YOGA Soziale Arbeit PMR Körperorientierte Methoden in der Burnoutprävention für Professionelle der Sozialen Arbeit Eingereicht bei Autorin Fachhochschule Nordwestschweiz Elena Möri Hochschule für Soziale Arbeit Prof. Clara Angelika Burges Eingereicht im Juli 2016 zum Erwerb des Bachelor of Arts in Sozialer Arbeit. Burnoutprävention TAICHI Abstract In unserer Gesellschaft ist Burnout ein heiss diskutierter Begriff. Dies ruft die Frage her- vor, welche Bedingungen die Entstehung eines Burnout begünstigen und welche Fakto- ren Einfluss darauf nehmen. Der arbeits- und organisationspsychologische, der persön- lichkeitszentrierte sowie der multifaktorielle Erklärungsansatz zu Burnout beleuchten die Hintergründe dazu. Das Transaktionale Stressmodell und das Vulnerabilitäts-Stressmodell zeigen auf, welche Faktoren den Stress in einer Wechselwirkung von Körper und Psyche begünstigen. Mit dem Wissen um diese Faktoren kann die Burnoutprävention an den richtigen Punkten angesetzt werden. Mit diesen Grundlagen wird versucht, eine Abgrenzung zu anderen Diagnosen und Erkrankungen zu treffen und zu eruieren, ob Burnout als eigenständige Krankheit wahrgenommen werden kann. Die vorliegende Arbeit zeigt auf, wo die Schwachpunkte der Arbeitstätigkeiten im Schwei- zer Sozialwesen sind und weshalb die Arbeitstätigen im Sozialwesen überdurchschnittlich von Burnout betroffen sind. Die Auslegung der bestehenden Burnoutprävention für Sozial- arbeitende bezeugt einen dringenden Handlungsbedarf. «Wer viel Feuer für den Job entwickelt, muss für ausreichend ‹Brennstoff› sorgen» (vgl. Poulsen 2009: 15). Viele Sozialarbeitende verfügen, insbesondere zu Beginn ihrer Ar- beitstätigkeit, über sehr viel Feuer für ihre Arbeit. Die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit zeigen auf, dass die Ressourcen, die Belastbarkeit und das Wohlbefinden eines Menschen durch körperorientierte Methoden wie Yoga, Progressive Muskelrelaxation und Tàijí Quán Methoden signifikant verbessert und gefestigt werden können. Die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit sind allen interessierten Sozialarbeitenden ge- widmet. Die Lektüre ist aber gleichzeitig mit Arbeit verbunden. Denn sie soll auch dazu bewegen, etwas für sich selbst zu tun, sich und seinen Körper bewusster wahrzunehmen. Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 7 1.1 Erkenntnisinteresse 7 1.2 Relevanz für die Soziale Arbeit 8 1.3 Fragestellung 10 1.4 Methodisches Vorgehen 11 1.5 Ziel, Abgrenzung und Aufbau der Arbeit 11 2. Burnout 15 2.1 Versuch einer Definition von Burnout 15 2.2 Forschungsstand zu Burnout 17 2.3 Erklärungen zu Burnout 18 2.3.1 Arbeits- und organisationspsychologischer Ansatz 18 2.3.2 Persönlichkeitszentrierter Ansatz 20 2.3.3 Multifaktorieller Ansatz 21 2.4 Gesundheit und Krankheit 22 2.5 Ist Burnout eine Krankheit? 23 3. Auswirkungen von Stress auf den Menschen 26 3.1 Somatische und psychische Symptome 26 3.2 Stresstheorien 28 3.2.1 Transaktionales Stressmodell 29 3.2.2 Vulnerabilitäts-Stressmodell 30 3.3 Stress in der Wechselwirkung von Körper und Psyche 31 4. Körperorientierte Methoden 35 4.1 Yoga 36 4.2 Tàijí Quán 38 4.3 Progressive Muskelrelaxation 39 4.4 Gegenüberstellung der drei körperorientierten Methoden 40 5. Zielgruppe Sozialarbeitende 43 5.1 Gegenstand der Sozialen Arbeit 43 5.2 Vulnerabilität der Sozialarbeitenden 44 5.3 Bestehende Burnoutprävention für Sozialarbeitende 46 6. Schlussfolgerungen 49 7. Quellenverzeichnisse 57 7.1 Literatur 57 7.2 Internet 62 7.3 Abbildungen 63 8. Anhang 65 Die vorliegende Arbeit orientiert sich an der sprachlichen Gleichbehandlung beider Geschlechter. 1. Einleitung Im Folgenden werden das Erkenntnisinter- gesundheitsschädigendem Stress betroffen esse der Autorin dargestellt. Sie nimmt Be- sind. Bereits zu diesem Zeitpunkt stellte die zug auf ihre eigenen Erfahrungen in den Autorin fest, wie viele unterschiedliche the- Praxisausbildungen sowie ihre Erfahrungen oretische Auslegungen über das Phänomen mit körperorientierten Methoden. Zudem Burnout vorhanden sind. stellt sie dar, wie sie den Begriff «Stress» wahrnimmt. Die Relevanz der Thematik für Der Begriff Stress wird im alltäglichen die Soziale Arbeit werden unter Einbezug Sprachgebrauch schon lange verwendet der Erklärungsansätze von Freudenberger, und oftmals im gleichen Satz mit dem Be- Maslach und Burisch aufgezeigt. Es folgt griff Burnout verwendet. Er wird für einen eine Betrachtung der Fragestellung, des harmlosen Ärger, für eine vorübergehende methodischen Vorgehens sowie das Ziel, Hektik, eine spannende Herausforderung, die Abgrenzung und der Aufbau der vorlie- aber auch für eine andauernde und gesund- genden Arbeit. heitsschädigende Belastung gebraucht. Die vorliegende Arbeit behandelt den belasten- den, ungesunden und gefährlichen Stress. Er bezeichnet und erklärt Reaktionen auf 1.1 Erkenntnisinteresse Ereignisse, die der Mensch als anstren- gend und belastend erlebt. Ursprünglich Die Autorin hat sich in der Vorbereitung zu war Stress eine Schutzfunktion, bei der sich der vorliegenden Arbeit damit auseinander- der Körper in einer stressvollen Situation auf gesetzt, wie die Klienten der Sozialen Arbeit Kampf oder Flucht einstellte. Diese Schutz- in ihrer Burnoutprävention unterstützt wer- funktion schärft die Sinne, verbessert die den können. Reaktionsfähigkeit und treibt zu Höchst- leistungen an. Viele gestresste Menschen In ihren Praxisausbildungen erlebte sie, dass reagieren heute mit laut werden (Kampf), Burnout bei vielen Klienten ein wichtiges sich krankschreiben lassen (Flucht) oder Thema ist. Die Autorin stellte in den ersten mit Verstummen (sich tot stellen). In vielen, Recherchen fest, dass über die Betroffenen heutigen Situationen ist es nicht möglich, zu mit Burnout viel und übersichtliches Materi- kämpfen, wegzurennen oder sich tot zu stel- al vorhanden ist. Die Autorin erkannte, dass len. Die ursprünglichen Kampf- oder Flucht- sie erst wenige Hinweise darüber gelesen reaktionen sind heute nicht mehr nötig. hatte, wie die Sozialarbeitenden mit ihrer eigenen, persönlichen Burnoutthematik um- Stress ist heute als Überlebensinstrument gehen. Ihr Interesse war geweckt, als sie nicht mehr nötig. Eine heutige Bedrohung mit diesem Fokus feststellte, dass die Sozi- kann etwa sein, wenn ein Mensch sich von alarbeitenden selber stark von Burnout und einer Aufgabe oder einer Situation überfor- 7 dert fühlt. Von aussen betrachtet muss nicht zählt die Yogalehrerin eine Geschichte aus zwingend eine reale oder sichtbare Gefahr Indien oder der indischen Mythologie. Die vorhanden sein. Ziehen sich diese Stress- Progressive Muskelrelaxation ist oftmals gefühle über einen längeren Zeitraum, dann in die Abschlusssequenz der Yogastunde kann dies krankmachende Folgen haben. eingebunden. Aus dieser jahrelangen Pra- xis von Yoga, Tàijí Quán und Progressiver Stress sollte dabei nicht zwingend als et- Muskelrelaxation kennt die Autorin die Wir- was Negatives verstanden werden. Er kann kungen der körperorientierten Methoden auf auch Hinweise liefern, dass bestimmte Ver- den Körper und die Psyche. änderungen unternommen werden sollten, um die ungesunde Belastung besser bewäl- Mit diesem persönlichen Wissen zu körper- tigen zu können. Die Definition von Stress orientierten Methoden und den Recherchen hat sich von einem zum Überleben notwen- zur Burnoutthematik entstand rasch ein digen Mechanismus hin zu einem Terminus grosses Interesse, die Auswirkungen von gewandelt, der von vielen Menschen im all- körperorientierten Methoden in der Burnout- täglichen Sprachgebraucht verwendet wird. prävention bei Sozialarbeitenden zu unter- suchen. Die Autorin hat mehr als zehn Jahre die Kampfkunst Wushu trainiert und unterrich- tet. In diese Trainings wurden viele Elemen- 1.2 Relevanz für die Soziale Arbeit te des Tàijí Quán integriert. Das Ziel war die mentale Stärkung für die Wettkämpfe. Als Immer mehr Menschen erleben Überfor- Wettkämpferin konnte die Autorin mit Tàijí derungen im Berufsalltag und entwickeln Quán ihre Aufmerksamkeit und Achtsam- krankhafte Symptome, die lange Zeit gar keit ihrem Körper gegenüber stärken, um nicht wahr- und ernstgenommen und ein- die Stresssituation (der Wettkampf) gelas- fach ausgehalten werden. Burnout wird als sener und konzentrierter angehen zu kön- einen prozessartigen Verlauf betrachtet, der nen. Jede Trainingseinheit zielte auf die nicht plötzlich da ist, sondern ein «schlei- Verknüpfung von Körper und Psyche ab. chendes Phänomen» ist (vgl. Koch/Kühne Die Gesundheit ist für jeden Sportler von 2001: 15). Gemäss dem Staatssekretariat grosser Wichtigkeit. Deshalb widmeten sich für Wirtschaft (2010: 74) fühlen sich die Ar- viele Trainingseinheiten des Wushu-Unter- beitnehmenden im Schweizer Sozialwesen richts der Gesundheit, aus der Perspektive überproportional oft emotional verbraucht. der Traditionellen Chinesischen Medizin. Erklärt wird dies mit der häufigen Konfron- tation von persönlichem Leid und sozialen Seit mehr als drei Jahren praktiziert die Au- Konflikten. Dabei sind die Sozialarbeitenden torin nun Yoga. Zu Beginn jeder Lektion er- fast permanent emotionalen Belastungen 8 1. Einleitung ausgesetzt. Rund 13% der Sozialarbeiten- - Burisch erfasst sein Burnoutkonzept als ei- den arbeiten im Vergleich zum Durchschnitt nen multifaktoriellen Erklärungsansatz (Kapi- der Schweizer Arbeitnehmenden deutlich tel 2.3.3). Die Mittelpunkte darin sind sowohl mehr als die vorgeschriebene Arbeitszeit die disponierenden Persönlichkeitsmerkmale (vgl. ebd.: 38). Zudem konsumieren die als auch die gefährdenden Umweltbedin- Arbeitnehmenden im Sozialwesen über- gungen, die einen Burnoutprozess in Gang durchschnittlich mehr schmerzlindernde bringen können. Burisch vereint die ersteren Substanzen, um trotz der Beschwerden beiden Erklärungsansätze. weiterarbeiten zu können (vgl. ebd.: 95). Mit den drei Erklärungsansätzen zeigt die Bekannte Stressforschende wie Maslach, Autorin auf, wie vielschichtig das Phänomen