Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW Hochschule für Soziale Arbeit HSA Basel Beratung 4.0 Transformation der fachlichen Kompetenzen in der psychosozialen Beratung und die Auswirkungen auf das Professionsverständnis der Sozialen Arbeit Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler; 16-650-343 Eingereicht bei: lic. phil. l Roger Kirchhofer Bachelor-Thesis an der Fachhochschule für Soziale Arbeit Olten/Muttenz Eingereicht im Januar 2020 zum Erwerb des Bachelor of Arts in Sozialer Arbeit Abstract Auf der Grundlage der gesellschaftlichen und technischen Veränderungen, wird die Lebens- welt der Adressat*innen sowie die psychosoziale Beratung auf dem Hintergrund der Lebens- weltorientierten Sozialen Arbeit nach Hans Thiersch betrachtet. Die Mediatisierung, als Teil der Digitalisierung, wirkt sich auf die psychosoziale Beratung, die sich in den unterschiedlichs- ten Themenfeldern und Arbeitsbereichen der Sozialen Arbeit wiederfindet, aus. Durch den Einsatz der Neuen Medien sind Fachkräfte in der Sozialen Arbeit mit Veränderungen konfron- tiert, die mit Herausforderungen, Potentialen und erweiterten Kompetenzen von Beratenden einhergehen. In dieser Arbeit wird die Möglichkeit einer Video-Beratung als zukünftiges, allei- niges Setting in Betracht gezogen und von der Autorin beleuchtet. Es erfolgt eine literarisch, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Der Hauptfokus dieser Arbeit liegt auf den fachlichen Kompetenzen, die Beratende für eine synchrone Video-Beratung benötigen. Da Fachlichkeit immer mit Professionalität in Verbindung steht, wird zusätzlich ein Blick auf das Professionsverständnis gelegt. Vor allem die Professionalisierungsdebatte hinsichtlich der Digitalisierung wird diskutiert. Da aus den vorliegenden Gründen die erhöhten professionsun- typischen technischen Fertig- und Fähigkeiten sowie die Anwendung und Nutzung von digita- len Medien ihre Diskussionen im aktuellen Fachdiskurs aufwerfen. Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ........................................................................................................................ 1 1.1 Relevanz für die Soziale Arbeit ................................................................................ 2 1.2 Herleitung der Fragestellung .................................................................................... 2 2 Begriffsdefinitionen ........................................................................................................ 4 2.1 Psychosoziale Beratung .......................................................................................... 4 2.2 Was ist eine Online-Beratung? ................................................................................ 4 2.2.1 Video-Beratung ................................................................................................ 5 2.2.2 Blended Counseling ......................................................................................... 5 3 Lebensweltorientierte Soziale Arbeit nach Hans Thiersch .......................................... 6 3.1 Mediatisierte Lebenswelt ......................................................................................... 8 3.2 Lebensweltorientierte Beratung ............................................................................... 9 4 Mediatisierte Soziale Arbeit ..........................................................................................10 4.1 Medien und Medientypen in der Beratung ..............................................................11 4.2 Niederschwelligkeit .................................................................................................13 4.3 Strukturmerkmale und Rahmenbedingungen der synchronen psychosozialen Beratung per Video .................................................................................................15 4.4 Vor- und Nachteile der synchronen Video-Beratung ...............................................16 5 Fachliche Kompetenzen für eine synchrone psychosoziale Online-Beratung per Video ...............................................................................................................................18 5.1 Beratungskompetenzen ..........................................................................................18 5.1.1 Computervermittelte Kommunikation ...............................................................19 5.1.2 Online-Beratungskompetenzen .......................................................................20 5.1.3 Technische Kompetenzen ...............................................................................21 5.2 Methodisches Wissen .............................................................................................21 5.2.1 Sprachliche Kompetenzen...............................................................................22 5.2.2 Zuhör-Kompetenzen........................................................................................23 5.3 Beziehungsgestaltung ............................................................................................23 5.4 Beratungsraum- und Setting ...................................................................................25 5.4.1 Realitätsausschnitt ..........................................................................................26 5.4.2 Umgang mit Störungen ...................................................................................27 5.5 Rechtliche Grundlagen ...........................................................................................28 5.5.1 Datenschutz und Vertraulichkeit ......................................................................28 5.5.2 Datenerhebung und Datenspeicherung ...........................................................30 5.6 Ethik in der internetbasierten Beratung ...................................................................31 5.7 Diskussion der Ergebnisse und Beantwortung der ersten Fragestellung .................33 6 Das Professionsverständnis der Sozialen Arbeit ........................................................38 6.1 Die Professionsdebatte ...........................................................................................39 6.1.1 Professionsverständnis in einer mediatisierten Sozialen Arbeit .......................41 6.1.2 Das professionelle Selbstkonzept....................................................................42 6.2 Aus- und Weiterbildung...........................................................................................43 Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler 6.3 Diskussion und Beantwortung der zweiten Fragestellung .......................................45 7 Fazit und Ausblick .........................................................................................................47 8 Literaturverzeichnis .......................................................................................................49 Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Wichtige Hinweise • Die Autorin benutzt eine geschlechtergerechte Sprache, um den unterschiedlichen Ge- schlechtern gerecht zu werden. Um die Lesbarkeit nicht zu stören verwendet sie dafür das Zeichen * (zum Beispiel Klient*innen). Außerdem werden die Begriffe Ratsu- chende(r) und Ratgebende(r) allgemein verwendet, und keinem spezifischem Ge- schlecht zugeordnet. • Die Autorin verwendet die in Deutschland übliche Schreibweise, das gilt vor allem bei ss und ß. • Unter der Nutzung des Begriffes Soziale Arbeit werden beide Fachrichtungen ange- sprochen: die Sozialpädagogik und die Sozialarbeit. • Hans Thiersch verwendet die Begriffe Alltag und Lebenswelt nahezu synonym. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe in gleicher Weise verwendet. • Mit Online-Beratung ist in dieser Theoriearbeit die Beratung im psychosozialen Feld der Sozialen Arbeit gemeint. • Werden Professionelle und Fachkräfte angesprochen, sind ausschließlich die Profes- sionellen und Fachkräfte der Sozialen Arbeit gemeint. Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Abkürzungsverzeichnis Art. Artikel BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft BFS Bundesamt für Statistik BDSG Bundesdatenschutzgesetz DGBO Deutsche Gesellschaft für Online-Beratung DIVIS Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet DSGVO Europäische Datenschutzgrundverordnung FSP Förderverein der Schweizer Psychologinnen und Psychologen IT Informationstechnik, Oberbegriff für die Informations- und Datenverar- beitung SECO Staatssekretariat für Wirtschaft StGB Strafgesetzbuch Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler 1 Einleitung Digitalisierung ist omnipräsent und betrifft Professionelle der Sozialen Arbeit wie deren Ziel- gruppen gleichermaßen (vgl. Engelhardt 2018: 31). Der technologische Wandel schreitet ra- sant voran. Dadurch werden die Handlungs- und Entscheidungsspielräume der Ratsuchenden verändert und erweitert. Distanzen und Barrieren werden mittels nutzerfreundlichen Angebo- ten, Neuen Medien und dem Internet überwunden (vgl. Justen-Horsten/Paschen 2016: 45f.). Smartphone und Online-Sein sind Phänomene, die bereits selbstverständlich in den Alltags- und Lebenswelten angekommen sind. Der technische Wandel und die im Alltag eingekehrte Nutzung des Internets und der Neuen Medien, stellen die heutige Gesellschaft und die Soziale Arbeit vor neue Problemlagen und erweiterte Herausforderungen (vgl. Kutscher 2019: 29). Die medialen Transformationen des Alltags prägen und verändern die Kommunikationskultur. Friedrich Krotz (2012) bezeichnet die „zeitliche, räumliche und soziale Durchdringung des All- tags mit Medien“ als Mediatisierung (Kutscher/Ley/Seelmeyer 2015: 3f.). Kommunikation rea- lisiert sich in Form von Beratung, als eine elementare methodische Kompetenz der Professio- nellen in der Sozialen Arbeit (vgl. Widulle 2012: 13ff.). Widulle interpretiert Beratung „als eine spezialisierte und professionalisierte Form der Gesprächsführung“. (ebd.: 34) Psychosoziale Beratung findet sich in unterschiedlichen, themenspezifischen Tätigkeitsbereichen der Sozia- len Arbeit wieder (vgl. Engelhardt 2018: 70, vgl. Nestmann 2007: 68f.). Das an die mediale Lebenswelt angepasste Beratungsangebot führte bereits vor 20 Jahren zur Online-Beratung. Heutzutage findet sich ein vielfältiges internetbasiertes Beratungsangebot in den ver- schiedensten Themenfeldern der Sozialen Arbeit (vgl. Nestmann/Engel/Sickendiek 2013: 1344f.). Wenzel skizziert eine zeitgemäße Beratung, diese sollte sich an die unterschiedlichen Nutzungsbedingungen und Möglichkeiten anpassen (vgl. Wenzel 2013: 9, 46f.). Zeitgleich im- pliziert der technische, gesellschaftliche und fachliche Wandel durch die Mediatisierung in der Sozialen Arbeit und den Lebenswelten der Adressat*innen eine Transformation von For- schung, Lehre und Theorie, um die neuen Gegebenheiten und Ausgangslagen, wie das ver- änderte Nutzerverhalten, mit einzubeziehen (vgl. Kutscher et. al. 2015: 296f., vgl. Kreidenweis 2015: 239). Laut Salathe (vgl. 2019: 28f.) hat die Digitalisierung unumstritten eine hohe Präsenz in der Industrie, der Wirtschaft sowie im Dienstleistungssektor erlangt, die unterschiedliche positive und negative Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbereiche der Individuen haben. Der technische Wandel ist im Alltag der Gesellschaft sowie dem Arbeitsalltag, in der digitalen Fall- bearbeitung, der Vernetzungsarbeit etc. der Professionellen der Sozialen Arbeit bereits imple- mentiert und kaum mehr wegzudenken. Deshalb stellt sich nicht die Bedeutung der fortschrei- tenden Technik für die Sozialen Arbeit, sondern eher der Blickwinkel auf die Nutzung der Me- dien als relevant dar. In den Fokus rückt die definierte Zielgruppe der Organisation. In welchen Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 1 Kommunikationskanälen sich die Nutzer*innen bewegen und wie diese mit den unterschiedli- chen medialen Zugängen erreicht werden können, spielt eine wichtige Rolle. 1.1 Relevanz für die Soziale Arbeit Psychosoziale Beratung und deren niederschwelliger Online-Zugang gewinnt in der postmo- dernen Gesellschaft, in der immer mehr Menschen durch die erhöhte belastende Komplexität des Alltags einen Rat suchen, zunehmend an Bedeutung. Thiersch geht davon aus, dass die Ausdifferenzierung der Beratung aus der zunehmenden Unselbständigkeit der Menschen re- sultiert. Das Konzept der Lebensweltorientierung integriert und bietet für die psychosoziale Beratung fundamentale Anforderungen, die die Niederschwelligkeit, die Integration, die Prä- vention und die Dezentralisierung implizieren. Thiersch diskutiert bis heute das Professions- verständnis, wie auch die Soziale Beratung in Hinblick auf die gesellschaftlichen Veränderun- gen, kritisch (vgl. Thiersch 2014: 303-323). Das Internet als Computernetzwerk stellt für die Kommunikation, Interaktion und als Informa- tionsquelle weitere Möglichkeiten für die Beratungslandschaft zur Verfügung (vgl. Wenzel 2013: 57,175). Positive Wirksamkeitsstudien belegen den Nutzen und die Relevanz von On- line-Beratungen (vgl. Eichenberg/Brähler 2013: 63, vgl. Wenzel 2018: 69). Wird in der Literatur von Online-Beratung gesprochen, betrifft dies überwiegend die E-Mail-, Chat- oder Foren- Kommunikation (vgl. Reindl 2018: 17). Aus der aktuellen Schweizer Studie des Bundesamtes für Statistik geht hervor, dass 90% der Bevölkerung zwischen 15 und 88 Jahren das Internet nutzen. Davon 59% mehr als 5 Stunden pro Woche (vgl. Bundesamt für Statistik Schweiz 2019: 5f.). Dies lässt den mobilen Endgeräten (Smartphone etc.) für die Zukunft eine weitere bedeutende Rolle zukommen (vgl. Kutscher 2014: 39). Roeske (vgl. 2018: 16) sowie Kutscher, Ley und Seelmeyer (vgl. 2015: 5) verweisen darauf, dass sich die Professionellen mit einer Transformation der Fachlichkeit auseinandersetzen müssen, die mit den Anforderungen aus anderen Disziplinen einhergeht. Kenntnisse über IT, Technik sowie die Medienkompetenz und -nutzung in der eigenen Profession sind immer mehr gefragt. Auch wenn sie nach Roeske nicht umfangreich zum fachlichen Repertoire der Professionellen gehören (vgl. Roeske 2018: 20), könnte in diesem Kontext bereits von einer (De-) Professionalisierung der Sozialen Arbeit gesprochen werden oder von einem erweiterten Professionsverständnis, das auf bekannte Problemlagen in neuen Lebenswelten deutet. 1.2 Herleitung der Fragestellung Der derzeitige Stand der Online-Beratungsangebote weist darauf hin, dass sich Organisatio- nen auf unterschiedlichen Niveaus befinden (vgl. Engelhardt/Gerner 2017, vgl. Kreidenweis 2018, vgl. Reindl 2018). Daraus lässt sich folgern, dass unterschiedliches Erfahrungswissen der Organisationen und der Professionellen bestehen. Um sich an die gegenwärtigen, zeitge- mäßen Entwicklungen anzupassen, müssen sich Professionelle der Sozialen Arbeit die dafür Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 2 not-wendigen Grundlagen und relevante, spezifische Qualifikationen aneignen. Online-Bera- tung wird derzeit als „anonyme, textbasierte Form der Beratung verstanden“ (Engelhardt/Ger- ner 2017: 18). Durch die synchron oder asynchron verwendeten Medien in der Online-Bera- tung benötigten Professionelle der Sozialen Arbeit Zusatzqualifikationen, die von der klassi- schen Beratung abweichen. Methodisch bietet das Vier-Folien-Konzept von Knatz und Dodier (2013) einen Ansatz für die anonyme, textbasierte Online-Beratung (vgl. Hintenberger/Kühne 2011: 116, vgl. Knatz 2009: 106-115). Für eine Video-Beratung finden sich kaum Hinweise auf spezifisch fachliche Kompetenzen in der Literatur (vgl. Justen-Horsten/Paschen 2016: 19, vgl. Engelhardt 2018). Dass es aber besondere Zusatzqualifikationen für eine synchrone Video gestützte Online-Beratung benötigt, wird anhand der technisch und situativ bedingten Gege- benheiten untermauert (vgl. Reindl 2015: 62). Für die Erreichung der Nutzer*innen in ihrem medialen Lebenswelten stehen durch die Technisierung unterschiedliche Kommunikationska- näle zur Verfügung, die sich stetig weiterentwickeln. Dieser kommunikative Wandel der Ge- sellschaft und das erweiterte Spektrum der Kommunikationskanäle in der Praxis „zieht konse- quenterweise auch einen Wandel der Beratungspraxis mit sich“ (Reindl 2018: 22). Neuere Forschungshinweise deuten darauf hin, wie sich Beratung durch das Internet verändert (vgl. Sauerbrey/Vollmar 2019: 150f.) und inwiefern eine synchrone Video-Beratung, die derzeit ein Nischendasein aufweist, immer gegenwärtiger werden könnte (vgl. Engelhardt/Gerner 2017: 18ff./Hintenberger 2018: o.S). Aus diesen Entwicklungen lässt sich folgern, dass sich die Angebote für Online-Beratungen im Hinblick auf die Internetnutzung der Adressat*innen zunehmend weiterentwickeln und die medialen, fachlichen Kompetenzen in unterschiedlichen Bereichen der Sozialen Arbeit Ent- wicklungspotenziale aufzeigen. Die Video-Beratung wäre eine weitere Möglichkeit, neue oder veränderte Zielgruppen zu erreichen oder/und die Niederschwelligkeit zu erhöhen. Mit den neuen technischen Möglichkeiten, dem schnellen, verbreiteten Internet und den zu Verfügung stehenden Beratungs-Apps und Tools, die den hohen Sicherheitsstandards gerecht werden und den Datenschutz wahren, sind bereits Grundlagen für die Video-Beratung geschaffen. Für die Professionellen sollten nebst der technischen Seite auch methodische Grundlagen und Qualifikationen als Basis zur Verfügung stehen, um sich ohne Ängste in einer „Digitalisierten Beratung“ zurechtzufinden und den Nutzer*innen ein spezifisches Angebot zur Verfügung stel- len zu können. Vor diesem Hintergrund lauten die Kernfragen dieser Arbeit: Welche Kompetenzen benötigen Professionelle der Sozialen Arbeit bei einer durch Vi- deo gesteuerten, synchronen, psychosozialen Online-Beratung? Welchen Einfluss haben die veränderten Lebenswelten der Adressat*innen und die ver- änderten fachlichen Kompetenzen der Professionellen auf das Professionsverständnis der Sozialen Arbeit? Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 3 2 Begriffsdefinitionen Soziale Arbeit interveniert an der Schnittstelle von Individuum und Umwelt. In der Beratung richten die Professionellen der Sozialen Arbeit ihren Fokus auf beide Ebenen. Diese Ausrich- tung kennzeichnet die Beratung in der Sozialen Arbeit (vgl. Nestmann 2007: 65). Für die vor- liegenden Fragestellungen werden zu Beginn die dafür benötigten Begrifflichkeiten geklärt. 2.1 Psychosoziale Beratung Psychosozial wird im Duden online (2019: o.S.) als „von psychischen Faktoren, Fähigkeiten o.Ä., durch soziale Gegebenheiten (wie z.B. Sprache, Kultur, Gesellschaft) bedingt“ und Be- ratung als „Erteilung eines Rates“ definiert. Laut Nestmann (vgl. 2007: 65) ist Beratung eine Interaktion von Person und Umwelt. Nebst der Fokussierung von Stärken, Potentialen und Ressourcen der Ratsuchenden bewegt sich Beratung zudem in einem zeitlich festgelegten Rahmen. Zeitgleich findet eine freiwillige, kurzfristige, soziale Interaktion statt, mit kommuni- kativen Mitteln von mindestens zwei Beteiligten, dem Ratsuchenden und dem Ratgebenden, mit dem Ziel die „Entscheidungs- und somit die Handlungssicherheit zur Bewältigung eines vom Klienten oder Klientensystem vorgegebenen aktuellen Problem zu erhöhen“ (Schwar- zer/Posse 2007: 76). Psychosoziale Beratung findet sich in „verschiedenen gesellschaftlichen Feldern (...) mit dem Auftrag, auf der Individualebene feldspezifische Orientierungsleistungen zu erbringen“. (Großmaß 2007: 101) Psychosoziale Beratung umfasst heute Beratung verschiedenster Alters und Zielgruppen (Drogen- und Alkoholabhängige, Opfer von Gewalt und Missbrauch, Straßenkinder und Obdachlose, Trauernde und Verwitwete etc.) in verschiedensten Anforderungs- und Prob- lemkonstellationen (Lebensbewältigung und Wachstum, Erziehung und Bildung, Sexualität und sexuelle Orientierung, soziale Beziehungen etc.) (…). (Nestmann 2007: 66) Wird in der Literatur von einem generellen Verständnis von Kommunikation in der Beratung gesprochen, ist im Allgemeinen die professionelle face-to-face Beratung gemeint (vgl. Brunner 2009: 29). Durch den technologischen Wandel ist computervermittelte Kommunikation bereits zum Selbstverständnis von menschlichen Interaktionen geworden (vgl. Döring/Eichenberg 2013: 1590). Online-Beratung als ein zusätzliches Beratungsangebot hat sich in den vergan- genen 20 Jahren fortlaufend professionalisiert und etabliert (vgl. Nestmann/Engel/Sickendiek 2013: 1345). 