterstützende Organisationskultur, ungünstige Dienst- und Arbeitspläne sowie ungeeignete Arbeitszeiten, wie beispielsweise die Schichtarbeit. Ebenfalls konnte festgestellt werden, dass der Arbeitsplatz, das Arbeitsumfeld und der Standort der Organisation eine Rolle spielen. Ziegler et al. (2016) zeigten auf, dass insbesondere ein Personalmangel zu einer hohen Arbeitsbelastung führt und einen Ausstieg aus dem Beruf zur Folge haben kann. Weitere Punkte, die genannt werden, sind Schichtarbeiten und unpassende Arbeitspläne. Gemäss Breinbauer (2020) tragen Personalknappheit, unerwartete Ereignisse und knapp bemessene zeitliche Ressourcen dazu bei, dass Zeitmangel und Zeitdruck entstehen, und stellen somit einen massgebenden organisatorischen Belastungsfaktor für Pflegekräfte dar. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 14 Nationale Ebene Diese Ebene bezieht sich auf Merkmale, die ausserhalb der Gesundheitsorganisation liegen und das Verhalten der Mitarbeitenden innerhalb der Organisation beeinflussen können. Beispiele sind die Gesetzgebung, die externe Gesundheitspolitik und das Image der Pflege. Da die nationale Ebene durch die Spitex Kanton Zug nicht beeinflusst werden kann und daher für die Beantwortung der Fragestellung nicht relevant ist, wird diese Ebene gezielt nicht untersucht. 3 Methodisches Vorgehen In diesem Kapitel wird erläutert, welches methodische Vorgehen zur Beantwortung der Fragestellungen ausgewählt wurde. Zu Beginn wird die Dokumentenanalyse beschrieben, gefolgt von der Qualitativen Erhebungsmethode. Weiterhin wird die ausgewählte Stichprobe, die Durchführung der Interviews sowie die Datenauswertung genauer erklärt. 3.1 Dokumentenanalyse Die Dokumentenanalyse diente zur Erarbeitung eines Vorwissens über die Organisation sowie über wichtige Abläufe und Prozesse der Organisation. Dazu wurden interne Dokumente wie das Anstellungsreglement, die Betriebsordnung, die Benefits der Spitex Kanton Zug, verschiedene Power-Point-Präsentationen und Checklisten über die Einführung neuer Mitarbeitenden sowie die Übersicht der Austritte und weitere betriebsinterne Informationen herangezogen. Ebenfalls wurden viele Informationen beim Kick-off-Meeting und per E-Mail ausgetauscht. Als weitere Quelle wurde die Homepage der Spitex Kanton Zug herangezogen, welche besonders für die Beschreibung des Betriebes und der Ausgangslage diente. Mithilfe dieser Informationen konnte ein besserer Überblick über die Spitex Kanton Zug als Praxispartnerin gewonnen werden. Die erhaltenen Informationen halfen auch bei der Erstellung des Interviewleitfadens. 3.2 Qualitative Erhebungsmethode Da der Schwerpunkt der Fragestellungen auf den Erfahrungen und Sichtweisen von ehemaligen Pflegekräften liegt, wurde eine qualitative Erhebungsmethode gewählt, da sich diese Methode besonders dafür eignet, individuelle Perspektiven zu erfragen und Unterschiede zwischen Personen aufzuzeigen. Die Darlegung der Sichtweise kann aus dem Moment oder retrospektiv erfolgen (Flick, 2019). Die Erfahrungen und Sichtweisen der Teilnehmenden sollen in dieser Untersuchung mithilfe eines teilstrukturierten, leitfadenorientierten Interviews abgeholt werden. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 15 3.2.1 Erstellung des Interviewleitfadens Der Interviewleitfaden wurde auf Grundlage des bereits strukturierten theoretischen Hintergrundes konstruiert. Der theoretische Hintergrund wurde von Beginn an nach Themenblöcken sortiert, damit die Erstellung des Leitfadens erleichtert wird und nur kleine Anpassungen vorgenommen werden müssen. Die Interviewfragen beziehen sich hauptsächlich auf das JOINT Model nach Daouk-Öyry et al. (2014) und auf die Integrationsindikatoren für ein gelungenes Onboarding nach Brenner (2014) sowie Lohaus und Habermann (2015). Der Interviewleitfaden wurde aufgrund der zwei verschiedenen Themen in zwei Teile eingeteilt: In die Wahrnehmung des Onboardingprozesses und in die Einflussfaktoren auf die Fluktuationsrate. Im ersten Teil wurden die Teilnehmenden zur fachlichen, sozialen sowie werteorientieren Integration und den dazugehörigen Indikatoren befragt. Im zweiten Teil wurde dann auf mögliche Fluktuationsgründe eingegangen, welche je nach Person individuell ausgefallen sind. Die Fragen des Interviewleitfadens wurden hierbei nach dem SPSS-Prinzip nach Helfferich (2011) erstellt. Dabei beschreibt (S) das Sammeln von vielen Fragen, (P) die Prüfung der Eignung der Fragen, (S) das thematische und inhaltliche Sortieren der übrig gebliebenen Fragen und (S) das Subsumieren bzw. Unterordnen der geprüften und sortierten Fragen. Der Leitfaden beinhaltete eine Begrüssung, Informationen zur Studie und zur Einverständniserklärung. Der Einstieg ins Interview begann mit einer narrativen Erzählaufforderung. Dies wurde ausgewählt, um möglichst authentische und wenig verzerrte Aussagen zu erhalten. Die Teilnehmenden wurden dabei gebeten, ihre Erfahrungen und Sichtweisen so gut wie möglich zu beschreiben. Als erstes sollten die Teilnehmenden über ihre Stelle vom ersten Arbeitstag an bis hin zur Kündigung erzählen und sich dabei möglichst Zeit für Einzelheiten nehmen und ins Detail gehen. Während die Teilnehmenden von ihren Erfahrungen berichteten, konnte die Autorin anhand der Checks im Interviewleitfaden verfolgen, was bereits erwähnt wurde, und markierte die entsprechenden Punkte mit einem Leuchtstift. Die Aufrechterhaltungs- und Steuerungsfragen dienten dazu, den Erzählfluss aufrechtzuerhalten und das Tempo sowie die inhaltliche Entwicklung des Interviews zu steuern. Daraufhin folgten die konkreten Fragen zu den zwei Themenblöcken, welche nur dann zum Einsatz kamen, wenn etwas Wichtiges nicht erwähnt wurde, das nicht vergessen werden durfte. Am Ende des Interviews wurden die Teilnehmenden zu möglichen Verbesserungsvorschlägen und zu ihren demografischen Daten befragt, welche aufgrund der kleinen Stichprobe nicht ersichtlich sind, damit keine Rückschlüsse auf Personen gezogen werden können. Die zwei Standortleitenden wurden zu Beginn gebeten, über ihre Erfahrungen bezüglich Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 16 Kündigungen in der Probezeit zu berichten. Danach wurden diese ebenfalls zu möglichen Verbesserungsvorschlägen sowie weiteren konkreten Massnahmen befragt und gebeten, Angaben zu ihren demografischen Daten zu machen. In der nachfolgenden Abbildung 2 ist ein Auszug aus dem Interviewleitfaden zu sehen. Abbildung 2. Auszug aus dem Interviewleitfaden (eigene Darstellung, 2022) Bevor der Leitfaden zum Einsatz kommen und die Interviews durchgeführt werden konnten, wurde ein Pretest mit insgesamt drei Personen durchgeführt. Durch den Pretest konnte ermittelt werden, dass Unstimmigkeiten in der Reihenfolge der Fragen vorhanden und einige Themenbereiche doppelt abgedeckt sind. Ebenfalls waren einige Fragen nicht verständlich und klar genug formuliert. Die einberechnete Zeit für die Interviews konnte im Pretest jedoch problemlos eingehalten werden. Durch die gewonnenen Erkenntnisse konnte der Leitfaden entsprechend abgeändert werden. Ein weiterer Vorteil des Pretests war die Schulung der Interviewerin, die dadurch lernte, den Interviewleitfaden anzuwenden und für die späteren Gespräche sicher zu beherrschen. Der vollständige Interviewleitfaden ist im Anhang B ersichtlich. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 17 3.2.2 Beschreibung der Stichprobe Für diese Untersuchung wurden insgesamt sieben qualitative Interviews durchgeführt; fünf davon mit ehemaligen Pflegekräften der Spitex Kanton Zug. Dazu zählen die Fachangestellte Gesundheit (FAGE) und die Pflegefachpersonen HF. Diese werden in der Arbeit als Pflegekräfte bezeichnet. Weiterhin wurden auf Wunsch der Projektpartnerin zwei Standortleitende zu den Kündigungen in der Probezeit und insbesondere zu möglichen Verbesserungsvorschlägen befragt, da sich diese mit dem Onboardingprozess auskennen und daran beteiligt sind. Die Interviews dauerten bei den ehemaligen Pflegekräften ca. 45 Minuten und bei den Standortleitenden ca. 20 Minuten. Die Stichprobe begrenzte sich auf Wunsch der Projektpartnerin auf die zwei Standorte Zug-Walchwil und Ennetsee. Die Teilnehmenden waren zwischen 28 und 59 Jahren alt und vorwiegend weiblich. Um möglichst aktuelle und vollständige Aussagen zu erhalten, wurden nur Personen für ein Interview angefragt, bei denen die Kündigung nicht länger als drei Jahre zurücklag. 3.2.3 Durchführung der Interviews Die Rekrutierung der Teilnehmenden erfolgte durch das Human-Resource-Management (HR), welches potenzielle Teilnehmende kontaktierte und für die Weitergabe der Kontaktdaten anfragte. Bei Zustimmung wurden diese von der Autorin zwecks Terminvereinbarung kontaktiert. Die Interviews fanden im März 2022 statt und wurden hauptsächlich online per Zoom oder Webex durchgeführt. Auf Wunsch einer teilnehmenden Person wurde ein Interview vor Ort durchgeführt. Die Online-Interviews konnten ohne grössere Schwierigkeiten durchgeführt werden. Es wurde darauf geachtet, alle möglichen Störquellen zu reduzieren, um eine ruhige und ungestörte Atmosphäre zu gewährleisten. Beim Interview vor Ort gab es ab und zu einige störende Geräusche aus der näheren Umgebung. Die Teilnehmenden wurden im Voraus per E-Mail durch die Einverständniserklärung (siehe Anhang C) über die Teilnahme, die Verwendung ihrer Daten und die Anonymität informiert. Dabei wurden sie gebeten, die Einverständniserklärung genau durchzulesen und diese unterschrieben zurückzusenden. Zu Beginn des Interviews wurden die Teilnehmenden nochmals über das Ziel der Untersuchung aufgeklärt. Zudem wurden sie darauf hingewiesen, dass die Daten anonym und vertraulich behandelt werden und dass eine Tonaufnahme vom Interview gemacht wird, wofür alle ihr Einverständnis gaben. Die Aussagen der Teilnehmenden wurden im Anschluss alle anonym behandelt, so dass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 18 3.2.4 Datenauswertung Die Auswertung der durchgeführten Interviews erfolgte durch eine inhaltlich-strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018), die in insgesamt sieben Schritten durchgeführt wird (siehe Abbildung 3). Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit kann nicht genauer auf die einzelnen Schritte eingegangen werden. Da diese Arbeit aus einem narrativen sowie einem teilstrukturierten und leitfadenorientierten Teil besteht und sich das Ablaufmodell der inhaltlich-strukturierenden Analyse auf verschiedenen Interviewformen anwenden lässt, wurde diese Datenauswertungsmethode ausgewählt. Bei diesem Verfahren ist das Ziel, den Inhalt durch die Bildung von Kategorien zu strukturieren und diesen anhand der erstellten Strukturierung auszuwerten. Dabei wird zwischen den sogenannten Haupt- und Subkategorien unterschieden. Während Hauptkategorien allgemeiner formuliert sind, fallen Subkategorien differenzierter aus und sind den Hauptkategorien untergeordnet. Die Kategorienbildung erfolgte auf zwei verschiedene Arten: deduktiv und induktiv. Bei der deduktiven Kategorienbildung wird das Kategoriensystem aus der Theorie oder einem Konzept abgeleitet, während bei der induktiven Bildung von einzelnen Textpassagen auf eine Kategorie geschlossen wird. Um bestmögliche Ergebnisse zu erhalten, werden oftmals beide Methoden angewendet. Zu Beginn wurden alle sieben Interviews nach den Transkriptionsregeln von Kuckartz (2018) mithilfe der Software MAXQDA 2022 transkribiert. Bei dieser Methode wird wörtlich transkribiert und nicht lautsprachlich oder zusammenfassend. Sie erwies sich als geeignet, da die Interviews alle auf Schweizerdeutsch geführt wurden und bei der Transkription nach Kuckartz vorhandene Dialekte nicht mit transkribiert werden müssen. Ebenfalls besteht hierbei die Möglichkeit, die Sprache leicht zu glätten und dadurch auch an das Schriftdeutsche anzunähern. Aus Datenschutzgründen wurde bei den Teilnehmenden die Abkürzung «B» (Befragte/r) verwendet und ihnen eine Nummer von eins bis sieben zugeteilt, um sie voneinander zu unterscheiden. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in den nachfolgenden Kapiteln aufgezeigt. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 19 Abbildung 3. Ablauf einer inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) 4 Wahrnehmung Onboardingprozess Zu Beginn wird das Kategoriensystem beschrieben und grafisch dargestellt. Danach werden die Ergebnisse zur Wahrnehmung des Onboardingprozesses vorgestellt und mit passenden Zitaten aus dem Datenmaterial veranschaulicht, welche für eine bessere Übersicht und Lesbarkeit eingerückt wurden. Die Sprechpausen in den Zitaten wurden mit (..) gekennzeichnet und Auslassungen mit [...]. Die Gliederung der Ergebnisse orientiert sich entlang der Fragestellung und des Kategoriensystems. 4.1 Beschreibung Kategoriensystem Das Kategoriensystem zum Onboardingprozess besteht aus insgesamt drei Hauptkategorien und beinhaltet je nach Inhalt und Umfang des Datenmaterials zwischen ein bis drei Subkategorien, die in einigen Fällen in weitere Sub-Subkategorien unterteilt wurden (siehe Abbildung 4). Die vollständige Beschreibung und Definition des Kategoriensystems mit den dazugehörigen Beispielzitaten sind im Anhang D ersichtlich. Abbildung 4. Kategoriensystem Onboardingprozess (eigene Darstellung, 2022) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 20 4.2 Ergebnisse zum Onboardingprozess Fachliche Integration Koordination des Onboardingprozess Positive Erfahrungen Die Koordination des Onboardings lobten die Interviewten besonders. Es wurde erwähnt, dass sie von ihren Mitarbeitenden gut in ihre neue Arbeitsaufgabe eingeführt wurden und ihnen die Tätigkeiten ausführlich gezeigt wurden. «In der ersten Woche bin ich (..) fünf Arbeitstage begleitet worden, das heisst, ich bin jetzt nicht selbst zu den Kunden gegangen, sondern (…) mit jemanden zusammen, der mich eingeführt hat, das habe ich sehr gut gefunden, weil ich komme ja vom Spital und die Spitex ist halt ganz anders, [...] du gehst zu den Leuten nach Hause, musst auch den Weg kennen und wissen wie du fährst und so, so etwas habe ich vorher nicht gemacht [...] das habe ich sehr gut gefunden die ersten fünf Tage.» (Interview B2, Pos. 2) Die Organisation der Spitex in Bezug auf den ersten Arbeitstag sowie die intern durchgeführten Schulungen wurde ebenso gelobt. «Was mich auch sehr beeindruckt hat ist so gewesen, [...] es ist sehr gut organisiert gewesen vom [...] HR aus, also das ist sehr gut gelaufen (..) Auch mit dem Kleider anprobieren dann oder so, das hat alles so gut funktioniert, also muss ich wirklich sagen.» (Interview B1, Pos. 4) Schwierigkeiten Die Teilnehmenden berichteten, dass von Beginn an eine hohe Arbeitsbelastung herrschte und sie sich schnell anpassen mussten, was zu Überforderungen führte. Sie erwähnten auch, dass sie gar nicht richtig Zeit hatten, in der Organisation anzukommen und relativ schnell an Weiterbildungen teilnehmen oder anspruchsvollere Arbeitsaufgaben übernehmen mussten. «Meinen ersten Arbeitstag habe ich recht stürmisch erlebt, also (..) man hat einfach gemerkt, dass eine relativ starke Arbeitsbelastung da gewesen ist. Ich bin jemandem fest zugeteilt worden [...] und auch die musste eigentlich das volle Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 21 Programm erfüllen, in der Zeit jetzt, wo ich dann eingeführt worden bin und das ist natürlich dann für mich auch spürbar gewesen.» (Interview B5, Pos. 2) «Der Grund ist einfach gewesen, ich bin (…) vom ersten Tag an, gerade in der ersten Woche mit so viel Neuem konfrontiert worden, mit so vielen Anforderungen, welche die Firma stellt, mit so vielen Schulungen (..) und Zusatzaufgaben (..) überrumpelt worden, ich sage es jetzt Mal so, dass ich nicht einmal die Zeit hatte, um zuerst einfach Mal bei der Spitex, was schon genug allein [...] für sich genug Neues ist, anzukommen.» (Interview B2, Pos. 2) Durch den bereits vorhandenen Druck fehlte auch die Zeit dafür, die neuen Mitarbeitenden richtig einzuführen und die Arbeitsaufgabe ausführlich zu erklären. Zudem wurde bemängelt, dass die für die Einführung zuständige Person nicht immer die gleichen Schichten hatte und nicht mehr so präsent war. «Also sie musste wirklich schnell vorwärts arbeiten hat dann irgendwie gesagt: du, ich kann dir jetzt nicht weitererzählen, [...] wir müssen jetzt ausrücken und, ja, das habe ich schade gefunden, weil eigentlich müsste man wie jemanden ein wenig einplanen, aber es ist halt auch eine stürmische Zeit gewesen mit Corona (..), mit den Schutzmassnahmen.» (Interview B5, Pos. 2)» Weiterhin wurde geschildert, dass durch den bestehenden Druck vergessen wurde, Pausen zu machen und dass die Personen bereits in der Probezeit bezüglich Überstunden angefragt wurden. «Und sie haben natürlich auch immer angefragt, kannst du mehr arbeiten? also selbst in der Probezeit haben sich mich, ja, bereits recht angegangen: hey, kannst du kommen? kannst du kommen? und das finde ich noch so ein wenig recht stressig, wenn sie schon in der Probezeit kommen, eben mit Überzeit, mit Anfragen.» (Interview B6, Pos. 22) Informationsfluss Das Thema «Informationen» wurde von den Interviewten oftmals angesprochen. Es gab Äusserung dazu, dass Informationen bereits vor der Anstellung fehlten und die Teilnehmenden nicht wussten, dass sie bereits in der Probezeit an Schulungen teilnehmen Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 22 mussten. Ebenso war nicht klar, wie viel Zeit für das Einlesen zur Verfügung steht, wie die verschiedenen Schichten aufgebaut sind und wie Ämtchen erledigt werden müssen. «Es ist so ein wenig für mich unklar gewesen, auch wieviel Zeit habe ich überhaupt zum Einlesen, wann komme ich von diesen verschiedenen Schichten alles nachbereiten. Dann hat man, wenn man zurück gekommen ist am Mittag so Ämtchen gehabt, welche auch einfach so ein wenig nicht ganz klar gewesen sind.» (Interview B6, Pos. 2) Eine Begründung dafür war, dass der Informationsfluss aufgrund des ständigen Personalwechsels und der Zusammenarbeit mit verschiedenen Mitarbeitenden nicht optimal verlief. «Die erste Woche ganz sicher, bin ich immer mit jemanden mitgegangen (..) habe, ausser glaub ich ein oder zwei Tage lang, immer die gleiche Ansprechperson gehabt. Zum Teil habe ich aber aus organisatorischen Gründen dann nicht die gleiche Schicht gehabt, vielleicht hat sie Frühdienst gehabt und ich geteilten, dann bin ich dann Anfangs geteilten Dienst dann noch eine Stunde mit ihr zusammen gewesen und dann hat sie mich dann noch für die restlichen Stunden dann jemandem übergeben. Da ist dadurch auch halt der Informationsfluss nicht so gut gelaufen, also ich habe sicher einige Infos nicht gehabt, welche mir dann später als ich allein unterwegs war, noch wichtig gewesen wären.» (Interview B5, Pos. 2) Zur Nützlichkeit und zum Verständnis der erhaltenen Informationen gab es sowohl positive als auch negative Aussagen. Es wurde erwähnt, dass die Informationen in den dazugehörigen Dossiers alle vorhanden und genaustens aufgeschrieben waren, jedoch nicht immer als nützlich und brauchbar empfunden wurden. «Also man hat dort auch ein Dossier gehabt und das ist ja alles drinnen gestanden, wieviel Zeit man für was brauchen darf, das ist eigentlich sehr gut aufgeschrieben gewesen. Ich denke, von dem her, [...] das hat man, ist sehr verständlich gewesen.» (Interview B1, Pos. 10) «Sie haben mir nicht viel gebracht, sie haben mir eigentlich nicht viel gebracht.» (Interview B5, Pos. 14) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 23 Erwartungsdiskrepanzen Aus den Aussagen der Interviewten wurde ersichtlich, dass die Anforderungen, Zusatzaufgaben und Arbeitszeiten, welche im Stellenbeschrieb und Vorstellungsgespräch erwähnt worden sind, nicht wie erwartet eingetroffen sind. «Ich habe eigentlich gekündigt, weil die Zusatzaufgaben grösser gewesen sind und die Anforderungen grösser gewesen sind als man in den Vorstellungsgesprächen und in den (..) wie es geschrieben wird im Stellenbeschrieb, viel höher gewesen ist [...] und das ist der Grund gewesen.» (Interview B2, Pos. 2) «Also die Arbeitszeiten, die geteilten-Dienste, ja, das ist klar für mich nicht, (..) das ist nicht so kommuniziert worden.» (Interview B7, Pos. 26) Zudem erwähnten die Teilnehmenden, dass sie sich die Arbeit in der Spitex ganz anders vorgestellt hätten und dies nicht immer dem entsprochen habe, was sie während der Schnupperzeit erlebt hätten. «Genau, das ist ein Schnuppermorgen gewesen, wo ich (..) einfach Mal mitfahren konnte (..) das kam mir relativ schön vor, wir haben wahrscheinlich auch weniger Klienten gehabt, wir haben eine schöne Route gehabt, zum Teil noch ein wenig zu Fuss, wir haben Gespräche gehabt, wo ich nachher nie mehr so führen konnte mit Leuten, einfach rein vom Zeitlichen her und es ist relativ kurz natürlich gewesen, ich glaube irgendwie 8 Uhr halb 9 Uhr [...] bis 11 Uhr, also das ist halt dann, weil ich dann ja noch das Gespräch gehabt habe, wie habe ich es gefunden (..), ich habe das Gefühl gehabt, es nicht ganz so der Realität entsprechend halt.» (Interview B6, Pos. 6) Soziale Integration Wohlfühlen und Zufriedenheit im Team Das Wohlfühlen und die Zufriedenheit im Team wurden grösstenteils sehr positiv wahrgenommen. Die Teilnehmenden empfanden die Aufnahme und den Empfang ins neue Team als schnell, sehr herzlich und erwünscht. Die Mitarbeitenden wurden als freundlich, offen und hilfsbereit beschrieben. Ebenfalls wurde berichtet, dass sich die Teilnehmenden gut betreut und wertgeschätzt fühlten. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 24 «Die Kolleginnen haben sich alle sehr gefreut, sind sehr herzlich gewesen, also [...] ich hatte mich auch schon sehr willkommen gefühlt und sie haben schon auch das bestmöglichste aus dieser Situation, in der sie drin gesteckt haben, probiert herauszuholen.» (Interview B5, Pos. 2) Unsicherheiten im Team In Bezug auf Unsicherheiten im Team äusserte sich eine teilnehmende Person mehrfach. Dabei erwähnte sie, dass oftmals die Zeit für einen Austausch untereinander sowie für Feedbacks generell fehlte. Weiterhin berichtet sie von einem fehlenden Fachaustausch, um sich in das neue Team einzubringen und über Unklarheiten auszutauschen. Weiterhin wird von Frustrationen bei den langjährigen Mitarbeitenden und einem Unwohlsein innerhalb eines bestimmten Teams berichtet. «Aber es hat so wie der Austausch gefehlt, ich habe das nicht so gespürt, ich habe nicht gewusst, ja bin ich jetzt [...] brauchen sie mich wirklich oder haben sie mich einfach so ein wenig dort drin verpflanzt.» (Interview B6, Pos. 4) «Eben in der Zeit, wo ich dort gewesen bin, habe ich das Gefühl gehabt es ist so ein wenig drunter und drüber gegangen, eben zum einen die langjährigen Mitarbeiter sind zum Teil aber auch gefrustet gewesen, sehr nett, aber man hat gemerkt, sie sind gefrustet.» (Interview B6, Pos. 4) Werteorientierte Integration Identifikation mit der Spitex Etliche Teilnehmenden gaben an, sich mit der Spitex Kanton Zug identifizieren zu können. Am häufigsten erwähnt wurde der Punkt, dass dabei die Pflege zuhause ermöglicht werden würde und die zu behandelnden Personen nicht ihre gewohnte Umgebung verlassen müssten, um in ein Heim zu gehen. Ein weiterer wichtiger Punkt, welcher erwähnt wurde, ist, dass der Fokus der Spitex bei der Kundschaft liegt und dass Familien in einer Krisensituation nicht auseinander gerissen werden. «Ja, den, den Leuten halt helfen (..) Zuhause, oder sie unterstützen, ich find das super, die Organisation finde ich genial, dass die Leute nicht in eine Pflegeinstitution müssen, sondern so lange wie möglich zuhause sein können (…) das finde ich halt schon noch schön [...], oder auch in einer Krisensituation, dass dann irgendjemand Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 25 nach Hause kommt, auch bei Familien, bei denen die Mutter vielleicht im Spital ist, okay die Familie wird nicht auseinander gerissen, sondern sie können zuhause bleiben.» (Interview B5, Pos. 20) 5 Einflussfaktoren auf die Fluktuationsrate Zu Beginn des Kapitels wird das Kategoriensystem beschrieben und grafisch dargestellt. Danach werden die Ergebnisse zu den Einflussfaktoren in Bezug auf die Fluktuationsrate vorgestellt und mit passenden Zitaten aus dem Datenmaterial veranschaulicht, welche für eine bessere Übersicht und Lesbarkeit eingerückt wurden. Die Sprechpausen in den Zitaten wurden mit (..) gekennzeichnet und Auslassungen mit [...]