Freudenberger und Burisch haben aussa- Burnout ist und wie herausfordernd es des- gekräftige Erklärungsansätze entwickelt, halb auch ist, eine allgemeingültige Definition um die Ursachen von Burnout eruieren zu zu erstellen (Kapitel 2.2). Das Transaktionale können. Stressmodell und das Vulnerabilitäts-Stress- modell zeigen als wichtige Stresstheorien - Der arbeits- und organisationspsychologi- das Zusammenspiel von Stressoren und den sche Erklärungsansatz von Maslach (Kapi- dadurch ausgelösten Stressreaktionen auf tel 2.3.1) zeigt auf, dass institutionelle Be- (Kapitel 3.2). dingungen die Helfer-Klienten-Beziehung und die Bewältigungsmechanismen der So- Für Fachpersonen, die mit Menschen in zialarbeitenden stark beeinflussen. In die- oftmals belastenden Lebenssituationen sem Burnoutkonzept wird die Diskrepanz arbeiten, ist die eigene Gesundheit umso zwischen der Arbeit der Sozialarbeitenden wichtiger. Denn nur, wer selber gesund ist, und den organisationalen Rahmenbedin- kann seinen Mitmenschen eine Unterstüt- gungen dargelegt. zung sein. Oftmals erst, wenn der Körper in seinen Funktionen versagt, wird er seinem - Der Erklärungsansatz von Freudenberger Träger bewusst. Mit körperorientierten Me- fokussiert mit dem persönlichkeitszentrierten thoden können die Praktizierenden lernen, Erklärungsansatz (Kapitel 2.3.2) auf die hohe eine Verbindung und einen Austausch zwi- Verausgabung der Sozialarbeitenden in ihrer schen Körper und Psyche aufzubauen und Arbeit. In diesem Burnoutkonzept rücken die dadurch wieder mehr Energie und Ruhe zu persönlichen Verhaltensmuster und Charak- bekommen. teristika als entscheidende personale Fakto- ren in einem Burnout in den Vordergrund. Die vorliegende Arbeit soll aufzeigen, wie ein Burnout entstehen kann und welche 9 Faktoren dabei das Zusammenspiel von 1.3 Fragestellung Körper und Psyche beeinflussen. Die Auto- rin will aufzeigen, warum Sozialarbeitende vermehrt Burnouts erleiden und wie sie prä- Die vorliegende Arbeit befasst sich mit fol- ventiv gegen die Gefahr des Ausbrennens gender Fragestellung, die sich für einen vorgehen können. Die Autorin beantwortet, strukturierten und nachvollziehbaren Ar- weshalb die von ihr ausgewählten körpero- beitsprozess in vier Unterfragestellungen rientierten Methoden der Burnoutprävention einteilen lässt. zugutekommen können. Hauptfragestellung Inwiefern eignen sich körperorientierte Methoden zur Burnoutprävention für Sozialarbeitende? Unterfragestellungen Welche Faktoren führen zu einer Burnout-Erkrankung? Von welcher Relevanz ist das Zusam- menspiel von Körper und Psyche bei Burnout- Erkrankungen? Warum erkranken Sozialarbeitende an Burnout? Wie können Sozialarbeitende präventiv gegen ein Burnout vorgehen? 10 1. Einleitung 1.4 Methodisches Vorgehen Der Unterschied zu einer systematischen Methode ist der Blick auf den Ausgangs- punkt der Recherche und der Umfang der zu Die Autorin hat die Literaturrecherche mit sichtenden Quellen. Als Einstiegsliteratur las der Methode der konzentrischen Kreise die Autorin «Der Körper als Ressource in der durchgeführt. Diese Methode wird auch als Sozialen Arbeit» von Wendler, Michael/Hus- Schneeball- oder Lawinensystem bezeich- ter, Ernst-Ulrich (2015) sowie «Burnout und net (vgl. Sandberg 2013: 69). Um themen- Stress» von Kollak, Ingrid (2008). Darauf auf- relevante Quellen zu finden, hat die Autorin bauend hat die Autorin zunächst die Quellen- eine Aufzählung der voraussichtlich relevan- angaben der genannten Literatur gesichtet. ten Begriffe erarbeitet. Zur Bestimmung der Die Literaturbelege dieser Ausgangsquel- geeigneten Suchbegriffe hat die Studierende len gaben Hinweise auf weitere Quellen. So für die Kernbegriffe auch die Synonyme und stieg die Zahl der Quellen zunächst schnell Anglizismen festgehalten. Um ihr Gebiet ein- an und je tiefer sich die Autorin in die Thema- zugrenzen, hat sie in einem Mindmap (siehe tik einarbeitete, desto klarer konnte sie dann Anhang) alle Begriffe gesammelt, die sie zum zwischen der nichtrelevanten und relevanten Beginn der Recherche als relevant erach- Literatur entscheiden. So erschloss sich der tet hat. Mit einem Mindmap können Fakten, Autorin sehr schnell eine relevante und kon- Ideen, Konzepte und Fragestellungen struk- sensfähige Literatur. Zudem bekam sie einen turiert dargestellt werden. Dabei arbeiten die umfassenden Überblick über wichtige Werke linke und rechte Gehirnhälfte zusammen. Die zu ihrem Themengebiet. Von der begleiten- rechte Gehirnhälfte ermöglicht die visuelle den Mentorin Frau Prof. Clara Burges erhielt Struktur, die linke Gehirnhälfte liefert die nütz- die Autorin dazu wichtige und nützliche Li- lichen Details. Dabei wird nicht nur die Kreati- teraturhinweise. Die Autorin versuchte, mit vität erhöht, sondern auch die Flexibilität des einer kritischen Distanz zu den gefundenen Denkens gefördert (vgl. Grotehusmann 2008: Quellen, zu beurteilen, mit welchen Hinter- 102). Mindmaps sind methodisch strukturier- gründen und Zielen ein Text über die Thema- te Schlüsselwörter (vgl. Kirckhoff 2004: 2). tik geschrieben wurde. Dafür waren die Sitzungen mit der begleiten- den Mentorin Frau Prof. Clara Burges sehr unterstützend. Das Mindmap hat sich im Ver- 1.5 Ziel, Abgrenzung und Aufbau der Arbeit lauf der Arbeit in eine Auflistung verändert, wo nicht weiter relevante Begriffe oder The- menkreise wieder gestrichen wurden. Die Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die relevanten Begriffe hat die Autorin anschlies- Untersuchung der Wirkungen von körper- send systematisch in Verzeichnissen von Bi- orientierten Methoden auf die Burnoutprä- bliotheken und im Internet abgearbeitet. vention von Sozialarbeitenden. Die Frage- 11 stellung nimmt das Phänomen Burnout ro-immunologische Symptome und Erklä- bei Arbeitnehmenden im Sozialwesen in rungsansätze werden aufgrund der Kom- den Fokus. Dafür notwendig sind auch plexität ausgelassen. Es zeigt sich, dass die Betrachtung bestehender Angebote die vorgestellten körperorientierten Metho- für diese Zielgruppe sowie der aktuel- den an den richtigen Orten ansetzen. Die le Forschungsstand. Für das bestehen- Autorin stellt die ausgewählten körperori- de Angebot beschränkt sich die Autorin entierten Methoden Yoga, Tàijí Quán und auf das Umfeld der Auszubildenden der Progressive Muskelrelaxation vor. Bei jeder Hochschule für Soziale Arbeit an der Methode versucht die Autorin die Verbin- Fachhochschule Nordwestschweiz. Die dung von Körper und Psyche aufzuzeigen. vorliegende Arbeit geht nicht auf ge- Die Autorin zeigt auf, weshalb insbesonde- schlechterspezifische Faktoren bei der re Arbeitnehmende im Sozialwesen eine Entstehung von Burnout ein. grosse Risikogruppe für Burnout darstellen und wie diese sich mit körperorientierten Da alle Arbeitnehmende im Sozialwesen Methoden präventiv schützen können. Die von Burnout gefährdet sein können, wer- Autorin betrachtet die Situation der Sozial- den keine Unterscheidungen zwischen arbeitnehmenden in der Schweiz. den unterschiedlichen Berufsfeldern ge- macht. Nach einem Versuch der Definiti- Die Ergebnisse der Fragestellung «Inwiefern on von Burnout versucht die Autorin, mit eigenen sich körperorientierte Methoden in Erklärungsansätzen von Maslach, Freu- der Burnoutprävention für Sozialarbeitende» denberger und Burisch und Stressthe- und die daraus folgenden Konsequenzen orien wie dem Diathese-Stress-Modell werden abschliessend dargestellt, um dar- und dem Transaktionale Stressmodell aus auch Empfehlungen für weitere Schritte das Syndrom einzugrenzen. Es wird er- zum Thema Burnout und Soziale Arbeit zu sichtlich, dass ein einheitliches Bild nur entwickeln. schwer herauszuarbeiten ist. Im Versuch, das Syndrom abzugrenzen, wird Stress als Vorreiter und die Depression als fort- geschrittenes Stadium von einem Bur- nout betrachtet. Für das gemeinsame Verständnis wer- den die körperlichen und psychischen Symptome von Burnout aufgezeigt. Die Symptome können als Hinweise dienen, welche Präventionsangebote im Verlauf eines Burnouts greifen können. Neu- 12 1. Einleitung 13 14 2. Burnout Im folgenden Abschnitt wird versucht, zu treffender formuliert (vgl. Burisch 2014: einer Definition von Burnout zu gelangen, 10). Dabei muss für ein «Ausbrennen» welche die Kernelemente des Phänomens die Voraussetzung bestehen, dass die be- Burnout widerspiegelt. Durch die Darlegung troffene Person vorher «gebrannt» haben des aktuellen Forschungsstandes und der muss (vgl. Schüler-Schneider/Schneider/ bestehenden Burnoutprävention für Sozial- Hillert 2011: 453). arbeitende werden die Relevanz und die Ak- Bis 1974 sprachen die Fachkreise von «Fla- tualität für diese Thematik hervorgehoben. me-Out». Im Jahr 1974 erfolgte durch den Die Erklärungsansätze von Forscherinnen deutschen Psychoanalytiker Herbert Freu- und Forscher wie Maslach und Freudenber- denberger erstmals eine Popularisierung um ger dienen der Analyse der Einflussfakto- den Begriff Burnout. Ab 1976 haben Chris- ren, welche die Entwicklung eines Burnouts tina Maslach und Ayala Pines in Kalifornien begünstigen. Es lässt sich erkennen, dass das Phänomen erstmals bei Angestellten sowohl die Persönlichkeit des Betroffenen im Sozialwesen beschrieben. Gegen 1990 als auch organisatorische und institutionelle wurden vor allem in den USA sehr viele Pu- Bedingungen und strukturelle Einflussfakto- blikationen veröffentlicht (vgl. Burisch 2014: ren, aber auch gesellschaftliche Prozesse 5f.), wobei Schaufeli und Enzmann (1998: ausschlaggebend sind (vgl. Enzmann/Klei- 73f.) meinen, dass die methodische Qualität ber 1989: 21). Burisch gibt eine umfassende der meisten Veröffentlichungen noch sehr Erklärung ab, welche die Gemeinsamkei- schwach gewesen sei. ten der Ansätze integriert. Abschliessend wird die Frage beantwortet, ob Burnout als Als Klassifikationsinstrument 1 hat die So- Krankheit verstanden werden kann. zialpsychologin Christina Maslach unter- schiedliche psychische und somatische Symptome benannt, wie beispielsweise emotionale Erschöpfung, Zynismus, ver- 2.1 Versuch einer Definition von Burnout ringerte Arbeitsleistung und Distanzierung. Mithilfe von Mess-Skalen und Fragebögen Die Metapher Burn-Out (Ausbrennen) ist ir- zur Fremd- und Selbsteinschätzung sollte releitend. Sicherungen und Stromleitungen eine genauere Definition von Burnout entwi- brennen durch, beides innert Sekunden und ckelt werden. Festzuhalten ist jedoch, dass es folgt ein sofortiger Stillstand. Das Bur- die gemessenen Symptome relativ unspezi- nout im Kontext von Gesundheit und Krank- fisch sind und auch Teil anderer gesundheit- heit hingegen bedeutet oftmals jahrelanges 1 Das Maslach-Burnout-Inventar ist das häufigste eingesetz- Leiden in unsichtbaren und oftmals unbe- te Instrument zur Selbstbeurteilung. Die drei Dimensionen (emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und persönliche wussten Prozessen. Metaphorisch gemeint Leistungsfähigkeit) des Burnout werden anhand von 25 Items erfasst. Das Instrument dient der Erfassung organisationaler mit Burnout ist der langdauernde zu hohe Schwierigkeiten bei Überbelastungen im beruflichen Arbeitskon- text, dabei stellt es keinen Anspruch an einen Diagnosewert (vgl. Energieverbrauch. «Durchbrennen» wäre Voderholzer 2013: 452). 