2.2 Was ist eine Online-Beratung? Was zu Beginn der Online-Beratungsangebote mit Online-Sein in Verbindung gebracht wurde, löste sich mit den Internet Flatrates auf, und Online-Beratung wurde zu einem Sammelbegriff, welcher vor allem die „Mailberatung, Chatberatung und Beratung in Foren“ implizierte (Wenzel 2013: 73). Im Duden online (2019: o.S.) wird Online-Sein als „ans Datennetz, ans Internet Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 4 angeschlossen sein“ beschrieben. Obgleich Engelhardt und Storch (vgl. 2013: 9) darauf ver- weisen, dass es durch die kontinuierliche Nutzung von Smartphones durch 73% der Bevölke- rung im Alter von 16 - 74 Jahren (vgl. Bundesamt für Statistik Schweiz 2019: o.S.) kaum mehr einen Unterschied gibt zwischen Online- und Offline-Sein (vom Internet getrennt). Durch die mediatisierten Alltagswelten und das dauerhafte Online-Sein auf den mobilen Endgeräten (Smartphone, Tablet, Laptop) werden die Online Beratungssettings ihr zukünftiges Verände- rungspotential ausschöpfen. In Anlehnung an den Kontext, den Begriff der psychosozialen Be- ratung sowie der Multioptionalität der Mediennutzung wird Online-Beratung laut Engelhardt und Storch (2013: 3f., 2018: 15f.) als „sämtliche Formen der Beratung (…) die auf die Struktur des Internets angewiesen sind, um den Prozess der Beratung zu gestalten und die sowohl synchron/asynchron textgebunden (Forum, Einzelberatung, Chat) als auch synchron und text- gebunden via Videochat, Avataren oder Internettelefonie stattfinden (…)“ definiert. Die synchrone Video-Beratung findet sich derzeit vor allem als eine von vielen Möglichkeiten im Setting des Blended Counseling Prozesses, im Coaching- und Supervisionsbereich in Form von Videokonferenzen wieder (vgl. Engelhardt 2018: 119, 128.). Wird in der vorliegenden Ar- beit die Video-Beratung oder Video-Kommunikation genannt, wird damit ausschließlich die synchrone, online-basierte Video-Beratung als alleiniges Setting diskutiert. 2.2.1 Video-Beratung Video-Beratung als audiovisuelle Kontaktmöglichkeit, ist der klassischen face-to-face Bera- tung nahe, da sich Ratsuchender und Ratgebender im selben, also synchronen Zeitfenster, von Angesicht zu Angesicht auf ihren eigenen mobilen Endgeräten sehen und hören (vgl. Jus- ten-Horsten/Paschen 2016: 37). Eine Interaktion über Video-Beratung funktioniert nur auf ei- ner internetbasierten Online-Übertragung (vgl. Engelhardt/Storch 2013: 7). Laut Engelhardt und Gerner wird eine psychosoziale synchrone Video-Beratung definiert als „eine Form der Onlineberatung, bei der die Kommunikation zwischen der beratenden und der ratsuchenden Person synchron über ein Videoübertragungssystem stattfindet, welches bei Bedarf auch um textbasierte Kommunikation ergänzt werden kann“. (Engelhardt/Gerner 2017: 21) 2.2.2 Blended Counseling Hörmann (vgl. 2018: 202) beschreibt „Blended Counseling“ als eine Methode der Online-Be- ratung, welche unterschiedliche Medien als Kommunikationskanäle an die spezifische Situa- tion anpasst, wählt und nutzt. Dabei können verschiedene Medien analog und digital, off- und online, in der Beratung kombiniert werden. Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 5 3 Lebensweltorientierte Soziale Arbeit nach Hans Thiersch Um den medialen und digitalen veränderten Lebenswelten gerecht zu werden orientiert sich diese Theoriearbeit an dem Konzept der Lebensweltorientierung nach Hans Thiersch. Das Konzept kann auf eine lange, kritische Auseinandersetzung mit den Handlungspraktiken und Standards der Sozialen Arbeit zurückgreifen und bildet bis heute Grundlagen für das Profes- sionsverständnis der Sozialen Arbeit (vgl. Lambers 2016: 97f.). Laut Grunwald und Thiersch (vgl. 2015: 940) ist das Konzept der Lebensweltorientierung eine Antwort auf die gesellschaft- lichen Umbrüche und der damit verbundenen Herausforderungen der Moderne: Die soziale Ungleichheit, die Pluralisierung der Lebenslagen, die Globalisierung, sowie die Digitalisierung. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit kann als ein Handlungskonzept aus dem Zusammenspiel der folgenden theoretischen Wissenschaftskonzepte verstanden werden (vgl. Grun- wald/Thiersch 2004: 17): Die hermeneutisch-pragmatische Traditionslinie der Erziehungswissenschaft stellt „die Frage nach dem Alltag und der je individuell interpretierten Welt, (...) der alltäglichen Praxis des Verstehens und dem darauf bezogenen Handeln (…) sowie die Rekonstruktion des „Alltags- und Praxiswissen“ als grundlegend dar (ebd.). Als zentral gilt das höhere Verstehen des Alltäglichen, um ohne eine Bewertung der vorgefundenen, interpretierten Lebenswelt der Adressat*innen Distanz herzustellen und Veränderungen in unterschiedlichen Dimensionen zu ermöglichen (vgl. ebd.: 17f.). Das phänomenologisch-interaktionistische Paradigma fokussiert ebenfalls den All- tag des Individuums: „Lebenswirklichkeit und Handlungsmuster werden unter dem Gesichts- punkt der Alltäglichkeit rekonstruiert.“ (ebd.: 18) Die Lebenswirklichkeit „ist strukturiert durch die erlebte Zeit, den erlebten Raum und die erlebten sozialen Bezüge“. (ebd.) Subjekte werden in ihrem individuellen Umfeld und seinen Bedingungen gesehen, die sie selbst prägen und von denen sie geprägt wurden (vgl. ebd.). Die kritische Variante der Alltagstheorie betrachtet den Alltag als dialektisch. Routi- nen entlasten den Alltag und geben den Subjekten Sicherheit, zeitgleich kann dadurch eine Borniertheit und Enge entstehen, die Einschränkungen bewirken und hervorrufen. In diesem Sinne entsteht die Pseudokonkretheit des Alltags (vgl. ebd.). Die Analysen gesellschaftlicher Strukturen werden mit einbezogen. Gesellschaftli- che Entwicklungen sowie neue und alte Ungleichheiten werden betrachtet (vgl. ebd.: 18f.). Einen weiteren Teil bildet die Analyse der präsenten gesellschaftlichen Strukturen und Le- benswelten (vgl. Thiersch/Grunwald/Köngeter 2012: 183). Die Pseudokonkretheit des Alltags muss aufgebrochen werden, um mit den vorhandenen Res- sourcen einen gelingenderen Alltag zu ermöglichen. Dabei ist wichtig, dass die Adressat*innen Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 6 mit ihren individuellen Erfahrungen und Interpretationen akzeptiert und respektiert werden (vgl. Grunwald/Thiersch 2015: 938). Als Voraussetzung dafür, die Pseudokonkretheit aufzubrechen und eine Neuorientierung zu gestalten, sehen Grunwald und Thiersch das Sich-Einlassen und „die Fähigkeit und den Mut, Anderes, Unverständliches und Fremdes auch stehen lassen zu können und sich im Sinn der Alltagsbewältigung auf pragmatische Arrangements im gemein- samen Handeln zu beschränken“ (ebd.). Laut Grunwald und Thiersch (vgl. 2015: 934-937) entstehen durch die gesellschaftlichen Um- brüche immer komplexere Lebensbewältigungsaufgaben für die Individuen, die sich im Alltag der Menschen konkretisieren. Lebensweltorientierung zielt darauf ab, professionelle und insti- tutionelle Unterstützung und Hilfe gezielt für die Alltagsbewältigung der Adressat*innen einzu- setzen. Dabei wird das Individuum in seiner subjektiven Welt, den eingebundenen Wirklich- keitserfahrungen in dessen Vergangenheit und in der Gegenwart betrachtet. Das Konzept ver- bindet die individuelle Ebene mit der sozialen, gesellschaftlichen Ebene und den daraus resul- tierenden Bewältigungsaufgaben. Eine ganzheitliche Perspektive richtet sich auf: Die vorhan- denen Ressourcen der Adressat*innen, sowie deren Problemlagen, welche sich aus den ge- sellschaftlichen, sozialen, kulturellen, politischen und den materiellen Möglichkeiten des Indi- viduums ergeben. Individuen bewegen sich in Widersprüchlichkeit zwischen möglichen Be- wältigungsaufgaben, den persönlich und individuell vorhandenen Ressourcen und dem prob- lematischen Alltagsgeschehen. Grunwald und Thiersch sprechen neben „der Vermittlung von Individuum und der Gesellschaft“ von der Erschaffung von Zugangsmöglichkeiten durch Bil- dung, Sozial- und Gesundheitspolitik und der Zuständigkeit „für die Gestaltung von Strukturen, Ressourcen und Kompetenzen in der alltäglichen Lebenswelt“ (ebd.: 934f). Mit dem Ziel „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leisten (Thiersch 2012: 132), orientiert sich eine lebens- weltorientierte Soziale Arbeit an vier Struktur- und Handlungsmaximen (vgl. Thiersch/ Grun- wald/Köngeter 2012: 188f.): Die Prävention zielt darauf ab, vorausschauende Unterstützung und Stabilisierung in außer- ordentlich belastenden Situationen zu bieten, bevor sich problematische Situationen verfesti- gen. Frühzeitige Prävention ist mit Achtsamkeit und Aufmerksamkeit verbunden und soll die Kontrollmöglichkeiten und Sicherheitsbestrebungen nicht erhöhen. Die Alltagsnähe beinhaltet einen niederschwelligen und erreichbaren Zugang für die Adres- sat*innen sowie eine allumfassende Orientierung an den gegebenen subjektiven Lebenser- fahrungen und -deutungen. Die Dezentralisierung/Regionalisierung meint die Präsenz vor Ort in der Alltagsnähe, um soziale Hilfe zu leisten, sowie das Einbinden bestehender Konzepte. Ressourcen und Hilfen Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 7 werden bereitgestellt, mit der Notwendigkeit und der Pflicht soziale Gerechtigkeit zu vermitteln und den Leistungsstandards gerecht zu werden. Integration zielt auf Anerkennung, Respekt und Akzeptanz von Unterschiedlichkeit und Indi- vidualität. Integration ist gegen Ausgrenzung, Unterdrückung und setzt sich für Gleichberech- tigung, die mittels der gerechten Verteilung von Ressourcen und fundamentaler Rechte reali- siert werden kann, ein. Partizipation meint die Möglichkeit vielfältiger Einbindungen, dem Anerkennen von Teilhabe- und Mitbestimmungsoptionen. Partizipation bedingt die Herstellung von Gleichheit und die Auf- hebung von Differenzen in der Ausgangslage der Hilfsbedürftigen sowie der Hilfegebenden. Diese Struktur- und Handlungsmaximen sind in der heutigen Sozialen Arbeit allgegenwärtig und selbstverständlich. Lambers fügt hinzu, dass sich die individuelle Lebenswelt nicht allein durch „Familie, Nachbarschaft und freie(n) Assoziationen“ bildet und reproduziert „sondern in der Teilnahme […] an Kommunikation in Funktionssystemen und Organisationen“. (a. a. O. S. 56 zit. in Lambers 2016: 104) Die Teilnahme an den Funktionssystemen (Arbeit/Bildung/Wirt- schaft/Kultur/Massenmedien) wird demzufolge als bedeutende Kategorie in der individuellen Wirklichkeitskonstruktion der eigenen Lebenswelt gesehen. Die hier aufgeführten Massenme- dien oder Medien im Allgemeinen durchdringen mit dem technischen Fortschritt in einer immer höheren Selbstverständlichkeit die Lebenswelt der Adressat*innen der Sozialen Arbeit (vgl. Kutscher et. al. 2015: 9). 3.1 Mediatisierte Lebenswelt Wenzel pointierte ebenfalls die Globalisierung, die damit einhergehende Flexibilisierung und Mobilität, den gesellschaftlichen Wandel sowie den steigenden Entscheidungsdruck. Auch die erhöhte Komplexität, die vielfältige Unsicherheiten mit sich bringt, sowie die rasante techni- sche Entwicklung, hebt Wenzel als Zeichen einer mediatisierten Lebenswelt heraus (vgl. Wen- zel 2013: 32). Nach Thiery (2015: 129) ist die „Mediatisierung des Alltags (...) gleichbedeutend mit der Etablierung von Handlungen auf Distanz“. Die im Alltag eingekehrten technischen Mög- lichkeiten und die daraus entstandene mediale Kommunikation führt zu vielerlei Veränderun- gen. E-Mail, Chats, Foren, Suchmaschinen, Informationsquellen und Soziale Netzwerke fin- den sich nicht nur selbstverständlich im beruflichen, sondern auch im privaten Alltag wieder (vgl. Engel 2007: 498). Da laut Engel „Beratung zu großen Teilen auch ein kommunikatives Geschehen ist“, nimmt er an, dass sich die Veränderungen in der Medienwelt auch in der Beratung manifestieren werden (ebd.: 499). Die Ausdifferenzierung der Medien erweitert die Kommunikationsmöglichkeiten nachhaltig. Der Wandel von face-to-face Kommunikation zur Kommunikation mit Menschen, die nicht im Raum oder vor Ort sind, ist durch die Nutzung des Internets im Alltag präsent (vgl. Wenzel 2018: 44f.). Die erweiterten Möglichkeiten bilden für die Nutzer*innen nicht eine veränderte, sondern eine vergrößerte Lebenswelt, die von Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 8 Multioptionalität geprägt ist und ein größeres Spektrum an Zugängen und Entscheidungsopti- onen mit sich führt (vgl. Wenzel 2013: 175f.). Vorderer vergegenwärtigt zusätzlich, durch die permanent technische Kommunikation, eine Veränderung der Individualität. Diese geht mit Veränderungen der individuellen Kreativität, Selbstwirksamkeit, Wissenserzeugung, Intuition, sozialen Beziehungen, Aufmerksamkeit und Wertschätzung einher (vgl. Vorderer 2015: 259- 263). Brunner deutet die virtuelle1 Welt bereits „als integrierter Bestandteil der Lebenswelten“. (Theunert/Eggert 2003: 6 zit. in Brunner 2009: 42) Durch diese Entwicklungen ist spätestens im Medienzeitalter Beratung als multimediale Kommunikation, in die alle Medien (Primär-, Se- kundär- und Quartärmedien) mit in die fachliche Beratungsarbeit und Kommunikation mit ein- bezogen werden müssen, zu definieren (vgl. Wenzel 2018: 71). Für die psychosoziale Bera- tung im Internet bedeuten erweiterte Optionen gleichsam Chancen und Risiken sowie neue und erweiterte Zugangsmöglichkeiten (vgl. Wenzel 2018: 31). Möchte die Soziale Arbeit wei- terhin lebensweltorientiert agieren, muss sie sich den Adressat*innen gerechten Lebenswelten anschließen und ihre Hilfestellungen im Internet anbieten (vgl. Sauerbrey/Vollmar 2019: 163). 3.2 Lebensweltorientierte Beratung Als Voraussetzung für eine psychosoziale Beratung beschreibt Thiersch (vgl. 2012: 129-137), dass sich Beratende in den Lebenswelten der Adressat*innen auskennen, deren subjektive und individuelle Einschränkungen und Interpretationen kennen. Ebenso wichtig ist es, nicht frühzeitig zu urteilen und den Ratsuchenden offen entgegenzutreten. Des Weiteren ist eine lebensweltorientierte Beratung von Freiwilligkeit gekennzeichnet und ist bestimmt durch eine Kommunikationsweise, durch die Vertrauen gefördert wird. Vertrauen, das durch Akzeptanz und Achtung der individuellen Ressourcen und Problemstellungen der Adressat*innen ent- steht. Thiersch beschreibt eine professionelle Soziale Beratung als eine wertschätzende, auf gleicher Augenhöhe stattfindende, geduldige und für Klient*innen gerechte Sprache fördernde Kommunikation, in der die Klient*innen als Experten angesehen werden. In Zeiten der Indivi- dualisierung stellen die Reflexion der Adressat*innen und Professionellen elementare Grund- pfeiler dar. Die lebensweltorientierte Beratung und deren Struktur- und Handlungsmaximen (→ Kapitel 2) finden sich in den derzeit mannigfaltigen computervermittelten Beratungsange- boten wieder. Mit den medialen Möglichkeiten lassen sich zudem Zeit, Ort und Raum weltweit überwinden (vgl. Nestmann/Engel/Sickendiek 2013: 1344). Konstatierend geht es im Grunde in einer durch Medien vergrößerten Lebenswelt für die psy- chosoziale Beratung gleichbleibend, darum Ressourcen zu aktivieren, Akzeptanz für und Res- pekt vor den individuellen Bewältigungsaufgaben und Problemstellungen der Adressat*innen zu haben. Konstant bleibt das Ziel der Beratung: den Handlungs- und Entscheidungsspielraum 1 Virtuell wird in dieser Arbeit nicht gleichgesetzt mit einer „vom Computer simulierte(n) Wirklichkeit“ (Duden 2019: o.S.), sondern meint die Auflösung physikalischer Grenzen durch die Verbindung mit dem Internet (vgl. Thiery 2015: 122). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 9 zu erweitern, Selbstwirksamkeit und Problemlösungsstrategien zu fördern, sowie Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Die Nähe im Alltag und das Eintauchen in die Lebenswelt und das Be- arbeiten der vorgefundenen Problemstellungen kann mit den digitalen Medien, die bereits für das Alltagshandeln genutzt werden, ermöglicht werden. In dieser Arbeit werden nicht die neuen Problemlagen der Individualisierung und der medialen Nutzerverhalten beleuchtet, son- dern das Augenmerk wird auf den Zusatzkompetenzen der Professionellen liegen, die durch die Veränderung von Technik, Internet und lebensweltorientierten Settings hervorgerufen wer- den. Da die Video-Beratung der klassischen face-to-face Beratung sehr nahekommt, könnte davon ausgegangen werden, dass Beratungsmethoden und fachliche Kompetenzen in einer Video-Beratung eins-zu-eins übernommen werden können. In Kapitel 4 und 5 wird vertieft da- rauf eingegangen, inwiefern beratungsrelevante fachliche Kompetenzen an die Gesetzmäßig- keiten der Online-Beratung adaptiert werden müssen. Organisationale Rahmenbedingungen und Kenntnisse über IT, den Datenschutz und die Vertraulichkeit im sich stetig weiterentwi- ckelnden öffentlichen Computernetzwerk stellen besondere Wissensaspekte dar, wenn es da- rum geht, sich in den neuen medialen Kommunikationskanälen professionell zu bewegen. Im nächsten Kapitel werden die Entwicklungen und Veränderungen der Medien sowie unter- schiedliche Medientypen skizziert. Die einzelnen Medien, und die dafür notwendigen Kompe- tenzen, die derzeit am häufigsten in der Online-Beratung aufzufinden sind, werden in Kürze beschrieben. 4 Mediatisierte Soziale Arbeit Zu Beginn dieses Kapitels wird die Entwicklung der Online-Beratung zusammenfassend dar- gestellt, um vor dem historischen Hintergrund einen Einblick in die Nutzung von digitalen Me- dien in der Beratung zu gewähren. Der heutige Trend, Bild, Ton und schriftbasierte Beratung zu verbinden, begann mit der Tele- fonseelsorge im Jahre 1956. Die Dauerpräsenz am Telefon entwickelte sich zu einem nieder- schwelligen Angebot für Kinder und Jugendliche von 1999 mit der Stiftung Pro Juventute. Er- gänzt wurde die klassische Beratung 2007 mit einer textbasierten Beratungsform (vgl. Brunner 2017: 23f.). Hinzu kamen durch die Einführung des Internets, um hier nur wenige Eckpfeiler zu nennen, in den 1990er Jahren weitere Angebote, wie zum Beispiel von pro familia (1996), die kids-hotline (1999), 2006 die Online-Beratung der Caritas sowie 2009 die der Diakonie (vgl. Engelhardt 2018: 18ff.). Die hohe Angebotsinfrastruktur der psychosozialen Beratung im Netz, die progressiv angestiegen ist und von den unterschiedlichsten Institutionen angeboten wird, entwickelte sich zu einem „selbstverständlichen Beratungsformat“ (Justen-Horsten/Paschen 2016: 19). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 10 4.1 Medien und Medientypen in der Beratung Gemäß Wenzel (vgl. 2013: 50-54) können vielfältige Formen von Medien unterschieden wer- den. Als Urform der Kommunikation diente die Interaktion zwischen Menschen am selben Ort. Bei den Primärmedien dienen die Stimme, Gestik und Mimik ohne technische Hilfsmittel als Interaktionsmittel, welche rein durch die menschlichen Sinnesorgane wahrgenommen werden. Um Kommunikation über den ursprünglichen Raum hinweg zu gestalten, bedarf es der Spra- che und der Schrift, die als Sekundärmedien bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich be- reits um eine asynchrone Kommunikation. Das heißt, ein zeitversetztes Ausdrücken von Spra- che oder Schrift beim Sender und das nicht zeitgleiche Empfangen von Sprache und Schrift beim Empfänger. Dazu werden Hilfsmittel wie Bücher, Zeitschriften und Zeitungen als Spei- chermedium2 der Kommunikation genutzt. Tertiärmedien bezeichnet die Übermittlung von Sprache und Schrift oder Bildern, bei welcher der Produzent und der Rezipient ein technisches Gerät in Form von elektronischen Medien, wie z. B. Telegraf, Telefon, Radio und Fernseher etc. nutzen. Die Verknüpfungsmöglichkeiten unterschiedlicher Medien, eingebettet in kom- plexe Strukturen bilden die digitalen Medien, die in der Medientypologie als Quartärmedien bezeichnet werden. Wird im weiteren Text von Medien und vor allem von Neuen Medien ge- sprochen geht es insbesondere um die digitalen Medien. Laut Knatz (vgl. 2009: 60-67) ergeben sich, abgesehen von den methodischen Fachkompe- tenzen, Zusatzkompetenzen, die sich je nach Medium unterscheiden. Professionelle müssen für asynchrone Medien, wie E-Mail, Foren und SMS zu den generellen Kulturtechniken weitere Kompetenzen einsetzen. Durch die zeitliche Ausdehnung zwischen Lesen und Schreiben sto- ßen die Ratsuchenden und Ratgebenden auf Herausforderungen, denn nur die reine Form des Textes, das Geschriebene, entfaltet seine Wirkungen. Somit findet keine Interaktion von Mensch zu Mensch, sondern von Mensch zu Text statt, welche „auf dem Hintergrund der ei- genen Erfahrungen, der Lebensgeschichte, des fachlichen Wissens“ seine Wirkung entfaltet (ebd.: 60). Hinzu kommen notwendige kognitive Fähigkeiten, um einen Text so schreiben zu können, dass die vorbestimmte Wirkung beim Lesenden erzielt werden kann. Trotzdem wirken sich Anonymität, Flexibilität und Niederschwelligkeit positiv auf die Nutzung dieser Medien aus. Einerseits werden Vorteile sichtbar, die Ratsuchenden setzen sich durch das Verschriftlichen bewusst und intensiv mit den eigenen Gefühlen auseinander, dadurch entfalten sich bereits beim Schreiben heilende Wirkungen und Verarbeitungsmöglichkeiten (vgl. ebd. 60-67). Des Weiteren schafft das Schreiben Zugänge zu persönlichen Erlebniswelten. Andererseits zeich- nen sich bei der schriftbasierten Beratung Besonderheiten hinsichtlich der Emotionalität ab. 2 Informationsträger, um zeitliche und situative Räume zu überbrücken und Daten zu speichern (vgl. Wenzel 2013: 53). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 11 Klient*innen sind durch die Zeitversetzung beim Absenden nicht mehr in derselben Emotiona- lität wie beim Lesen der E-Mail oder des Textes (vgl. Wenzel 2013: 73). Döring und Eichenberg (2013: 1592f.) verdeutlichen zudem die Wirkung der Kanalreduktion, welche bei der Anwendung von zeitlich versetzter Kommunikation entsteht. Basierend auf ei- nem Vergleich zur unmittelbaren face-to-face Kommunikation besagt die Kanalreduktion, dass bei „E-Mail, Foren oder Chat sich der Austausch auf Textzeichen am Monitor“ reduziert und „Nonverbale Kommunikation wie Mimik, Gestik, Blickkontakt usw. fehlen“. „Gemäß der Kanalreduktionstheorie handelt es sich bei computervermittelter Kommunikation dementsprechend um einen unpersönlichen, entemotionalisierten, ja geradezu entmensch- lichten Kontakt, der das persönliche Gespräch weder ersetzen kann noch soll.“ (Döring/Ei- chenberg 2013: 1593) Laut Engelhardt, Reindl und Storch (vgl. 2014: 289) sind es diese so bedeutsamen nonverbalen Körpersignale in der face-to-face Beratung, die es benötigt, um die Klient*innen und deren Problematiken überhaupt beurteilen zu können. Die fehlenden Körper- signale führen dazu, dass Offline-Konzepte nicht eins-zu-eins in Online-Konzepte übertragen werden können. Die Chat-Beratung wird von Hintenberger (vgl. 2009: 70f.) als quasi-synchron dargestellt. Durch das Tippen am Monitor und das Senden danach entsteht ebenfalls eine Übermittlungs- verzögerung, die dennoch in einer höheren Geschwindigkeit stattfindet als bei einer E-Mail- Beratung. Der Einsatz nonverbaler Elemente wie Emotion, Akronyme, handlungskommentie- rende Gesprächsschritte und parasprachliche Elemente dienen der Minimierung der Kanalre- duktion. Damit sollen Missverständnisse in der Kommunikation ausgeräumt oder reduziert werden. Vorausgesetzt die Ratsuchenden und Ratgebenden kennen sich mit diesen Beson- derheiten der textbasierten Sprache aus und deuten sie in derselben Weise. Gemäß Engelhardt (vgl. 2018: 62f.) werden Textbeiträge bei der Chat-Kommunikation in gebündelter Form übermittelt. Dazu müssen sich die teilnehmenden Seiten auf einen be- stimmten Zeitrahmen festlegen. Da beide Parteien zeitgleich im Chat anwesend sein müssen, kann hier von einer Synchronität ausgegangen werden. Zeitgleich entsteht eine Asynchronität durch das Versenden und durch das Vorhandensein der Kanalreduktion, deshalb wird nur be- dingt, also von einer Quasi-Synchronität gesprochen. Engelhardt beschreibt vielfältige Chat- Konstellationen, wie den Gruppenchat, den Experten-Chat etc., die noch weitere spezifische Anforderungen, aber auch Möglichkeiten, für die Professionellen und Adressat*innen bieten. Bei der Foren-Beratung stellt sich das Exponieren in der Öffentlichkeit als weitere An- und Herausforderung für Adressat*innen und Berater*innen dar. Die Foren-Beratung kann mit po- sitiven Effekten wie Bestätigung, Unterstützung und Verständnis einhergehen, birgt aber auch die Gefahr, dass Teilnehmende nicht verstanden werden, ignoriert oder gar stigmatisiert Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 12 werden. Hinzu kommt, dass dies oft durch eine unbekannte, meist hohe Zahl an Teilnehmer*in- nen verstärkt wird (vgl. Brunner/Engelhardt/Heider 2009: 82f.). Im Rahmen dieser Arbeit wird im Hinblick auf den Bezug und die Relevanz zum Vertiefungs- thema der Video-Beratung nicht weiter auf die spezifischen Anforderungen einer Chat- und Foren-Beratung eingegangen. Neben den E-Mail-, Chat- und Foren-Beratungen wurden mit den internetbasierten Möglich- keiten weitere Tools (Messenger) für die Beratung ausdifferenziert. So finden sich je nach Zielgruppen verschiedenste Einsatzmöglichkeiten (vgl. Engelhardt 2018: 66). Die Präferenz des Medienmittels hängt dabei von den individuellen Bedürfnissen der Nutzer*innen ab (vgl. Döring/Eichenberg 2013: 1595). Zusätzlich ist die „Funktion des Internets von den Aufmerk- samkeits- und Navigationsentscheidungen der Nutzer/-innen abhängig“ und wird daher als Pull-Medium bezeichnet (Helbig 2014: 28). 4.2 Niederschwelligkeit Die unterschiedlichen medialen Zugänge in der Online-Beratung werden besonders mit der Niederschwelligkeit anhand der Anonymität sowie der Flexibilität charakterisiert (vgl. Engel- hardt 2018: 128). Die steigende Anzahl an vielfältigen zielgruppenspezifischen Angeboten im Internet zielt darauf, Barrieren für Klient*innen abzubauen. Dennoch kann Niederschwelligkeit mehrdimensional betrachtet werden. Mediale Kommunikationskanäle zeichnen sich durch er- leichterten Zugang aus. Für die Adressat*innen bedeutet dies eine Entlastung bei der Inan- spruchnahme eines Beratungsangebotes (vgl. Salathe 2019: 28f.). Dabei fällt es introvertierten Menschen, die schambesetzte Themen besprechen möchten, oft leichter sich über das Inter- net Rat zu holen, als eine klassische Beratung in Anspruch zu nehmen. Des Weiteren wirkt sich die Flexibilität der Inanspruchnahme und die fehlende Notwendigkeit zur physischen An- wesenheit, sowie die Ersparnis der Anreisekosten positiv aus (vgl. Gehrmann 2014: 67f.). Hin- tenberger und Kühne (2011: 114) fügen hinzu, dass die Nutzer*innen autonome, und anonyme Beziehungsgestaltung, sowie „die Kontrolle über Nähe und Distanz“ attraktiv finden. Reindl hingegen betrachtet die soziale, digitale Ungleichheit, die sich in der Nutzung, im Zu- gang zum Internet und in den Nutzungskompetenzen ausdrückt und sich auch in der virtuellen Welt herausdifferenziert. Die Online-Beratungsangebote, deren Positivität dazu beisteuert Barrieren abzubauen und Nutzer*innen einen niederschwelligen Zugang in einer technisierten und computergesteuerten Lebenswelt zur Verfügung zu stellen, produziert zeitgleich Exklusion anstatt Inklusion (vgl. Reindl 2009: 11ff.). Die aktuellen Zahlen der deutschen Studie Initia- tiveD21 weisen darauf hin, dass 79 % einen Zugang zum Internet haben (vgl. InitiativeD21 2016: 11). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 13 Außerdem verdeutlicht die Studie InitiativeD21 (2016: 28f.) unterschiedliche Nutzer*innen. Die „digital außenstehende(n) Nutzertypen (26%)“ weisen folgende bestimmte Merkmal auf: • Durchschnittsalter 66 Jahre • Eher weiblich (62 Prozent) • Geringe formale Bildung • Großteils nicht berufstätig (87 Prozent) • Unterdurchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen • Lebt hauptsächlich in Ein- und Zwei-Personenhaushalten „Digital mithaltende Nutzertypen“ (43%) weisen dabei Merkmale auf wie: • Durchschnittsalter 37 Jahre und 47 Jahre • Leicht erhöhten bis vorwiegenden Anteil an Frauen • Geringe bis mittlere formale Bildung • Nicht berufstätig (60) - Zu Zwei Drittel berufstätig (66%) • Durchschnittliches Haushaltseinkommen • Lebt hauptsächlich in Zwei- bis Vier-Personenhaushalten Die Gruppe mit niederer Schulbildung nutzen zu 39% das Internet. In den vergangen Jahren stiegen bei der Nutzung und den Zugangsmöglichkeiten zum Internet die Zahlen an. Die Inter- net-Nutzung stieg von 2001 bis 2016 von 37% auf 79 % an (vgl. ebd.: 54f.). Aus der Studie wird ersichtlich, dass sich die Kompetenzen und Fähigkeiten bei der Nutzung des Internets in Anlehnung an die Schulbildung und die Berufstätigkeit stark unterscheiden (vgl. InitiativeD21 2016: 26f.). Eichenberg und Aden (vgl. 2015: 53,56) gehen davon aus, dass das Internet he- terogene Zielgruppen dazu befähigt einen Beratungsprozess zu initiieren, deren Zugang durch verschiedenste Merkmale, wie Scham, Stigmatisierung und Anreisebedingungen, erschwert sind. Aus ihrer Studie über E-Mail-Beratungen geht hervor, dass die Nutzer*innen überwie- gend weibliches Klientel mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren und höherer Bildung sind. Nebst der Bildung können kognitive und sprachliche Ausdrucksschwierigkeiten dazu führen, die oben erwähnten, textbasierten Online-Beratungsangebote nicht in Anspruch nehmen zu können (vgl. Engelhardt/Gerner 2017: 26). Von den Nutzer*innen wird eine gewisse Medien- kompetenz, unter Einbezug der Beziehungsprozesse und Kommunikationsweisen in der Handhabung der Neuen Medien verlangt, die sie durch die schnellen sowie kontinuierlichen technischen Entwicklungen und den eventuell niederen Bildungsstand nicht bieten können (vgl. Wenzel 2018: 34). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 14 Unter der Bezugnahme der Lebensweltorientierung nach Hans Thiersch (→Kapitel 3) und dem Fokus auf der Erschaffung von Zugängen und dem Abbau von sozialen Ungleichheiten, wird die Perspektive von Kutscher herangezogen. Diese legt bei der Gestaltung der Teilhabechan- cen für die Adressat*innen der Sozialen Arbeit „die Reproduktion von Ungleichheit innerhalb der Mediennutzung als eine weitere Herausforderung für zielgruppenspezifische Angebote und eine ungleichheitssensible Gestaltung von Beteiligungs- wie Beratungsangeboten über digitale Medien“ dar (Kutscher 2014: 40). Obwohl sich Online-Beratungsangebote für soziale und ökonomisch schwache Schichten im Internet vorfinden, haben gerade diese Adressa- ten*innen „die in einem besonderen Maß auf soziale Hilfe und Beratung angewiesen sind“ (Gehrmann 2009: 13), anhand der deutschen Studie der InitativeD21 am wenigsten Zugangs- möglichkeiten und Fähigkeiten diese Medien und Medienkanäle zu nutzen (vgl. InitiativeD21 2016, vgl. Kutscher 2019: 31). Wenzel unterstreicht ebenfalls die entstehende Ausgrenzung die in Zeiten von geringen Bewältigungsmöglichkeiten und Orientierungslosigkeit, wie in akuten Krisen, entstehen kann. Wollen Ratsuchende zu einem bestimmten, prekären Zeit- punkt ein Angebot in Anspruch nehmen, kann aus der Unübersichtlichkeit oder Einseitigkeit der Angebote eine Erhöhung anstelle einer Senkung der Barrieren resultieren (vgl. Wenzel 2013: 222). Darüber hinaus generiert nicht ein alleiniger zielgruppenspezifischer Online-Zu- gang die Niederschwelligkeit, sondern die Mannigfaltigkeit der Zugänge eines Anbieters stellt die Niederschwelligkeit und die Barrierefreiheit dar (vgl. Wenzel 2018: 53). Laut Sauerbrey und Vollmer (2019: 156) weist der aktuelle Forschungsstand darauf, „dass (bisher) keine Bera- tungsform angeboten werden, die eine visuelle Datenübertragung vorsehen und dies spiegelt (…) das Gesamtangebot digitaler Beratung in der Sozialen Arbeit wider“. 4.3 Strukturmerkmale und Rahmenbedingungen der synchronen psychosozialen Beratung per Video Laut Kreidenweis (vgl. 2019: 6f.) zeigt sich der digitale Wandel ebenso in den Organisationen, die Unterstützungen in unterschiedlichsten Formen für Klient*innen der Sozialen Arbeit bereit- stellen. Nicht allein die Organisationen, Träger und Fachpersonen der Sozialen Arbeit müssen entscheiden, ob sie sich der Digitalisierung anschließen, sondern die Adressaten*innen wer- den über die Wahl von passgenauen attraktiven Hilfeangebote entscheiden. Haben die Organisationen eine gute Einschätzung, um den Nutzer*innen ein passge- naues Angebot und Konzept anzubieten, gehört die Fort- und Weiterbildung der Berater*innen zu den Grundlagen ein Online-Beratungsangebot überhaupt durchführen zu können. Deswei- tern müssen Online-Beratungen aus datenschutzrechtlichen Gründen webbasiert erfolgen. Das heißt für die Organisation ein auf dem Markt verfügbares webbasiertes Beratungstool zu implementieren, das den hohen Sicherheitsstandards gerecht wird (vgl. Engelhardt/Reindl/ Storch 2014: 290) und je nach Einsatzmöglichkeit zu unterschiedlichen Anschaffungs- und Bereitstellungskosten führt (vgl. Berant/Zoom/adobeconnect). Je nach Gösse der Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 15 Organisationen sind die finanziellen Aufwände, um die Anforderungen der hohen technischen Ausstattung und der Gewährleistung des Datenschutzes sicherzustellen, nicht zu leisten (vgl. Wenzel 2018: 67). Besonders bei einer synchronen Video-Beratung beinhaltet dies grundle- gend ausreichend Server und Rechner sowie eine leistungsstarke Internetverbindung zur Ver- fügung zu stellen (vgl. Gekeler 2017: 79, vgl. Reindl 2015: 60). Für das Gestalten des Settings und einer ruhigen Arbeitsumgebung von Seiten der Berater*innen sind zusätzlich diverse or- ganisatorische Voraussetzungen zu bedenken (→Kapitel 5.3). Rahmenbedingungen wie „Ter- min und Dauer, Zugangsdaten für die Einwahl, technische Voraussetzungen, Verhalten bei technischen Schwierigkeiten, telefonische Kontaktdaten der Berater*innen“ müssen zuvor be- dacht und den Klient*innen übermittelt werden (Engelhardt 2018: 122f.). Es unterliegt der Or- ganisation die zentralen Rahmenbedingungen zu definieren und den Klient*innen und Bera- ter*innen transparent bereitzustellen (vgl. Döring/Eichenberg 2013: 1597). Neben den materi- ellen und technischen Ressourcen müssen je nach Organisation und zielgruppenspezifischem Angebot dementsprechend fachliche, also personelle Ressourcen zur Verfügung stehen (vgl. Reindl 2015: 60). Dabei bestimmen die jeweiligen verfügbaren Ressourcen der Beratungs- stelle die Rahmenbedingungen (vgl. Döring/Eichenberg 2013: 1597). 4.4 Vor- und Nachteile der synchronen Video-Beratung Die synchrone Video-Beratung kann bei der Gestaltung eines flächendeckenden Angebotes in Zeiten des demographischen Wandels, der Stadtflucht, der Bedingung, dass kaum mehr medizinische oder psychosoziale Angebote auf dem Land vorhanden sind, vorteilhaft sein (vgl. Justen-Horsten/Paschen 2016: 45ff.). Engelhardt (vgl. 2018: 120-124) resümiert, dass die Ortsunabhängigkeit alle Distance-Counseling-Angebote betrifft, speziell die Video-Beratung dennoch spezifische Vorteile mit sich bringt. Während die Online-Beratungen im dargelegten Sinne (→Kapitel 2.2 und 4.1) vor allem auf textbasierte Kommunikation stoßen und die Ver- mittlung der Körpersignale nicht gegeben ist, sieht Engelhardt die Möglichkeit der Übermittlung von Körpersignalen wie Mimik und Gestik sowie die Übertragung von Kontextinformationen über das Medium Video als wesentlichen Vorteil. Zugleich kann „soziale Nähe durch Teleprä- senz“ geschaffen werden (ebd.). Ferner werden im direkten synchronen Austausch Kommu- nikationspausen in der Interaktion ersichtlich. Hinzu kommt die Möglichkeit einer schnelleren Interaktion und Reaktion auf Gesprochenes, wobei beides dazu dienen kann Interpretations- fehler zu minimieren. Zeitgleich besteht die Möglichkeit die Gespräche für Dokumentations- nachweise oder Qualitätssicherung aufzuzeichnen. Der reale Einblick aus der Perspektive der Beratenden in die Lebenswelt der Ratsuchenden wird positiv gedeutet. Die Möglichkeit für die Ratsuchenden, nur einen bestimmten Ausschnitt von sich Preis zu geben und bei psychischen Einschränkungen im direkten Kontakt ein ähnliches Beratungsgespräch wie im direkten Kon- takt zu führen, deuten auf weitere Vorteile einer synchronen Video-Beratung. Ebenso wird Sprechen als zeitlicher Vorteilsfaktor gesehen. Denn eine differenzierte Diskussion stellt für Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 16 die Verschriftlichung bei textbasierten Online-Beratungsangeboten einen höheren zeitlichen Aufwand für die Ratgebenden und Ratsuchenden dar (vgl. Wenzel 2013: 157). Als Nachteil werden die hohen Anforderungen an die technische Ausstattung sowie deren Be- dienung durch die Professionellen gesehen, die besonders bei der Vorbereitung und Handha- bung in einem kurzen Austausch ins Gewicht fallen. Wird die Übertragung von Körpersignalen als Vorteil betrachtet, fällt der eventuell fehlende Augenkontakt als wesentlicher Nachteil auf. Eine gewisse Irritation entsteht dadurch, dass durch das Ausrichten der Kamera, die Teilneh- mer*innen meist nicht in dieselbe Richtung blicken. Hinzu kann ein langes Fixieren des Com- puterbildschirm zur Ermüdung und zu kognitiver Anstrengung führen und die Betrachtung des eigenen Videobildes als unangenehm empfunden werden. Vor allem diese Nachteile weisen darauf hin, dass der begrenzte Realitätsausschnitt und die vermindert übertragenen Kontex- tinformationen erhöhte Anforderungen darstellen (vgl. Engelhardt 2018: 20-24). Werden die Vor- und Nachteile im Verhältnis betrachtet kann konstatiert werden, dass die Video-Beratung eine weitere attraktive und kreative, visuelle, digitale Beratungsalternative darstellt, die für be- stimmte Nutzer*innen, Tätigkeits- und Themenfelder relevant sein wird, wenn die dafür benö- tigten Rahmenbedingungen und Voraussetzungen bei der Organisation gegeben sind (vgl. Engelhardt 2018: 124f.). Unter den Begriff der Online-Beratung fallen demzufolge unterschiedliche Medien und Medi- entypen, die sich längst in der professionellen, psychosozialen Beratung etabliert haben. Die Niederschwelligkeit impliziert die Unabhängigkeit von Ort und Zeit, Flexibilität sowie die Ano- nymität und bilden die zentralen Merkmale, die sich unter den Begriff der Online-Beratung subsumieren lassen. Wie im Kapitel 4 dargelegt, können die methodischen Ansätze und die fachlichen Kompetenzen für eine face-to-face- Beratungskommunikation nicht direkt in eine synchrone, internetbasierte Beratungsinteraktion und -kommunikation transferiert werden. Da in der Literatur keine spezifischen Kompetenzen für Beratende in einer synchronen Video- Beratung aufzufinden sind, werden die dafür notwendigen fachlichen Kompetenzen im folgen- den Kapitel von den generellen Online-Beratungskompetenzen abgeleitet und vertieft beleuch- tet. Zuerst wird in Kürze auf die generellen Beratungskompetenzen sowie auf die allgemeinen fachlichen Kompetenzen einer Online-Beratung eingegangen, um anschließend die spezifi- schen fachlichen Kompetenzen für eine synchrone Video-Beratung zu verdeutlichen. Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 17 5 Fachliche Kompetenzen für eine synchrone psychosozi- ale Online-Beratung per Video Die Digitalisierung entfacht Faszination und Ängste zugleich. Trotz der mit digitalen Medien verknüpften Risiken sprechen die Chancen und ihre Effektivität doch für deren Einsatz (vgl. Caritas 2019: 15). Die Angst, die mit der Digitalisierung und dem technologischen Wandel verbunden ist, lässt darauf schließen, dass Professionelle in der Sozialen Arbeit die Befürch- tung haben, ersetzt zu werden (vgl. Wenzel 2013: 144). Eine Studie der Arbeitsmarkt- und Bildungsforschung des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) hält dagegen. Für Soziale Berufe fällt das Risiko eher gering aus (vgl. SECO 2017: 20). Das Bewusstsein für den Wandel und seine große Bedeutung sowie die Integration der neuen Entwicklungen in den professionellen Arbeitsalltag, werden als relevante Bewertungskriterien für professionelle Fachkräfte gedeutet. Fachkräfte müssen über die bisherigen Kompetenzen hinaus neue und andere Kompetenzen einsetzen, um die Neuen Medien gezielt und zweckdienlich einsetzen zu können (vgl. SECO 2017: 28). Unterschiedliche Autoren (vgl. Gehrmann 2014: 76, vgl. Stüwe/Ermel 2019: 86, vgl. Wenzel 2013: 213) verweisen darauf, dass die Vertreter der Ge- neration digital nativ mit dem Internet und den Neuen Medien aufwachsen und zukünftig zwei- fellos persönliche Medienkompetenzen aufweisen. Demgegenüber weist die Studie des Deut- schen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVIS) darauf, dass sich selbst Ju- gendliche den Umgang und die Nutzung der Neuen Medien aktiv erschließen müssen (vgl. DIVIS 2018: 29). Gleichwohl wird sich die Online-Beratung an das veränderte Nutzerverhalten der digital natives anpassen müssen (vgl. Gehrmann 2014: 76). 5.1 Beratungskompetenzen Laut Weinhardt (2014: 216) wird psychosoziale Beratung definiert „als komplexe, generalisier- bare Handlungsform“. Für eine professionelle Beratung werden bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten von den Berater*innen vorausgesetzt, die den biographisch-informellen Kontext, die Wertehaltung, die motivationale Orientierung sowie die Fähigkeit zur Selbstregulation ein- schließt. Die feldspezifischen, methodischen und diagnostischen Wissensaspekte konkretisie- ren sich simultan in der institutionalisierten Bildung. Ebenso das routinierte Können in der Pra- xis, mit den zeitlichen, sozialen und sachlichen Kompetenzen. Zusammengeführt bilden sie die professionellen Handlungskompetenzen (vgl. ebd.). Aufbauend auf den professionellen Handlungskompetenzen müssen Professionelle grundlegende Beratungskompetenzen und Qualifikationen haben, um diese in die internetgestützte Beratungswelt transferieren zu kön- nen (vgl. Reindl 2015: 60). Für Berater*innen der Sozialen Arbeit legt Albrecht (vgl. 2017: 49) beratungsrelevante Handlungskompetenzen dar, die die persönliche Haltung, Fachwissen und feldspezifische Methoden einschließen. Nach Albrecht (2017: 47). verweisen abgesehen von den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Berater*innen weitere Faktoren auf die Wirksamkeit der Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 18 Beratung: „angewendete Methoden und Verfahren (15 %), therapeutische Beziehung (30 %), Placeboeffekte, z. B. Kompetenzzuschreibungen seitens des Klienten gegenüber dem Berater (15 %) und extratherapeutische Faktoren, die dem Klienten selbst und seinem sozialen Umfeld zugeordnet werden, z. B. Veränderungswunsch, Familie, Arbeit, Jogginggruppe (40 %)“. 5.1.1 Computervermittelte Kommunikation Dass computervermittelte Kommunikation gerade in der Beratung auf spezifische Vor- und Nachteile trifft, wird in Kapitel 4 deutlich. Eichenberg und Hübner (vgl. 2018: 288) belegen die Besonderheit der Nähe- und Distanz-Verhältnisse in der Onlinekommunikation, die durch den Wegfall der physischen, visuellen Präsenz entstehen. Daraus bilden sich im Online-Setting erhöhte „Regressions-, Übertragungs- und Widerstandsphänomene“. (ebd.) Die Entstehung einer Idealisierung des Gegenübers sowie die verstärkten Übertragungen und Gegenübertra- gungen können positiv genutzt werden. Vor allem führt der disinhibition effect, das bedeutet eine „Reduktion von sozialen Hemmungen“, oft zur schnelleren Preisgabe von intimen, heiklen Informationen (ebd.). Wenngleich die Kanalreduktion eine Sinneswahrnehmungseingrenzung generiert, wird durch die Eingrenzung von Akustik und Visualität die persönliche Vorstellungskraft angeregt und „führt zu dem paradoxen Effekt einer Empfindungssteigerung durch Sinneskanalreduktion“ (Hintenberger/Kühne 2011: 114). Anhand der vielfältigen Online-Angebote, deren hohen Nut- zerzahlen und empirische Wirksamkeitsstudien belegten, dass die bekannte Theorie der Ka- nalreduktion nicht mehr als Defizit angesehen werden kann (vgl. Wenzel 2018: 43). Obgleich bei einer Video-Beratung bereits einige Kontextinformationen mitübertragen werden, „muss den Beratenden bewusst sein, dass ihnen nur ein Ausschnitt übermittelt wird und ggf. gewisse Kontextinformationen (z.b. (sic!) verkrampfte Hände, unruhiges Fußwippen)“ nicht übermittelt werden (Engelhardt 2018: 123f.). Die Erhebung von Reisinger bestätigt das Auftreten der Ka- nalreduktion in der Beratung per synchroner Video-Kommunikation. Trotz der Visualisierung des Gesichtes wurde ersichtlich, dass während der Interaktion bestimmte Informationen nur teilweise übertragen und „viele Nuancen der Stimmungsveränderung, der Hautrötung, der kör- perlichen Ruhe oder Unruhe nur eingeschränkt“ wahrgenommen wurden (Reisinger 2011: 67). Wenngleich die Erhebungen von Reisinger die Kanalreduktion bestätigt, kann eine synchrone Video-Beratung gegenüber anderen Online-Beratungsvarianten besser dazu beitragen, dass Beratende Hinweisreize herausfiltern und Mimik und Gestik im direkten Kontakt interpretieren können (vgl. Engelhardt 2018: 121). Wenn davon ausgegangen wird, dass Beratung ein komplexer Kommunikationsprozess ist, bei dem es wichtig ist, Ambiguität zu reduzieren und zu einer gemeinsamen Deutung einer Situation zu gelangen, dann müsste anzunehmen sein, dass dieser Prozess am ef- fektivsten durch ein synchrones, reichhaltiges Medium, wie dem Videokanal unterstützt würde. (Engelhardt/Gerner 2017: 25) Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 19 5.1.2 Online-Beratungskompetenzen Die Deutsche Gesellschaft für Online-Beratungen (DGOB) definiert und betrachtet Online-Be- ratung als ein Setting, denn in den unterschiedlichsten Settings werde mit den unterschied- lichsten Methoden gearbeitet (vgl. DGOB 2009: o. S.). Bei den Beratenden wird ein humanis- tisches Beratungsverständnis vorausgesetzt, das mit der lebensweltorientierter Haltung von Thiersch einhergeht (vgl. Kapitel 3.3) und die Wertschätzung, Vertrauen, Respekt und eine lösungsorientierte Haltung mit dem Blick auf den Ratsuchenden als Experten impliziert (vgl. DGOB 2009: o. S.). Verschiedenste Aus- und Weiterbildungen generieren berufsspezifisches Wissen, um auf den grundlegenden Beratungskompetenzen, Zusatzqualifikationen für die On- line-Beratung zu entwickeln (vgl. Eichenberg/Kühne 2014: 198). Folgende Kompetenzen werden in den Richtlinien für die Anerkennung zur Online-Beratung festgehalten: Selbstreflektierende und theoretische Skills Selbsterfahrung in face-to-face und Medien-basierter Beratung. Kenntnis theoretischer Konzepte Medien-basierter Beratung Psychologische und kommunikative Skills Verweisungs-Kompetenz, Lesekompetenz, Sprachkompetenz, Beziehungsgestaltung. Auftragsklärung und Contracting. Lösungs- und Ressourcenorientierung. Kontextanalyse und Kontextsensibilität. Übertragung, Fähigkeit, Übertragungsphänomene zu erkennen und konstruktiv mit ihnen umzugehen. Transfer, Fähigkeit, das Wissen über (psychologische)Beratung in den virtuellen Raum zu übertragen. Technische Kompetenzen Aktuelles Basiswissen über EDV, Hard- und Software. Vertieftes Anwenderwisse über das Internet und aktuelle mediale Kommunikationsformen (E-Mail, Chat, Foren, SMS etc.). Datenschutz- und Sicherheitskompetenzen Datenschutzkompetenz im Sinne einer Kenntnis der geltenden Datenschutznormen und in Bezug auf die technischen Grundlagen der Online-Beratung, um dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gerecht werden zu können. Vertieftes Anwendungswissen zur Beurteilung und Gewährleistung angemessener Maßnahmen betreffend Datensicherheit, insbesondere der Datenübertragung. (Verschlüsselung, Virenschutz) und der Datenaufbewahrung (Schutz des Computers vor fremdem Zugriff durch Firewalls und Passwort). (DGOB 2009: o. S.) Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 20 5.1.3 Technische Kompetenzen Laut Helbig benötigen Professionelle zudem eine Medienkompetenz, um die Adressat*innen überhaupt in ihren Lebenswelten zu erreichen und „bei dem Ziel eines gelingernderen Alltags unterstützen und fördern zu können“ (Helbig 2014: 105). Außerdem ergänzen Neue Medien den persönlichen Kontakt im Beratungsalltag (vgl. Wenzel 2013: 144). Der Einsatz der digita- len Medien wirkt sich überdies innerhalb der Professionellen positiv auf die in der Beratung wichtige Vernetzungsarbeit aus (vgl. ebd.: 151). Diesbezüglich wird eine beidseitige (von den Adressat*innen und den Berater*innen) Medienkompetenz benötigt, um zeitgleich mit den ra- santen Entwicklungen mithalten zu können (vgl. ebd.: 61). Stüwe und Ermel (vgl. 2019: 86f.) gehen davon aus, dass allein der Umgang und die Nutzung, die eine aktive Handhabung der digitalen Medien und dem Internet impliziert, dazu führt, dass sich die Rezipient*innen die dafür technischen und notwendigen Nutzungs- und Anwendungskompetenzen erwerben. Obwohl der Einstieg ins Internet als einfach deklariert wird und mit einem Mausklick vollzogen werden kann, müssen innerhalb des Internet kom- plexe computertechnische Anwendungskompetenzen genutzt werden. Im Hinblick darauf kommt der Begriff der Medienkompetenz erneut auf, dieser wird differenziert verwendet und „umfasst zunächst das Wissen über Medien und die Fähigkeit vielfältige Medien selbständig kompetent zu bedienen. Das schließt neben einem technischen Know-how auch die Fähigkeit ein, Medienangebote selektiv und bedürfnisorientiert nutzen zu können“ (ebd.: 88). Diese Fä- higkeit beinhaltet darüber hinaus eine kreative Nutzung des Mediums und eine kritische Re- flexion der vorhandenen Medien und der „damit verbundenen Medienangebote“ (ebd.). Ferner wird eine digitale Rollenkompetenz von den Professionellen erwartet, um eine ausgewogene Nähe- und Distanz-Beziehung zu wahren sowie professionell und verantwortungsbewusst in den digitalen Medien zu agieren (vgl. ebd.: 97). 5.2 Methodisches Wissen Eine Kernfrage an die Forschung lautet inwieweit „bestehende methodische Konzepte der Be- ratung und Therapie für die digitalen Medien adaptiert werden“ können (Eichenberg/Kühne 2014: 214). Dies induziert die Frage, inwiefern die für die Soziale Arbeit häufig und zentral genutzten Gesprächsführungstheorien und Beratungskonzepte identisch in den virtuellen Be- ratungsraum, mittels synchroner Video-Kommunikation, transportiert werden können. In Be- zug auf die vorhandene Angebotsstruktur lässt sich davon ausgehen, dass „die jeweiligen ziel- gruppenadäquaten Methoden und Techniken eher eklektizistisch angepasst“ werden (Reindl 2018: 18). Spezifisch für die Video-Beratung finden sich in der aktuellen Ausgabe von Engel- hardt 2018 keine methodischen Vorgaben. Die Frage nach methodischen Transfers von Off- line- in Online-Konzepte und Interventionen, kann anhand der Aussagen von Engelhardt nicht abschließend beantwortet werden (vgl. Engelhardt 2018: 125). Reindl hingegen resümiert, dass sich unterschiedlichste, vor allem zielgruppenspezifische Methoden bereits etabliert Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 21 haben. Grundsätzlich lösungsorientierte, motivierende und klientenzentrierte Beratungsme- thoden haben sich in den Online-Settings bewährt, die von einem humanistischen und kon- struktivistischen Menschenbild ausgehen und sich mit den dialogischen, konfrontativen Tech- niken etc. zielgruppenspezifisch ausdifferenziert haben (vgl. Reindl 2018: 18). In Anbetracht dessen, dass die etablierten Methoden nicht einfach in den virtuellen Raum übertragen werden können und noch nicht für alle Medienkanäle eine verfügbare, angepasste, theoretische Alternative empirisch belegt und veröffentlich wurde, kann die Aussage von Ro- eske herangezogen werden. Roeske erkennt einen Nachholbedarf an generalistischem Basis- wissen sowie die Bedeutung von digitalen Lebenswelten und verdeutlicht die Sensibilisierung und Offenheit von Fachkräften. Ebenso diskutiert Roeske die Abgrenzung der digitalen Ein- flussgröße von der methodischen Ebene kritisch, da sich die Digitalisierung auf Rahmenbe- dingungen sowie auf Fachlichkeit auswirken und diese verändern wird (vgl. Roeske 2018: 18ff.). Unabhängig von allen methodischen Diskussionen bestätigen viele Autoren*innen und Theoretiker*innen, dass die Beratungsbeziehung die durch die Haltung der Berater*innen ge- prägt ist, ausschlaggebend für die Wirksamkeit und das Gelingen einer Beratung und Bera- tungsintervention ist (vgl. Albrecht 2017: 48). Die Methoden dürfen nicht losgelöst von der Haltung betrachtet werden, ansonsten wird deren Wirksamkeit verfehlt und Interventionen kön- nen als unauthentisch empfunden werden (vgl. ebd.: 56). 5.2.1 Sprachliche Kompetenzen Im Hinblick darauf, dass Kommunikation und Interaktion zwischen Subjekten auf der Basis von „wechselseitiger, intentionaler Verständigung und Beeinflussung über Sinn mithilfe symboli- scher Zeichen wie Sprache oder nonverbaler Signale“ stattfindet (Widulle 2012: 23), scheint es in der computervermittelten Kommunikation eher schwierig, die situative Emotionalität her- auszufiltern (vgl. Hintenberger/Kühne 2011: 115). Bei einem Vergleich der visuellen Gegeben- heiten in einem konventionellen Beratungsgespräch Setting und einer Video-Beratung wird deutlich, dass je nach Sitz oder Blickrichtung der Klient*innen und Berater*innen in beiden Settings eine inkonstante visuelle Unmittelbarkeit vorhanden sein kann. In diesen Fällen ver- läuft die Kommunikation über andere Wahrnehmungskanäle. In Bezug darauf kommen die Primärmedien verstärkt zum Vorschein und die Sinneswahrnehmungskanäle der Stimme und des Hörens treten hervor (vgl. Wenzel 2013: 63). Des Weiteren sind bei dem Gebrauch von Sprache die unterschiedlichen bildungs-, berufs-, geschlechterspezifischen sowie kulturell- und herkunftsbedingten Differenzen zu bedenken und mit einzubeziehen (vgl. Knatz/Schuma- cher 2019: 3). Eine besondere Eigenschaft von gesprochener Sprache ist, dass sie sich durch Nähe und Vertrautheit auszeichnet (vgl. Engelhardt 2018: 52). Ebenso stellen das „linguisti- sche Verhalten (Wortwahl und Satzkombination) sowie das paralinguistische Verhalten (Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, Klang etc.)“ generelle Kommunikationskomponenten dar (Geißler 2018: 48). Die Stimme und deren Qualität fördert und spiegelt emotionales Erleben Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 22 (vgl. Knatz/Schumacher 2019: 2, vgl. Wenzel 2013: 63) und „kann durch die Modulation der Töne ebenfalls Nonverbales ausdrücken“ (Wenzel 2013: 231). Knatz und Schumacher be- trachten die Besonderheiten, die bei einem fernmündlichen Dialog der Stimme zukommen. Diese Besonderheiten treten bei allen Interaktionen auf bei denen nonverbale Hinweisreize nicht vorhanden sind (vgl. Knatz/Schumacher 2019: 6). Dadurch werden „paraverbale Infor- mationen, wie Stimme, Stimmlage, Intonation, Atmung, Prosodie (Melodie, Rhythmus, Pau- sen) intensiver wahrgenommen“. (ebd.) Professionelle können „mit den eigenen Worten und mit der Modulation ihrer Stimme eine intensive Nähe herstellen“. (Belzner 2012: 36) Gespro- chene synchrone Sprache findet dialogisch statt und impliziert, dass das Gesagte nicht ge- löscht werden kann (vgl. Engelhardt 2018: 52). In Anbetracht dessen verlangt es von den Be- rater*innen nebst einem bedachten Umgang mit den eigenen Worten, sich der Wirkung über Untertöne und stimmlich bedingte Metabotschaften bewusst zu sein. Darüber hinaus müssen Berater*innen sich verbal an die gegenüberliegende Person anpassen. Dann kann Sprache und Stimme ein wirksames Instrument in der Beratung in der andere Sinneskanäle reduziert sind, sein (vgl. Belzner 2012: 36). 5.2.2 Zuhör-Kompetenzen Qualifizierte Zuhörer erkennen zudem an den Feinabstimmungen der Artikulation der Ratsu- chenden gegebenenfalls inkongruente Wahrnehmungen zwischen Stimme und Gefühlslagen (vgl. Knatz/Schumacher: 6f.). Laut Knatz und Schumacher (2019: 10) ist Zuhören „die Voraus- setzung dafür, Lebenswelten wahrzunehmen, sie zu erschließen, sie zu begreifen und in In- teraktion zu gehen“. Zuhören gilt zudem als entscheidender Faktor, um dem Ratsuchenden Respekt und Anerkennung entgegenzubringen und bei der Bewältigung seiner Emotionen zu unterstützen. Darüber hinaus trägt Zuhören durch die Kennzeichnung von Aufmerksamkeit und Interesse zur Beziehungsgestaltung bei (vgl. ebd.). Dies setzt vom Zuhörenden eine ge- wisse Sensibilität voraus. Die Autoren verweisen auf die sechs Zuhör-Eigenschaften, die im Rahmen „des europäischen „EmPoWE-ring-Projekts“ (Pädagogischer Weg für emotionales Wohlbefinden) erforscht“ wurden (ebd.: 11). Diese schließen die Empathiefähigkeit, eine „emo- tionale Stabilität“ der Professionellen, „aktives Zuhören, Respekt, Gesprächsführung“ als Pro- zesssteuerung sowie eine ressourcenaktivierende Haltungs- und Arbeitsweise ein (ebd.). 5.3 Beziehungsgestaltung Ein zentraler Aspekt für den Erfolg eines Beratungsprozesses bei der psychosozialen Bera- tung ist „die Beziehung zwischen Klient*innen und Berater*innen“ (vgl. Brunner 2017: 23, vgl. Gemende 2014: 134, vgl. Wenzel 2013: 69). Duden online definiert Beziehung als „Verbin- dung, Kontakt zwischen Einzelnen (…), als wechselseitiges Verhältnis“. (Duden online 2019: o. S.) Aus soziologischer Sicht bedeuten Beziehungen eine zwischenmenschliche Interaktion. Für die professionelle Beziehung stehen vor allem die Rolle sowie die persönliche Beziehung Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 23 im Fokus. In Anbetracht der Vereinigung beider Beziehungstypen in den sozialen Berufen. Die Beratungsqualität wird definiert anhand einer professionellen Beziehung, die auf vorgegebe- nen, strukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen basiert und eine gewisse Distanz schafft sowie einer persönlichen Beziehung die durch Wärme, Empathie, Akzeptanz, Authen- tizität und Kongruenz hergestellt wird (vgl. Gemende 2014: 131ff.). Die Regulation dieser bei- den Beziehungsebenen zu den Ratsuchenden bedeutet die Kompetenz der Nähe-Distanz Re- gulation, der in der Beratung eine wichtige Funktion zukommt (vgl. Schrödter 2007: 455). Da- bei stellen „Zuverlässigkeit, Halt und Orientierung wichtige Elemente in der beraterischen Be- ziehung“ dar (ebd.: 460). Unterschiedliche Ansätze und Theorien bilden den Ausgangspunkt guter Arbeitsbeziehungen (vgl. Kitze 2019: 148). Brunner verweist bei der Online-Beziehungsgestaltung vor allem auf die Fertigkeiten Gefühle zu vermitteln und auszudrücken sowie Vertrauen und Verbindlichkeit herzustellen und zu för- dern (vgl. Brunner 2009: 41). Grundsätzlich ergeben sich in der Beratung durch vorgegebene Rollen, Räume sowie unterschiedliche Wissensbestände gewisse Asymmetrien (vgl. Nest- mann et. al. 2013: 1334f.). Besonders wichtig für die Entwicklung einer vertrauensvollen, ko- operativen und tragfähigen Beziehung ist die Fähigkeit zur Beziehungsgestaltung. Wie eine Fachkraft die Beziehung zu ihren Klienten gestaltet, wird von der Art und Weise ihrer Haltung geprägt (vgl. Albrecht 2017: 47). Die Beziehungsgestaltung findet bereits über die Primärme- dien statt und kann vor allem durch die Qualität und Modalität der Stimme und der Qualifikation eines guten Zuhörens beeinflusst werden (vgl. Belzner 2012: 36, vgl. Knatz 2019. 