. Die Gliederung der Ergebnisse orientiert sich entlang der Fragestellung und des Kategoriensystems. 5.1 Beschreibung Kategoriensystem Das Kategoriensystem zu den Einflussfaktoren auf die Fluktuationsrate besteht aus insgesamt fünf Hauptkategorien und beinhaltet je nach Inhalt und Umfang des Datenmaterials zwischen zwei bis fünf Subkategorien, welche in einigen Fällen in weitere Sub-Subkategorien unterteilt werden konnten (siehe Abbildung 5). Die vollständige Beschreibung und Definition des Kategoriensystems mit den dazugehörigen Beispielzitaten sind im Anhang E ersichtlich. Abbildung 5. Kategoriensystem Einflussfaktoren (eigene Darstellung, 2022) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 26 5.2 Ergebnisse zu den Einflussfaktoren Individuelle Ebene Vereinbarkeit mit Privatleben Die Teilnehmenden beschreiben in dieser Kategorie, wie sich die Arbeit in der Spitex Kanton Zug auf ihr Privatleben ausgewirkt hat. Dabei wurde mehrfach erwähnt, dass die Mitarbeitenden nach Dienstschluss privat nicht abschalten konnten, sich zuhause Gedanken über die Arbeit machten und in einigen Fällen gewisse Teile der Arbeit mit nach Hause nahmen. «Also, für mich ist nachher wie [...] so ein Stress entstanden, also, man [...] konnte auch das Tablett mit nach Hause nehmen (..) und ich habe es nachher zuhause gehabt und ich habe das nachher jeden Abend [...] wie für mich dann für Morgen schon geschaut, was muss ich machen, welche Tour habe ich, damit ich wie schon, dort Zeitsparen kann und ich habe alles, für mich dann noch herausgeschrieben, dass das zack, zack, zack, dass ich gar nicht mehr gross ((lacht)) schauen muss und das kann [...] wie der Sinn nicht sein.» (Interview B6, Pos. 22) Weiterhin wurde darüber berichtet, wie die Arbeitszeiten der Spitex das Privatleben der Teilnehmenden in Bezug auf die Flexibilität im Alltag und private Verpflichtungen negativ beeinflusst haben. «Und ausschlaggebend war eben auch noch, privat, das muss ich wirklich sagen, wir haben einen Hund (..) und am Anfang beim Einstellungsgespräch hiess es: ja allenfalls könnte ich doch dann über Mittag nach Hause, mit dem Hund laufen und wieder kommen (..) und da habe ich natürlich gedacht, das ist ja super, es ist ja nicht weit von C*** auf R*** und das kann ich doch machen und wieder gehen und dann hat sich das eben herausgestellt, dass ich natürlich mit der Zeit so viel länger gehabt habe und dass das gar nicht möglich gewesen ist. Ich habe dann wirklich gemerkt beim Arbeiten, (..) hey, ich kann ja gar nicht gehen, ich kann ja gar nicht nach Hause, ich muss dann noch das und dieses aufschreiben, wenn ich zurück ins Büro komme.» (Interview B1, Pos.16) Passung Die Teilnehmenden beschrieben, wie die eigenen Fähigkeiten, das Wissen und Tempo einen Einfluss auf den Entscheid hatten, die Organisation zu verlassen. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 27 «Ich habe eher das Gefühl gehabt, ich kann eigentlich der Spitex zu wenig bieten, (..) also ich habe eine Ausbildung gehabt als [...] Krankenpflegerin **** (...) und ich habe einfach immer wieder ein wenig das Gefühl gehabt, ich müsste fast etwas mehr können, für dass das ich jetzt da so in die Spitex gehe, zu den Leuten nach Hause. Ich hätte wie etwas mehr können müssen, also das hatte ich eher das Gefühl gehabt, ich sei die, welche fast etwas zu wenig reinbringen konnte (..) also ist ja eigentlich auch ein wenig der Grund, (..) welcher mich etwas gehemmt hat (..) und welcher mich ein wenig gebremst hat, um dann weitermachen und das halt jetzt richtig auszuprobieren.» (Interview B1, Pos. 42) Weitere Teilnehmende erwähnten zudem, dass die eigenen Vorstellungen und Ansichten nicht mit dem Berufsalltag und -umfeld der Spitex zusammengepasst haben. Dabei bezogen sich die ehemaligen Mitarbeitenden auf ihre Ansichten über die Arbeitsumgebung sowie den Punkt, dass sie anfingen ihren ehemaligen Spital-Arbeitsalltag zu vermissen. «Gleichzeitig habe ich einfach gemerkt gehabt, Spitex ist so anders und das ist auch nochmal ein Grund gewesen, ich habe das Spital-Leben vermisst, ich habe das medizinaltechnische auch angefangen zu vermissen und ich habe gemerkt gehabt, was ich gehabt habe, was auch stressig gewesen ist, die Pflege ist ja überall ein Job, der sich auf die Psyche und auf das körperlich auch auswirkt, oder (..) aber ich habe einfach gemerkt gehabt, ich vermisse meine Infusion, ich vermisse (..) Blutentnahmen, ich vermisse vieles, was ich jetzt nicht mehr habe, was ich eigentlich sehr gut gelernt habe und sehr gut darin gewesen bin.» (Interview B2, Pos. 2) Gesundheitliche Auswirkungen Oftmals äusserten sich die Teilnehmenden dazu, dass sich der Stress im Arbeitsalltag und während der Probezeit negativ auf die eigene Gesundheit ausgewirkt hat. Die körperlichen Reaktionen darauf waren Appetitlosigkeit, Erschöpfung, Magen-Darm-Beschwerden sowie Schlafstörungen. Ebenfalls berichteten die Teilnehmenden von einer inneren Unruhe, Traurigkeit und ständiger Anspannung. «Man ist permanent (..) nicht ruhig gewesen, sondern permanent irgendwie so ein wenig angespannt, also das habe ich von mir gar nicht gekannt oder, ich habe dann mit Durchfall reagiert, [...] ich habe gar keinen Appetit mehr gehabt, das ist so das gewesen und das ist eigentlich schade gewesen.» (Interview B7, Pos. 10) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 28 Weiterhin wurde berichtet, dass für die Zukunft keine Besserung in Sicht sei und dass durch die Kündigung mögliche gesundheitliche Auswirkungen vermieden werden könnten. «Ich habe dann einfach gemerkt: Nein, das muss ich nicht haben und das muss ich wirklich nicht haben, also ich tu mich dann auch zu fest aufbrauchen, energiemässig und ich habe dann auch keinen Lichtblick gesehen innerhalb von einer realen Zeitspanne, wo ich gefunden habe: Komm, das hältst du aus, ja. Ich habe dann wirklich gefunden, ich nutze jetzt die Probezeit ((lacht)) und gehe wieder.» (Interview B5, Pos. 4) Zwischenmenschliche Ebene Führungskraft Die Aussagen bezüglich des Verhaltens und der Beziehung zu der Führungskraft fielen hauptsächlich positiv aus. Praktisch alle Teilnehmenden sagten aus, dass die Führungskraft als sehr freundlich, bemüht und zuvorkommend wahrgenommen wurde. Bei Anliegen und Problemen habe sie stets verständnisvoll und hilfsbereit reagiert ohne Druck auf die Mitarbeitenden auszuüben. Zudem fühlten sich die Mitarbeitenden durch ihre Führungskraft wertgeschätzt. «Also das Verhalten, also von den Vorgesetzen, ist natürlich wirklich grossartig gewesen, also das muss ich wirklich sagen. [...] Sie hat gesagt, [...] brauchst du noch etwas mehr Zeit? [...] das kam mir sehr grossartig vor, sie hat wirklich keinen Druck gemacht oder gesagt: Hm, willst du das nicht, oder willst du? Also sie hat es schade gefunden, dass ich gehe, (..) also sehr loyal ist sie gewesen [...] ich habe es eigentlich nur als positiv empfunden, ja positiv erlebt.» (Interview B1, Pos. 26) Einige wenige Teilnehmende äusserten auch negative Kritikpunkte in Bezug auf das Verständnis, die Wertschätzung sowie die Durchsetzungsfähigkeit der Führungskraft. «Ich habe gemerkt gehabt, dass er sich nicht durchsetzen kann, dass er nicht sagen kann, (..) das ist meine Mitarbeiterin (..) ich merke, dass es zu viel ist, sie hat es mir schon angedeutet, wir machen es nicht so mit ihr oder wir tun es anders aufgleisen (..)er hat, man hat gemerkt gehabt, er hat es versucht, aber er ist auch noch nicht so lange in der Rolle gewesen und er hat es versucht, aber trotzdem hat er es wie allen recht machen wollen (…) manchmal als Chef muss man sich halt gleich gegenüber Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 29 einem Unternehmen trotzdem hinstellen und sagen (..) wollen wir jetzt noch einmal jemanden verlieren oder nicht?» (Interview B2, Pos. 38) Kundschaft Die Beziehung zu der Kundschaft wurde einerseits als positiv erlebt. Es wurde geschildert, dass die zu behandelnden Personen freundlich, vertrauensvoll und dankbar gegenüber den Pflegekräften aufgetreten sind und die Arbeit der Spitex sehr zu schätzen wussten. «Ich habe eigentlich sonst eigentlich wirklich sehr Positives erlebt, die Leute haben sehr Freude gehabt oder [...] sehr schön gehabt, das ist eigentlich noch schön gewesen. Und ich habe auch gemerkt, die Leute [...] haben einem so viel anvertraut, [...] das ist eigentlich schon noch schön gewesen in dem Sinn, weil sie einfach so, Spitex als solches ist sehr hoch geschätzt worden, also das habe ich schon gemerkt.» (Interview B7, Pos. 38) Andererseits berichten die Teilnehmenden, dass sich die Kundschaft nicht immer über den Besuch der Spitex freute und sich in einigen Fällen auch dagegen wehrte. Ihrer Meinung nach verhielten sich einige zu behandelnde Personen auch zurückhaltend und bösartig. «Ja und dann nachher so zum Teil, dann so die Dementen wehren sich dann auch [...], die kennen dich ja auch nicht und, und verhalten sich dann ein wenig zurückhaltender und du musst ja zuerst auch herausfinden, wie du zu denen den Zugang ja findest.» (Interview B5, Pos. 56) Zudem wurde ein Beispiel genannt, bei dem eine teilnehmende Person während der Pflege einer zu behandelnden Person von dieser sexuell belästigt wurde. «Ja, der eine, [...] den habe ich geduscht, ist ein Mann gewesen [...] und dann, hat mich dann einfach, wie aus dem Nichts hat er mir einfach da an die Brüste gefasst [...] das ist ja, das ist ganz schlimm gewesen.» (Interview B7, Pos. 40) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 30 Job Ebene Belastungen im Arbeitsalltag Interne Arbeitsanforderungen Einige Teilnehmende erlebten eine quantitative Arbeitsbelastung durch zu viel Arbeit. Sie berichteten hierbei von zu viel Kundschaft und zu vielen Arbeitsaufgaben. «Zwei Pflegefachfrauen haben noch Kunden abgeben müssen, weil sie andere Funktionen übernommen haben im Hauptsitz (..) von irgendwelchen Projektgruppen und das hat mir auch ein wenig Druck gemacht, die haben zu den drei Neuen, welche gestartet haben, die zwei im Sommer und ich, gesagt, man muss die Anzahl von 30 Kunden aufteilen, oder von 20 oder so, und das hat für mich geheissen: Ja ab dem Januar kriegst du nachher nochmal ein Päckchen an Kunden.» (Interview B2, Pos. 24) Weiterhin gab es Äusserungen zur Doppelbelastung, da mehrere Aufgabenbereiche zu erledigen waren und diese als sehr belastend empfunden wurden. «Ich hätte so quasi wie die Zusatzaufgabe als Berufsbildnerin gehabt (..), plus dazu müssen alle diplomierten, welche hochprozentig sind, auch noch die Zusatzaufgabe als Fall-Managerin von den Kunden haben [...], man muss Bedarfsabklärungen machen, mit den Angehörigen sprechen [...] mit der Krankenkasse auch ein wenig schauen, also recht bürolastig [...] also noch einmal Zusatz, wirklich eine grössere Zusatzaufgabe auch.» (Interview B2, Pos. 2) Zeitdruck Besonders oft erwähnt wurde die Problematik mit dem Zeitdruck während des Arbeitsalltags. Praktisch alle berichteten, dass der Zeitdruck und das Gefühl, auf die Minute und Sekunde fertig sein zu müssen, eine besonders grosse Belastung für sie darstellte und einer der Hauptgründe für ihre Kündigung war. «Die Zeitbedrängnis, das hat mir eigentlich am meisten Mühe gemacht und das ist dann einfach auch der Auslöser gewesen, dass ich einfach gesagt habe, ich habe mir das einfach ganz anders vorgestellt und [...] ja, durch das habe ich mich dann entschieden (..), da nicht weiterzumachen, das ist hauptsächlich der Grund gewesen.» (Interview B1, Pos. 4) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 31 «Und der Zeitdruck, welcher natürlich extrem war, fast auf die Minute.» (Interview B7, Pos. 2) Einige Teilnehmende berichteten, dass sie den Druck verspürten, immer pünktlich sein zu müssen, um den Erwartungen der Kundschaft gerecht zu werden und somit einen guten Eindruck zu hinterlassen. «Der Druck, du musst immer pünktlich sein, die Erwartungshaltung ist halt auch so gewesen bei den Leuten, bei den Kunden, komm mehrheitlich (..) pünktlich oder, weil die natürlich auch ein Programm dort gehabt haben.» (Interview B5, Pos. 50)» Verkehr und Parkplätze Die Teilnehmenden gaben ebenfalls an, dass sie mit Stau und Verkehr in ihrem Arbeitsalltag zu kämpfen hatten, was zu Zeitverzug und Stress führte. Ebenfalls äusserten sie, dass fehlende Parkmöglichkeiten eine zusätzliche Belastung darstellten. Weiterhin wurde angefügt, dass es zum Teil zwar wenige vorgegebene Parkplätze gäbe, diese aber meistens schon besetzt seien und man deshalb gezwungen sei, auf einem dafür nicht vorgesehenen Parkplatz zu parkieren. «Und verkehrstechnisch bist du zum Teil im Stau gestanden, hast keinen Parkplatz gefunden (..), ja, und bist eigentlich immer, immer am Schauen gewesen, hey ich muss jetzt pünktlich bei denen sein.» (Interview B5, Pos. 6) Externe Arbeitsanforderungen Die Interviewten erwähnten Wetterverhältnisse wie Regen, Wind und Kälte als weitere Hindernisse im Arbeitsalltag sowie eine schlechte Beleuchtung abends, wenn sie auf der Suche nach der entsprechenden Adresse waren. «Ja, eben klar, es ist noch dazu gekommen (..), bei Wind und Wetter man ist natürlich dann schon unterwegs und du bist [...] eben sonst schon zu spät dran, dann hat es geregnet, es ist dunkel gewesen [...], irgendwie schlecht beleuchtet bist du schon nur, ich sage, die Villa, die alte, irgendwo am L****, gefunden hast, und dann [...], bis ich dann irgendwo Mal klatschnass quasi vom Regen in der Wohnung angekommen bin, ist dann für mich auch (..) so nicht tragbar gewesen.» (Interview B6, Pos. 28) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 32 Gratifikationsgleichgewicht Das Gleichgewicht zwischen dem, was die Mitarbeitenden der Organisation «geben» und dem, was sie dabei «zurückbekommen», wurde unterschiedlich wahrgenommen. Mehr als die Hälfte aller Befragten berichtete, dass das Gleichgewicht ausgeglichen sei: «Ich glaube [...], jetzt für die kurze Zeit, wo ich jetzt dort gewesen bin, ist es gut gewesen.» (Interview B5, Pos. 38) Die restlichen Teilnehmenden waren der Ansicht, dass ein Ungleichgewicht geherrscht hätte. Dabei gaben sie an, dass seitens der Organisation weniger zurückkam, als von ihnen selbst gegeben wurde. «Ich habe (..) mir recht Mühe gegeben, gerade die ersten zwei Monate bevor ich mich entschieden habe, zu kündigen (…), und habe noch nicht so gesehen, was zurück gekommen ist (..) so ein (..) der Druck einfach noch und ich denke, deswegen habe ich mich entschieden, weil ich hatte gemerkt, die Rechnung geht nicht auf (..), und ich habe auch noch gesehen, ich werde noch länger mehr geben müssen, bevor ich merke, was zurückkommt.» (Interview B2, Pos. 44) Bewältigung der Arbeitsaufgaben Die Bewältigung der Arbeitsaufgaben wurde grösstenteils positiv wahrgenommen. Die zugeteilten Aufgaben waren laut den Aussagen der Teilnehmenden klar, verständlich sowie gut zu bewältigen. Eine teilnehmende Person äusserte sogar, dass sie sich etwas unterfordert fühlte. «Für mich ist das keine Herausforderung gewesen, dass ich da an der Grenze wäre oder so, ich habe das eigentlich schnell im Blickfeld gehabt und, und umsetzen können.» (Interview B7, Pos. 20) Die Schwierigkeit bestand hauptsächlich darin, dass sich die Pflegekräfte noch an die Umstellung im Gegensatz zur Arbeit in einem Spital oder einer Altersinstitution gewöhnen mussten, da sich die Arbeitsaufgaben und Abläufe unterschieden. Ebenfalls wurde erwähnt, dass die Pflege von dementer oder palliativer Kundschaft als anspruchsvoller und komplizierter wahrgenommen wurde. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 33 «Für mich ist es dann mehr so ein wenig vor Ort gewesen, weil ich natürlich das auch nicht so gewohnt bin, oh, uh, da sind jetzt irgendwie drei Insulinspritzen herumgelegen in seinem Körbchen in der Küche (..) so ein wenig, das muss ich jetzt nehmen, zuerst muss ich wieder schauen, aha und so (..) das Medikament richten, eben die Umstellung ist für mich so ein wenig erschwert gewesen.» (Interview B6, Pos. 14) Qualität der Arbeit In dieser Kategorie wird ersichtlich, wie die Qualität der geleisteten Arbeit in Bezug auf den Umgang mit den zu behandelnden Personen und deren Pflege und Betreuung wahrgenommen wurde. Dabei wurde mehrmals erwähnt, dass oft die Zeit fehlte, sich mehr um die Kundschaft zu kümmern und mit dieser noch Gespräche zu führen. Es wurde auch erwähnt, dass die zu behandelnden Personen einem leid täten, da diese oftmals allein und hilflos zurückgelassen werden mussten, bis dann die nächste zuständige Organisation vorbei käme. «Kaum hat jemand mal etwas gefragt oder ich meine die Leute wollen ja, vielfach ist man nur die einzige Bezugsperson gewesen den ganzen Tag oder, und dann haben die Leute manchmal auch wenig, wollen zwei Worte wechseln oder so, die hat man wie nie gehabt [...] man ist dem fast nicht gerecht geworden und das ist für mich auch sehr schwierig gewesen.» (Interview B7, Pos. 2) Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung Regionalstelle Spitex Betreffend Räumlichkeiten der Spitex wurde von den Teilnehmenden ausgesagt, dass diese als etwas ungemütlich und nicht so einladend empfunden wurden. Ebenfalls wurde erwähnt, dass es wenig Platz gäbe, um in Ruhe zu arbeiten und sich einzulesen, sowie, dass Rückzugsmöglichkeiten während der Pause fehlten. «Ja, so die räumlichen Gegebenheiten, welche die Spitex hat. Also ich finde (..) das Personal hat zu wenig Platz (…), du kannst zu wenig in Ruhe arbeiten (..) und so, es ist sehr kalt gewesen, dadurch halt durch Covid ist ständig die Eingangstüre offen gewesen, ich habe im Winter gearbeitet und es war eine "Affenkälte" ((lacht)), und es war wirklich immer wieder mehrheitlich die Eingangstüre offen, wegen der Aerosol-Belastung.» (Interview B5, Pos. 60) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 34 Zuhause der Kundschaft: Mehrere Teilnehmenden gab an, dass die häusliche Hygiene bei einigen zu behandelnden Personen ihnen Mühe oder sogar Ekel bereitete. Weiterhin wurde kritisiert, dass die benötigten Materialien, welche für die Pflege gebraucht wurden, zuerst noch gesucht werden mussten. Eine laute Arbeitsumgebung durch den laufenden Fernseher wurde ebenfalls als störend empfunden. «Also die Hygiene zuhause oder, muss man schon sagen, sie haben mit dem Arbeitsplatz die Hygiene zuhause, also, was ich angetroffen habe, teilweise, die, das Messi, das das konnte ich gar nicht [...], das hat mich geekelt, Entschuldigung, wenn ich jetzt das sagen muss, aber es ist wirklich so gewesen, es hat mich einfach geekelt.» (Interview B7, Pos. 60) Organisatorische Ebene Organisation und Struktur im Arbeitsalltag Arbeitsplan In Bezug auf den Arbeitsplan wurden oft der geteilte Dienst und die verschiedenen Schichten kritisiert. Die Teilnehmenden gaben dabei an, dass der geteilte Dienst anstrengend war und auch den privaten Alltag beeinflusste. «Du [...] bist um 7 am Morgen am Arbeiten gewesen und um 8 Uhr abends warst du noch nicht zuhause [...], aber eben du hattest zwei bis drei Stunden Mittagspause gehabt, aber [...] ja ich meine am Mittag habe ich mich nicht hingelegt, da habe ich zuhause den Haushalt gemacht und zum Teil waren das dann schon strenge Tage.» (Interview B5, Pos. 48) Ebenfalls wurde berichtet, dass der Wechsel von der Spätschicht in die Frühschicht, die Planung der freien Tage sowie kurzfristige Änderungen im Arbeitsplan als nicht optimal empfunden worden sind. «Aber manchmal ist es doof gewesen, wenn du die Tagesverantwortung am Abend gehabt hast bis um halb 11 und am nächsten Tag um 7, 10 vor 7 musstest du wieder auf der Matte stehen […] bis auf den Spät-Früh-Wechsel, bin ich eigentlich grundsätzlich zufrieden gewesen.» (Interview B2, Pos. 46-48) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 35 Einige Teilnehmende äusserten zudem den Wunsch, nur an bestimmten Tagen oder in einem niedrigeren Prozentsatz weiterzuarbeiten, was jedoch aus organisatorischen Gründen nicht möglich war. «Ich habe halt 80% gehabt, habe dann mal überlegt zu sagen: Okay, da tue ich nur irgendwie 20% oder 40 und ich suche mir noch einen anderen Job (..) muss ich ja sagen irgendwie, aber das geht ja nicht, weil man nicht einfach sagen kann, den Montag und den Dienstag kann man dort arbeiten.» (Interview B6, Pos. 22) Nebst den negativen Kritikpunkten gab es auch positive Berichte in Bezug auf den Arbeitsplan. Einige Teilnehmende berichteten, das die Gestaltung der Arbeitspläne gut war und auf Wünsche diesbezüglich eingegangen wurde. «Ja, also von den Dienstplänen sehr gut. Sie hatte sehr gut geplant, man hat genug Freizeit gehabt (..), man hat auch die Wünsche bekommen, also wenn man jetzt Wünsche gehabt hätte oder so, man hat es bekommen und das habe ich also sehr positiv erlebt, ja, sehr entgegenkommend.» (Interview B1, Pos. 50) Zeitberechnung Die Mehrheit der Teilnehmenden äusserte, dass sie mit der Zeitberechnung während des Arbeitsalltages nicht zufrieden waren. Dabei wurde erwähnt, dass nicht genügend Zeit für den Weg zu der Kundschaft, deren Pflege und für das Dokumentieren nach dem Besuch einberechnet war. «Wo manchmal nicht genug Zeit gewesen ist, ist manchmal für das Fahren zum Teil fünf Minuten für eine Strecke, für die sogar das Navigationsgerät gesagt hat, zehn Minuten.» (Interview B2, Pos. 2) «Bei jemand Dementen, den ich baden musste, wo ich gefunden habe, dass schaffe ich nicht in einer halben Stunde, bis ich die nur schon Mal in der Badewanne gehabt habe und wieder draussen, weisst du so, wenn du das erste Mal dort bist, bis du das Zeugs auch Mal zusammengesucht hast, […] werde ich nicht fertig in einer halben Stunde, keine Chance» (Interview B5, Pos. 54) Lediglich wenige gaben an, dass die Wegzeiten gut berechnet waren. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 36 «Ich glaube, Wegzeit hatten wir auch schon gehabt, ja (6 sek) aber ich denke, das war gut berechnet [...], das hat man dort eigentlich, haben die Vorgesetzen dort recht gut schon berechnet, das haben sie also sehr gut gemacht. Mit dem Weg selbst (..) haben wir praktisch NIE Probleme gehabt.» (Interview B1, Pos. 58) Für das Einlesen in die Dossiers vor Arbeitsbeginn fehlte gemäss den Interviewten ebenfalls Zeit, was dazu führte, dass sie sich einige Male nur einen schnellen Überblick über die Route und Kundschaft verschaffen konnten. «Eben, du hast dich vorgängig eingelesen, hast aber kaum Zeit gehabt, habe ich das Gefühl gehabt, hast einfach schnell ein wenig einen Überblick, die Route natürlich aufgeschrieben, wo du gehst, dann vor dem Kunden hättest du ja nochmals schnell, schnell ein wenig einen Überblick haben müssen.» (Interview B6, Pos. 2) Einteilung der Kundschaft Etwa die Hälfte der Teilnehmenden empfand die Einteilung der Kundschaft als nicht optimal. Es wurde bemängelt, dass man immer wieder bei neuer Kundschaft eingeteilt wurde, obwohl es solche gegeben hätte, die täglich Pflege und Betreuung benötigt hätten. Dies war für die Teilnehmenden als auch für die zu behandelnden Personen eine recht unbefriedigende Situation, da man sich immer wieder auf neue Personen einstellen musste. Ebenfalls wurde dadurch die Arbeit erschwert und es entstand ein zusätzlicher Zeitaufwand, um sich in die neuen Fälle einzulesen und sich damit vertraut zu machen. «Ich habe dann mehrmals gewünscht, teilt mir doch bitte etwas die gleichen Kundinnen/Kunden ein, das würde dann leichter fallen und vor allem (..) hätte ich dann nicht so einen extremen Wechsel gehabt, also ich hätte dann einfach glaub ich wie so ein wenig etwas Kontinuierliches aufbauen können und