15 licher Einschränkungen sein könnten. Dies erfordert immer eine individuelle Bewertung durch eine Fachperson (vgl. Voderholzer 2013: 452). Die zwei internationalen Treffen im Jahre 1990 und 1995 von weltweiten Burnout-Spe- zialisten waren wichtige Meilensteine, um das internationale Verständnis des Phä- nomens gemeinsam abzuklären und zu definieren. 1991 hat die Weltgesundheits- organisation für den internationalen Diagno- seschlüssel «International Classification of Diseases ICD-10» eine zusammenfassen- de, aber sehr allgemein gehaltene Definition zu erstellen versucht: «Zustand der totalen Erschöpfung» (vgl. Burisch 2014: 7). Abb. 1: ICD-10 Klassifizierung von Burnout Der ICD-10 definiert Burnout als ein Ausge- brannt sein. Gemäss dieser Klassifizierung ist Burnout bei «Personen, die das Gesund- heitswesen aus sonstigen Gründen in An- spruch nehmen» zu finden (vgl. ICD-Code 2016: o.S.). 16 2. Burnout Die Schwierigkeit, eine allgemeingültige den (vgl. Swiss Burnout Forschung o.J.). Definition von Burnout zu entwickeln, legt Zweifellos ist der Begriff seit Jahren eine die Überlegung nahe, ob die Forschung bis heiss diskutierte Thematik. Viele Menschen anhin lediglich ein Versuch war, eine kasu- können sich mit den Symptomen des Phä- istische Phase zu überspringen (vgl. Bu- nomens identifizieren, auch wenn sie sich risch 2013: 14). nicht als krank bezeichnen würden. Burnout wurde lange als die Manager- oder Lehrer- Schaufeli und Enzmann (1998: 36) publizier- krankheit postuliert (vgl. Burisch 2014: ten eine der nachhaltigsten Definitionen von 239f.). Die oftmals unbewusste Dynamik Burnout: «Burnout ist ein dauerhafter, ne- und der schleichende, prozessartige Verlauf gativer, arbeitsbezogener Zustand normaler von Burnout ist für Aussenstehende nur in Individuen. Er ist primär durch Erschöpfung diffiziler Weise zugängig (vgl. ebd.: 191f.). gekennzeichnet, begleitet von Unruhe und Anspannung, einem Gefühl verringerter Ef- Burisch weist darauf hin, dass die empiri- fektivität, gesunkener Motivation und der sche Fundierung der erklärenden Burnou- Entwicklung dysfunktionaler Einstellungen theorien kontrovers diskutiert wird (vgl. ebd.: und Verhaltensweisen bei der Arbeit. Diese 191f.). Schönpflug (1984: 697) ergänzt, dass Veränderungen entwickeln sich nach und die Übertragung der theoretischen Modelle nach und bleiben den Betroffenen lange un- nur schwer auf die Realität der Betroffenen bemerkt. Sie resultieren aus einer Fehlan- nachvollziehbar sei. Die Forschungsfelder passung von Intentionen und Berufsreali- seien ausserordentlich schwierig und die tät. Ein Burnout hält sich wegen ungünstig gegenwärtig verfügbaren Forschungsme- gewählten Bewältigungsstrategien oftmals thoden und Forschungskapazitäten reichen selbstständig aufrecht.» für eine vollständige Erfassung und Analyse längst nicht aus. Über die Zahl der Betroffenen kann keine 2.2 Forschungsstand zu Burnout gesicherte Angabe gemacht werden. Dies unter anderem, weil kein allgemein gültiger Wie häufig das Phänomen Burnout vor- Konsens über die Definition besteht und da kommt, ist nicht eindeutig belegbar. Zurzeit sich das Syndrom nur schwer gegenüber gibt es weder Diagnose- noch Therapie- anderen Syndromen und Diagnosen ab- verfahren, welche als die einzig Richtigen grenzen lässt (vgl. Fengler 2013: 21). bezeichnet werden können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die derzeit verwende- ten Diagnose- und Therapieverfahren nicht funktionieren. Die Wissenschaft hat noch keinen Konsens in diesem Bereich gefun- 17 2.3 Erklärungen zu Burnout Durch diese Übersicht wird die Komplexi- tät des Syndroms ersichtlich. Die Autorin Forschende wie Freudenberger, Maslach verzichtet auf eine kritische Betrachtung und Burisch haben sich der Herausforde- der folgenden Erklärungsansätze und ver- rung gestellt, in je einem eigenen Erklä- wendet diese für eine literarische und dis- rungsansatz das Phänomen Burnout in kursanalytische Herangehensweise. Worte zu fassen. Die Erklärungsansätze für Burnout hängen mit jenen gesellschaft- lichen Faktoren zusammen, von denen sie 2.3.1 Arbeits- und organisations- unmittelbar beeinflusst werden (vgl. Röhrig/ psychologischer Ansatz Reiners-Kröncke 2003: 107). Das Phäno- men Burnout wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet, die jeweils mehrfa- 1974 beschäftigte sich Christina Maslach che Charakteristika hervorheben. Die klini- (* 1946) als Sozialpsychologin mit der Fra- sche Psychologie wurde massgeblich von ge, wie Menschen auf belastende Ereignis- Freudenberger2 beeinflusst. Diese geht da- se reagieren. Maslach und Zimbardo führten von aus, dass die Entstehung von Burnout das Standford Prison Experiment3 durch, mit innerpsychischen Faktoren korreliert um zu beweisen, dass die Institutionen das und dadurch kann auf persönliche Verhal- Verhalten eines Individuums beeinflussen tensmuster als begünstigende Faktoren ge- (vgl. Hillert/Marwitz 2006: 62-64). Viele Er- schlossen werden. kenntnisse finden sich in ihrem Erklärungs- ansatz wieder. Im Gegensatz dazu ist die Organisations- und Sozialpsychologie (Maslach, 1982) der Maslach betrachtet das Syndrom Burnout Ansicht, dass die äusseren Einflüsse ein aus der Perspektive der Organisations- und Burnout evozieren. Das Berufsumfeld und Sozialpsychologie (vgl. Enzmann/Kleiber die Institution spielen dabei eine zentrale 1989: 22). Burnout wird als ein Syndrom Rolle (vgl. Maroon 2008: 7). beschrieben, das bei Sozialarbeitenden in Form emotionaler Erschöpfung, Deperso- Die Darlegung von Burisch (2014) konzent- riert die Gemeinsamkeiten der Erklärungs- 2 Freudenberger bearbeitete die emotionale und physische Er- ansätze von Freudenberger und Maslach. schöpfung bei Sozialarbeitenden im Suchtbereich. Diese Ent- wicklungen stehen auch in anderen Arbeitsbereichen mit einer Die Autorin verzichtet auf den vierten Erklä- Erwartungshaltung, zu hohen Idealen und zu hohem Engagement der Sozialarbeitenden in Verbindung (vgl. Maroon 2008: 7f.). rungsansatz nach Cherniss 1980. Darin ste- hen historisch-gesellschaftliche Einflüsse 3 Die Forscher liessen je zwölf psychisch und physisch gesun- für die Entstehung von Burnout im Zentrum. de Studenten die Rollen von Gefangenen und Wärtern überneh-men. Das Experiment musste innerhalb von nur fünf Tagen we- Für die vorliegende Arbeit würde dieser An- gen Misshandlungen und Folterungen abgebrochen werden. Die Studenten erlebten eine Depersonalisierung (vgl. Hillert/Marwitz satz zu weit führen. 2006: 62ff.). 18 2. Burnout nalisierung4 und reduzierter, persönlicher professionell empfunden und sie versuchen Leistungsfähigkeit auftritt. Insbesondere bei dadurch, umso besser zu arbeiten, mit dem beruflichen Tätigkeiten in der Gesundheits- Anspruch an sich selber, sich emotional di- vorsorge zeigt sich einer hoher, emotionaler stanzieren zu können. Darauf folgt ein phy- Stress. Die Einschränkungen der eigenen sischer und psychischer Rückzug. Die von Leistungsfähigkeit werden als persönliches Burnout gefährdeten Personen spüren die- Versagen wahrgenommen. Es kann zu ei- sen Rückzug und die Erfolgserlebnisse, die ner Verringerung des Selbstwertes kom- der Sozialarbeitende von seinem «Helfen» men (vgl. Maslach/Jackson 1984, zit. nach erwartet, reduzieren sich allmählich. Daraus Enzmann/Kleiber 1989: 32). resultiert das dritte Symptom, die reduzierte Leistungsfähigkeit und Leistungsunzufrie- Die emotionale Erschöpfung, die Deperso- denheit (vgl. Burisch 2014: 53). nalisierung und die reduzierte Leistungs- fähigkeit setzen zwei Bedingungen für ein Gemäss Maslach und Leiter (2001: 19) ist Burnout voraus. Einerseits entstehen sie dieses Burnoutkonzept eine Beschreibung aus den Arbeitssituationen und andererseits der Helfer-Klienten-Beziehung und deren aus den Personal-Klientenbeziehungen. Bewältigungsmechanismen, die Einbettung Laut Maslach (1982: 41, zit. nach ebd.: 34) in die situativen und institutionellen Bedin- sind die Ursachen des Burnouts also nicht gungen. Das Burnout ist kein simples Pro- in erster Linie die Persönlichkeiten der Be- blem, sondern betrifft die Diskrepanz zwi- troffenen. Die strukturellen Gegebenheiten schen der Person und seinen Leistungen und die negativen Arbeitsbedingungen wer- als Sozialarbeitenden. Enzmann und Klei- den als relevantere Faktoren in der Erste- ber (1989: 35) fordern Interventionen auf in- hung von Burnout angesehen. Auch wenn stitutioneller Ebene und in den bestehenden die Betroffenen die Belastungen ihrer Arbeit Arbeitsbedingungen. wahrnehmen, so suchen diese die Fehler bei sich selber, dadurch entstehen nur noch weitere Versagensängste. Die emotionale Erschöpfung entsteht schlei- chend. In der Arbeitstätigkeit werden die si- tuativen Diskontinuitäten nicht wahrgenom- men, sondern sie werden dem Klientel und den fehlenden Erfolgserlebnissen zuge- schrieben (vgl. Enzmann/Kleiber 1989: 34). Mit dieser Perspektive entwickelt sich die 4Unter Depersonalisierung werden schützende Abwehrreaktions- muster verstanden. Schmerzliche, ängstigende oder unerträgli- Depersonalisierung. Die wahrgenommenen che Emotionen und Kognitionen werden dadurch «erträglicher». Mit der Depersonalisierung entsteht eine Abkoppelung vom Ge- Gefühle werden vom Betroffenen als un- fühl der Selbstzugehörigkeit (vgl. Studt/Petzold 1999: 119). 