6). Bei einer computervermittelten Beratung wirkt zudem die Technik auf die Beziehungsgestaltung ein (vgl. Wenzel 2013: 69). Zeitgleich wirkt sich der Raum, in dem die Beratung stattfindet auf das Machtgefälle und die Beziehungsgestaltung aus. Ausgehend von der unmittelbaren face-to- face Beratung unterscheidet sich mediale Beratung, da Berater*innen und Klient*innen beide an einem vertrauten Ort aufhalten und vor einem vertrauten Endgerät positioniert sind (vgl. ebd.: 212). Stüwe und Ermel stellen unterschiedliche Einflussgössen vor, die die Beziehungs- gestaltung im Netz betreffen. Die Autoren verweisen darauf, dass im virtuellen Setting immer eine gewisse Distanz bestehen wird. Körperkontakte und Kleidung sowie die Anrede beein- flussen die Nähe-Distanz Ordnung. Obwohl die Kleidung von den Autoren als reflexionsbe- dürftig beurteilt wird (vgl. Stüwe/Ermel 2019: 83,) spielt sie laut Engelhardt und Gerner (vgl. 2017: 23) eine bedeutende Rolle in der Video-Beratung. Darüber hinaus stellen die individuel- len Eigenschaften und die Motivation der Professionellen, die generell in der Gestaltung einer professionellen Beziehung eine Rolle spielen, sowie die institutionellen Handlungsvorausset- zungen weitere Einflussgrößen dar (vgl. ebd.: 83). Die Beziehung über das Medium Video wird „anders“ empfunden, was nicht explizit als negativ oder positiv gedeutet wird, allerdings im Vergleich zum face-to-face Kontakt einen deutlichen Unterschied im emotionalen Erleben Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 24 auslöst. Gleichwohl kann eine tragfähige beraterische Beziehung aufgebaut werden (vgl. Reisinger 2001: 67). 5.4 Beratungsraum- und Setting Beratung findet an „unterschiedlichen Orten“ für verschiedenste Themenbereiche statt (Groß- maß 2013: 1510). Identifiziert als raum- und ortlos werden fachliche Diskussionen meist nicht in Verbindung mit den Settings, sondern auf der methodischen, technischen Ebene geführt. Die Qualität des Beratungsgespräches ist „ausschließlich an die individuelle Kompetenz der Berater*innen gebunden“ (ebd.). Allerdings müssen die räumlichen Besonderheiten in der On- line-Beratung beachtet werden (vgl. ebd.: 1512). Meist verschmelzen Berater*innen mit ihren professionellen Beratungsräumen, die sich anhand der spezifischen Signale, der Vertrautheit und Sicherheit in der Tätigkeitsrolle repräsentieren, wodurch das Aufsuchen eines fremden Beratungssettings für die Klient*innen besondere Herausforderungen darstellt. Den Bera- tungsprozess beeinflussen kann das Aufhalten der Klient*innen an den ihnen vertrauten Orten, indem sie ohne räumliche Unsicherheiten den Beratenden begegnen können. Hinzu kommt, dass die daraus generierte Vertrautheit zur Aufgeschlossenheit beitragen kann (vgl. ebd.: 1516). Folglich kommt der Gestaltung des Beratungsraumes eine essenzielle Funktion für die Wirkung sowie der Qualität der Beratung zu und sie „beschreibt die konkrete Ausstattung der Situation und (...) die übergreifenden personellen und materiellen Rahmenbedingungen“ (Wenzel 2013: 36). Besonders in der Video-Beratung gilt es den Arbeitsplatz hinter dem Bildschirmbereich, der von der Kamera eingefangen wird, angemessen zu gestalten. Dabei sollten vor allem die Wand an dieser der Bildschirm hin ausgerichtet ist, die Lichteinflüsse, gegebenenfalls die Möbel, Seriosität und Professionalität ausstrahlen (vgl. Justen-Horsten/Paschen 2016: 74). Die Bera- ter*innen sollten den für sie passenden Raum mit beratungsangemessener Umgebung, so wählen das „intensive gedankliche Prozesse einen angemessenen Rahmen haben“ (ebd.: 75). Dabei müssen die Schweigepflicht und der Datenschutzes gewahrt werden können und die technischen Möglichkeiten gegeben sein. Die Ausstattung und Gestaltung des Kameraaus- schnittes und des Raumes wirkt sich auf die persönliche Psychohygiene und die virtuelle Be- ziehungsgestaltung zum Ratsuchenden aus. Daraus wird ersichtlich, dass für eine erfolgreiche Beratung die ausführliche Vorbereitung des Settings notwendig wird (vgl. ebd.). Die vorberei- tenden Maßnahmen für eine Video-Beratung beinhalten die Herstellung eines ruhigen, ge- räuscharmen Arbeitsplatzes und einen reizarmen erfassten Kamerahintergrund. Außerdem stellt „eine gute Ausleuchtung des Gesichts, also Licht von vorne“ und die Platzierung der Kamera so, „dass die Blickrichtung der Augen und die Kamera auf einer Linie sind, um den Eindruck eines „Von-oben-Herabschauens“ bzw. „Von-unten-Hinaufschauens“ zu vermeiden“ Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 25 zentrale Aspekte dar. Zu beachten sind zudem „neutrale, reizarme Kleidung“ (Engelhardt/Ger- ner 2017: 23). Wenngleich dies für die Berater*innen eine erhöhte Aufmerksamkeit bei der Gestaltung des Kameraausschnittes bedeutet, können Klient*innen in ihren eigenen, vertrauten Räumlichkei- ten verbleiben und den Berater*innen nur einen Teileinblick in deren Privatsphäre gewähren. Der eingeschränkte Einblick in die Lebenswelt der Adressat*innen kann darüber hinaus das Entstehen von sozialen Vorurteilen minimieren (vgl. Geißler 2018: 53). Zeitgleich besteht bei der Video-Beratung die Möglichkeit, den Videokanal einseitig zu nutzen, wenn es für den Rat- suchenden angenehmer ist, das eigene Videobild nicht zu sehen und das Gespräch somit über den Audiokanal und den Videokanal der Berater*innen verläuft (vgl. Engelhardt/Gerner 2017: 20). Zuletzt ist das veränderte Verhalten der Nutzer*innen durch den Einzug des Internets und die Mediatisierung im Alltag, vor allem im Hinblick auf die Smartphone-Nutzung, zu bedenken. Deswegen muss sich Beratung losgelöst von den klassischen Beratungsräumen etablieren (vgl. Engelhardt/Storch 2013: 9). 5.4.1 Realitätsausschnitt Nach Engelhardt und Storch (vgl. 2013: 7) entsteht, die Frage nach den Inszenierungsoptionen die durch den eingegrenzten, dargebotenen Realitätsausschnitt realisierbar sind. Neben der bewussten Beeinflussung des Lichtes, einer bestimmten Gestaltung des Aussehens und durch das Nutzen und Beeinflussung der Körperhaltung für eine bestimmte Wirkung, kann das un- vorhergesehene Beenden des Gespräches durch das Trennen der Internetverbindung zur In- szenierung genutzt werden. Inszenierungen können in beiden Settings Täuschungen ermög- lichen, die in der klassischen face-to-face wie im virtuellen Kontakt auftreten, denn „zeigen die Akteure nur einen kleinen Ausschnitt von sich“ selbst (ebd.). Knatz und Schumacher differenzieren Fake und Inszenierung, da Fake eine bewusste Täu- schung ist, um zu manipulieren und Inszenierungen eher unbewusst ablaufen (vgl. Knatz/Schumacher 2019: 78f.). Inszenierungen treten allerdings häufiger bei medial vermittel- ter Kommunikation ohne visuellen Zugang auf. Entsteht der Eindruck einer Inszenierung kann wie folgt damit umgegangen werden; erstens: Die Geschichte in einem Als ob Rahmen be- trachten und nicht die Wahrheit der Geschichte zu bewerten, sondern zu reflektieren, was die Ratsuchenden mit der Geschichte und deren Wirkung vermitteln möchten. Zweitens; können die eigene professionelle Haltung zum Ratsuchenden, ein positiver Gemütszustand sowie eine professionelle, distanzierte Persönlichkeit dazu beitragen, den Inhalt der Geschichte nicht zu bewerten (vgl. ebd.: 81f.). Thiery (2015: 125) weist darauf hin, dass „Echt ist, was echt wirkt. Täuschen lassen wir uns immer dann, wenn das, was wir sehen und hören, sich naht- und widerstandslos in den persönlichen Verstehenshorizont einfügt“. Abgesehen von den Insze- nierungsoptionen kann der eingegrenzte Realitätsausschnitt und die daraus begrenzte Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 26 Wahrnehmung, durch die Erhöhung der Projektionsmöglichkeiten, dazu beitragen, die eigenen Fantasien deutlich intensiver auszuleben. Die Klient*innen kreieren zudem „ihre eigenen per- fekten“ Berater*innen (Reisinger 2011: 72). Grundsätzlich stellen in beiden Settings die Wahr- nehmung und Interpretation auf der Basis des Konstruktivismus eine Grundhaltung der Bera- ter*innen gegenüber Ratsuchenden dar (vgl. Engelhardt/Storch 2013: 7). 5.4.2 Umgang mit Störungen Sind die hohen technischen Anforderungen nicht erfüllt, kann es durch eine schlechte Inter- netverbindung oder durch eine unprofessionelle Webcam mit geringer Auflösung zu einer Stimmverzerrung oder zu einem unscharfem Bild der Berater*in und dem Ratsuchenden kom- men (vgl. Engelhardt/Storch 2013: 3). Daraus resultiert eine erhöhte Anforderung an die Kom- munikation. Bei Schweigen muss daher unterschieden oder kommunikativ aufgeklärt werden, „ob es sich um ein aktives Schweigen des Gesprächspartners handelt“ oder eine technische Störung vorliegt (Eichenberg/Hübner 2018: 288). Ein gewisser Redezwang kann als Vermei- dungsstrategien entstehen, um unangenehmen Situationen entgegenzuwirken. Störungen können zudem durch einen aktiven Widerstand der Klient*innen, infolge von leisem Sprechen, Ablenkungen oder nicht Erscheinen zum Termin hervorgerufen werden. Störungen sind klä- rungsbedürftig und sollten ins Gespräch aufgenommen werden (vgl. ebd.). Darüber hinaus können durch unprofessionelle aber allgemeingültige Ausdrucksweisen und Redewendungen Störungen auftreten, die auf der Beziehungsebene zum Tragen kommen, denn „in der digitalen Welt wird weitgehend auf formale Floskeln und Höflichkeitsformen verzichtet und das führt trotz der persönlichen Distanz zu einer gewissen Nähe und in manchen Fällen zu einer Grenz- überschreitung“ (Stüwe/Ermel 2019: 83). Nach Geißler (vgl. 2018: 52) entfällt durch den eingeschränkten Blickkontakt oder Blickwinkel eine wichtige Steuerung zur Abstimmung der Interaktion und kann verstärkt Störungen in der Kommunikation hervorrufen. Die fehlenden Sinnesseindrücke müssen folglich durch Verstär- kung der verbalen und paraverbalen Sinne kompensiert werden und verlangen von den Bera- ter*innen eine entsprechende Kommunikationsstärke (→Kapitel 5.2.1). Laut Reisinger (vgl. 2011: 73) haben technische Unterbrechungen, die zu Sprachverzögerungen und Stimmver- zerrung führen, keinen Einfluss auf die Beziehung zwischen Ratgebenden und Ratsuchenden. Ebenso konnten Krisen über die Distanz hinweg durchwegs zur Zufriedenstellung der Kli- ent*innen bewältigt werden. Darüber hinaus wurde ersichtlich, dass die Auswirkungen der technischen Störungen keinen Einfluss auf den Video-Beratungsprozess haben. Suizidalität kann als besondere Krise gesehen werden. Darüber hinaus können für die Berater*innen ne- ben der Suizid Thematik und der Kanalreduktion herausfordernde Situationen entstehen, de- nen vor allem durch themenspezifische und persönliche Erfahrungen begegnet werden kann (vgl. Engelhardt 2018: 111). Beziehungsstörungen zwischen Berater*innen und Klient*innen, die durch Missverständnisse in der Kommunikation, Übertragung- oder Gegenübertragungs- Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 27 phänomene entstehen in off- und online-Settings sowie im face-to-face-Kontakt, wenn sie un- reflektiert bleiben (vgl. Gemende 2014: 132ff.). Generell sollten Professionelle zur Qualitätssi- cherung und persönlichen Weiterentwicklung der Beratungskompetenz eine intensive Refle- xion des eigenen Handelns und des Beratungsprozesses selbständig und durch externe Un- terstützung fachinterner Personen vornehmen (vgl. Engelhardt 2018: 141). 5.5 Rechtliche Grundlagen Für die internetgestützte Video-Beratung sind die rechtlichen Grundlagen essenziell. Im Allge- meinen darf Beratung nach den deutschen gesetzlichen Regelungen ohne vorherigen persön- lichen Kontakt online stattfinden (vgl. Engelhardt/Storch 2013: 8). Außerdem müssen sich die Organisationen „als Betreiber eines Online-Angebotes“ (Gekeler 2017: 77) zum Schutz der Daten an die gesetzlichen Vorgaben des Telemediengesetzes halten (vgl. Portal und Netzwerk o.J.: o.S.). Gemäß Gekeler muss zudem „das Telekommunikationsgesetz“ beachtet werden (Gekeler 2017: 77). Die Europäische Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) stellt relevante rechtliche Aspekte für die psychosoziale internetgestützte Online-Beratung dar, die ver- schiedenstes Expertenwissen wie die IT, Datenschutz, Schweigepflicht, Vertraulichkeit, Si- cherheit und Speicherung sowie den Voraussetzungen von Organisation und Leitung mit ein- beziehen (vgl. DSGVO 2018: o.S.). „Die Datensicherheit ist ein grundlegender Aspekt des Datenschutzes, wird jedoch nicht gesetzlich definiert, sondern beschreibt technische und or- ganisatorische Maßnahmen (…).“ (Engelhardt 2018: 152) Die rechtlichen Grundlagen für die Organisation werden hier nicht weiter ausdifferenziert. Dennoch müssen grundsätzlich die Or- ganisationen die Sicherheitsstandards verantworten und die Leitungsperson muss die Einhal- tung der Standards überblicken. Die Organisation und Leitungsverantwortlichen sind gleich- falls zuständig für die Einhaltung der Rahmenbedingungen und die Transparenz des Angebo- tes (vgl. Portal und Netzwerk für Vertraulichkeit und Datenschutz o.J.: o.S.). Die Professionellen der Sozialen Arbeit unterliegen der beruflichen Schweigepflicht. Je nach Berufsrolle, vor allem in der Beratung, kommt dem strafrechtlichen Amtsgeheimnis (§ 320 StGB) eine besondere Bedeutung zu. Der Umgang mit dem Datenschutz ist daraus vorgege- ben und regelt im Falle von Verletzungen des Datenschutzes, die Rechte der Klient*innen (vgl. Hochuli Freund/Stotz 2015: 84). Maßgebend ist die Achtung, der Schutz und die Würde des Menschen, die in den Grundrechten verankert sind (vgl. Schleider/Huse 2011: 134.). Der Be- rufskodex Soziale Arbeit Schweiz begründet das professionelle Handeln auf der Basis der Achtung und der Würde des Menschen sowie den daraus resultierenden Rechten auf der Ba- sis von Vertrauen und Wertschätzung (vgl. AvenirSocial 2010: 10, 13). 5.5.1 Datenschutz und Vertraulichkeit Laut des Portals und Netzwerkes für Vertraulichkeit und Datenschutz (o.J.: o.S) ist die Ver- traulichkeit in der Beratung „eine Grundvoraussetzung für einen gelingenden Beratungs- Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 28 prozess. So sehen es Beratungsexperten aber auch das Bundesverfassungsgericht.“ Obwohl dies meist eine Selbstverständlichkeit auf Seiten der Berater*innen aufweist, kann es immer wieder zu Gefahren hinsichtlich des Datenschutzes kommen. Zur Beachtung der Internet Da- tenschutzbestimmungen ist differentes Expertenwissen gefragt (vgl. ebd.). Ausgehend von den Persönlichkeitsrechten sind die Rechte des Subjektes zu respektieren. Dies betrifft zum Schutz der personenbezogenen Daten die Ebene der technischen Rahmenbedingungen so- wie den Respekt und die Haltung gegenüber den Ratsuchenden (vgl. Gekeler 2017: 75f.). In der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) vom 1. Januar 2016 (Art.13 Abs. 2) zeigt sich der Persönlichkeitsschutz für alle Bürger*innen grundrechtlich veran- kert in dem „Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.“ Das Deutsche Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) regelt den Umgang mit den personenbezogenen Daten auf gesetzlicher Ebene in Hinblick auf die Datenerhebung und Datensicherheit (vgl. BDSG 2017: o.S.). Von diesem Grundrecht abgeleitet besagt das Recht auf informationelle Selbst- bestimmung, dass die Anbieter eine transparente Sorgfaltspflicht mit dem Umgang der perso- nenbezogenen Daten vorweisen müssen. Die Ratsuchenden müssen vorweg informiert wer- den, wer Zugang zu ihren Daten hat, wo und wie lange sie gespeichert werden und wann und durch wen die Daten gelöscht werden (vgl. Gekeler 2017: 75f.). Wird in der Beratung, in der dem Vertrauensverhältnis eine besondere Rolle zu kommt (vgl. Schleider/Huse 2011: 133), die Schweigepflicht gebrochen, sanktioniert das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) § 203, die Verletzung von Privatgeheimnissen mit Geld- oder Freiheitsstrafen (vgl. StGB o.J.: o.S.). Selbst das Aufsuchen der Beratung steht unter der Schweigepflicht. Berater*innen dürfen sich allerdings von der Schweigepflicht lösen, wenn die Klient*innen eine Gefahr für sich selbst oder für andere darstellen und damit eine bevorstehende Tat verhindert werden kann (vgl. Schleider/Huse 2011: 134, vgl. StGB Art. 34). Aktuell werden verschiedenste, datenschutzkonforme und internetbasierte Beratungstools (Beranet, Zoom, adobeconnect, CAI-World) für die Online-Beratungen auf mobilen Endgerä- ten bereitgestellt. Diese stellen zusätzlich zu einer hochauflösenden Videoübertragung, wei- tere Tools (White Board, Aufstellung, Chat etc.) zur Verfügung und werden meist unter dem Begriff der Webkonferenzen zusammengeführt. Für die synchrone Video-Kommunikation be- darf es einer Webcam und eines Audio Ein- und Ausgangs. Mit den softwaregestützten Sys- temen werden meist unterschiedlichste digitale, kommunikative Funktionssysteme bereitge- stellt, die sich je nach Lizenzvertrag und dem Serverstandort unterscheiden (vgl. Engel- hardt/Gerner 2017: 23). Mit den Software-gestützten Beratungstools können die personenbe- zogenen Daten nach den Vorgaben des BDSG für die Video-Beratung rechtlich abgesichert übertragen werden. Wird eine Video-Beratung durch andere Medien, unverschlüsselt und ohne die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht übertragen, kann dies zu strafrechtlichen Verfolgungen führen (vgl. Engelhardt 2018: 123). Demzufolge spielen besondere Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 29 Schutzräume für die digitale Beratung eine bedeutende Rolle, denn im Vergleich zur face-to- face Beratung kann nicht einfach „die Türe“ geschlossen werden, um die Vertraulichkeit zu wahren (vgl. Gekeler 2017: 77). Berater*innen müssen sich verbindlichen Faktoren bewusst sein, um in der virtuellen Welt die Türe geschlossen zu halten: „Alle Beratungsvorgänge finden nur auf einem besonders gesicherten Server (webbasiert)“ statt und die Daten sind über die Beratungssoftware und nur über einen verschlüsselten Weg (SSL Verschlüsselung) mit per- sönlichem Passwort und Benutzernamen zu erreichen. „Im Browser ist daran zu erkennen, dass dort ein „https“ anstelle von „http“ steht.“ (Gekeler 2017: 77) Darüber hinaus sollten Be- rater*innen über sichere Passwörter zum Login, den Computer durch Viren-Programme schüt- zen, für das Sperren des Rechnerzugangs und den Schutz vor Diebstahl sensibilisiert werden (vgl. Engelhardt 2018: 155). 