ich habe wirklich, wenn ich, wenn ich fünf Frühdienste hatte, habe ich jeden Tag andere Leute gehabt, wirklich jeden Tag und das war so anstrengend, für mich sehr unbefriedigend und auch für die Kunden sehr unbefriedigend.» (Interview B5, Pos, 2) Ausstattung am Arbeitsplatz Zur Ausstattung am Arbeitsplatz gab es unterschiedliche Aussagen. Es wurde erwähnt, dass die Organisation grosszügig sei, da diese Autos und Fahrräder als Transportmittel zur Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 37 Verfügung stellte und Mitarbeitende somit nicht das Privatauto benutzen mussten. Ebenfalls wurde die Arbeitsweise mit den Tablets und den dazugehörigen Pflegeprogrammen gelobt . «Also ich denke, die Organisation selbst ist sehr grosszügig. Also ich glaube dort wirklich sehr grosszügig, habe ich sehr als grosszügig empfunden. Wir haben ja auch die Autos bekommen (..), wir haben ziemlich viele Autos gehabt, die wir mitnehmen konnten, (..) zu den Klienten gehen, wir hätten ja auch noch die Velos gehabt, also es ist praktisch, musste man nicht das Privatauto nehmen, [...]das habe ich sehr geschätzt, dass das so zur Verfügung gestellt worden ist.» (Interview B1, Pos. 42) Einige negative Äusserungen gab es zur Umstellung von den Dossiers auf die Tablets. Diese führten zu einigen technischen Schwierigkeiten, insbesondere während der Umstellungsphase. Die Teilnehmenden hatten einige Male mit technischen Schwierigkeiten, der Benutzerfreundlichkeit sowie der Medikamentenbewirtschaftung zu kämpfen. Ein weiterer Punkt, der bemängelt wurde, ist, dass die Medikamente für die zu behandelnden Personen nicht mehr in die Regionalstelle geliefert werden konnten, sondern von der Kundschaft selbst oder durch Angehörige bestellt werden mussten. Zudem gab es Beanstandungen in Bezug auf das Materiallager, da nicht mehr so viel Material an Lager war und dieses immer wieder kundenspezifisch nachbestellt werden musste. «Mir kam es vor, auch über das Tablet, die Medikamentenbewirtschaftung, also die Bestellung ist auch erschwert gewesen (..), kompliziert irgendwie, aber ich glaube, [...] vielleicht, bin ich einfach gerade in die Umbruchphase gekommen.» (Interview B6, Pos. 4) Personalressourcen Das Thema «Personalressourcen» wurde von den Teilnehmenden oftmals angesprochen. Häufig erwähnt wurden der Personalmangel sowie der häufige Wechsel des Personals. Die ehemaligen Mitarbeitenden berichteten, dass vor allem der Personalwechsel zu Unruhen und Druck im Team führte. «Dass man zu wenig Personal hat.» (Interview B1, Pos. 70) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 38 «So die Unruhe halt innerhalb vom Team, weil es viele Neue gewesen sind oder gerade wieder gegangen sind, es sind auch einige sehr langjährige dann auch gerade in der Zeit gegangen.» (Interview B5, Pos. 68) Auch die Erreichbarkeit und Planung im Falle einer Notsituation wurden angesprochen. Dabei beschwerten sich einige Teilnehmende, dass die Telefonleitungen oft besetzt waren und dass vor allem abends nicht genügend Personal für Notsituationen zur Verfügung stand. «Man konnte schon immer wieder anrufen, wenn etwas gewesen ist, aber es ist dann manchmal schwierig gewesen jemanden zu erreichen, also die Tagesverantwortung, welche zum Teil noch zuständig gewesen ist, die ist selbst an der Arbeit gewesen, dass sie mir manchmal nicht sagen konnte, oh ich kann jetzt gerade nicht kommen, ich bin auch noch selbst bei einem Kunden, also vor allem ist es am Abend gewesen.» (Interview B6, Pos. 2) Lohn Die Mehrheit der Interviewten berichtete, dass sie mit dem erhaltenen Lohn zufrieden gewesen sind. «Also ich denke, dadurch sind sie ja sicher grosszügig gewesen, ich sage jetzt auch der Lohn ist, ist gegenüber einer Institution gut gewesen.» (Interview B6, Pos. 24) Lediglich wenige Teilnehmende waren aufgrund von Zusatzaufgaben und den Spät- und Wochenendschichten nicht so zufrieden mit der Entlohnung. «Ich meine, Pflegende hätten schon gerne mehr, also ((lacht)) vor allem von, vor allem die Nachtarbeit, also ich musste jetzt keinen Nachtdienst machen, aber Wochenende und die Spätdienst-Entlohnung, da könnte man sicher etwas grosszügiger sein.» (Interview B5, Pos. 36) Verbesserungsvorschläge Bei den Verbesserungsvorschlägen gab es Aussagen betreffend Onboarding, organisatorischen Aspekten sowie zu anderen Themen. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 39 Onboarding Die Teilnehmenden schlugen betreffend Einführung von neuen Mitarbeitenden vor, diesen in der Probezeit etwas mehr Zeit zu lassen, um sich der Organisation anzunähern und in den Arbeitsaufgaben und -abläufen anzukommen. «Also ich glaube (räuspert, mhm) etwas, was vielleicht gar nicht so schlecht wäre, wenn man, wenn jetzt jemand neu startet, wirklich Mal sagt, ein halbes Jahr, ein Jahr einfach nur Einarbeiten, in den ganzen Ablauf hineinkommen, alle Kunden kennenlernen, Team kennenlernen, bevor man mit weiteren Aufgaben kommt. Bevor man (..) Weiterbildungen anmeldet und so weiter, welche vielleicht noch nicht so relevant sind. Einfach, dass die Leute Zeit haben, sich zuerst einmal, ja, dieser Organisation anzunähern und dem Arbeitsfeld Spitex anzunähern, glaube ich wäre das wertvoll.» (Interview B3, Pos. 2) Weiterhin wurde erwähnt, dass die Probezeit sorgfältiger und standardisierter geplant werden könnte, indem beispielsweise die Personen, welche die neuen Mitarbeitenden einführen, mehr Zeit für die Einführung erhalten und nicht voll ausgelastet sind. «Dass die, welche dir zugeteilt wird, nicht das volle Programm durchziehen muss (..), dass sie wirklich auch entspannter kann, mit dir unterwegs sein (..) das Zeigen brauchte viel mehr Zeit, oder das Erklären [...] vom IT-System.» (Interview B5, Pos. 66) Ein weiterer Vorschlag wäre, mit verschiedenen Mitarbeitenden unterwegs zu sein, um auch andere Arbeits- und Vorgehensweisen kennenzulernen und den Zugang zum Team zu erleichtern. «Es wäre vielleicht auch bei der Einarbeitung gut, wenn man gleich mit verschiedenen noch unterwegs ist (..), dass man auch noch so verschiedene Ansichten oder Arten von Arbeiten, so ein wenig merkt, oder vielleicht auch noch ein wenig mehr den Teamzugang hat [...] vielleicht wenn ich, nach dem dritten Tag noch mit jemand anderem gehabt hätte, hätte ich die, die Person auch noch beim Arbeiten ein wenig anders kennengelernt, hätte mir noch ein wenig andere Tipps geben können vielleicht.» (Interview B6, Pos. 42) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 40 Eine verlängerte Schnupperzeit, um einen besseren Einblick in die Arbeit der Spitex zu bekommen, sowie der Vorschlag, gewisse Arbeitsaufgaben beim Vorstellungsgespräch ausführlicher zu erklären, wurden auch genannt. «Ich glaube vielleicht wäre so (..) eine Schnupperzeit, welche man dann bekommt oder, so eine Schnupperzeit, eine verlängerte wäre gut gewesen. Vielleicht einmal zwei, drei Tage einer Schnupperzeit, nicht nur einen Tag (..), vielleicht durch alle Dienste hindurch, auch durch den späten, auch Frühdienst [...] für mich wäre das gut gewesen, ich hätte sicher mehr darin gesehen und hätte dann schon sagen können: oh, aha, das ist ja eigentlich ganz anders als ich mir das vorgestellt habe und ja, kann ich das überhaupt oder nicht oder, also ich glaube einfach, die Schnupperzeit wäre einfach sicher relevant gewesen, dass man das länger machen könnte.» (Interview B1, Pos. 62) Organisatorisches Organisation im Arbeitsalltag Zur Organisation im Arbeitsalltag wurde vorgeschlagen, dass die Zeitberechnung etwas weniger streng sein könnte, damit Mitarbeitende zwischendrin etwas mehr Luft haben und kein allzu grosser Arbeitsstress entsteht. «Ich würde mir wünschen, dass man etwas mehr Zeit hat, zwischendrin, etwas mehr Luft hat, [...] das macht es halt sehr stressig, das engmaschige.» (Interview B1, Pos. 70) Ausserdem gab es den Vorschlag, dass Pflegefachpersonen HF entlastet werden könnten, in dem sie leichtere Arbeitsaufgaben delegieren könnten, um sich somit auf die Erfüllung ihrer Zusatzaufgaben zu konzentrieren. «Fachangestellte Gesundheit haben ja die Zusatzaufgaben als Fall-Managerin nicht, was ich aber finde, für einfache Patienten, wo man jetzt nur einmal am Tag den Blutzucker messen geht, könnten sehr wohl auch die Fachangestellten Gesundheit machen, denn sie lernen auch ein wenig vom Pflegeprozess [...], weil dann hast du schon einmal, ein paar Stunden Schreibarbeit, welche du dir sparen kannst, das wäre auch ein Verbesserungsvorschlag.» (Interview B2, Pos. 60) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 41 Weiterhin wurde seitens der Interviewten empfohlen, dass den Pflegekräften, wenn möglich die gleiche Kundschaft zugeteilt wird. «Dass man wirklich schaut, dass man ein wenig die gleichen Klienten hat nach Möglichkeit, dass man das wie noch ein wenig optimiert. Also das höre ich einfach, auch Leute, meine Kolleginnen, welche die Spitex selbst brauchen, es ist einfach ein riesiges Thema. Ich weiss, dass es schwierig ist, aber vielleicht kann man trotzdem bei der Einsatzplanung noch vermehrt ein wenig darauf schauen» (Interview B6, Pos. 44) Bezüglich Arbeitszeiten wünschen sich die Teilnehmenden, dass der geteilte Dienst wegfallen würde. Es wurde kritisiert, dass dies zwar den Leuten versprochen wurde, jedoch nicht eigehalten worden ist. «Also Arbeitszeiten sicher anpassen, so einfach, dass die geteilten Dienste wegfallen, das muss man, das haben sie ergänzt, die haben gesagt: das wollen wir, [...] den das hat man den Leuten versprochen und nicht gemacht.» (Interview B7, Pos. 68) Erhöhung der Personalressourcen Die Interviewten schlugen ebenfalls vor, mehr Personal zur Verfügung zu stellen, damit die Arbeit besser aufgeteilt und in Notfällen reagiert werden kann. «Mehr Personal. ((lacht)) Also das ist sicher ein Punkt: Mehr Personal, dann könnte man es schöner aufteilen, schöner einteilen.» (Interview B4, Pos. 4) «Es müsste wie mindestens, in, (..) in der Regionalstelle, also im Hauptbüro wie jemand einen Pikettdienst haben [...] im Falle der Fälle, aber du könntest jemanden, für den ganzen Kanton Zug, das heisst für die drei Regionalstellen jemanden haben, der Pikettdienst hat am Abend, die Person kann zuhause sein und wenn sie rausgehen muss, weil irgendwie jemand gestorben ist, jemand gestürzt ist und die anderen nicht nachkommen, dass du die Person anrufen kannst.» (Interview B2, Pos. 34) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 42 Mehr Lohn Mehrfach erwähnt wurde der Vorschlag den Pflegekräften einen besseren Lohn zu zahlen, insbesondere wenn diese mehr als eine Zusatzaufgabe haben. Zudem wurde erwähnt, dass eine Art Belohnungs- oder Bonussystem eingeführt werden könnte. «Und wenn jemand mehr als eine Zusatzaufgabe hat, dann auch diese entlohnen.» (Interview B2, Pos. 4) Weitere Vorschläge Die Teilnehmenden hätten sich eine etwas häuslichere Einrichtung und mehr Platz in der Regionalstelle gewünscht. Hinzu kommt, dass es mehr Wertschätzung für den Pflegeberuf geben sollte. «Ja ich denke, vielleicht halt ein wenig die Regionalstelle [...] so ein wenig, mit dem Mobiliar oder ein wenig häuslicher [...] einrichten.» (Interview B6, Pos. 48) «Einfach die Wertschätzung, die sehr wichtig ist für alle (..), sei es von den Kunden, [...] den Teammitgliedern oder [...] den Teamleitungen, der Geschäftsleitung, aber auch von der Politik einfach (..) sei es, egal wie sich das zeigt, einfach die Wertschätzung gegenüber dem Beruf (..), welcher [...] streng ist, körperlich auch streng.» (Interview B4, Pos. 14) In Bezug auf das Personalwesen wurde erwähnt, dass dieses etwas sensibilisiert und geschult werden könnte, um zu verstehen, wie der Arbeitsalltag einer Pflegekraft aussieht und mit welchen Auswirkungen und Belastungen diese täglich zu kämpfen haben. «Konkret vielleicht, dass das Personalbüro (..) sich besser schult und sich besser hineinversetzt, was es für uns heisst, […] weil das ist das Problem in der Pflege, die Leute, welche uns anstellen und die Leute, welche über unseren Lohn entscheiden und die Leute, welche über unser Pensum, über Belastung entscheiden, gerade im HR, die Leute wissen nicht was Pflege bedeutet, die Leute haben nie in der Pflege gearbeitet und die Leute wissen nicht, dass es kein Bürojob ist, welchen man verschieben kann auf den nächsten Tag und dass es Verantwortung über Menschenleben ist.» (Interview B2, Pos. 52) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 43 6 Diskussion Zu Beginn werden die Haupt- und Unterfragestellungen beantwortet und damit die wichtigsten Ergebnisse in Kürze zusammengefasst, gleichzeitig interpretiert und mit den Studienergebnissen des theoretischen Hintergrundes verglichen. Zum Schluss werden die Limitationen dieser Arbeit erläutert sowie weiterführende Überlegungen und ein Gesamtfazit zur Arbeit gezogen. 