19 2.3.2 Persönlichkeitszentrierter Ansatz Insbesondere bei übermässig engagierten Sozialarbeitenden kommt es durch den star- ken Druck des Helfen-Wollens leicht zu ei- Der deutsche Herbert Freudenberger (1926 ner Überforderung. Das Burnout wird nicht - 1999) erlebte im zweiten Weltkrieg eine tur- als einen Zustand im Entwicklungsstadium bulente und dramatische Kindheit. Die Mut- erklärt, sondern als einen, vom Betroffenen ter litt an Depressionen, sein Vater schickte selten bemerkbaren Prozess (vgl. Enzmann/ ihn nach Amerika, wo er bei der Tante leben Kleiber 1989: 25). Bei diesem Erklärungsan- sollte. Da diese ihn nicht wollte, lebte er zeit- satz steht die Enttäuschung über die unre- weise auf der Strasse und schlug sich mit alistischen und unerreichbaren persönlichen Diebstählen durch. Nach einer Ausbildung Erwartungen an den Beruf. Freudenberger zum Werkzeugmacher studierte er Psycho- spricht von einem Zustand der Ermüdung logie unter A. Maslow, dem Begründer der und Frustration, der die individuellen körper- humanistischen Psychologie und wurde lichen und psychischen Reserven erschöpft Psychoanalytiker. Im Jahr 1974 publizierte (vgl. Freudenberger/Richelson 1983: 38). er einen Artikel mit dem Namen «Burn-out» und gab damit dem Syndrom einen Namen Gemäss dem persönlichkeitszentrierten Er- (vgl. Bauer 2013: o.S.). klärungsansatz sind die Anzeichen für ein Burnout eine chronische Müdigkeit, die zu Freudenberger definiert das Burnout als Ab- Verdrängungsversuchen in Form von Zynis- nutzung und Erschöpfung, die sich durch mus und Gleichgültigkeit führen kann. Es eine hohe Verausgabung der Person an folgen schnelles Gekränktsein, gesteigerte Energie und Ressourcen5 äussert (vgl. Reizbarkeit und kognitive Erschöpfung wie Freudenberger 1974, zit. nach Enzmann/ Orientierungs- und Aufmerksamkeitsstörun- Kleiber 1989: 25). Diese Perspektive ergibt gen (vgl. Enzmann/Kleiber 1989: 87). Die folgende Definition: Burnout ist ein über- gefährdete Person verweigert und distan- mässiger Energieverbrauch, eine Erschöp- ziert sich in ihrer Wahrnehmung von der all- fung durch Überforderungen, die von innen gemeingültigen Realität, sie stellt dabei die oder aussen kommen: durch die Familie, Ar- eigenen Kompetenzen in Frage. Sie strebt beit, Freundeskreise, Gesellschaft und die nach Belohnung und Anerkennung, dieses individuellen und kollektiven Wertesysteme. Streben wiederum begünstigt ein Burnout. Diese Dimensionen rauben der betroffenen Person ihre Energie, die Bewältigungsme- chanismen und die innere Kraft. Burnout ist ein Gefühlszustand, der von übermässigem 5 Manchmal erträgt ein Mensch mehr, manchmal weniger. Der Stress begleitet wird und der schliesslich die eine Mensch erträgt besser zwischenmenschliche Spannungen, der andere kann besser mit Termindruck umgehen. Wie gut Stres- persönliche Motivation, die Einstellungen soren ertragen werden, hängt von zusätzlichen Faktoren ab, die helfen, gelassener zu reagieren und besser mit Belastungen um- und Verhaltensweisen beeinträchtigt. zugehen. Diese Faktoren werden »Ressourcen” genannt. 20 2. Burnout Dabei geht es aber nicht um die zu hohen, Ressourcen reduzieren können, bedingt von aussen kommenden Erwartungen an die sein. Daher können Menschen in den glei- Fachperson (vgl. ebd.: 26). Das Burnoutkon- chen oder ähnlichen Arbeitssituationen un- zept von Freudenberger rückt die individuel- terschiedlich ausbrennen oder eben auch len, persönlichen Verhaltensmuster und Cha- gesund bleiben. rakteristika als entscheidende Faktoren in der Entstehung eines Burnouts ins Zentrum. Im Zentrum des Burnout-Syndroms steht Berufliche und soziale Rahmenbedingungen nach Burisch die enge Fokussierung auf werden als weniger relevante Einflussfakto- einen Wunsch, der nur realisiert werden ren gewertet (vgl. Wagner 1993: 17). kann, wenn alle weiteren Ziele hinten an- gestellt werden. Beim Versuch, das Ziel oder den Wunsch doch noch zu erreichen, werden die Anstrengungen immer verzwei- 2.3.3 Multifaktorieller Ansatz felter. Wenn die Kraftreserven schwinden, tritt ein Erschöpfungszustand ein. Das Auf- Der Deutsche Matthias Burisch (* 1944) war geben des Zieles erscheint unmöglich (vgl. Professor für Psychologie an der Universität Burisch 2014: 172). Burisch erklärt, dass es in Hamburg. Sein Werk «Das Burnout-Syn- für Betroffene schwierig ist, eine klare Sicht drom – Theorie der inneren Erschöpfung» auf ihre Situation zu erhalten. Sie geraten gilt als das deutschsprachige Standardwerk schnell in einen Teufelskreis von verstärkter zu dieser Thematik. Im Jahr 2008 hat Bu- Anstrengung und umso schlimmerer Ent- risch das Burnout-Institut Norddeutschland täuschung. Der Mensch in einem Helfer- gegründet. Burisch (2015: 4) ist auch heu- beruf wird in seinem Selbstbild erschüttert te noch als Berater von Organisationen und in seinem beruflichen Nimbus gefähr- und Einzelpersonen sowie als Publizist und det, wenn er sich eingehender mit den ei- Redner aktiv. genen Handlungsmotiven beschäftigt (vgl. ebd.: 8f). Burisch konstatiert, dass sich das Burisch geht davon aus, dass sowohl dispo- temporäre Gefühl der Hilflosigkeit zu einem nierende Persönlichkeitsmerkmale als auch chronischen Gefühl der Hoffnungslosigkeit gefährdende Umweltbedingungen vorhan- verdichtet (vgl. ebd.: 35). den sein müssen, um einen Burnoutprozess in Gang zu bringen. Die ungünstigen Um- Burisch versteht das Phänomen Burnout weltbedingungen müssen nicht zwingend als ein Syndrom, das ein Krankheitsbild nur durch die Arbeitssituationen entstehen, abzeichnet, in dem viele unterschiedliche sondern können auch durch das private Symptome zusammentreffen. Nicht alle Be- Umfeld oder sozial-gesellschaftliche Zu- troffenen erreichen in ihren Erkrankungen sammenhänge, welche die für einen idea- das Endstadium, auch eine bestimmte Rei- len Arbeitsalltag zur Verfügung stehenden henfolge der Symptome ist nicht zwingend. 21 Die Ressourcen und Verarbeitungsstrategi- Phasen der Erschöpfung, Trauer, An- und en eines jeden Betroffenen können den Pro- Entspannung, Lust und Unlust, die eben- zess des Burnouts jederzeit unterbrechen. falls zu einem ganzheitlichen Verständnis Im vorangegangenen Prozess entstanden von Gesundheit gehören (vgl. Kreilinger/ jedoch meistens bleibende Schäden (vgl. Schalk/Kloyber 2015: o.S.). Diese Definition ebd.: 29f.). Die Zusammenstellung der Bur- kann auch schlichtweg als zynisch betrach- nout-Symptome findet sich im Kapitel 2.2.2. tet werden in Angesicht der Anzahl all jener Menschen, die täglich ums blosse Über- Das Burnoutkonzept von Burisch konzen- leben kämpfen (vgl. Zwick 2004: 28). Die triert sich sowohl auf die disponierenden Weltgesundheitsorganisation nahm sich der Persönlichkeitsmerkmale als auch auf die Kritik an und ergänzte ihre Definition mit Hil- gefährdenden Umweltbedingungen, die ei- fe des Gesundheitswissenschafters Klaus nen Burnoutprozess in Gang bringen kön- Hurrelmann. In der neuen Definition wird nen. Burisch vereint die ersteren beiden Er- Gesundheit als ein Gleichgewicht zwischen klärungsansätze. Risiko- und Schutzfaktoren verstanden. Seit dem Jahr 2000 lautet die Gesundheits- definition der Weltgesundheitsorganisati- 2.4 Gesundheit und Krankheit on wie folgt (vgl. Hurrelmann/Settertobulte 2000: 140): Gesundheit setzt sich aus phy- Um diese komplexe Frage beantworten zu sischen, psychischen und sozialen Anteilen können, soll zunächst geklärt werden, wie zusammen, die sich wechselseitig beein- Krankheit und Gesundheit voneinander ab- flussen. Gesundheit ist eng verbunden mit gegrenzt werden können. individuellen und kollektiven Wertvorstellun- gen, die sich in der persönlichen Lebensfüh- Die viel und gerne zitierte Definition der rung zeigen. Dieser Balancezustand muss Weltgesundheitsorganisation von 1978 lau- bei jedem lebensgeschichtlichen Zeitpunkt tet folgendermassen: «Die Gesundheit ist erneut hergestellt werden. Die Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, ist kein passiv erlebter Zustand des Wohl- geistigen und sozialen Wohlergehens und befindens, sondern ein aktuelles Ergeb- nicht nur das Fehlen von Krankheit oder nis der jeweils aktiv laufenden Herstellung Gebrechen.» (vgl. Weltgesundheitsorgani- und Erhaltung der sozialen, psychischen sation 1946). Wenn dieser absolute Zustand und körperlichen Handlungsfähigkeit eines der totalen Gesundheit nie gegeben ist, Menschen. Die sozialen, ökonomischen, dann ist ebenso kaum ein Zustand denkbar, ökologischen und kulturellen Lebensbedin- der nicht als behandlungsbedürftige Krank- gungen bilden den Rahmen für die Entwick- heit gelten würde (vgl. Bittner 1994: 70). In lungsmöglichkeiten der Gesundheit. diese Definition nicht miteinbezogen sind 22 Eine lustvolle und selbstbewusste Lebens- unwesentlich aufzutrennen. Burnout ist so- führung, eine optimistische Einstellung, mit keine Diagnose und daher auch keine Selbstwirksamkeitserwartungen und eine Krankheit. (vgl. Swiss-Burnout o.J.). positive Realitätsverarbeitung sind zentrale Elemente für die Gesundheit. Aber ebenso bleibt die Tatsache bestehen, dass immer nur von relativer Gesundheit gesprochen werden kann (vgl. Hurrelmann/Franzkowiak 2010: o.S.). 