5.5.2 Datenerhebung und Datenspeicherung Zum Schutz einer Person liegt der Fokus auf den personenbezogenen Daten. Dies sind alle Informationen einer Person, die dazu führen Personen zu identifizieren (vgl. Engelhardt 2018: 152f.). Laut Wenzel (vgl. 2006: o.S.) benötigen die Daten im Internet einen besonderen Schutz, da durch die Gegebenheit des Miteinandervernetzt- Seins im Internet von aussen auf die Da- ten unerlaubt zugegriffen werden kann. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vom 27.April 2017 definiert für die Erhebung und Speicherung der personenbezogenen Daten ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Erhebung muss einen bestimmten Zweck erfordern und begründ- bar sein, insgesamt ist die Speicherung von personenbezogene Daten zu vermeiden. Eine Datensicherheit wird durch ein kontinuierliches Back -Up (Kopieren der Daten) und das Auf- bewahren an einem geschützten Ort gewährleistet. Innerhalb der EDV-Infrastruktur muss eine Sicherung der Daten „durch gezielte Abwehrmaßnahmen von äußeren Bedrohungen“ beste- hen (Wenzel 2006: o.S.). Bei diesen IT- Sicherheitsmaßnahmen ist es im Zuge der rasanten Entwicklungen wichtig, auf dem neuesten Stand zu bleiben. Wenzel verweist zum einen da- rauf, dass durch die Unkenntnisse der Anwender*innen sowie das geringe Sicherheitsbe- wusstsein, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen für die Online-Beratung nicht immer voll ausgeschöpft werden. Zum anderen müssen den Nutzer*innen die Risiken und Sicherheits- maßnahmen durch die Nutzung ihrer persönlichen Computer bei der Online-Beratung trans- parent dargelegt und erklärt werden, um von Seiten der Nutzer*innen die Sicherheitsstandards einhalten zu können (vgl. ebd.). Der Förderverein der Schweizer Psychologen*innen (FSP) definiert Qualitätsstandards für On- line-Beratungen. In diesen wird aufgeführt, dass neben der Einhaltung der Transparenz und der Vertraulichkeit, eine Datenaufbewahrung nicht erfolgt, sondern die Videos nach der Bera- tung vom Server gelöscht werden (vgl. FSP 2017: 4). Da Daten aufbereitet und weiterverar- beitet werden können, kann das Speichern von Daten aus einer gewissen Machtperspektive betrachtet werden. Auf dieser Auslegung wird ein verantwortungsbewusster Umgang mit Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 30 sensiblen personenbezogenen Daten evident. Die Ansammlung und Datenverarbeitung kann zur Diskriminierung und zur Beeinflussung von informationeller Selbstbestimmung führen und wird aus der Perspektive der Profession als unethisch betrachtet (vgl. Roeske 2018: 17f.). Letztendlich beeinflusst die Digitalisierung in Form von Daten -erhebung, -sicherung und -ver- arbeitung die ethischen Glaubensgrundsätze, wie die Menschenrechte, die Autonomie und den persönlichen Datenschutz (vgl. Stüwe/Ermel 2018: 138). 5.6 Ethik in der internetbasierten Beratung Aus der Gesamtperspektive kann die Digitalisierung übergeordnet und strukturell an drei Di- mensionen ausrichtend betrachtet werden: Chancen maximierend, Risiken minimierend „und der gesellschaftlichen Verantwortung nach den ethischen Werten gerecht“ werdend (Schiff- hauer 2019: 64). Selbst in den hoch beschleunigten, technologischen Entwicklungsdynamiken dürfen Ziele und Werte wie Humanität, Solidarität und Respekt nicht verloren gehen, sondern erhalten und voranschreitend realisiert werden (vgl. ebd.). Infolgedessen sollten die Entwick- lung und Installation „innovativer Technologien menschenzentriert, ethisch und sozial erfol- gen“. (ebd. 66) Mit der digitalen Datenübertragung und der Erreichung der Nutzer*innen in ihren Lebenswelten stellen sich grundsätzlich ethischer Fragen in Bezug auf die Standards der professionellen Sozialen Arbeit im Laufe der Digitalisierung (vgl. Kutscher 2018: 7). Für die Online-Beratung müssen nebst der Orientierung an berufsethischen Richtlinien der Profession „zusätzlich in- ternetspezifische ethische Prinzipien gelten“ (Reindl 2015: 59). Gemäß Schrödter (vgl. 2007: 454) kann Ethik als Reflexionsrahmen genutzt und gesehen werden, in dem das professionelle Handeln und Denken analytisch aufgespalten und an den eigenen Werten und Normen im laufenden Arbeits- und Beziehungsprozess hinterfragt werden soll. Die ethischen Prinzipien der Digitalisierung können grundsätzlich von den allgemeinen ethischen Standards in der So- zialen Arbeit abgeleitet und mit der Reflexion von „Legalität und Legitimation der Aufträge“ reflektiert und übertragen werden (Stüwe/Ermel 2019: 128). Denn in Grunde genommen geht es in der digitalen Ethik um die Frage „nach dem Guten und Richtigen im Big-Data-Zeitalter“. (ebd.) Laut Stüwe und Ermel (vgl. 2019: 131-134) beinhaltet eine professionelle Soziale Arbeit mit digitalen Medien folgende Aspekte: 1. Den Fachkräften obliegt es, die Würde des Menschen, die im Grundrecht verankert ist, anzuerkennen. 2. Die Anerkennung der Grundrechte sowie deren Respekt und Förderung durch die Fach- kräfte. Die Grundrechte gelten für alle Medien und das Internet. 3. Die Verantwortung, soziale Gerechtigkeit herzustellen und durch anwaltschaftliches Han- deln zu verwirklichen. Dazu zählt die Anerkennung von Diversität, ebenso die mediale Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 31 Diversität in der Gestaltung von Nähe und Distanz, gegen Diskriminierung sowie Digitali- sierungsdiskriminierung wie Cyber-Mobbing etc., Förderung von Zugangsmöglichkeiten und gegen Ungleichheiten (Digital Gap/Digitale Spaltung). Der Bedarf und die vorhande- nen Internet-Zugangsmöglichkeiten, Ressourcen und Medienkompetenzen der Adres- sat*innen auch auf politischer Ebene zu diskutieren und Ressourcen für digitale Partizipa- tion einzufordern. Zeitgleich sollten die Medienkompetenzen der Adressat*innen gefördert und gestärkt werden. Ebenfalls müssen Professionelle ein Bewusstsein für und das Wis- sen über personenbezogenen Datenschutz sowie Handlungs- und Abgrenzungsmöglich- keiten zum Schutz von digitalen Gewaltphänomenen aufweisen. Des Weiteren sollten Professionelle solidarisch mit digital ausgegrenzten und randständigen Personen agieren. Den Professionellen selbst müssen die Aus- und Fortbildung in Hinblick auf digitale Me- dien, deren Gebrauch sowie die Ausstattung in der Praxis gegeben sein. Dies bietet die Chance einer digitalen Vernetzung in den unterschiedlichsten Handlungsfeldern der So- zialen Arbeit. 4. Die Anerkennung dafür, dass Adressat*innen autonome Entscheidungen treffen, sofern sie nicht die Rechte anderer Bürger*innen tangieren. Gerade die Selbstbestimmung spielt im digitalen Raum eine besondere Rolle. 5. Die Förderung von Zugangschancen und Teilhabe. Durch die Bildung von Medienkompe- tenzen der Adressat*innen und die daraus entstehende Befähigung zur digitalen Teilhabe. Die Nutzung von Neuen digitalen Medien durch die Professionellen vergrößert die Teilha- bemöglichkeiten für die Adressat*innen. 6. Die Achtung und den Respekt der Privatsphäre der Adressat*innen. Eine transparente Aufklärung der Adressat*inne, inwiefern durch bestimmte Handlungen in deren Pri- vatsphäre eingegriffen wird. Von dem Recht auf Vertraulichkeit wird nur dann abgesehen, wenn sich die Adressat*innen oder andere Personen in Gefahr befinden. 7. Die Anerkennung auf eine ganzheitliche, mehrdimensionale Perspektive und die daraus entstehenden ganzheitlichen Unterstützungsangebote. Die Interventionen werden syste- misch und in Kooperation der Adressat*innen und unterschiedlichen strukturellen Ebenen durchgeführt. 8. Der Geltungsbereich dieser Aspekte definiert sich ausgehend vom face-to-face Kontakt mithin der Übertragung durch technologische Mittel und Medien in wissenschaftlichen, theoretischen Kontexten und Arbeitsbereichen der Sozialen Arbeit. Für den Umgang mit Interessenskonflikten, Datenschutz, der Privatsphäre und Vertraulichkeit, die durch die digitalen Medien impliziert werden und die grundlegenden ethischen Standards der Pro- fession gefährden, sind angemessene Hilfe- und Bildungsangebote für die Professionel- len zu veranlassen. Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 32 Ferner implizieren ethische Grundsätze neben der generellen Bedingung einer berufsethi- schen Haltung eine transparente Kommunikation persönlicher Grenzen. Verlinkungen auf ex- terne Webseiten und Anbieter dürfen nur erfolgen, wenn diese den eigenen ethischen Prinzi- pien entsprechen. Ebenso relevant ist die Entwicklung eines generellen Bewusstseins dar- über, welche Themen juristische Grenzen überschreiten (vgl. Reindl 2015: 59). Einerseits zeigt die Vulnerabilität der Lebenswelten der Adressat*innen, die durch mediengestützte Interaktio- nen und Dienstleistungen besonders anfällig werden, Schutzbedürftigkeit aus berufsethischer Sicht. Andererseits argumentieren Professionelle grundsätzlich auf der Basis der Professions- bezogenen ethischen Prinzipien und leiten daraus ihre Handlungs- und Entscheidungsindika- toren ab. Angesichts der Komplexität des Digitalisierungsphänomens fordern Stüwe und Ermel eine komplexe Reflexion der entstehenden ethischen Fragestellungen und Dimensionen, die durch die Digitalisierung entstehen. Zeitgleich benötigen Professionelle für eine adäquate Um- setzung der digitalen ethischen Prinzipien fachspezifische Beratung und Unterstützung sowie fachspezifische Fort- und Weiterbildung, um sich diese Wissen aneignen zu können (vgl. Stüwe/Ermel 2019: 134-138). 5.7 Diskussion der Ergebnisse und Beantwortung der ersten Fra- gestellung Zusammenfassend kann gesehen werden, dass Medien in Sinne der Primärmedien in Form von Stimme, Mimik, Gestik grundlegende Interaktionsmuster in der Kommunikation darstellen. Durch den technischen Fortschritt und die kostengünstigen Internet Flatrates hat sich das Spektrum an Kommunikationsweisen verändert. Ebenfalls haben die Neuen Medien und Me- dientechnologien die Lebenswelten der Adressat*innen vergrößert. Dadurch entstanden im- mer größere und vielfältigere Handlungs- und Entscheidungsspielräume, die positive und ne- gative Teilaspekte, Chancen und Risiken mit sich bringen. Da Bewältigungsaufgaben durch die gesellschaftlichen Umbrüche; Pluralisierung, Globalisierung und Individualisierung entste- hen und der Gegenstand für die Soziale Arbeit die Unterstützung von Individuen in ihren Be- wältigungsaufgaben darstellt, ist die technologische und medienreiche Durchdringung des All- tags ebenfalls in der Sozialen Arbeit zu spüren. In der Sozialen Arbeit sind digitalisierte Medien bereits implementiert und nicht mehr weg zu denken. Dies wird deutlich an bereits vorhande- nen Medienkompetenzen, der in dieser Arbeit nicht aufgenommenen Medienpädagogik, Me- diensozialisation, der software-gestützten Dokumentation oder klient*innen-spezifischen Fall- führungen. Dies spiegelt einerseits ein effektiveres und effizienteres Arbeiten und anderseits entstehen in der Handhabung Unsicherheiten, die Professionelle wie auch Adressat*innen be- trifft. Die mediale Ausdifferenzierung sowie die Setting-Pluralität ergeben neue komplexe Handlungsmöglichkeiten und Anforderungen für vergrößerte Lebenswelten. Neue Möglichkei- ten, die einerseits einen digital-gap verursachen und andererseits neue Bedingungen für die gesellschaftliche Teilhabe darstellen. Die Ausdifferenzierung der digitalen Medien und die Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 33 mannigfaltigen Zugänge eröffnen die Erschließung weiterer Nutzer*innengruppen. Zeitgleich zeichnet sich ein erschwerter Zugang vor allem für hilfsbedürftige Menschen mit geringen Bil- dungsstand und finanziellen Ressourcen ab. Wird die synchrone Video-Beratung anstelle ei- nes klassischen face-to-face Kontaktes eingesetzt, könnte ein zusätzliches, zielgruppenspezi- fisches Setting angeboten werden. Dieses Angebot setzt keine differenzierte Kulturtechnik vo- raus, einen Text verständlich verfassen und lesen zu können. Ebenfalls müssen keine zusätz- lichen personellen Ressourcen auf Organisationsseite erbracht werden. Die Video-Beratung könnte somit ein weiteres Puzzleteil im passgenauen nutzerspezifischen Angebot im Zeitalter der Globalisierung und der gegenwärtigen mobilitätskonformen Gesellschaft darstellen. Wel- ches durch ein unbegrenztes Internet auch in ländlichen, abgelegenen Regionen möglich wäre. Wenngleich Justen-Horsten und Paschen dies im Sinne eines Blended Counseling An- gebotes betrachten, kann die zeitliche Flexibilität für beide teilnehmenden Seiten vorteilhaft sein. Angesichts der gesellschaftlichen und medialen Veränderungen müssen die Organisati- onen sich an den technischen Trends und am gesellschaftlichen Wandel Anschlussfähig prä- sentieren, um in Zukunft innovativ und nah an den Individuen zu sein. Für die Einführung einer Video-Beratung bedeutet dies spezifische organisationale Rahmenbedingungen bereitzustel- len und die Einhaltung des Datenschutzes zu gewährleisten. Die hohen technischen Anforde- rungen einer Video-Beratung sowie die technische Ausstattung bedeuten für die Betreiber ei- nen zusätzlichen erhöhten finanziellen Aufwand. Ein besonderes Merkmal der Video-Beratung liegt darin, dass die Klient*innen in ihren vertrauten Rahmen belassen werden und über den Bildschirm dennoch eine gewisse Nähe vermittelt wird. Daraus wird die positive Wirkung auf den Beratungsprozess ersichtlich. Die räumliche Trennung sowie die durch mediale Distanz hergestellte niedrigere Hemmschwelle bedingt die schnellere Preisgabe von persönlichen Themen von Seiten der Klient*innen im Vergleich zu einer face-to-face-Beratung. Im Wesent- lichen wird die Beziehungsgestaltung als anders und dennoch als tragfähig für den Prozess interpretiert. Der Video-Beratung können einige Vorteile zugeschrieben werden. Für die Kli- ent*innen entsteht durch die Nutzung des Mediums eine scheinbar bessere Kontrollierbarkeit und ausgeglichenere Machtsymmetrien. Bei den anonymen asynchronen Medien, die derzeit unter die Online-Beratung subsumiert werden fallen die Übertragung- und Gegenübertragung sowie die Regressionsphänomene auf, die durch den Wegfall der visuellen und psychischen Präsenz, im Vergleich zur face-to-face Beratung, verstärkt entstehen. Obgleich bei der Video- Beratung die visuelle Präsenz gegeben ist, tritt das Phänomen ebenfalls auf und kann von den Beratenden positiv genutzt werden. Durch den begrenzten Videoausschnitt, die eventuell un- gleiche Blickrichtung oder die technischen Gegebenheiten sind bestimmte Aussagen, die von den Berater*innen nonverbal hervorgehoben und mit Gestik und Mimik untermauert werden, nicht zu erkennen. Hierbei fällt der Fokus auf die Stimme. Die Video-Beratung birgt reichliche Hindernisse, denn obgleich die Sichtbarkeit eine positive Rolle spielt, generieren die Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 34 Kanalreduktion, der eingeschränkte Realitätsausschnitt sowie die räumliche Distanz für die Handhabung in der Praxis intensive Herausforderungen und grenzen das professionelle Han- deln ein. Denn die Kanalreduktion kann nicht mehr als defizitär betrachtet werden. Bekanntlich verstärken die verminderten Eindrücke andere Sinneswahrnehmungen. Professionelle müs- sen sich für einen kompetenten Umgang mit dem Medium und den Nutzer*innen Zusatzkom- petenzen zur klassischen Beratungsqualifikation aneignen. Während sich aus den Gegeben- heiten der Kanalreduktion für die schriftbasierte asynchrone und quasi synchrone Online-Be- ratung methodisch das Vier Folien Konzept nach Knatz entwickelte, findet sich für die noch wenig verbreitete synchrone Video-Beratung noch kein methodisch ausgearbeiteter Bera- tungsansatz. Blickt man auf die mannigfaltigen Medienkanäle, die ebenfalls im Blended Coun- seling Beratungsprozess genutzt werden, wird deutlich, dass sich dort bereits ein fundiertes Wissen über Chancen und Risiken sowie nutzerspezifische und passgenaue Medienwahl und Medienkompetenzen abbilden. Einen einschlägigen, spezifischen, konzeptionellen und me- thodischen Handlungsvorschlag für den Videokanal gewährt diese vielseitige Settings berei- chernde Variante dennoch nicht. Speziell in der internetgestützten Beratung spielen rechtliche Belange, Datenschutz und Vertraulichkeit eine bedeutsame Rolle. Alleinig Stüwe und Ermel sowie Reindl erweitern die ethischen Prinzipien für das Internet. Um mit den gängigsten mo- bilen Endgeräten sowie mit den unterschiedlichsten Funktionssystemen Beratung in synchro- ner Video-Kommunikation anzubieten und durchzuführen, benötigen Nutzer*innen wie Profes- sionelle eine gewisse Medienkompetenz und fachfremdes Expertenwissen. Auf dieser Grund- lage wird folgende Frage beantwortet: Welche Kompetenzen benötigen Professionelle der Sozialen Arbeit bei einer durch Vi- deo gesteuerten, synchronen, psychosozialen Online-Beratung? Anhand der Literaturrecherche kann davon ausgegangen werden, dass bei einer synchronen Video-Beratung, die vom Erstkontakt bis zum Abschlussgespräch über eine internetgestützte online-Übertragung im virtuellen Raum stattfindet, derzeit vor allem um praktische Erfahrungs- werte handelt. Grundlegend benötigen Berater*innen für eine professionelle Video-Beratung spezifische fach-, sozial- und themenspezifische Kommunikations- und Beratungskompeten- zen, die die Werte einer lebensweltorientierten Beratung vertreten und aufweisen. Im derzeiti- gen Stand der Forschung wird das methodische Wissen zielgruppenspezifisch angewandt und in den digitalen Raum übertragen. Wird zu Beginn in Betracht gezogen, dass nur die Beratenden den Videokanal und der Ratsu- chende den Audio-Kanal in Betrieb nimmt, kommt die Frage auf, inwiefern das Setting nicht in Form einer Telefonberatung durchzuführen wäre und dadurch gleichseitige Bedingungen ge- schaffen würden. Wird dennoch diese Möglichkeit in Erwägung gezogen, verdeutlicht sich die Fokussierung auf Sprache und Zuhör-Kompetenzen. Bleibt das Setting wie von der Autorin in Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 35 Betracht gezogen; bei einer synchronen Video Übertragung mit beidseitigem Bild und Ton, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Professionellen bewusst auf das Setting ein- stellen und einlassen müssen. Dies impliziert das Wissen über die Gestaltung des Arbeitsplat- zes und des Kameraausschnittes mit dessen Wirkung. Des Weiteren gehören dazu die Aus- einandersetzung und das Wissen über die Wirkung von Kleidung, um diese in dem einge- grenzten Ausschnitt angemessen zu tragen. Dies verlangt das Bewusstsein über Wirkung und Steuerung des eingegrenzten Settings. Vor allem die Ausrichtung der Kamera und der Blick- winkel der Teilnehmenden bedingen herausragende Kenntnisse, damit ein störungsfreies Be- ratungsgespräch stattfinden kann. Ferner müssen Professionelle Kenntnisse über die Kanal- reduktion aufweisen, um die dadurch entstehende reduzierte Sinneswahrnehmung mit ande- ren Sinnen und Fähigkeiten kompensieren und reflektieren zu können. Dies bedeutet, dass es für die Professionellen wichtig ist eine herausragende Kommunikationsfähigkeit zu besitzen, die speziell auf die Feinabstimmungen der eigenen Stimme und der Stimme des Gegenübers fokussiert ist. Dazu gehört auch ein geschultes Ohr, um die Feinabstimmungen überhaupt wahrzunehmen zu können. Die eigene Stimme und die persönliche Wahrnehmung müssen daher kontinuierlich auf der Metaebene reflektiert und geschult werden. Vorige konkrete Über- legungen über die Herstellung einer individuellen Nähe-Distanz Regulation infolge der media- len Distanz dienen dazu, Störungen zu minimieren. Dies beinhaltet, natürlichen Situationen medial begegnen zu können, infolge der Unmöglichkeit professionellen Körperkontakt mit den Klient*innen aufzunehmen, Taschentücher oder Wasser anzubieten. Infolgedessen müssen Gestiken durch stimmliche und kommunikative Fähigkeiten ersetzt werden. Professionelle müssen die stimmliche Kompetenz für die Gestaltung einer tragfähigen professionellen Bezie- hung nutzen und beherrschen. Gleichzeitig gehört es in die Verantwortung der Professionellen mit den Adressat*innen trans- parent den Umgang mit Störungen durch Technik oder durch die Kommunikation vorab zu klären. Zudem gehört eine generelle Klärung, ob das Anliegen, im Falle von Krisen oder Sui- zidalität, in diesem Setting geklärt werden kann, in die Verantwortung der Professionellen. Wie das Medium für die Klient*innen genutzt werden kann, bedingt die eigene Medienkompetenz und die Einschätzung und Aufklärung der Nutzer*innen. Die persönliche Medienkompetenz der Professionellen impliziert das Wissen über den Umgang und die Anwendung der Bera- tungssoftware, das Weitergeben von Zugangsdaten und sowie ein generelles Basiswissen über die technischen Bedingungen der Video-Kommunikation. Dies umfasst, grundlegende Aufgaben wie das Ausrichten und Einschalten der Webcam und gegebenenfalls das Anschlie- ßen und Nutzen eines Kopfhörers. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit der Kenntnis über die tech- nische Ausstattung des zu nutzenden Endgerätes. Des Weiteren müssen die Professionellen einen geschulten Umgang mit der Beratungssoftware aufweisen, um die Nutzung terminge- recht auszuführen und gegebenenfalls zwischen technischen Komplikationen, Täuschungen Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 36 und Inszenierungen des Gegenübers unterscheiden zu können. Darüber hinaus bedingt die Nutzung einer synchronen Video-Beratung über die grundlegenden, rechtlichen Bedingungen hinweg, Kenntnisse über internetspezifische rechtliche Anforderungen. Ferner liegt die Ver- antwortung für den Schutz der Klient*innen und die Einhaltung der internetspezifischen ethi- schen Prinzipien der Profession bei den Professionellen. Es müssen fundamentale Werte der Profession in der Video-Beratung vertreten, eingehalten und die Schweigepflicht und Vertrau- lichkeit im Internet anhand den rechtlichen Grundsätzen gewahrt werden. Dies bedeutet, ge- nerelle Kenntnisse über Datenschutz und Vertraulichkeit in der Beratung, internetspezifische Kenntnisse sowie kontinuierliche Up-Dates über neue Regelungen und Gesetze zu besitzen, um diese konform auszuüben. Damit die Berater*innen ihrer beruflichen Schweigepflicht und dem personenbezogenen Datenschutz gerecht werden, beinhaltet dies die Aneignung eines vertieften Wissens über Datensicherheit, -speicherung und -löschung. Dazu müssen Bera- ter*innen das Abschließen des Endgerätes und ein kontinuierliches Back-up der Daten für ei- nen vertrauenswürdigen Schutzraum gewährleisten. Dies impliziert zudem die Kenntnis, wer, wann und wo Zugang zu den Daten besitzt, um die Transparenz gegenüber den Nutzer*innen wahren zu können. Zusammenfassend gliedern sich die erweiterten fachlichen Kompetenzen für die Nutzung ei- ner synchronen Video-Beratung in vier Bausteine: Die grundlegende Beratungskompetenzen sowie die themenspezifischen Beratungsmethoden mit den Zuhör- und Stimmkompetenzen und der internetfähigen Beziehungsgestaltung ergänzend, bilden den ersten Baustein. Der zweite Baustein definiert das Einrichten eines geeigneten Arbeitsplatzes und das Wissen und die technische Handhabung bei der Kameraeinstellung und der Nutzung einer geeigneten Software, der Umgang und die Nutzung des Endgerätes für sich selbst und die Nutzer*innen. Im Allgemeinen, die Anwendungs- und Nutzerkenntnisse der technischen Gegebenheiten in Form der persönlichen Medienkompetenz. Der dritte Baustein definiert die rechtlichen Bedin- gungen mit dem Wissen über den Datenschutz, dessen Sicherheit und Speicherung im Inter- net. Die Wahrung der Vertraulichkeit im Internet sowie die Anwendung und der Umgang auf dem jeweiligen neusten Stand der rechtlichen Grundlagen. Als vierter und letzter, anhand der Wichtigkeit als einzeln definierter Baustein, können die internetbasierten ethischen Richtlinien verdeutlicht werden. Angesichts der Verbundenheit von Fachlichkeit und Professionalität entstehen anhand der er- weiterten fachlichen Kompetenzen Fragen; wo und wann Professionalität vermittelt wird. Im nächsten Kapitel werden die Einflüsse der veränderten Fachlichkeit durch den Mediatisie- rungsprozess in Zusammenhang mit der Profession der Sozialen Arbeit kann im Rahmen die- ser Arbeit nicht vollumfänglich beleuchtet werden. Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 37 6 Das Professionsverständnis der Sozialen Arbeit Soziale Arbeit eine Profession? Merkmale wie; gemeinnützige Aufgabe, Wissensbasis und wissenschaftliche Ausbildung, Autonomie in der Berufsausübung und die berufsethische Co- dices, kennzeichnen eine Profession. In Anbetracht der nicht vollständig erfüllten allgemeinen Professionsmerkmale wird der Sozialen Arbeit eine semi-Profession zugeschrieben. Ange- sichts der nicht vollumfänglich monopolisierten und autonomen Wissensbezüge entsteht die Zuschreibung einer bescheidenen Profession (vgl. Hochuli Freund/Stotz 2015: 42- 45). Ver- steht sich die Soziale Arbeit „als Funktionssystem gesellschaftlicher Hilfen für Individuen und Gruppen, die von sozialen Problem betroffen sind“ (ebd.: 36), bedingt dies eine gesellschaftli- che Betrachtung darüber, was als soziales Problem definiert wird. Die Abweichung von der Norm, das heißt was gesellschaftlich als normale Lebensführung interpretiert wird, wird zum sozialen Thema. Die Bearbeitung dieses sozialen Problems bedingt die Unterstützung der So- zialen Arbeit. Bei der Bearbeitung der Problemstellungen geht es um die individuelle Befähi- gung der Personen im Umgang mit ihren Problemlagen, die aus den gesellschaftlichen Syste- men entstehen (vgl. ebd.). Dennoch wird die Fassung der Gegenstandsbestimmung in der Sozialen Arbeit „als unübersichtlich und komplex“ oder laut Thole als nicht vollumfänglich und unpräzise konstatiert verstanden. Die Gegenstandsbestimmung anhand einer lebensweltori- entierten Sozialen Arbeit nach Thiersch beinhaltet die zweischneidigen Auswirkungen der Plu- ralisierung und der Individualisierung. Die einerseits erweiterten Handlungsspielräume, vielfäl- tige Entscheidungsspielräume und weitere Freiheiten beinhalten, die zeitgleich zu erhöhtem Entscheidungsdruck führen. Dies wiederum beinhaltet ein erhöhtes Risiko zum Scheitern. Für die Soziale Arbeit entsteht in dieser Gesellschaftsstruktur die Aufgabe der individuellen Res- sourcenstärkung, die zur Minimalisierung von Problemlagen und der Bewältigung eines gelin- genderen Alltags dient (vgl. Helbig 2014: 45f). Im Betrachtungsfokus nach Helbig (vgl. 2014: 51) kann die Lebensweltorientierung nach Thiersch mit der Mediatisierung, den mediatisierten Alltagswelten und deren Einflüsse auf die Gesellschaft durch Globalisierung und Individualisierung mit den Lebenswelten und den dar- aus resultierenden sozialen Problemen verknüpft werden. Nebst der Verknüpfung von Lebens- welten und Mediatisierung kann der Gegenstand auf der Basis einer grundlegenden Gesell- schaftstheorie verstanden werden. So wie als Ausgangslage für die Herausforderungen eines mit Medien durchdrungenen Fachgebietes und der Praxis der Sozialen Arbeit. „In der prakti- schen Umsetzung bezieht sich die lebensweltorientierte Soziale Arbeit vor allem auf Analysen heutiger sozialer Verhältnisse und Lebenswelten (…) also im Sinne von Friedrich Krotz (2007) auf Metatheorien.“ (Helbig 2014: 48) Demzufolge kann heutzutage Soziale Arbeit als „Soziale Arbeit in der mediatisierten Gesellschaft“ betrachtet werden (ebd.: 47). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 38 6.1 Die Professionsdebatte Gemäß Scherr bildet die anhaltende Professionsdebatte in der Sozialen Arbeit den Kern und das Aufzeigen der Kluft zwischen wissenschaftlicher Forschung und Theorien und dem pra- xisnahen Handeln. Scherr setzt sich mit dem Begriff der Professionalisierungsbedürftigkeit der Sozialen Arbeit auseinander, die immer wieder Fragen aufwirft und über Jahrzehnte diskutiert wird. Professionalisierung soll die Verbindung von Praxis und Theorie herstellen. Mit professi- onellem Handeln ist die Analyse der komplexen Problemsituationen anhand biographischer, sozialer und psychischer Zusammenhänge gemeint. Die Gründe für das Handeln der Adres- sat*innen zu verstehen sowie gemeinschaftlich und lösungsorientiert unter Berücksichtigung sozialarbeiterischer Methoden und Interventionen, den ethischen Maßstäben gerecht wer- dend, zu agieren (vgl. Scherr 2018: 8f.). Bereits 2007 verwies Schrödter darauf, dass im Laufe der Professionalisierungsdebatte der Berufskodex der Sozialen Arbeit mit den ethischen Richt- linien in den Mittelpunkt der Diskussion rücken und parallel zur wissenschaftlichen und fachli- chen Diskussion Beachtung finden sollte (vgl. Schrödter 2007: 461). Mediatisierung und Digitalisierung sind nicht leicht mit der generellen Tätigkeit der Sozialen Arbeit in Bezug auf die Arbeit mit den Individuen zu vereinbaren. Vor allem, wenn die Verknüp- fung von digitalen Einflussgrößen mit theoretischen Konzepten einhergeht. Indem die Profes- sionellen die IT nicht als ihren Zuständigkeitsbereich betrachten und die Nutzungskompetenz für die Tools in den Vordergrund rücken, grenzen sich Fachkräfte aus der Profession in Bezug zur technischen Komponente ab (vgl. Roeske 2018: 18f.). Ausgehend von der derzeitigen zu- kunftsorientierten und klientenzentriert handelnden Praxis, die bereits mediale Beratungsun- terstützung zu den klassischen face-to-face Kontakten durchführt ohne eine spezifische On- line-Beratung anzubieten, begründet Wenzel die Entwicklung für aktuelle fachliche Beratungs- konzepte (vgl. Wenzel 2018: 70). Die historische Entwicklung (Kapitel 4) und aktuellen Gegebenheiten zeigen auf, dass die Verwendung von digitalen Medien im Arbeitsalltag in Form der Handhabung von Klienten- Dokumentationen, Verwaltungs-Softwares, E-Mail-Korrespondenz, Vernetzungsarbeit und Kommunikation unter den Professionellen sowie in der Beratung bereits implementiert sind. Dennoch steht die Soziale Arbeit derzeit mit erhöhtem Fokus in der Digitalisierungsdebatte (vgl. Seelmeyer 2019: 59). Inklusion und Exklusion, Ausdifferenzierung der digitalen Medien und der digitalen Lebenswelten, Roboter, Algorithmen, deren Perspektiven und Gefahren, so- wie Medienkompetenzen und einen professionellen im Umgang mit virtuellen Lebenswelten beschäftigen die Soziale Arbeit 4.0 (vgl. Kutscher 2019, vgl. Loher 2019, vgl. Witzel 2019). Die Veränderung und der Einfluss der Gesellschaft durch IT und Kommunikationstechnolo- gien, hat im wissenschaftlichen Diskurs der Sozialen Arbeit kaum Berücksichtigung gefunden (Kutscher et. al. 2015: 3). Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Mediatisierung hat Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 39 weder in der Profession noch in der Disziplin stattgefunden, obgleich die medial und digital beeinflussten Handlungszusammenhänge und die sozialtheoretische Kontextualisierung viel- fältige Fragen und Herausforderungen an Theorie und Praxis abbilden (vgl. Gehrmann 2014: 69, vgl. Kutscher et. al. 2015: 6). Des Weiteren existieren insgesamt nur „wenig Forschungen zu Wohlfahrt 4.0 (…) und sozialer Dienstleistungsarbeit“. (Schiffhauer 2019: 62) Denn einer- seits verändert die Mediatisierung der Lebenswelten die Bewältigung der Alltäglichkeit der Ad- ressat*innen und anderseits sind an die institutionelle, dienstleistungsorientierte Soziale Arbeit veränderte Erwartungen geknüpft. Die Digitalisierung benötigt Mut, kritische Auseinanderset- zung, Zeit und Veränderungsbereitschaft für die Soziale Arbeit, um mit dem Fortschritt zu ge- hen. An dieser Stelle muss betont werden, dass die Profession bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt hat, dass sie Wandlungsfähig ist (vgl. Loher 2019: 22). Werden die Ver- änderungen der digitalen Möglichkeiten die Kontexte und Rahmenbedingungen betreffend be- trachtet kann davon ausgegangen werden, dass präsente Themen in die digitale Professions- debatte übernommen werden können (vgl. Kutscher 2019: 31). Anhand der Anforderungen und Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Wandel vor allem in Bezug zu Exklusion und Inklusion wird der aktuelle Innovationsbedarf der Sozialen Arbeit präsent (vgl. Stüwe/Ermel 2019: 59). Wenngleich sich die Digitalisierung und Mediatisierung auf Theorien und Methoden, wie auf Organisationen, Rahmenbedingungen und Fachlichkeit auswirken (vgl. Roeske 2018: 16), darf die Komplexität der Digitalisierung nicht nur auf der technischen Ebene zu Veränderungen an Einzelmaßnahmen führen (vgl. Kreidenweis 2019: 8). Nur ein gut geplanter, langjähriger An- satz zur Bewältigung der Herausforderungen kann zum Ziel führen. Auf Organisationsebene heißt dies, gezielt zu handeln und Mitarbeiter*innen an der Handlungs- und Entwicklungspla- nungen partizipativ mitgestalten zu lassen. Dabei kommen den Privatunternehmen ihre insti- tutionell eingebundenen, informationstechnischen und juristischen Kompetenzen zugute. Diese haben vorteilhafte Auswirkungen auf die Einsparung finanzieller Mittel der Organisatio- nen, indem keine externen Kompetenzen eingekauft werden müssen. Auf diesem Hintergrund fordert Kreidenweis Verbände und Wohlfahrt auf, Strategien auf Verbandsebene anzubieten und Einzel- und Kleinorganisationen bereitzustellen, um mit den privaten Trägern mithalten zu können (vgl. Kreidenweis 2019: 8-13). Demzufolge kann die Aussage von Scherr herangezo- gen werden, dass das fachliche Handeln in Organisationen stattfindet, und daraus wiederum die Ansicht entspringt, dass die Organisationen professionalisiert werden müssen (vgl. Scherr 2018: 10). Obgleich eine Änderung der Organisationsstrukturen nur dann in Betracht bezogen werden kann, wenn Routinehandlungen Problematiken hervorrufen. Aus dieser Perspektive fordert die Professionalisierung auf der Organisationsebene kaum Beachtung. Denn laut Scherr (2018: 13) ist „professionelles Handeln (…) nur in dem Maße anstrebenswert, wie es erforderlich ist, um einen wirksamen Beitrag zur Bewältigung von Problemlagen der Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 40 Adressat_innen zu leisten.“ Manchmal genügen aber auch „Alltagskompetenzen und fachlich kompetentes Routinehandeln“. (ebd.) In Anbetracht dessen, wäre ein erster Schritt, fachliche Mindeststandards zu diskutieren und in den Organisationen kontinuierlich, methodisch zu ge- währleisten (vgl. ebd.). Für das professionelle Handeln ist die Individualität der Professionel- len, die Beziehung und interpersonelle Wahrnehmung ausschlaggebend, ungeachtet dessen steht sie der „Professionalisierung im Wege“, indem die „Aufmerksamkeit auf andere Aspekte der Professionalisierung gerichtet“ wird (Gemende 2014: 127). 6.1.1 Professionsverständnis in einer mediatisierten Sozialen Arbeit Für die entstehende Gefährdung in Bezug auf die Demokratie und die digitale Ungleichheit müssen neue Konzepte und Arbeitsweisen erschaffen werden, die Teilhabechancen integrie- ren (vgl. Seelmeyer 2019: 60). Laut Thiersch bildet das Alltags- und lebensweltorientierte Handlungskonzept einen „Zugang, Soziale Gerechtigkeit in den neuen sozialpolitischen Auf- gaben der Hilfe und Unterstützung in den heutigen lebensweltlichen Bedingungen zu realisie- ren“. (Thiersch 2004: 16) Laut Hill und Sagebiel (vgl. 2019: 81) sind aus einer fachlichen Veränderungsperspektive be- sonders die Medienkompetenz, die Nutzung der Neuen Medien und die IT mit Hard- und Soft- waresystemen in den Fachdiskursen angelangt. Woraus ersichtlich wird, dass die professio- nelle Praxis weitaus mehr unter Entwicklungsdruck steht als die wissenschaftliche Disziplin. Allerdings dürfen ethische Fragen zum Personen- und Datenschutz, grundsätzliche Machtdi- mensionen und Monopolstellungen, die durch die Datenansammlungen entstehen sowie der „Wert menschlicher Beziehungen“ nicht außer Acht gelassen werden (ebd.). Als gegenwärtige Aufgabe der Profession der Sozialen Arbeit verdeutlicht Kutscher die kritisch reflektierte Auseinandersetzung mit den digitalen Medien. Außerdem den Einsatz und den Umgang mit den zur Verfügung stehenden neuen Medienkanälen und „wie damit verbun- dene lebensweltliche Bezüge in fachlichen Kontexten bearbeitet werden“ (Kutscher 2019: 31). Die Caritas Deutschland präsentiert in einer aktuellen Jahreskampagne 2019 „Sozial braucht digital“ die Dringlichkeit der digitalen Zugänge und Nutzungsmöglichkeiten für die Soziale Ar- beit. Digitale Medien können unter der Prämisse der Unantastbarkeit der Würde des Men- schen einen sinnvollen ergänzenden Einsatz in der Sozialen Arbeit darstellen, um mit der di- gitalen Teilhabe soziale Teilhabe zu generieren (vgl. Caritas 2019: o.S.). Wird in der Professi- onsdebatte übergeordnet von Technisierung gesprochen, bleibt festzuhalten, dass die Soziale Arbeit ihre Strukturen und Standards neu in den Blick nehmen und auf unterschiedlichen Ebe- nen reflektieren muss. So kann sich die Profession sozialpolitisch für die Einforderung von Teilhabe, Ausschluss und Abgrenzung von Randständigen anwaltschaftlich verhalten (vgl. Seelmeyer 2019: 64). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 41 Witzel bemisst digitale Professionalität an dem Einnehmen einer Haltung zur und von Digitali- sierung und nicht an den Medienkompetenzen der Fachkräfte, die als Grundlage zum Handeln in einer digitalisierten Sozialen Arbeit befähigen (vgl. Witzel 2019: 48f.). Laut Hochuli Freund und Stotz bilden drei Grundhaltungen aus professionsethischer Sicht die Ausgangslage für ein sozialarbeiterisches Handeln. Die Aufmerksamkeit, die gemäß Thiersch den Respekt vor den Bemühungen der individuellen Bewältigungsaufgaben im Alltag der Adressat*innen, durch Wertschätzung und Anerkennung übermittelt wird. Die Achtsamkeit, ohne Vorurteile ressour- cen- und, lösungsorientiert zu handeln und die Anwaltschaftlichkeit, für diese sich die Profes- sionellen einsetzen um die Interessen und Selbstbestimmung der Adressat*innen zu vertreten (vgl. Hochuli Freund/Stotz 2015: 74f.). 6.1.2 Das professionelle Selbstkonzept Eine professionelle Grundhaltung wird unter dem Begriff des Habitus gedeutet. Laut Becker- Lenz und Müller benötigen Fachkräfte der Sozialen Arbeit in Anlehnung an die professionali- sierungsbedürftige Soziale Arbeit in Hinblick auf deren Nichtstandardisierbarkeit, einen pro- fessionellen Habitus3, um Methoden und Interventionen professionell anzuwenden. Die Grund- lage für das professionelle Handeln bildet der Berufsethos anhand der Berufsethik und befä- higt zur Ausübung eines verinnerlichten Habitus (vgl. Becker-Lenz/Müller 2009: 22f.). Be- stimmte Merkmale einer professionellen Grundhaltung bilden die Berufsethik, die Autonomie und die Integrität, die Anwaltschaftlichkeit und Notwendigkeit des fokussierten Eigeninteresses der Adressat*innen sowie eine soziale Gerechtigkeit, die mit Teilhabe und Chancengleichheit verbunden ist (vgl. ebd.: 359-367). Um einem Abhängigkeitsverhältnis vorbeugen und die Kli- ent*innen in ihrer Autonomität und Integrität zu schützen dient „die Fähigkeit zur Gestaltung eines Arbeitsbündnisses“ sowie das „Fallverstehen unter Einbeziehung wissenschaftlicher Er- kenntnisse“ (Becker-Lenz/Müller 2009: 23-26). Professionelle Fähigkeiten sind an die indivi- duellen Persönlichkeitsmerkmale des Individuums geknüpft (vgl. Scherr 2018: 9). Es bedarf besonderer Reflexivität, um die eigene Authentizität, Lebenserfahrung, Biografie und Umwelt- einflüsse herauszukristallisieren und zu bearbeiten. Denn sozialarbeiterisches und sozialpä- dagogisches Handeln findet in ungeplanten, nicht ausgangsgewissen, nichtstandardisierten Kontexten statt (vgl. Hochuli Freund/Stotz 2015: 53ff.,60ff.). Durch die gegenwärtigen Struk- turmerkmale der Sozialen Arbeit besteht eine doppelte Loyalitätsverpflichtung4, die mit wider- sprüchlichen Handlungslogiken einhergeht. Daraus treten Ambivalenzen in den komplexen 3 „Ähnlich wie Bourdieu fast Oevermann „unter den Begriff der Habitusinformation jene tief liegenden, Automatis- men außerhalb der bewussten Kontrollierbarkeit operierenden und ablaufenden Handlungsprogrammierung zu- sammen, die wie eine Charakterinformation das Verhalten und Handeln von Individuen kennzeichnen und bestim- men.