6.1 Beantwortung der Fragestellung Um die Hauptfragestellungen beantworten zu können, werden anfangs die Unterfragestellungen beantwortet. Für eine bessere Übersicht werden nochmals die wichtigsten Ergebnisse zum Onboardingprozess in der untenstehenden Tabelle 3 zusammengefasst. Tabelle 3 Ergebniszusammenfassung Onboardingprozess (eigene Darstellung, 2022) 1) Wie nahmen ehemalige Pflegekräfte die fachliche Integration im Onboardingprozess wahr? Das Ziel der fachlichen Integration ist die tätigkeitsbezogene Einarbeitung der Mitarbeitenden. Die Art und Weise, wie die Einarbeitung in die neue Arbeitsaufgabe stattfand, wurde von den Teilnehmenden einerseits sehr gelobt. Die Teilnehmenden schätzen, dass ihnen von Beginn an alles gut gezeigt wurde und sie durch erfahrene Mitarbeitende eingeführt worden sind. Ebenso wurde die Organisation im Allgemeinen und in Bezug auf Schulungen sowie das Human Resource Management (HR) als positiv Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 44 wahrgenommen. Ebenfalls wurde mehrmals erwähnt, dass von Beginn an eine hohe Arbeitsbelastung herrschte und dass die neuen Mitarbeitenden sich durch die schnelle Anpassung und Übernahme von Arbeitsaufgaben überfordert fühlten. Sie mussten dabei in relativ kurzer Zeit an Weiterbildungen teilnehmen, anspruchsvolle Aufgaben übernehmen und vergassen dadurch manchmal die Pausenzeiten einzuhalten. Zudem fehlte durch den Druck irgendwann die Zeit für weitere und genauere Erklärungen zu einigen Arbeitsaufgaben. Diese Punkte erschwerten die Einarbeitung besonders stark, weshalb sich die Mitarbeitenden erschlagen fühlten und gar nicht die Zeit hatten, richtig in der Organisation anzukommen. Die erhaltenen Informationen zur Anstellung, Arbeitsaufgabe, - tätigkeit und -zeit wurden teilweise als nützlich und verständlich empfunden, teilweise fehlten aber auch einige Informationen. Als mögliche Begründung hierfür wurden der ständige Personalwechsel und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Personen genannt. Weiterhin ist ersichtlich, dass einige Erwartungsdiskrepanzen vorhanden waren. Es wurde berichtet, dass einige Punkte in der Schnupperzeit, den Stellenbeschrieben und Vorstellungsgesprächen nicht erwähnt wurden oder nicht wie erwartet eingetroffen sind, was dazu führte, dass sich die Mitarbeitenden die Arbeit ganz anders vorgestellt haben. 2) Wie wurde die soziale Integration während des Onboardings empfunden? Die Integration ins Team wurde besonders positiv empfunden. Es wurde berichtet, dass die Pflegekräfte besonders schnell und herzlich in das neue Team aufgenommen wurden. Die Kolleginnen und Kollegen waren sehr freundlich, hilfsbereit und boten den neuen Mitarbeitenden eine gute Betreuung an. Die Teilnehmenden gaben an, sich von Beginn an sehr wertgeschätzt und im Team wohlgefühlt zu haben. Es wurde jedoch bemängelt, dass es Frustrationen bei den langjährigen Mitarbeitenden gab und dass manchmal die Zeit für einen Austausch innerhalb des Teams und für Feedbacks fehlte. Laut Nei et al. (2015) führt ein hoher Teamzusammenhalt dazu, dass Mitarbeitende an ihrem aktuellen Arbeitsplatz weiterhin beschäftigt bleiben. In diesem Fall traf dies trotz erfolgreicher sozialer Integration nicht so ein, da möglicherweise andere negative Faktoren einen grossen Einfluss auf die Fluktuationen hatten. Aus den Aussagen der Teilnehmenden ist zudem ersichtlich, dass sich diese trotz einiger Schwierigkeiten im Arbeitsalltag für die Spitex Kanton Zug engagiert haben und dabei ihr Bestes gegeben haben. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 45 3) Wie beurteilen ehemalige Mitarbeitende die werteorientierte Integration der Spitex Kanton Zug? Bezüglich werteorientierter Integration äusserten die Teilnehmenden, dass sie sich mit der Spitex Kanton Zug identifizieren konnten. Sie erwähnten, dass sie es gut fanden, dass die Spitex ihrer Kundschaft die Pflege zuhause ermöglicht und diese dadurch ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen müssen und in Krisensituationen nicht von der Familie weggerissen werden. Ebenfalls wurde geschätzt, dass der Fokus der Spitex bei den zu behandelnden Personen lag. Diese Eindrücke können gemäss Meyer und Allen (1997) auch als affektives Commitment beschrieben werden, da Mitarbeitende in dieser Hinsicht positive Gefühle gegenüber der Organisation entwickeln und sich dadurch mit der Organisation verbunden fühlen. Da die Pflegekräfte jedoch alle in der Probezeit gekündigt haben und der Prozess für die Übernahme von Werten sowie für die Entstehung von Commitment (Bindung) laut Brenner (2014) ein mittel- bis langfristiger ist, konnten keine weiteren Aussagen mehr in Bezug auf die werteorientierte Integration getroffen werden. Teilweise wurde der Eindruck erweckt, dass affektives Commitment schon vorhanden war, jedoch für einen Verbleib in der Organisation nicht genügte, da aufgrund der frühen Kündigung nicht genügend Zeit vorhanden war, um zusätzlich noch normatives und kalkulatorisches Commitment auszubilden, um dadurch die Bindung gegenüber der Organisation weiterhin zu stärken. Ebenfalls ist davon auszugehen, dass trotz bereits vorhandenem affektiven Commitment andere negative Faktoren überwogen haben und somit das Onboarding im Allgemeinen negativer wahrgenommen wurde. Mit der Beantwortung der Unterfragestellungen kann nun die erste Hauptfragestellung beantwortet werden. Wie wurden die verschiedenen Integrationsindikatoren im Onboardingprozess der Spitex Kanton Zug von den ehemaligen Pflegekräften während der Probezeit wahrgenommen? Die Wahrnehmung der Integrationsindikatoren auf den drei Ebenen fachliche, soziale und werteorientierten Integration fiel unterschiedlich aus. Wie bereits erwähnt, nahmen die Teilnehmenden, mit einigen wenigen Ausnahmen, die soziale Integration bezüglich Aufnahme und Integration in das bestehende Team äusserst positiv war. Die soziale Integration kann daher, trotz einiger negativer Äusserungen, als erfolgreich angesehen werden. Die werteorientierte Integration verlief in Bezug auf das affektive Commitment Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 46 ebenfalls positiv, konnte jedoch nicht weiterhin untersucht werden, da die Mitarbeitenden die Organisation frühzeitig verliessen und der Prozess für eine werteorientierte Integration ein etwas längerer ist. Negative Aussagen wurden insbesondere zur fachlichen Integration geäussert. Dabei ist ersichtlich, dass zur Einarbeitung in die neue Arbeitsaufgabe und zum Informationsfluss vor und während der Anstellung einige negative Kritikpunkte geäussert wurden. Ebenso entsprachen einige Erwartungen nicht ganz der Realität. Diese erwähnten Punkte sind laut (Brenner 2014) und Lohaus und Habermann (2015) jedoch wichtige Indikatoren für eine erfolgreiche fachliche Integration, welche in Anbetracht der Ergebnisse nicht immer erfüllt werden konnten. Somit kann abschliessend gesagt werden, dass die fachliche Integration den neuen Mitarbeitenden am meisten Mühe bereitete, während bei der sozialen Integration kaum Schwierigkeiten vorhanden waren. Diese Erkenntnisse stehen im Gegensatz dazu, was Brenner (2014) beschreibt, nämlich das die fachliche Integration den neuen Mitarbeitenden eher leicht falle und die soziale und werteorientierte Integration oftmals mit Schwierigkeiten verbunden sind. Für eine erfolgreiche Integration müssen zudem alle drei Ebenen berücksichtig werden. In einem nächsten Schritt werden die Unterfragestellungen zu den Einflussfaktoren auf die Fluktuationsrate beantwortet. Für eine bessere Übersicht werden auch hier die wichtigsten Ergebnisse zu den Einflussfaktoren in der untenstehenden Tabelle 4 zusammengefasst. Tabelle 4 Ergebniszusammenfassung der Einflussfaktoren (eigene Darstellung, 2022) Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 47 1) Inwiefern haben individuelle Faktoren einen Einfluss auf die Fluktuationsrate? In Bezug auf individuellen Faktoren geht aus der Erhebung hervor, dass Aspekte wie zuhause nach der Arbeit nicht abschalten zu können, sich am Vorabend bereits über den nächsten Arbeitstag zu informieren und die unterschiedlichen Arbeitszeiten einen negativen Einfluss auf das Privat- und Familienleben der Teilnehmenden hatten. Dies könnte zu einer unausgeglichenen Work-Life-Balance geführt haben, was laut Daouk-Öyry et al. (2014) und Nei et al. (2015) einen negativen Einfluss auf den Fluktuationsentscheid der Pflegekräfte hat. Weiterhin kam dazu, dass private Verpflichtungen, wie das Spazieren gehen mit dem Hund in der Mittagspause, nicht erfüllt werden konnten, obwohl beim Einstellungsgespräch erwähnt wurde, dass dies sicherlich möglich wäre. Diese Feststellung könnte somit den Anschein erwecken, dass zwar darauf geachtet wird, dass genügend Zeit für private Verpflichtungen auch während der Pausen vorhanden ist, aber dass dies aufgrund des vorhandenen Zeitdrucks nicht eingehalten werden kann. Ebenso spielten das Vertrauen in die eigenen Pflegefähigkeiten sowie persönliche Ansichten, Vorstellungen und Vorlieben über das Berufsumfeld eine Rolle, da diese mit dem Arbeitsalltag und der Arbeitsumgebung der Spitex nicht optimal zusammenpassten. Gemäss Autorin kann davon ausgegangen werden, dass die Personen mit der Zeit gemerkt haben, dass sich der Arbeitsalltag der Spitex von dem in einem Spital oder einer Altersinstitution unterscheidet und als anstrengender empfunden wird, was dazu führte, das gewohnte Routinen umgestellt werden mussten. Weiterhin flossen auch die Auswirkungen Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 48 auf die physische und psychische Gesundheit in die Fluktuationsentscheidung mit ein, was bei einigen Teilnehmenden einen erheblichen Grund für eine Kündigung darstellte, da die Gesundheit oftmals an erster Stelle steht und nicht kompensiert werden kann. Diese Ergebnisse decken sich ebenso mit denen von Daouk-Öyry et al. (2014). 