2.5 Ist Burnout eine Krankheit? Psychiatrische und psychosomatische Krankheiten sind eine Frage der Definition und der Perspektive. Gemäss Ziffer Z73 des ICD-10-Codes wird Burnout als Zustand der körperlichen Erschöpfung erklärt. Das Bur- nout-Syndrom gilt aus der Perspektive des ICD-10 nicht als Krankheit, sondern ist eine Zusatzdiagnose, die Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewälti- gung bezeichnet. Es bestehen keine diag- nostischen Leitlinien, die trennscharfe Krite- rien zur Symptomatik von Burnout vorgeben (vgl. Schulze/Rössler 2006: 23ff). Für das Burnoutphänomen ist Stress ein Schlüs- selelement, das von allen Erklärungsansät- zen bestätigt wird (vgl. Burisch 2014: 73). Burnout beschreibt das Bild des Zustandes eines Menschen und hat bis heute noch kei- ne einheitliche Definition. Kommen depres- sive Symptome zu einem Burnout hinzu, dann handelt es sich bereits um die Diagno- se «Depression». Im fortgeschrittenen Sta- dium sind Burnout und Depression nur noch 23 24 3. Auswirkungen von Stress auf den Menschen Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Aus- erfolgreiche Bewältigung stärkt das Indi- wirkungen „Stress“ auf den Mensch hat und viduum im Sinne von Selbstwirksamkeits- anhand welcher Symptome sich dies zeigen erfahrungen. kann. Die Stresstheorien (Transaktionales Stressmodell und Vulnerabilitäts-Stressmo- Sind die Regenerationsphasen zu kurz, so dell) geben Aufschluss über die theoreti- leeren sich die Energie- und Ruhereservoi- schen Grundlagen. Abschliessend erläutert res allmählich (vgl. Burisch 2014: 77). Ähn- die Autorin den Stress in der Wechselwir- lich dem Atem, der auch nur in kurzen, kont- kung von Körper und Psyche. rollierten Phasen unregelmässig sein sollte. Werden die Belastungen chronisch, so füh- Der Begriff «Stress» kann aufgeteilt wer- ren diese zu einer erhöhten Widerstandsbe- den in einen Stressor (Belastungsfaktor) reitschaft, indem sich der Organismus die- und in die Reaktion auf den Stressor, also sen Belastungen anpasst und versucht, das die Stressreaktion. Die Reaktion des Or- neue Gleichgewicht auf dem neuen Niveau ganismus ist unspezifisch, also unabhän- aufrechtzuerhalten. Diese Anpassungsleis- gig von der Art der Belastung. Stressoren tungen können aufgrund fehlender Selbstre- sind Faktoren, die Stress auslösen. Nicht gulation jedoch einbrechen. Dieser Zustand jeder Stressor muss, aber jeder kann Stress zeichnet sich durch eine totale Erschöpfung auslösen. Je mehr Stressoren auftreten, aus, mit Auswirkungen bis hin zu Organer- umso wahrscheinlicher ist die Entstehung krankungen oder neuronalen Schädigungen von Stress. Stressoren können kurzfristig im Gehirn. durchaus erwünscht sein. Ein erhöhter Puls vor einem Wettlauf oder Lampenfieber vor In der Stresssituation lassen sich drei As- der Vorstellung. Ein stabiler Bluthochdruck pekte hervorheben. Erstens die Stresso- stellt langfristig eine dysfunktionale Stress- ren als äussere Belastungen oder Anfor- reaktion dar. derungsbedingungen, die unterschiedliche Dimensionen betreffen können (zum Bei- Stress ist nicht zwingend mit gesundheits- spiel Lärm, körperliche Verletzungen, Zeit- schädigenden Auswirkungen verbunden, druck, zwischenmenschliche Konflikte, solange er in kurzfristigen Aktivierungen usw.). Der zweite Aspekt ist die körperli- und gleichzeitig im Wechselspiel mit Ent- che, psychische und mentale Stressreak- spannungsphasen steht. Als Sinnbild dafür tion. Beispielsweise durch die erhöhte Ak- kann der Wechsel zwischen Einatmen und tivierung des vegetativen Nervensystems, Ausatmen stehen (vgl. Kaluza 2011: 23). die psychisch-emotional als bedrohlich er- Die Handlungen zur Bewältigung werden lebt wird und zu negativen Gedanken führt. in stressreichen Situationen aktiviert. Die Als dritten Aspekt können die persönlichen 25 Stressverstärker genannt werden. Die indi- 3.1 Somatische und psychische viduellen Bewertungen und Einstellungen Symptome werden als Band zwischen den äusse- ren Anforderungen und den individuellen Ein Burnout ist ein Zustand körperlicher, Stressreaktionen verstanden, etwa durch emotionaler und geistiger Erschöpfung, de- Ungeduld, Perfektionismus oder Kontroll- ren Symptome sich über einen längeren Zeit- verlangen (vgl. Kaluza 2011: 23f.). raum aufbauen. Bei einem Burnout müssen nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten, Laut Brühlmann laufen die Stressreakti- sie können sich jedoch zunehmend verhee- onen sehr individuell ab und setzen sich rend auf die Arbeit mit anderen Menschen zusammen aus biologisch-genetischen As- auswirken. Die folgenden Ausführungen der pekten, biographischen Erfahrungen und Burnout-Symptomatik entstanden in Anleh- situationsspezifischen Belastungen (vgl. nung an Burisch (2006: 24-34, 2014: 26-29) Brühlmann 2011: 46), siehe dazu die Er- und konzentrieren sich auf das Arbeitsum- klärungsansätze im vorangehenden Kapi- feld der Sozialarbeitenden. tel. Die objektiven Charakteristika und die Qualität der Stressoren beeinflussen die Zu den physiologischen Reaktionen eines Stressreaktion nur bedingt, da subjektive Menschen in Stresssituationen gehören Prozesse wie Wahrnehmung und Bewer- zunächst die übermässig erhöhte Aktivie- tung individuell ablaufen. rung des vegetativen Nervensystems, die einhergeht mit der Erhöhung der Herz- und Die Autorin erarbeitet die Aspekte der Aus- Atemfrequenz und des Blutdrucks, Mus- wirkungen von Stress auf den menschli- kelanspannungen und die Erweiterung der chen Körper. Für ein gemeinsames Ver- Pupillen, Ausschüttung von Zucker und En- ständnis werden zuerst die Symptome auf dorphinen (vgl. Balz 2015: 108). Reaktionen der somatischen und der psychischen Ebe- wie Schlaf- und sexuelle Störungen, Enge- ne dargelegt. Das Transaktionale Stress- gefühle in der Brust bis zu Atemnot, nervö- modell sowie das Diathese-Stress-Modell se Ticks und veränderte Essgewohnheiten bilden die Erklärungsgrundlagen, da sie (mehr Alkohol, Kaffee, Tabak, Drogen) tre- sich als Erklärungsversuche für den sozial- ten bereits in der Anfangsphase des Bur- arbeiterischen Kontext eigenen. Die medi- nouts auf (vgl. Burisch 2014: 18ff.). zinischen Erklärungen und Begründungen, etwa aus der Neuroimmunologie, werden Die psychischen Reaktionen sind beispiels- weggelassen. weise Angst und Aggressionen, Apathie und Depression, Konzentrationsmangel und Beeinträchtigung der Informationsver- arbeitung (vgl. Balz 2015: 108), näheres dazu in Kapitel 2.1.1. 26 3. Auswirkungen von Stress auf den Menschen Die Warnsymptome in der Anfangsphase sind sie den Wunsch nach reduzierter Arbeitszeit, geprägt durch einen zu hohen Energieeinsatz. der sich bis zu Fluchtphantasien aufbauen Dies zeigt sich durch Hyperaktivität, Verleug- kann. Die Desillusionierung bezüglich ihrer nung eigener Bedürfnisse, Verdrängung von Arbeit ist für die Betroffenen sehr schmerz- Enttäuschung, Gefühl von Unentbehrlichkeit haft und erfordert Trauerarbeit6 und Bewusst- und ständigem Zeitmangel. Die Erschöpfung werdungsprozesse. zeigt sich durch wenig Schlaf und erhöhte Unfallgefahr. Burisch meint, dass nicht die Wenn Betroffene sich selber die Schuld für Arbeitsmenge, sondern die Gefühlslage bei die unbefriedigende Situation geben, reagie- der Verrichtung der Arbeit entscheidend ist. ren sie oft depressiv und ihr Selbstwert sinkt Einsatz und Ertrag sowie Anstrengung und massiv. Zu Beginn versuchen sie noch, die Belohnung müssen in einem Gleichgewicht nachlassende Leistungsbereitschaft durch stehen. Für einen Einbruch sorgen bereits verstärkte Aktivität zu kompensieren. Wird Zweifel am «Sinn» des eigenen Handelns. die Schuld der Umwelt gegeben, so werden die Betroffenen pessimistisch und reagie- Die Betroffenen zeigen ein reduziertes inne- ren in vielen Wutausbrüchen oder gereizter res Engagement. In der Arbeit mit Klienten Stimmung. Die Betroffenen verleugnen ihre bauen sie eine grössere emotionale Distanz Eigenbeteiligung, sind misstrauisch, kompro- auf und versuchen, Kontakte zu Klienten zu missunfähig und intolerant. vermeiden. Sie leiden unter Aufmerksam- keitsstörungen und dem Verlust von Em- Die Betroffenen führen ihre Arbeit nur noch pathie. Die Verständnislosigkeit gegenüber nach Vorschrift durch, es passieren viele Feh- den Problemen anderer Menschen wird im- ler. Sie sind nicht mehr an Entscheidungspro- mer grösser und sie reagieren mit Zynismus. zessen interessiert. Sie erleben einen Abbau Immer stärker erfolgen Schuldzuweisungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, etwa durch an die Klienten. Die Klienten werden dehu- Gedächtnisschwächen und der Unfähigkeit, manisiert. In der Einstiegsphase der Berufs- komplexe Aufgaben auszuführen. Dies wie- tätigkeit sind die Betroffenen mit viel Feuer derum verringert ihre Initiative, Produktivität, engagiert für ihre Ideale. Darauf folgt ein Phantasie und Flexibilität. Die Betroffenen fal- emotionaler, kognitiver und verhaltenstech- len in ein Schwarz-Weiss-Denken und bauen nischer Rückzug, die Betroffenen werden Widerstand gegenüber Veränderungen auf ihrer Arbeit überdrüssig und wenden sich (vgl. Burisch 2014: 18ff.). innerlich von ihrer Arbeit ab. 6 Bei Burnout spielt Trauer eine wichtige Rolle. Sie erhält oftmals Ein typisches Verhalten ist das starke «Be- nicht den Raum, den sie bräuchte. Geht das Leben nach einer Verlusterfahrung einfach weiter, bleibt das Unverarbeitete zurück. schäftigtsein» mit viel Präsenzzeit, wobei Es meldet sich zu einem anderen Zeitpunkt wieder. Nämlich dann, wenn keine Energie mehr zur Verfügung steht, um die Schutz- Aussenstehenden oftmals unklar bleibt, wo- mechanismen aufrechtzuerhalten. Eine angemessene Trauer braucht innere und äussere Räume, die jedoch häufig fehlen (vgl. ran sie gerade arbeiten. Gleichzeitig haben Harrer 2013: o.S.). 