“ (Oevermann 2001b: 45 zit. in Becker-Lenz/Müller 20019: 15) Habitus wird hier als Kompetenzbegriff verstan- den und soll „verinnerlichte psychische Struktur mit unbewussten Persönlichkeitsmerkmalen“ darstellen, diese Han- deln, Denken und Fühlen bestimmen (Becker-Lenz/Müller 2009: 21f.). 4 Die doppelte Loyalitätsverpflichtung (auch das doppelte Manda genannt) wird aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert. Hierzu Becker-Lenz/ Müller, Bönisch und Lösch 1973, Thiersch 2001 oder Heiner 2004 und Müller 1991 (vgl. Becker-Lenz/Müller 2009: 382). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 42 Problemstellungen zwischen gesellschaftlichem, bürokratischen Auftrag in Organisationen so- wie den Bedürfnissen der Klient*innen auf (vgl. Hochuli Freund/Stotz 2015: 50-53). Wird der Habitus als professionelle Kompetenz betrachtet, können diese Kompetenzen auf die Span- nungsverhältnisse der Loyalitätsverpflichtung reagieren. Zeitgleich wird eine emotionale Dis- tanziertheit aus der Fallarbeit ermöglicht (vgl. Becker-Lenz/Müller 2009: 60). Die Herausforderungen durch den Wandel der Neuen Medien und Technologien sowie der Online-Beratung liegt darin, die medial bedingten Veränderungen „in das berufliche Selbstkon- zept zu integrieren“ (Wenzel 2013: 213). Das bis zur Entwicklung der Online-Beratung ver- traute professionelle Selbstkonzept spiegelt die unmittelbare face-to-face Interaktion mit den vertrauten Primärmedien zwischen Berater*in und Klient*in wider. Durch die Spezifizierung und Institutionalisierung entwickelte sich Beratung weg von den Lebenswelten der Adres- sat*innen. Die Implementation der Neuen Medien in die Beratungswelt bewirkt, dass Beratung wieder mehr in den Lebenswelten der Adressat*innen einkehrt. Die Neuen Medien führen dazu, dass sich das Nutzerverhalten, die Beratungsanfragen und Möglichkeiten verändern. Dies kann zu einer Diskrepanz im beruflichen Selbstkonzept führen, wenn Berater*innen aus- schließlich den unmittelbaren face-to-face Kontakt als wirksame Form der Beratung betrach- ten. Insofern beinhaltet die Ausdifferenzierung der medienvermittelten Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten eine gewisse Rollenflexibilität der Beratenden (vgl. ebd.). Laut Scherr (vgl. 2018: 9-12) bleibt festzuhalten, dass das Professionsideal als hoch eingestuft werden kann und weitere Fragen aufwirft. Ist es möglich diesem Ideal zu entsprechen und werden in der Ausbildung die dafür notwendigen Grundlagen vermittelt? Befähigt die Vermitt- lung von theoretischem, reflektierten Wissen zum professionellen Handeln? Ist die Befähigung am Ende der Ausbildung sichergestellt und welchen Anteil betrifft die Organisationen, die pro- fessionelle Rahmenbedingungen bereitstellen, um professionelles Handeln zu ermöglichen? Wissenschaftliches Wissen wird anhand von Theorien und Konzepten in den Organisationen in das professionelle Handeln transferiert. 6.2 Aus- und Weiterbildung Gemäß Reindl (vgl. 2018: 24) stellt heutzutage die Digitalisierungsdebatte nicht nur die Frage nach einer professionellen, kritischen Begleitung und Beratung der Nutzer*innen im Umgang mit den Medien, deren Chancen, Risiken und Herausforderungen, sondern der erweiterte Handlungsspielraum durch und mit den Neuen Medien spielt eine immer größere Rolle und rückt in den Fokus des professionellen Handelns. Aus diesem Grunde „müssen Fachkräfte für eine „digitalisierte“ Soziale Arbeit zielgerichtet ausgebildet werden“.(ebd.) Der fortschreitende technologischen Wandel sowie die daraus entstehenden Veränderungen der Gesetzesord- nung bedingen daher eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Qualifizierung von Bera- ter*innen im Online-Setting (vgl. Engelhardt 2018: 27). Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 43 Der Kompetenzerwerb hinsichtlich psychosozialer Beratung stellt eine tragende Grundlage für alle Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit dar. Um professionell arbeiten zu können, sollten sich psychosozial Beratende die Kompetenzen bereits in der Ausbildung, also im Studium aneig- nen (vgl. Kitze 2019: 151). Grundsätzlich betonen Hill und Sagebiel einen Nachholbedarf in der Ausbildung der Fachkräfte der Sozialen Arbeit, um Mediatisierung und Digitalisierung in allen Zielgruppen und Fachbereiche als Standartqualifikation aufzunehmen. Dies bedingt ein Reflektieren von ethischen Fragen über Beziehungsgestaltung und Veränderung durch Digi- talisierung, sowie die Aneignung unterschiedlichster medialer Möglichkeiten, um eine „zeitge- mäße berufliche Haltung zu entwickeln, bewerten und aktiv bearbeiten zu können“ (Hill/Saga- biel 2019: 82). Engelhardt (vgl. 2018: 43) verweist darauf, dass die Folgen der Mediatisierung sowie der Umgang mit den Neuen Medien sozialisierten Adressat*innen noch keinen Einzug in das Studium der Sozialen Arbeit fanden. Daraus entspringt die Dringlichkeit die Fachkräfte für den Umgang mit den Neuen Medien zu qualifizieren, um sich einerseits kompetent in den virtuellen Räumen zu bewegen und anderseits eine Kooperation mit Experten aus IT und wei- teren Fachbereichen simplifiziert herzustellen. Daher sollte „allen Fachkräften der Sozialen Arbeit (…) ein technisches Grundverständnis beginnend in der Hochschulausbildung und wei- terführend konstant in Fort- und Weiterbildung vermittelt werden“. (Stüwe/Ermel 2019: 176) Gleichwohl vertreten Wegener, Küster und Thole die Meinung, dass Professionalisierung in der Praxis und eine akademische Ausbildung für die Wissenserzeugung und Bildung zuständig sei (vgl. Becker-Lenz/Müller 2009: 41). Angesichts des benötigten Wissens über Datenschutz und Vertraulichkeit für die Online Bera- tung, stellt Gekeler (vgl. 2017: 79) die Organisationsperspektive für Online-Beratungen dar. Dazu gehört die Notwendigkeit, den Fachkräften, die Online-Beratung anbieten, eine spezifi- sche Weiterbildung anzubieten, um den Anforderungen der Schweigepflicht und der Vertrau- lichkeit gerecht zu werden. Roeske (vgl. 2018: 17) behauptet, dass die Fachkräfte professio- nell im Hinblick auf Datenschutz, -nutzung und -speicherung ausgebildet sein müssen, um die Adressat*innen vor einer höheren strukturellen Diskriminierung zu bewahren. Für die Fach- kräfte hieße dies, einzelne Mandate nur schwer erfüllen zu können. Wenngleich die Vermitt- lung von Wissen ein generelles Verständnis darstellt, bedeutet dies, „dass digitalisierte Le- benswelten und Rahmenbedingungen als Ausgangspunkt herangezogen werden“ müssen (Roeske 2018: 20). Somit müssen in den Bachelor-Studiengängen „Soziale Arbeit“ Kenntnisse über die Meta- prozesse des sozialen und kulturellen Wandels der Gesellschaft, insbesondere die Media- tisierung und ihre Verknüpfung zu anderen Metaprozessen und die daraus folgenden Kon- sequenzen für die Sozialisation, Identität und soziale Ungleichheiten vermittelt werden. (Helbig 2014: 107) Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 44 Dies impliziert die Reflexion von persönlicher Mediennutzung und Sozialisation der angehen- den Professionellen (vgl. ebd.). Wobei der unmittelbare Kontakt zwischen Sozialarbeitenden und Adressat*innen als fundamentaler Maßstab im Studium gilt. Analog dazu gilt für den Erfolg einer Beratung der face-to-face Kontakt für die Beratungsbeziehung als unverzichtbares und bedeutendes Merkmal (vgl. Thiery 2015: 123). Demgegenüber vertritt Witzel (vgl. 2019: 48f.) die Meinung, dass die Professionellen keine spezifische Ausbildung und Kompetenzen für die Neuen Medien benötigen, die über die grund- legende Ausbildung in der Fachhochschule hinausgeht. Den Professionellen würde ihre Hal- tung den Menschen, denen sie gegenübertreten und die auf der Basis von gesellschaftlichen Strukturen, Werten und Normen beruht und situativ eingesetzt wird reichen. Ungeachtet des- sen müssen sich Professionelle Medien und deren Nutzung im Mediatisierungsprozess aneig- nen, um fortan handlungsfähig zu bleiben. 6.3 Diskussion und Beantwortung der zweiten Fragestellung Allein die generelle Professionsdebatte wirft in der Sozialen Arbeit bereits einige, noch unge- klärte, Fragen auf. Hinzu entstehen neue Fragen an Praxis und Wissenschaft in der aktuellen Diskussion der Digitalisierung. Obgleich die Neuen Medien im praktischen Alltagshandeln teil- weise implementiert sind und Handlungsabläufe effizienter und effektiver gestalten, scheint die Digitalisierung und Mediatisierung eine große Verunsicherung in Bezug auf Zukunftsszenarien und Veränderungen hinsichtlich der technischen Möglichkeiten aufzuwerfen. Mit der Argumen- tation, dass Soziale Arbeit mit und durch Individuen stattfindet, entsteht ein Ablösungsprozess der aktuellen Gegebenheiten. Hingegen führt die Anpassung der Sozialen Arbeit an die aktu- ellen Gegebenheiten der Mediatisierung und die Aufnahme der Vorteile der technischen Mög- lichkeiten in das Alltagshandeln, zur Erreichung der Adressat*innen in ihren derzeitigen Le- benswelten. Mit den Vor- und Nachteilen gleichsam im Fokus würde sich fachfremdes Exper- ten-Wissen über die Implementierung und Nutzung der digitalen Medien in unterstützender Weise, und im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen von kleinen Organisationen, auf Verbandsebene eher realisieren lassen. Die Uneinigkeit, ob Professiona- lisierung bereits im Studium oder eher in den Organisationen stattfindet scheint nicht abschlie- ßend geklärt werden zu können. Dennoch scheint Professionalisierung bereits mit der Vermitt- lung eines professionellen Habitus einherzugehen, der in das persönliche Selbstkonzept inte- griert wird, das sich bereits im Studium bildet. Davon ausgehend, dass sich nicht ein unmittel- barer, sondern ein an die Lebenswelt anschlussfähiger Kontakt als fundamental in der sozial- pädagogischen und sozialarbeiterischen Klient*innen Beziehungen etabliert, könnte sich So- ziale Arbeit anschlussfähig an die Mediatisierung und die weiteren Digitalisierung präsentieren. Im Allgemeinen kann konstatiert werden, dass ein Nachholbedarf an generalistischem Basis- wissen hinsichtlich der Mediatisierung in der Sozialen Arbeit besteht. Aus den Diskussionen Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 45 ist nicht ersichtlich, ob das technische Verständnis und die Medienkompetenz bereits im Stu- dium, also in der Ausbildung, oder erst in der Praxis erlernt werden sollte. Wobei bedacht werden muss, dass das Durchdringen des Alltags durch digitale Medien nicht von den Gesell- schaftstheorien und somit nicht gänzlich von der Wissensvermittlung im Studium trennen lässt. Anhand der Risiken, die durch die technischen Veränderungen entstehen können, wäre es bedeutend die Auswirkungen auf einer theoretischen Ebene zu evaluieren und zeitgleich das technische Know-how und eine professionelle Medienkompetenz zu erwerben. Vor allem wenn davon ausgegangen wird, dass sich die neuen Generationen, die im Allgemeinen mit den digitalen Medien aufwachsen, den Umgang mit den Neuen Medien dennoch aktiv erschlie- ßen müssen. Des Weiteren impliziert die Generationenverschiebung, welche den Umgang mit den Medien als selbstverständlich betrachtet, die Notwendigkeit einer persönlichen Reflexion. In Einbezug der mediatisierten Gesellschaft und den vergrößerten Lebenswelten, sowie der veränderten oder erweiterten Fachlichkeit wird folgende Frage beantwortet: Welchen Einfluss haben die veränderten Lebenswelten der Adressat*innen und die ver- änderten fachlichen Kompetenzen der Professionellen auf das Professionsverständnis der Sozialen Arbeit? Dass Medien den menschlichen Alltag durchdrungen haben, steht außer Frage. In Anbetracht dessen, dass Mediatisierung als ein Schub von Digitalisierung gesehen wird, kann davon aus- gegangen werden, dass sich der Alltag weiterhin verändern wird. Unter Einbezug des verän- derten Nutzer*innen Verhaltens und der erweiterten Möglichkeiten bedeutet das für die Soziale Arbeit Einflüsse auf die theoretischen Konzepte und Theorien. Der Blick auf die Arbeit am und mit dem Individuum sollte durch die erweiterten Handlungs- und Entscheidungsräume der Ad- ressat*innen und Professionellen ebenfalls erweitert werden. Dementsprechend wird die tech- nische, digitale Kommunikations- und Kontaktgestaltung in Verbindung der Unmittelbarkeit als selbstverständlich präsentiert. Folgernd kann die Profession sich anhand der gesellschaftli- chen Entwicklungen von der Unmittelbarkeit im Selbstkonzept bei der Vermittlung im Studium distanzieren und als eine Selbstverständlichkeit in einer mediatisierten sozialen Arbeit aner- kennen. Dafür benötigen Wissenschaft, Disziplin, Praxis und Professionelle eine bedeutsame Offenheit und Reflexion in der Einordung der professionellen Rolle. Darüber hinaus wird eine spezifische Reflexivität für das Handeln in der virtuellen Welt und der Transformation der Er- kenntnisse in Wissenschaft und Theorie benötigt. Im Hinblick auf das generelle Professions- verständnis kann die Verknüpfung der fundamentalen ethischen Prinzipen an angepasste ethi- sche Prinzipien deklariert werden. Angesichts der Komplexität wird eine differenzierte Profes- sionalisierung der Online-Beratung sowie der Profession der Sozialen Arbeit in Betracht gezo- gen, auch wenn diese nicht gänzlich voneinander losgelöst betrachtet werden können. Wenn- gleich sich die Soziale Arbeit in einer digitalisierten und fachlichen Transformation befindet, Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 46 die eine internetbasierte Anschlussfähigkeit voraussetzt, bedarf es für die Einhaltung des pro- fessionellen Berufsethos, des professionellen Habitus und der ethischen Prinzipien einer So- zialen Arbeit keiner fundamentalen Veränderung. Denn auch eine mediatisierte Soziale Arbeit sollte menschenzentrierten, ethischen und sozialen Prinzipien folgen sowie Wert auf der Teil- habe, Integration und auf die individuellen Bewältigungsmöglichkeiten legen. Angesichts einer lebensweltorientierten Sozialen Arbeit, so Thiersch, sollten sich die Professionellen in den Le- bensumwelten der Adressat*innen bewegen, um sich deren subjektive Welt zu erschließen. Eine mediale, digitale Intervention würde diesen theoretischen Bezügen auch in der postmo- derne standhalten. 7 Fazit und Ausblick Digitalisierung und Mediatisierung beeinflussen die Gesellschaft und Soziale Arbeit in techni- scher und sozialer Dimension. Grundsätzlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachfolgende Generationen, auch wenn sie, durch das Aufwachsen mit den digitalen Medien, generell eine höhere Medienkompetenz inhärieren, einen professionellen fachlichen Umgang mit den Medien aufweisen. Abgesehen davon verlangt die Digitalisierung von den Professio- nellen eine medienbewusste Haltung sowie die dafür benötigten fachlichen Kompetenzen in das Selbstkonzept zu integrieren und zu reflektieren. Dies müsste, aus der Sicht der Autorin, beginnend im Studium bereits realisiert werden, um ein langfristiges Umdenken der verinner- lichten Haltung zu umgehen. Vor allem für die Einhaltung der ethischen Prinzipien in der Digi- talisierung liegt es an der Sozialen Arbeit, auf sozialpolitischer Ebene zu fungieren. Zur Einführung der Video-Beratung müsste zuvor geklärt sein, ob es sich damit für die Ziel- gruppe um ein ansprechendes Medium handelt. Wobei die Mannigfaltigkeit der Kommunikati- onsformen die breiteste Nutzer*innen-Gruppe ansprechen wird. Die Video-Beratung birgt die Auseinandersetzung mit besonderen Komplexitäten, da sie für weitere Zielgruppen und spe- zifisch in der globalisierten, pluralisierten Gesellschaft nutzbringend eingesetzt werden kann. Zugleich müssen die digital-gaps aktiv in den Blick genommen und bearbeitet werden. Wenn- gleich nutzungs- und themenfeldspezifischen Methoden als derzeit vorzufinden sind, wäre es ein Anliegen an Forschung und Theorie, eine dem Medium angepasste effektive Methode für die Video-Beratung zu erforschen. Wie sie auch bei der textbasierten Beratung vorliegt. So würde den Professionellen eine empirisch belegte Handlungsmethode zur Verfügung stehen und die Qualität und Professionalität als wissenschaftlich deklariert werden können. Wird dem Phänomen Smartphone in der Zukunft eine bedeutsame Rolle zugeschrieben, darf sich die Profession für weitere Möglichkeiten offen zeigen. Die Video-Beratung wäre eine Option um sich den Nutzer*innen und den spezifisch Themen, auch wenn sie der Anonymität keine Rech- nung trägt, anpassen. Dies gilt vor allem dessen, dass sich der technologische Fortschritt mit rasanter Geschwindigkeit weiter entwickeln wird. In dieser Arbeit wurde noch keinen Blick auf Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 47 weitere Zukunftsszenarien gelegt, die einen unmittelbaren mediatisierten Kontakt gänzlich er- setzen und Beratung über künstliche Intelligenz und Avatare zur Verfügung stehen werden. Daraus wird ersichtlich, dass sich ein Innovationsbedarf in den Organisationen auch auf Ver- bandsebenen abzeichnen sollte. So wird sichergestellt, dass der Einbezug von Innovation und Technik sich nicht zu weit von den grundlegenden Gedanken und ethischen Prinzipien der Sozialen Arbeit verschließt. Folgernd wäre anzudenken, angepasste Beratungssoftware nicht allein aus der IT heraus zu entwickeln, sondern Fachkräfte der Sozialen Arbeit mit einzubezie- hen. Damit kann eine Interdisziplinarität bestärkt und den technischen Ängsten und der Skep- sis entgegengewirkt werden. Dies wird nur mit einer offenen Haltung der Professionellen ge- genüber den Entwicklungen entstehen können. Damit keine Grundängste vor technischen Neuerungen entstehen, liegt es weiterhin an den Professionellen selbst, der Vermittlung in Ausbildung und Weiterbildung aufgeschlossen zu begegnen sowie in den Organisationen kon- tinuierlich Up-to-Date zu sein. Es obliegt ihnen die professionstheoretischen Grundlagen refle- xiv und mit zeitgemäßer Aufarbeitung in die bestehenden Gegebenheiten zu transferieren. Insgesamt kann nicht von einer De-Professionalisierung gesprochen werden, sondern es kann von bekannten Problemlagen, die mit erneuten Problemstellungen durch die digitalen Medien hervorgerufen werden und einhergehen, gesprochen werden. Diese können anhand von viel- fältigen nutzer- und themenspezifischen digitalen Möglichkeiten bearbeitet werden. Das erwei- terte Wissen über Technik und die datenschutzrechtlichen Belange führt ebenfalls nicht zu einer De-Professionalisierung, sondern wird in Anbetracht der mediatisierten Gesellschaft zu einer mediatisierten Sozialen Arbeit führen. Es würde, so schlussfolgernd die Autorin, auf Ba- sis des durch diese Arbeit erworbene Wissens, eher zu einer De-Professionalisierung führen, wenn sich die Soziale Arbeit dem gesellschaftlichen und technischen Wandel nicht anschlie- ßen würde. Bachelor-Thesis Linda Karlin-Hohler Seite | 48 8 Literaturverzeichnis Albrecht, Ralf (2017). Beratungskompetenz in der Sozialen Arbeit. Auf die Haltung kommt es an! 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