2) Inwiefern beeinflussen zwischenmenschliche Aspekte wie der Führungsstil und private sowie berufliche Beziehungen die Fluktuationsrate? Aus den Aussagen der Teilnehmenden ist erkennbar, dass sich die Führungskräfte vorwiegend freundlich und hilfsbereit verhielten, insbesondere wenn Mitarbeitende Unterstützung bei der Ausführung der Arbeitsaufgaben brauchten. Zudem erhielten die Mitarbeitenden Wertschätzung und Verständnis durch ihre Führungskraft. Lediglich zwei kritische Aspekte wurden nebenbei kurz erwähnt, nämlich dass sich eine Führungskraft nicht immer für ihre Mitarbeitenden einsetzen konnte. Dies könnte aus Sicht der Autorin jedoch auch mit dem Druck zusammenhängen, wodurch Führungskräfte versuchen, die Mitarbeitenden sowie die Organisation zufriedenzustellen, was keine leichte Aufgabe zu sein scheint. Weiterhin wurde kurz erwähnt, dass eine Führungskraft kein Verständnis für die Arbeitssituation der Mitarbeitenden zeigte und deren Leistung dadurch nicht zu schätzen wusste. Obwohl diese negativen Aspekte gemäss Daouk-Öyry et al. (2014) einen Einfluss auf die Fluktuationen haben können, wird davon ausgegangen, dass der Einfluss in diesem Fall nur gering ist, da von allen Teilnehmenden überwiegend positive Berichte zum Einfluss durch die Führungskraft geäussert wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung unterscheiden sich von denen von Nei et al. (2015), welche aufzeigen konnten, dass die Führungskraft und der Führungsstil einen der häufigsten Gründe für eine Fluktuation darstellen, was hier jedoch nicht zum Vorschein kam. Zwar könnten die positiven Aussagen in Bezug auf die Führungskräfte den Anschein erwecken, dass sie aufgrund sozialer Erwünschtheit zustande kamen, davon ist aber nicht auszugehen, da die Interviewten zum Zeitpunkt der Interviews nicht mehr in der Organisation angestellt waren und somit kein Kontakt zu den betroffenen Personen mehr bestand. Bezüglich Kundschaft äusserten Mitarbeitende Positives wie beispielsweise, dass sich diese freundlich, vertrauensvoll und dankbar verhielten, wie auch Negatives, nämlich, dass sich einige zu behandelnde Personen nicht immer über den Besuch freuten, sich dagegen wehrten und sogar unfreundlich waren. Zudem wurde berichtet, dass es in einem Fall zu einer sexuellen Belästigung durch eine zu behandelnde Person kam. Auch wenn diese Punkte nicht explizit als Fluktuationsgründe genannt worden sind, beeinträchtigten diese in Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 49 Anlehnung an Daouk-Öyry et al. (2014) das Arbeitsklima und trugen somit als ein Multiplikator von vielen zu einer Fluktuation bei. Die Beziehung zu den einzelnen Mitarbeitenden wurde bei den Interviews nicht angesprochen, weshalb auch keine Aussagen über deren Einfluss gemacht werden können. 3) Welche arbeitsplatzbezogenen Faktoren haben laut den ehemaligen Pflegekräften einen Einfluss auf die Fluktuationsrate in der Probezeit? Die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen, dass die Belastungen im Arbeitsalltag durch zu viele Arbeitsaufgaben, viele zu behandelnde Personen sowie Doppelbelastungen einen erheblichen Einfluss auf den Fluktuationsentscheid der Teilnehmenden hatten. Dies führte in den meisten Fällen auch dazu, dass ein hoher Zeitdruck entstand. Die Pflegekräfte erwähnten zudem alle, dass der Zeitdruck bei der Arbeit ihnen die meisten Mühe bereitete. Sie verspürten den Druck, auf die Minute genau fertig und immer pünktlich sein zu müssen, um somit auch den Ansprüchen der Kundschaft gerecht zu werden. Weitere Faktoren, die dazu beigetragen haben, sind Verkehr und Stau, fehlende Parkmöglichkeiten sowie die Wetterverhältnisse. Die enorme Arbeitsbelastung und die ungeeigneten Arbeitsbedingungen im Pflegeberuf werden von verschiedenen Studien als wesentliche Belastungsfaktoren in der Pflege beschrieben (Breinbauer, 2020; Dewanto & Wardhani, 2018; Nei et al. (2015). Trotz dieser hohen Arbeitsbelastung wurde das Gratifikationsgleichgewicht einerseits als ausgeglichen wahrgenommen, was allenfalls daran liegen könnte, dass die gestellte Frage zum Gratifikationsgleichgewicht ungeeignet formuliert oder nicht korrekt verstanden wurde. Andererseits wurde auch berichtet, dass ein Ungleichgewicht herrscht und seitens der Organisation weniger zurückkäme, was auch die Gründe für eine Fluktuation erklärt. Die Ausführung der Arbeitsaufgabe war für die Teilnehmenden verständlich und gut zu bewältigen. Es wurde lediglich erwähnt, dass die Schwierigkeit darin bestand, sich an die neuen Aufgaben und Abläufe zu gewöhnen, was zu Beginn einer Anstellung jedoch ganz normal ist und sich mit der Zeit auch einpendelt. Somit kann davon ausgegangen werden, dass dies kein Problem und somit keinen Grund für die Fluktuationen darstellt. Ein weiterer Punkt ist die Qualität der zu leistenden Arbeit, welche möglicherweise nicht mit den eigenen Wertvorstellungen über eine angemessene Pflege zusammenpasste und somit zu einem Konflikt bezüglich der eigenen Arbeitsrolle führte. Die Mitarbeitenden bedauerten hier, dass oftmals die Zeit fehlte, sich mehr um die Kundschaft zu kümmern, mit dieser zu Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 50 kommunizieren und dass diese in einigen Fällen hilflos zurückgelassen werden musste. Das Gefühl, keine Kontrolle über die eigene Arbeitssituation zu haben, kann laut Daouk- Öyry et al. (2014) ein weiterer Grund für eine Fluktuation sein. Weiterhin fiel auf, dass die Hygieneverhältnisse bei den zu behandelnden Personen zuhause ebenfalls zu den Einflussfaktoren zählen und in einem Fall den entscheidenden Grund für eine Kündigung lieferten. Es wird davon ausgegangen, dass nicht alle Personen mit solch einer Arbeitsumgebung zurechtkommen und eine Hygiene, wie sie in den Institutionen und Spitälern vorgeschrieben ist, bevorzugen. Bezüglich Räumlichkeiten der Spitex wurde bemängelt, dass man zu wenig Platz zum Arbeiten habe, Rückzugsmöglichkeiten fehlen würden und die Räume nicht komfortabel seien. Es gab jedoch keine Äusserungen dazu, inwiefern die aufgezählten Punkte einen Einfluss auf den Fluktuationsentscheid gehabt haben. 4) Welche Faktoren auf der organisatorischen Ebene spielen laut den ehemaligen Pflegekräften bei den Fluktuationen eine Rolle? Die Teilnehmenden äusserten hinsichtlich der Organisation und Struktur im Arbeitsalltag einige negative Kritikpunkte, die einen entscheidenden Einfluss auf den Fluktuationsentscheid gehabt haben. Hierbei wurde ersichtlich, dass insbesondere die geteilten Dienste als anstrengend und unpassend empfunden wurden. Diese könnten aufgrund der eingeschränkten Freizeitgestaltung einen Einfluss auf die Work-Life-Balance und somit auf das Privatleben der Mitarbeitenden gehabt haben. Weitere Kritikpunkte waren der Wechsel von der Spät- in die Frühschicht, kurzfristige Arbeitsplanänderungen sowie weitere organisatorische Hürden in Bezug auf die Planung der freien Tage und den Wunsch, das Arbeitspensum zu reduzieren. Diese Aussagen decken sich mit den Ergebnissen zu möglichen Fluktuationsgründen von Daouk-Öyry et al. (2014) und Ziegler et al. (2016). Ein weiterer Faktor war die Zeitberechnung während des gesamten Arbeitsalltages. Es wurde oftmals geäussert, dass zu wenig Zeit für die Wegzeiten sowie für die Pflege und Dokumentation der Kundschaft einberechnet worden war. Bei der Einteilung der Kundschaft wurde beanstandet, dass die Pflegekräfte nicht immer bei den gleichen Personen eingeteilt wurden, was zu Unzufriedenheiten seitens Kundschaft und Pflegenden führte. Ebenfalls führte dies dazu, dass für das Einlesen in die neuen Fälle mehr Zeit aufgewendet werden musste. Es ist davon auszugehen, dass die enge Planung der zeitlichen Ressourcen zu Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 51 einer hohen Arbeitsbelastung und einem hohen Zeitdruck führten, was auch von Breinbauer (2020) beschrieben wird. In Hinblick auf die Ausstattung am Arbeitsplatz kam zum Vorschein, dass gewissen Teilnehmenden die Umstellung auf die Tablets sowie die neue Medikamentenbewirtschaftung Mühe bereitete. Ein möglicher Grund hierfür könnten die fehlenden technischen Fähigkeiten einer Person sein, da der Umgang mit neuen Technologien nicht allen leicht fällt. Ein Faktor, welcher ebenfalls mehrfach erwähnt wurde, sind die Personalressourcen. Hierzu gab es Aussagen, dass der häufige Personalwechsel zu Unruhen im Team führte. Weiterhin wurde angesprochen, dass Personalmangel herrschte und dies insbesondere in Notfallsituationen oder am Abend ein Problem darstellte. Diese Problematik wird gemäss Breinbauer (2020) und Ziegler et al. (2016) als eine der Hauptursachen für die hohe Arbeitsbelastung und die hohe Fluktuation in der Pflege beschrieben. Zur Entlohnung wurde angegeben, dass diese für die Zusatzaufgaben und aufgrund der verschiedenen Schichten als nicht befriedigend empfunden wurde. Diese Aussage wurde jedoch nicht von allen Mitarbeitenden geteilt, da es auch Teilnehmende gab, die mit dem erhaltenen Lohn zufrieden waren, weshalb der Einfluss der Entlohnung in diesem Fall als gering angesehen wird. Alle erwähnten Punkte werden auch von Daouk-Öyry et al. (2014) als mögliche Fluktuationsgründe angesehen und beschrieben. Mit der Beantwortung der Unterfragestellungen kann nun auch die zweite Hauptfragestellung beantwortet werden. Welche Faktoren haben laut den ehemaligen Pflegekräften der Spitex Kanton Zug einen Einfluss auf die hohe Fluktuationsrate in der Probezeit? Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Bezug auf die individuelle Ebene die Vereinbarkeit mit dem Privatleben und mit privaten Verpflichtungen, die Passung zwischen Berufsalltag und eigenen Vorstellungen sowie einige gesundheitliche Auswirkungen einen Einfluss auf den Fluktuationsentscheid gehabt haben. Auf der zwischenmenschlichen Ebene wurde ersichtlich, dass lediglich die Beziehung zu der Kundschaft als wesentlicher Faktor eine Rolle spielte. Bezüglich Arbeitsinhalt wurden die Arbeitsbedingungen mit dem dazugehörigen Zeitdruck, die Qualität der geleisteten Arbeit und die Hygieneverhältnisse Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 52 zuhause bei der Kundschaft als Gründe für eine Fluktuation genannt. Auf organisatorischer Ebene führten die geteilten Dienste zu einer grossen Unzufriedenheit und waren ein entscheidender Grund für die Kündigung. Die Untersuchung zeigte ebenfalls, dass sich die zeitlichen und personellen Ressourcen auf die Arbeitsbelastung und insbesondere den wahrgenommenen Zeitdruck der Teilnehmenden auswirkten und somit miteinander in Verbindung stehen. Zudem wurde ersichtlich, dass sich viele Ergebnisse dieser Untersuchung mit denen aus dem JOINT Model nach Daouk-Öyry et al. (2014) decken. Ebenfalls ist klar, dass die Kontentfaktoren Anerkennung, Verantwortung und Bedeutsamkeit der Arbeit zwar vorhanden sind, jedoch insbesondere der Kontextfaktor Arbeitsbedingungen zu einer hohen Unzufriedenheit und somit zum Fluktuationsentscheid führt. Ausserdem wurde in dieser Untersuchung festgestellt, dass bei der Mehrheit der Teilnehmenden, mit Ausnahme einer Person, unterschiedliche Faktoren in den Fluktuationsentscheid miteingeflossen sind und dazu führten, dass die Anstellung bereits während der Probezeit gekündigt wurde. 6.2 Limitationen Die Autorin ist mit der Auswahl der Erhebungsmethode und mit den Ergebnissen dieser Arbeit hauptsächlich zufrieden. Mithilfe der durchgeführten Interviews konnten viele Eindrücke und Meinungen in Bezug auf die Fluktuationsgründe und den Onboardingprozess gewonnen werden. Dennoch kam es während der Erarbeitung der Bachelorarbeit zu einigen Schwierigkeiten. Zu Beginn wurden möglichst viele geeignete Theorien zum entsprechenden Thema recherchiert. Dies führte dazu, dass die Einordnung und Kombination der Theorien etwas erschwert war, da viele Theorien als passend erschienen. Daher musste entschieden werden, welche Theorien nun für die Untersuchung angewendet werden und wie diese Theorien miteinander kombiniert werden können. Durch sorgfältiges Sortieren und Überlegen konnten die Theorien schlussendlich passend und logisch miteinander kombiniert und ausgewählt werden. Während der Erstellung und Definition des Kategoriensystems traten ebenfalls einige Schwierigkeiten auf. Es fiel erst zu einem späten Zeitpunkt auf, dass sich trotz der guten thematischen Gliederung im Theorieteil einige Aspekte überschnitten oder sogar doppelt vorhanden waren. Aufgrund dessen war es während der Kodierung der Interviewaussagen nicht so leicht einzuordnen, welche Aussagen in welches Kategoriensystem gehören und wie diese Kategorien sich nun voneinander unterscheiden und abgrenzen. Das führte dazu, dass die Aussagen mehrmals umkodiert werden mussten, wodurch Zeit verloren ging. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 53 Aufgrund der vielen verschiedenen Ergebnisse fiel der Umfang des Ergebnisteils grösser aus als geplant. Die Konsequenz war, dass einige wichtige Analysen (wie der Vergleich der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Kategorien) nicht gemacht werden konnte und diese dadurch in der Arbeit fehlen. Ebenso musste am Schluss der Arbeit die Anzahl Zeichen um einiges gekürzt werden, da diese gemäss den Vorgaben für die Bachelorarbeit nicht überschritten werden durfte. Dies betraf insbesondere viele Zitate aus dem Ergebnisteil und einige Abschnitte im Methodenteil. Die Kürzung der Zeichen beanspruchte ebenfalls Zeit und fiel der Autorin nicht immer leicht, da es schwierig war sich zu entscheiden, was nun gestrichen werden sollte und was nicht. Aufgrund dieser Tatsache ist es möglich, dass in einigen Abschnitten gewisse Informationen zu kurz kommen oder sogar ganz fehlen. Ebenfalls konnte aufgrund der bereits hohen Anzahl Zeichen nicht auf jedes einzelne Ergebnis im Diskussionsteil genauer eingegangen werden. 