27 Die Betroffenen interessieren sich kaum Das Burnout ist eine Folge von Fehlbelas- mehr für ihre Umwelt, sie verlieren ihre In- tungen, die sich über einen Zeitraum von teressen an Hobbies und verspüren Lan- mindestens sechs Monaten erstrecken. geweile. Die Betroffenen wirken gleichgül- Die genannten Symptome alleine machen tig, was viele Mitmenschen als Abweisung noch kein Burnout aus. Es müssen weitere verstehen, woraufhin sie sich zurückziehen. Kriterien erfüllt sein. Auf erfolglose Stress- Die informellen Kontakte frieren immer mehr bewältigungsversuche folgen Reaktionen ein, worauf Einsamkeit folgen kann. Starke wie Kontrollverlust und Hilflosigkeit. Dabei Gefühle von Sinn- und Hoffnungslosigkeit können stressauslösende Reize im Alltag für Arbeit und Leben können schlimmsten- nicht (mehr) bewältigt werden. Der Betrof- falls zu Selbstmordgedanken und deren tat- fene verfügt nicht mehr über eine geeignete sächlicher Umsetzung führen. Stressregulation. Zudem bestehen deutliche Einschränkungen im beruflichen und sozia- Betroffene reagieren oft durch Selbstbehand- len Funktionieren. Es passieren viele Fehler, lungsversuche mit Beruhigungs-, Schmerz- Termine werden vergessen, soziale Bezie- und Schlafmitteln, ein Arzt wird dabei nicht hungen leiden. (vgl. ebd.: 18ff.). zugezogen. Die Selbststigmatisierung ist für sie schlimm und wer an einer psychischen Die Autorin vermutet, dass besonders für Erkrankung leidet, wird auch von der Gesell- Menschen, die beruflich mit anderen Men- schaft sehr schnell abgestempelt. Die soziale schen arbeiten, der Seitenwechsel vom So- Umgebung kann sehr abweisend reagieren, zialarbeiter zum Klienten sehr schwierig sein denn niemand stellt sich gerne die Frage, ob kann. Die Autorin meint, dass der Sozialarbei- er selber davon betroffen sein könnte. Viele ter sich sehr stark fühlen möchte und muss, Vorurteile gelten in der Regel nicht nur den um den Bedürfnissen seiner Klientel gerecht Mitmenschen, sondern auch sich selber. zu werden. Bereits das Eingeständnis, dass einen der sozialarbeiterische Berufsalltag ab Das Aufsuchen etwa von psychologischer und zu überfordern kann, ist möglicherweise Hilfe ist für viele Menschen eine grosse sehr schwierig. Hürde, oft wird dies als Eingeständnis von Schwäche angesehen. Auch bestehen oft Ängste, dass bei einer Therapie noch wei- tere Problemfelder auftauchen, denen man 3.2 Stresstheorien sich nicht stellen will und für die man noch weniger Zeit hätte. Auch besteht bei den Be- Als Erklärungsätze für das Zusammenspiel troffenen meist grosses Unwissen über die von Stressoren und die dadurch ausgelösten Therapiemöglichkeiten und den Therapiever- Stressreaktionen hat die Stressforschung lauf (vgl. ebd.: 18ff.). einige Stressmodelle entwickelt (vgl. Kauf- feld 2011: 228ff.) Die Autorin geht auf das 28 3. Auswirkungen von Stress auf den Menschen Transaktionale Stressmodell und das Diathe- gen in objektiv ähnlichen Situationen bei se-Stressmodell ein. Die beiden Modelle er- einem Menschen ein Burnout begünstigen klären, wie Stressereignisse wahrgenommen können und der andere Mensch dabei ge- und in die Handlungskonzepte eines Men- sund bleibt. schen eingebaut werden. Die objektiven Bedingungen liegen den kog- nitiven Einschätzungen zugrunde. Entschei- dend dabei ist, wie das Individuum die Um- welt wahrnimmt (vgl. Schwarzer 1997: 155). 3.2.1 Transaktionales Stressmodell So ist das Modell eine Erklärung der Unter- schiede in der Wahrnehmung von Stress und Der amerikanische Psychologe Richard der Reaktion auf die Stressereignisse. Die Lazarus (1922-2002) fand heraus, dass die transaktionale Sicht sieht Stress in der Per- individuelle Interpretation und Bewertung son-Umwelt-Beziehung.Transaktion ist die der eigenen Wahrnehmungen grosse Aus- wechselseitige Einflussnahme von Person wirkungen auf die Intensität von Stress und und Umwelt aufeinander. Die Person-Um- dessen Bewältigung (coping) hat. Sofern welt-Beziehung gilt als grundlegende Ana- das coping wirkt, kann der Mensch seinen lyseeinheit für die Stressforschung. Die Er- Stress kontrollieren und damit bewältigen. eigniseinschätzung ist die Beurteilung der Wenn das coping nicht gelingt, gerät der subjektiven Bedeutung eines Ereignisses für Stress aus der Kontrolle des Menschen die Person in Abhängigkeit ihrer Erwartun- und es kann in eine Störung wie Burnout gen, Werte und Ziele. enden (vgl. Berkeley University Press Re- lease/Hymann 2002). Die Ressourcenbewertung schätzt die dem Individuum zur Verfügung stehenden Be- Die Ansicht von Lazarus bezieht sich auf wältigungsmöglichkeiten und die Erfolgs- das psychosoziale Reaktionsmuster. Der aussichten dieser Handlungsalternativen Mensch schätzt jede Situation entweder ein. Es gibt dabei intrapersonelle Bewäl- als neutral, positiv oder stressreich ein. tigungsmöglichkeiten (durch eigene Kom- Daraus lässt sich erkennen, dass Interpre- petenzen, körperliche Konstitution und tation und Erleben von Stress individuell Leistungsfähigkeit) und extrapersonelle ablaufen. Für das Phänomen des Burnout Strategien (z.B. soziale Unterstützung). Ab- tritt bei einer individuell als bedrohlich ein- hängig von der objektiven Form des Stres- gestuften Situation ein Gefühl ein, dass die sereignisses und der Selbsteinschätzung persönlichen Ressourcen in der Bewäl- des Individuums erfolgt die subjektive Ein- tigung nicht mehr genügen (vgl. Burisch schätzung des Stressereignisses (vgl. Balz 2014: 82). Diese Perspektive zeigt wieder- 2015: 109f.). um auf, warum die äusserlichen Bedingun- 29 3.2.2 Vulnerabilitäts-Stressmodell Dieser Erklärungsansatz berücksichtigt als integratives Modell biologische, psychologi- Das Vulnerabilitäts-Stressmodell wurde nicht sche und soziale Faktoren, welche immer in von einem bestimmten Forschungsteam be- Wechselwirkungen Einfluss auf eine Störung gründet, sondern ist ein gemeinsames Pa- haben (vgl. Lauth/Schlottke 2002: 35). So radigma der klinischen Psychologie und der also sind die Faktoren, welche die Vulnerabi- Gesundheitspsychologie. Duden (2016) de- lität eines Menschen beeinflussen, nicht die finiert «vulnerabel» als störanfällig, von lat. einzigen Auslöser einer Krankheit, sondern vulnus für Wunde. sie führen erst in der Konfrontation mit äusse- ren, situativen Stressoren und den fehlenden Zusammen mit dem Begriff Vulnerabilität Bewältigungsmöglichkeiten zu einer Krank- wird häufig der Begriff der inneren und äus- heit (vgl. Franke 2006: 146). seren Risikofaktoren genannt. Diese beein- flussen die individuelle psychische und phy- Es kommt zu einer Störung im System eines sische Verletzbarkeit. Risikofaktoren sind Menschen, wenn das Verhältnis der Belas- Faktoren, die auf somatisch-psychischer tung zur Belastbarkeit nicht mehr stimmt. Die und sozialer Ebene die Gesundheit gefähr- Belastbarkeit ist abhängig von der psychologi- den können. Gemeint sind aber auch alle schen und physischen Disposition einer Per- äusseren Bedingungen, die das subjektive son. Störungen entstehen durch erstens ein Wohlbefinden negativ beeinflussen können Übermass an subjektiv erlebbarer Belastung. (vgl. Bauer 2013: 783). Zweitens durch eine Unverhältnismässigkeit äusserer, situativer Belastungen, also Belas- Aufgrund genetischer und entwicklungsbio- tungen, die nicht mit der Natur des Betroffe- logischer Faktoren entstehen neuropatho- nen übereinstimmen. Der Person stehen dazu logische und biochemische Veränderungen keine Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfü- im Gehirn. Diese jedoch bestanden bereits gung. Die drei Faktoren «Bewertung durch vor dem Ausbruch des Burnout. Diese Ver- die Person», die «Veranlagung der Person» änderungen stellen eine Vulnerabilität für und die «von aussen kommende Belastung» die Entstehung von Burnout dar. Diese sind wirken bei einer Erkrankung eines Menschen jedoch nicht eine ausreichende Bedingung zusammen (vgl. Willberg 2015: 46f.). für die Auslösung einer Erkrankung. Zusätz- lich braucht es Umweltfaktoren in Form von Das Vulnerabilitäts-Stressmodell verbindet äusseren Stressoren, die auf den vorbelas- demnach biologische, psychologische und teten Menschen treffen. Die Kompensati- Umweltfaktoren. Das Modell nimmt an, dass onsfähigkeit des bereits geschädigten Me- zur Entwicklung einer Störung sowohl die chanismus reicht nicht mehr aus, um eine Diathese (genetische und psychosoziale Vo- Erkrankung zu verhindern (vgl. Brunnhuber/ raussetzungen), aber auch äussere Stresso- Frischknecht/Lieb 2005: 176f.). ren nötig sind. 30 3. Auswirkungen von Stress auf den Menschen 3.3 Stress in der Wechselwirkung von zeitig auch Voraussetzungen für psychische Körper und Psyche Prozesse (vgl. Balz 2015: 108). Die vorliegende Arbeit legt den Fokus auf In Relation zu körperlichen Voraussetzun- den Körper als Kanal und Zugang in der gen eines Individuums findet auch die Be- Stressbewältigung. Im gesamten Körper wertung eines Stressereignisses als mehr erfolgen gleichzeitige, in Wechselwirkung oder weniger herausfordernd statt. So wer- stehende physiobiologische Prozesse beim den alle Stressoren, die auf ein Individuum psychischen Erleben, beim Denken und einwirken, durch dessen Lerngeschichte, Fühlen. So ist es umgekehrt auch möglich, Identität, Werte und den aktuellen Zustand durch Veränderungen im und am Körper gefiltert (vgl. ebd.: 110). Einfluss zu nehmen auf kognitive und emo- tionale Prozesse. Körper und Psyche beein- Diese Lerngeschichte kann mit bestimm- flussen sich also gegenseitig. Spürt ein In- ten Handlungen individuell aber auch ver- dividuum Stress in seiner Psyche, so spürt ändert und erweitert werden. Der Körper es immer auch physiologische Reaktionen. kann als Ressource wahrgenommen wer- Stresszustände können sich durch konti- den. So kann eine Resilienz7 aufgebaut nuierliche unangenehme, angstauslösende werden. Das heisst, der Mensch kann Anspannungen im Körper zeigen (vgl. Sieg- gegen ungünstige Bedingungen erfolg- rist/Knesebeck 2009: 119). reich angehen, sich durch diese hindurch kämpfen, daraus lernen und versuchen, die Der Mensch reagiert auf drei Ebenen auf gemachten Erfahrungen in seiner Lernge- Stressoren. Einerseits im Verhalten, im schichte zu integrieren (vgl. Walsh 2010: emotionalen Erleben und durch physiologi- 43f.). Wichtige körperliche Resilienzfakto- sche Reaktionen. Das Verhalten ändert sich ren sind einerseits der Ausbau von Fähig- in etwa in Hast und Ungeduld, dem konflik- keiten zur Selbstregulation (beispielsweise treichen Umgang mit den Mitmenschen und durch verbesserte Körperwahrnehmung), unkoordinierter Arbeitsweise. Kognitiv-emo- andererseits ein aktives und flexibles Be- tionale Stressreaktionen sind etwa Unru- wältigungsverhalten beispielsweise durch he, Hilflosigkeit, Denkblockaden und Tun- das Erlernen von Entspannungstechniken nelblick, Selbstvorwürfe und Grübeln (vgl. (vgl. Wustmann 2005: 196). Kaluza 2011: 14). Diese Aufzählungen sind nicht abschliessend und bei jedem Betroffe- nen individuell. Die körperlichen Reaktionen folgen nicht nur auf Stressoren und auf die Einschätzung 7Resilienz, Widerstandsfähigkeit: psychische Widerstandskraft; Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beein- des Individuums, sondern sie sind gleich- trächtigung zu überstehen (Duden 2016). 31 Mit Blick auf die Auswirkungen auf den Ebe- nen Körper und Psyche zeigt sich, dass das Phänomen Stress einen sowohl so- matischen, als auch psychischen Prozess darstellt. Die Legitimation des Einsatzes von körperorientierten Methoden entsteht durch die Verbindung und Wechselwirkung der psychischen und körperlichen Ebenen. Mit körperorientierten Methoden kann eine verbesserte Selbstwahrnehmung und Be- wusstwerdung in Gang gesetzt werden, um (wieder) mehr Sicherheit in der Gegenwart und im eigenen Körper zu entdecken. Mit körperorientierten Methoden stabilisieren sich innere, gesundheitsfördernde Prozes- se und der Mensch arbeitet am Aufbau von neuen, unterstützenden Ressourcen. 31 3. Auswirkungen von Stress auf den Menschen 33 34 4. Körperorientierte Methoden Dieses Kapitel zeigt die Terminologie der von Seit Descartes wird der menschliche Körper der Autorin ausgesuchten Körperorientierten als Maschine aufgefasst, der funktioniert, Methoden auf. Die Reihenfolge der gewähl- dadurch zerlegbar und komplett analysier- ten Methoden erfolgt nicht in deren Rele- bar ist (vgl. Jung 1939: 511f.). Neuere wis- vanz für die Arbeit, sondern ist zufällig ge- senschaftliche Ansätze nähern sich dem wählt. Die Wahl fiel auf Yoga, Tàijí Quán und östlichen Welt- und Körperbild. Etwa die Progressive Muskelrelaxation, da die ersten Psychosomatik, die Psychoneuroimmunolo- beiden sich stark auf das Wechselspiel von gie oder auch die Stressmodelle gehen von Körper, Geist und Psyche fokussieren und einem prozessorientierten, in Abhängigkeit immer eine Balance anstreben. Im Yoga wird stehenden Verständnis des Menschen aus. von Prana, den heilenden Lebenskräften ge- Die Wechselwirkungen von Körper und Psy- sprochen. Das Pendent dazu ist das Qi im che, genetischer Ausstattung sowie der so- Tàijí Quán. Die drittgenannte Methode die zialen und biologischen Umwelt finden im- Progressive Muskelrelaxation setzt primär mer stärkere Beachtung (vgl. Deutzmann auf der körperlichen Ebene an. 2002: 81). Bereits Hippokrates (460-370 v.Chr.) wies Der Körper kann aus einer rein biologischen mit der Bezeichnung des «Menschen als ei- und physiologischen Perspektive betrachtet nen beseelten Leib» auf einen expliziten Zu- werden. Dabei ist der Körper ein Gegen- sammenhang zwischen Körper und Psyche stand und wird als Objekt verstanden. Der hin (vgl. Busch 2011: 46). Das heutige gültige Körper kann von aussen betrachtet und be- Paradigma in der Medizin ist, trotz allmähli- urteilt werden, etwa wie schlank und sport- chem Umdenken, die Trennung von Körper lich er ist. Er unterliegt aus dieser Perspekti- und Psyche. Dieses westliche Denken be- ve einer Machbarkeit und Kontrollierbarkeit. ruht auf dem Descartes-Newtonschen Welt- Dieses Verständnis des Körpers ist in der bild. Eine experimentelle Untersuchungs- Gesellschaft weit verbreitet. Der Körper methodik, mit der die Natur wissenschaftlich wird instrumentalisiert, so dass er gesell- analysiert wird, impliziert den Ausschluss schaftlichen Normen von Schönheit und des Subjekts aus den Beobachtungen und Gesundheit (bzw. Fitness) entspricht. Wird aus den subjektiven Beobachtungen des die Psyche als Teil des Körpers betrach- Beobachters. Die Natur und der Mensch tet, überwindet er seine Objektivierung und werden zu Gegenständen (vgl. Ebert 1989: wird zu einem handelnden Subjekt mit einer 17). Zumindest der Mensch jedoch steht Identität (vgl. Abraham 2011: 33). Er wird zu der Welt nicht gegenüber, sondern ist ein einem Resonanzraum für das Befinden, für integrierter Teil der gleichen Substanz (vgl. Stimmungen und Gefühle. Der Körper wird Deutzmann 2002: 80). zu einem spürbaren und erlebbaren Raum. 35 Mit der Wandlung hin zu einem ganzheit- Tàijí Quán unterstützen diese proaktive Ver- lichen Verstehen des Körpers, wird dieser bindung von Körper und Psyche. nicht mehr in die von der Gesellschaft be- vorzugten Masse von 90-60-90 eingeteilt. Er wird zu einem Gegenstand mit unklar be- stimmbaren Umrissen (vgl. Fuchs 2013: 96). 4.1 Yoga Dies zeigt erste Folgen im Gesundheits- wesen. Auch die Krankenkassen haben Yoga kann auf eine 3000- bis 5000-jährige den Markt der Stressprophylaxe für sich Geschichte zurückblicken, die tief verwur- entdeckt und haben die Körperorientierten zelt mit der indischen Kultur und Tradition Methoden in die Zusatzversicherungen auf- ist. Historische Kenntnisse über die Ent- genommen. wicklung von Yoga gibt es kaum, denn Yoga hat viele Veränderungen erfahren. Bereits Der bewusste Umgang mit den eigenen vor 2000 Jahren entstanden unterschied- Energieressourcen hat in den letzten Jahren liche Entwicklungen, bereits damals gab zunehmend an Bedeutung gewonnen. Für es kein einheitliches Verständnis von Yoga viele Menschen liegt heute vermehrt der Fo- (vgl. Fuchs 1991: 3). Als gemeinsamen kus nicht länger auf dem Äusseren, sondern Nenner haben alle Strömungen das Wort auf dem Weg nach Innen, dem eigenen Kör- «Yoga» aus dem Sanskrit, der Fachspra- per, der eigenen Stille. Auch viele rehabilita- che des Yoga. Der Begriff «Yoga» bedeu- tive, therapeutische Bereiche in der Gesund- tet ursprünglich «Joch», wie das auf dem heitsprävention oder der Stressprophylaxe Nacken aufliegende Teil des Geschirrs bei wenden vermehrt systematische, körpero- Zugtieren. Yoga wurde oft mit dem Begriff rientierte Entspannungsmöglichkeiten und «Verbindung» gleichgesetzt (vgl. Gharote Stressbewältigungstechniken an. 1994b: 24). Das Wort Yoga wird aus der Wurzel «yui» abgeleitet, die Bedeutung da- Körperorientierte Methoden erfreuen sich von ist «verbinden, vereinigen, sich treffen» einer immer stärkeren Toleranz in der Ge- (vgl. Gharote 1994d: 7). sellschaft. Dazu gehörend ist die Einsicht des «Einander-Ergänzens des Verbalen und Ein Synonym für das Wort Yoga ist der Be- des Körperlichen in der Behandlung». Die griff «samadhi». Dies wiederum bedeutet Zusammenführung von Körper und Psyche «Integration». Yoga strebt die Integration ist eine wichtige Aufgabe, auch für die So- aller Aspekte des Menschen an, dazu zählt zialarbeitenden (vgl. Müller-Braunschweig/ Gharote den Körper, den Geist, die Seele, Stiller 2010: 1f.). Körperorientierte Methoden den Intellekt sowie den sozialen und spi- wie Yoga, Progressive Muskelrelaxation und rituellen Anteil. Das Wort Yoga beschreibt 36 4. Körperorientierte Methoden in sich nicht nur den integrierten Zustand langsam in eine Position beziehungsweise all dieser Aspekte, sondern auch das Mit- Körperhaltung gebracht, die über eine selbst tel dazu, diesen Zustand zu erreichen (vgl. zu bestimmende Dauer gehalten wird. Die Gharote 1994a: 10). Änderung der Position erfolgt langsam und bewusst, meist umgekehrt wie der Einstieg In den modernen Interpretationen strebt in die Position. In den Haltungen erfolgen Yoga eine harmonische Integration der Psy- unterschiedlichen Prozesse im Körper. Die che, des Körpers und der sozialen Handlun- Dehnung, die Kräftigung der Muskulatur gen an. Yoga verfolgt die Idee der «Einheit und der Druck auf verschiedene Körperbe- allen Seins». So will Yoga eine Entwicklung reiche nimmt Einfluss auf den gesamten Or- einer von Liebe und Achtung getragenen ganismus. Die Umkehrhaltungen (etwa der Haltung der Mitwelt gegenüber begünsti- «Herabschauende Hund») hat schwerkraft- gen. Dieser Zustand soll sich gegenüber bedingt eine besondere Wirkung auf den den wechselnden äusseren und inneren Blutkreislauf. Zuständen stabilisieren können (vgl. Deutz- mann 2002: 93). In den Bewegungsabläufen gehen die Kör- perhaltungen unter Berücksichtigung der Prana ist ein zentraler Begriff im Yoga und Atemphasen fliessend ineinander über. Die dennoch schwer zu erfassen. In den wortge- Koppelung von Bewegung und Atem geben treuen Übersetzungen bedeutet er «Atem» besonders dem Anfänger einen Anker, da- oder die Energie, die einen Menschen trägt, mit die Gedanken nicht abschweifen. Nach erhält und zerstört. Yogis bezeichnen die jeder intensiveren Yogaübung wird eine Substanz, die der Mensch einatmet, als entspannende Körperhaltung eingenom- Prana. Für den Menschen ist es also die men. In diesem Moment werden die körper- Lebensenergie, die den lebensnotwendigen lichen Prozesse wahrgenommen, eventuell Atem durch den Körper transportiert (vgl. die Wärme, der starke Atem, ein Kribbeln, ebd.: 140). Ziel des bewussten Einsatzes aber auch die emotionalen Prozesse, die von Prana sind durch Körper- und Atem- die körperlichen Wirkungen begleiten, wer- übungen angestrebte Wirkungen in der Psy- den wahrgenommen. che zu erreichen. Das Kennenlernen sowie das innere und äussere Ertasten des Kör- Jede Yogaeinheit wird mit einer Entspan- pers geschieht im Yoga durch Asanas8. In nungsphase abgerundet. Hierfür können jedem Asana spürt der Yogi je nach Biegung unterschiedliche Methoden verwendet wer- oder Dehnung des Körpers die verschiede- den, oftmals kommt an dieser Stelle die nen Atemräume in seinem Körper (vgl. ebd.: 140ff.). Mit einem Asana wird der Körper 8 Fachbegriff für die Bewegungen und Stellungen im Yoga 37 Progressive Muskelrelaxation zum Einsatz Tàijí Quán ist Teil der Traditionellen Chi- (vgl. Hüster 2011: 13). nesischen Medizin TCM (vgl. Kollak 2008: 50). Das heutige