6.3 Fazit und Ausblick Das Ziel dieser Bachelorarbeit war es aufzuzeigen, welche Gründe für die vielen Fluktuationen in der Probezeit verantwortlich sind und wie der dazugehörige Onboardingprozess, welcher für eine erfolgreiche Einarbeitung der neuen Mitarbeitenden von grosser Bedeutung ist, wahrgenommen wird. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass insbesondere die hohe Arbeitsbelastung und der dadurch entstanden Zeitdruck, die Zeitberechnung im Arbeitsalltag, die personellen Ressourcen, die geteilten Dienste sowie viele weitere Faktoren die Entscheidung, die Organisation Spitex Kanton Zug zu verlassen, beeinflusst haben. Zudem wurde ersichtlich, dass die fachliche Integration nicht erfolgreich verlief. Aufgrund dieser Erkenntnisse ist es wichtig, entsprechende Massnahmen zu ergreifen, um weitere Fluktuationen zu vermeiden und somit auch die Kosten für die Organisation zu senken. Im Kapitel 7 werden dafür mögliche Handlungsempfehlungen vorgeschlagen. Durch den Einsatz der qualitativen Interviews konnten die Erfahrungen und Sichtweisen der einzelnen Pflegekräfte gut aufgezeigt werden, was insbesondere durch die narrative Erzählaufforderung zu aussagekräftigen und authentischen Ergebnissen führte. Da diese Arbeit jedoch auf einer geringen Anzahl an Teilnehmenden beruht und somit keine repräsentative Stichprobe vorhanden ist, können aus den Ergebnissen keine allgemeinen Schlussfolgerungen gezogen werden. Ausblick Die gewonnen Erkenntnisse und der theoretische Hintergrund zeigen, dass der Onboardingprozess unterschiedlich empfunden wird und die Gründe für die Fluktuationen verschieden sind. Obwohl die Organisation auch positiv wahrgenommen wird, überwiegen Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 54 Faktoren wie der Zeitdruck und das Fehlen von zusätzlichen personellen Ressourcen. Der Mangel an Pflegekräften ist schon länger ein Thema und in Hinblick auf die Zukunft ist ersichtlich, dass aufgrund des schnellen und starken Wachstums der älteren Bevölkerung der Bedarf an Pflegekräften noch weiter steigen wird. Damit der Bedarf an Pflegekräften auch in Zukunft gewährleistet werden kann, besteht jetzt schon dringender Handlungsbedarf, denn die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun. 7 Handlungsempfehlungen In diesem Kapitel werden insgesamt sechs Handlungsempfehlungen für die Praxis abgegeben, die den Onboardingprozess in der Organisation verbessern und die Fluktuationen minimieren können. Die Empfehlungen wurden mithilfe der Hauptkategorie «Verbesserungsvorschläge» erstellt und mit eigenen Vorschlägen ergänzt Optimierung der Einarbeitung Es hat sich gezeigt, dass die Einarbeitung optimiert werden muss, da diese von den Teilnehmenden als zu schnell und sehr belastend empfunden wird. Laut Bauer (2010) beträgt die Anpassung an den neuen Arbeitsplatz 90 Tage, was in den allermeisten Fällen einer Probezeit von 3 Monaten entspricht. Es wurde vorgeschlagen, die neuen Mitarbeitenden nicht von Beginn an mit zu vielen Arbeitsaufgaben, zu behandelnden Personen und Schulungen auf einmal zu konfrontieren. Das Ziel der Einarbeitung sollte sein, dass Teilnehmende anfangs etwas Zeit erhalten, um in der Organisation anzukommen und alle Aufgaben, Abläufe und Prozesse in Ruhe kennenzulernen. Dabei ist ebenfalls wichtig, dass der bereits bestehende Einarbeitungsplan eingehalten wird und die zu erledigenden Tätigkeiten gut verteilt und nicht alle auf einmal erledigt werden. Ebenso sollten die Personen, welche die neuen Mitarbeitenden einführen, möglichst dieselben Schichten und genügend Zeit für Erklärungen und Fragen haben. Je besser die neuen Mitarbeitenden eingearbeitet werden, desto eher sind diese in der Lage ihre Arbeitsaufgabe zu erfüllen. Verbesserung des Informationsflusses Aus den Ergebnissen ist zu entnehmen, dass einige Informationen bezüglich Arbeitsaufgaben, -abläufen und -zeiten fehlten oder unklar waren. Zudem hatten die Zusammenarbeit mit verschiedenen Mitarbeitenden und der ständige Personalwechsel einen negativen Einfluss auf den Informationsfluss. Daher empfiehlt die Autorin die Festlegung einer zuständigen Person, die während der Probezeit bei Fragen und Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 55 Unklarheiten kontaktiert werden kann. Diese sollte idealerweise mit den Abläufen und Arbeitsaufgaben bestens vertraut sein und Platz für Fragen haben. Anpassung der Arbeitspläne Bei der Gestaltung der Arbeitspläne soll weiterhin darauf geachtet werden, dass diese mindestens vier Wochen im Voraus bekanntgegeben werden, damit Mitarbeitende ihr Privatleben einigermassen im Voraus planen können. Insbesondere sollten die schnellen Wechsel von der Spät- in die Frühschicht und wieder zurück vermieden werden, da diese die Gesundheit und den Schlaf-Wach-Rhythmus belasten und sich auf das Privatleben der Teilnehmenden negativ auswirken. Weiterhin könnte nach Meinung der Autorin bei der Planung der freien Tage beachtet werden, dass wenn möglich mehrere Tage am Stück eingeplant werden, um auch Zeit für Erholung zu schaffen. Da die Teilnehmenden mit den geteilten Diensten sehr unzufrieden waren, sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, diese nicht mehr zu planen oder gegebenenfalls stark zu reduzieren. Die Anpassung der Arbeitspläne und Zeiten kann laut Ziegler et al. (2016) dazu beitragen, dass die Arbeitsbedingungen optimiert werden und sich der Personalmangel dadurch nicht weiter erhöht. Erhöhung der zeitlichen Ressourcen Der Zeitdruck wurde sehr oft als grösster Belastungsfaktor genannt. Deshalb wird empfohlen, die Einsätze so zu planen, dass jeder Mitarbeitende gewisse Pufferzeiten zur Verfügung hat, falls ein Notfall oder Personalausfall eintritt. Somit könnte entsprechend reagiert werden, ohne dass zusätzliches Personal fürs Einspringen gesucht werden müsste und ohne dass kurzfristige Änderungen im Arbeitsplan entstehen. Weiterhin wurde bemängelt, dass die Zeiten für das Einlesen in die Dossiers, für den Anfahrtsweg zur Kundschaft sowie die Zeit zum Dokumentieren zu knapp bemessen sind. Angesichts dessen empfehlen die Teilnehmenden, die genannten Zeiten entsprechend zu verlängern und somit die Mitarbeitenden dadurch etwas zu entlasten. Bei der Planung könnte zudem darauf geachtet werden, dass die Pflegekräfte möglichst die gleiche Kundschaft erhalten, um sich dadurch auch die Zeit für das Einlesen in neue Fälle zu ersparen. Personalplanung Wie bereits erwähnt, sollten die Arbeitspläne so gestaltet werden, dass die Teilnehmenden nicht zu hundertprozentig ausgelastet sind, sondern auch Pufferzeiten für Notfälle beinhalten. Aufgrund des hohen Zeitdrucks sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden, dass mehr Personal für die Einsätze eingeplant wird, was aus Kostengründen jedoch leider Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 56 nicht immer möglich ist. Eine Möglichkeit hierfür wäre, die neuen Mitarbeitenden während der Probezeit als zusätzliche personelle Ressource im Arbeitsalltag einzuplanen, damit diese während der Einarbeitung und in Notfallsituationen nicht noch zusätzliche Kundschaft übernehmen müssen, sondern sich voll und ganz darauf konzentrieren können, in der Organisation Fuss zu fassen. Zudem könnte sich gemäss der Aussage einer teilnehmenden Person die Einführung eines Pikettdiensts für Einsätze am Abend als sinnvoll erweisen, bei dem die zuständige Person in dringenden Notfällen und falls keine Kapazität vorhanden ist, einspringen könnte. Verlängerte Schnupperzeit Die Schnupperzeit und das Vorstellungsgespräch beziehen sich zwar nicht auf den Onboardingprozess, wurden jedoch während der Interviews einige Male angesprochen, da die Mitarbeitenden das Gefühl hatten, die Arbeit entspreche nicht dem, was zuvor gesehen wurde. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Schnupperzeit etwas länger zu gestalten, um den Mitarbeitenden einen etwas besseren Einblick in den Arbeitsalltag der Spitex zu gewähren. Zudem könnte es beim Schnuppern von Vorteil sein, wenn verschiedene Schichten wie beispielsweise die Tages- und Spätschicht durchlaufen werden und nicht nur die Tagesschicht allein. Dadurch könnten die Bewerbenden einen besseren Einblick in den zukünftigen Arbeitsalltag der Spitex bekommen und somit auch leichter entscheiden, ob dieser ihnen zusagt. Laut Personalpsychologie ist es wichtig, dass solche Arbeitsproben möglichst realitätsnah aufgebaut werden, um spätere Erwartungsdiskrepanzen und Enttäuschungen möglichst zu verhindern. Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 57 8 Literaturverzeichnis Bauer, T.N. (2010). Onboarding new employees: Maximizing success. Alexandria: SHRM Foundation. Bauer, T. N. & Erdogan, B. (2011). Organizational socialization: The effective onboarding of new employees. In S. Zedeck (Ed.), APA handbook of industrial and organizational psychology, (Vol 3, pp. 51–64). Washington D. C.: American Psychological Association. https://doi.org/10.1037/12171-002 Breinbauer, M. (2020). Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen in der Pflege. Wiesbaden: Springer. Brenner, D. (2014). Onboarding. Als Führungskraft neue Mitarbeiter erfolgreich einarbeiten und integrieren. Wiesbaden: Springer Gabler. Daouk-Öyry, L., Anouze, A., Otaki, F., Dumit, N. & Osman, I. (2014). The JOINT model of nurse absenteeism and turnover: A systematic review. International Journal of Nursing Studies, 51(1), 93-110. http://dx.doi.org/10.1016/j.ijnurstu.2013.06.018 Dewanto, A. & Wardhani, V. (2018). 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Arbeitsbelastung von Pflegehelfenden in Schweizer Alters- und Pflegeheimen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 49(6), 512–519.https://doi.org/10.1007/s00391-016-1083-4 9 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1. JOINT Model of nurse absenteeism and turnover (Daouk-Öyry et al., 2014) . 10 Abbildung 2. Auszug aus dem Interviewleitfaden (eigene Darstellung, 2022)...................... 16 Abbildung 3. Ablauf einer inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) ........ 19 Abbildung 4. Kategoriensystem Onboardingprozess (eigene Darstellung, 2022) ................ 19 Abbildung 5. Kategoriensystem Einflussfaktoren (eigene Darstellung, 2022) ...................... 25 10 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Kombination der Integrationsindikatoren (eigene Darstellung, 2022) ..................... 6 Tabelle 2 Dimensionen des Commitments (eigene Darstellung, 2022) .................................. 9 Tabelle 3 Ergebniszusammenfassung Onboardingprozess (eigene Darstellung, 2022) ..... 43 Tabelle 4 Ergebniszusammenfassung der Einflussfaktoren (eigene Darstellung, 2022) ..... 46 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 60 11 Anhang 11.1 Anhang A: Organigramm Spitex Kanton Zug Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 61 11.2 Anhang B: Interviewleitfaden Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 63 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 64 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 65 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 67 11.4 Anhang D: Kategoriensystem Wahrnehmung Onboardingprozess Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 68 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 69 11.5 Anhang E: Kategoriensystem Einflussfaktoren Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 70 Fluktuation von Pflegekräften während der Probezeit 71