objektiv-wissenschaftliche Vereinfacht gesagt, bewirken die Asanas Verständnis von Krankheit und Gesundheit eine emotionale und mentale Beruhigung geht lediglich von isolierten physiologischen und vor allem auch, durch die bewusst ein- Problemstellungen aus. Krankheit und Ge- gesetzten Atemübungen, gleichzeitig die sundheit soll aber aus Sicht der TCM und erhöhte Fähigkeit zur Konzentration. Der des Tàijí Quán auch aus lebensgeschicht- geübte Yogi hat auch im (stressigen) Alltag lichen und lebensweltlichen Perspektiven eine vertiefte und verlangsamte Atmung betrachtet werden. Ergänzend kann das und ist dadurch in einer grösseren Ruhe systemische Gesundheitsverständnis dazu und Gelassenheit. genommen werden (vgl. Moegling 1998: 53ff): Der Mensch wird im Tàijí Quán nicht als Leidender einer bestimmten Erkrankung angeschaut, sondern in einem einheitlichen 4.2 Tàijí Quán Bild von Körper und Psyche. Tàijí Quán stammt aus dem traditionellen Tàijí bedeutet sinngemäss «Das, was hinter China zwischen dem 12. und 14. Jahrhun- allem steht». Quán bedeutet «leere Faust». dert und besteht aus langsamen und flies- Der Gegner in einem Kampf schlägt zu, senden Bewegungsabläufen. Die Choreo- aber trifft ins Leere. Je fester er zuschlägt, graphien resultieren aus Beobachtungen desto mehr schadet er sich selber. So kann von Tieren, dem Wasser, vieler verschiede- Tàijí Quán damit übersetzt werden, dass ner Arbeitstätigkeiten und den traditionel- der Praktizierende lernen soll, auf Angriffe len heilgymnastischen Anschauungen über nicht mit gleicher Gewalt zu reagieren und energetische Zusammenhänge im mensch- sich die Kunst aneignen, die Gelassenheit lichen Körper. Tàijí Quán wird meistens als auch in schwierigen Momenten zu bewah- Heilgymnastik, Körpererfahrung und Bewe- ren. gungsmeditation, seltener auch als Kampf- kunst Wushu, ausgeübt (vgl. Kollak 2008: Qi ist, ähnlich dem Prana des Yoga, die 48f). Tàijí Quán wirkt ausgleichend auf die Lebensenergie. Auch in der chinesischen Psyche, stärkend auf das Immunsystem, Sprache gibt es für Qi zwei Bedeutun- Sehnen, Bänder, Knochen und Muskulatur gen: Energie und Atem. Über eine tiefe und es reguliert das Herz- und Kreislaufsys- Bauchatmung kann das Qi gestärkt werden tem (vgl. Masic 2011: 11). (vgl. Kollak 2008: 50). Es bewegt sich im menschlichen Körper, innerhalb der Leit- bahnen (Meridiane) und gelangt damit zu den Organen. Mit dem Ausüben von Tàijí 38 4. Körperorientierte Methoden Quán wird der Fluss des Qi im Körper ge- 4.3 Progressive Muskelrelaxation stärkt und Körper, Geist und Atmung kom- men in Einklang. Der amerikanische Arzt Edmund Jacobson Die Bewegungen des Tàijí Quán enthalten (1888-1983) erforschte den Zusammenhang sanfte, elastische und rund-spiralförmige zwischen muskulöser Anspannung und kör- Bewegungen, die mit der bewussten At- perlichen und seelischen Erkrankungen. Er mung im Einklang stehen (vgl. Masic 2011: fand heraus, dass psychische Spannungen 9f.). Für den Beginn der Übungen wird ver- mit erhöhten muskulären Spannungen ein- sucht, alle unnötigen Spannungen im Kör- hergehen. Eine Entspannung der Muskeln per aufzulösen und sie nur dort zu lassen, also, so folgerte Jacobson, wiederum ermög- wo sie für die Übung gebraucht wird. Die licht eine positive Einwirkung auf die psychi- Gelenke werden nie durchgestreckt. Der sche Verfassung. Mit diesen Erkenntnissen Übende steht aufrecht, aber gelöst. Durch entwickelte er die Methode der Progressiven das Loslassen wird Raum geschaffen, um Muskelrelaxation (vgl. Sinz 2015: 54) den Körper zu öffnen und die Energie frei zu lassen. Zunächst wurde die Progressive Muskelre- laxation bei allen Zuständen von erhöhten Auch jedes Kind muss erst lernen, richtig körperlichen und seelischen Anspannungen zu stehen, bevor es laufen kann. Zu Beginn eingesetzt. Durch bewusste und systema- der Stehpraxis hat der Übende ein Gefühl tische An- und Entspannung von Muskel- des Schaukelns. Auch Empfindungen wie gruppen soll ein muskulärer Entspannungs- Asymmetrie, Taubheit, leichte Schmerzen zustand folgen, dem dann auch die mentale oder Wärme und Kühle können auftreten. Entspannung folgt. In seinen Forschungen Sobald das Qi in den richtigen Bahnen fand Jacobson heraus, dass Menschen, die fliesst, kommt das Wackeln zum Stillstand. gelernt hatten, ihre Muskeln bewusst zu ent- Durch die stehende Position bleibt der spannen, weniger schreckhaft waren. Durch Übende aufmerksam, auch um die Zentrie- elektromyographische Messungen konnte rung und Balance nicht zu verlieren. Jeder Jacobson nachweisen, dass ein unmittelba- Bewegungsablauf beginnt und endet mit ei- rer Zusammenhang zwischen gedanklicher ner Ruhepause. Damit wird das Wechsel- Aktivität und Muskelspannung besteht. Eine spiel zwischen Ruhe und Aktivität geübt. entspannte Muskulatur führt zur Beruhigung Die Ruhe des Stehens wird in die Bewe- des Denkens (vgl. Derra 2007: 1ff). gung mitgenommen, aber auch die Energie der Bewegung wird mit in die Ruhe getra- Die Methode kann über einen längeren Zeit- gen (vgl. Minar 2009: o.S.). raum in sechs Schritten durchgeführt wer- den. In der ersten Phase übt der Praktiker die muskuläre An- und Entspannung im Lie- 39 gen. Dabei gibt er sich selber das Signal zu 4.4 Gegenüberstellung der drei körpero- den jeweiligen Übergängen. In der zweiten rientierten Methoden Phase lernt der Praktiker die muskuläre An- und Entspannung, auch liegend, auf «Knopf- Die Weltgesundheitsorganisation (2010: druck», also auf ein Signal einer zweiten 8) empfiehlt wöchentlich mindestens 150 Person durchzuführen. In der dritten Phase Minuten moderate, körperliche oder 75 Mi- erfolgt das Üben der An- und Entspannung, nuten intensive Aktivität. Für zusätzliche liegend und auf ein Signal einer zweiten gesundheitliche Vorteile empfiehlt sie 300 Person. Dabei konzentriert sich der Übende Minuten beziehungsweise 150 Minuten kör- auf die Atmung. Bei der Anspannung wird perliche Aktivität in der Woche. Die Pub- der Atem gehalten, in der Entspannung ru- lizierung dieser Empfehlungen impliziert, hig geatmet. In der vierten Phase kann sich dass diese körperliche Mindestaktivität von der Übende eine Visualisierung, also ein einem überwiegenden Bevölkerungsteil angenehmes Wunschbild vorstellen. Dies nicht eingehalten wird. Ein möglicher Grund erfordert sehr viel Konzentration, denn der kann sein, dass viele Menschen einen er- Übende ist immer noch liegend und mit ei- niedrigenden schulischen Sportunterricht ner bewussten Atmung. In der fünften Phase als unnötigen Leistungsdruck erleben wird die An- und Entspannung in sehr kurz mussten und mit dem Schulabschluss auch aufeinander folgenden Sequenzen geübt. In ihre sportlichen Aktivitäten abhackten. der sechsten Phase kann der Praktiker die bewusste An- und Entspannung in alltägli- Yoga, Tàijí Quán und Progressive Muskel- chen und realen Situationen durchführen, relaxation erleichtern den Einstieg in die ohne dass Aussenstehende dies bemerken neue Aktivität, weil Leistung keine Rolle (vgl. Hofmann 2012: 15). spielt. Bei allen drei Methoden geht es um die Achtsamkeit sich selber gegenüber, Die Tiefe der Muskelentspannung hängt in auch wenn das manchmal nur für kurze der Progressiven Muskelrelaxation direkt Momente gelingt. Der Atem erhält durchge- von der Intensität der Muskelanspannung hend bei allen Methoden eine grosse Wich- ab. Als geübter Praktizierender erfolgt mit tigkeit und begleitet die inneren und äus- der Zeit nur noch ein mentales, passives seren Bewegungen. Der Mensch kann drei Muskelentspannungstraining. Ziel ist, vor Wochen ohne Nahrung leben, drei Tage der Entspannung keine aktive Anspannung ohne Wasser, aber nur drei Minuten ohne der Muskeln mehr machen zu müssen, Atem. Viele Vorgänge im Körper kann der sondern direkt in jedem Zustand von un- Mensch nicht kontrollieren. Der Atem als nützen Über- oder Dauerspannungen wil- einer der wichtigsten Vorgänge hingegen lentlich entspannen zu können (vgl. Kollak schon. Die Atmung wiederum wirkt sich auf 2008: 94). andere Organe und Prozesse aus. Atmen ist nicht gleich Luftholen. Die drei Metho- 40 4. Körperorientierte Methoden den unterstützen die Verbesserung der be- wussten und tiefen Atmung. Die drei Methoden kräftigen nicht nur die Muskeln, sondern regen auch die Selbsthei- lungskräfte von Körper und Psyche an. Yoga zielt stark auf eine Dehnung und Aus- richtung einer Körperhaltung ab. Als Laie ist dabei vielen nicht bewusst, dass bereits der einfach aussehende Lotussitz9 grosse Qualen mit sich bringen kann. Der Praktizie- rende muss zu Beginn einige Geduld auf- bringen. Tàijí Quán hat etwas Tänzerisches und Spielerisches. Da es im Stehen ausge- übt wird, braucht der Praktizierende keine muskuläre Beweglichkeit. Die Progressi- ve Muskelentspannung wird meist liegend ausgeführt. Mit der gezielten Anspannung erlebt der Praktizierende ganz bewusst die Empfindungen in der Entspannung. Der Un- terschied der Empfindungen in An-und Ent- spannung ermöglichen dem Praktizierenden das Wahrnehmen des Unterschieds auch in alltäglichen Situationen. Die vorgestellten körperorientierten Metho- den sind in sich das Arbeiten mit der Le- bensenergie: im Yoga mit dem Prana, im Tàijí Quán mit dem Qi. Bei der Progressiven Muskelrelaxation wird dieser Aspekt aus- gelassen. Über die körperlichen Aktivitäten stellt sich eine Beruhigung der Psyche ein. Ausserdem können durch die Kursteilnah- me neue soziale Kontakte geknüpft wer- den. Die drei Methoden konzentrieren sich ausserdem nicht auf die Krankheit oder den Stress an sich, sondern das positive Bild 9Lotussitz: Beide Füsse liegen auf dem jeweils anderen Ober- schenkel. Dieses Asana ist stabil und ermöglicht langes, ruhiges des Gleichgewichts von Körper und Psyche. Sitzen bei richtiger Ausführung (vgl. wiki.yoga-vidya.de/Lotussitz) 41 42 5. Zielgruppe Sozialarbeitende Im Folgenden wird der Gegenstand der So- Dieser Definition nach arbeitet die Soziale zialen Arbeit charakterisiert. Die internatio- Arbeit auf der gesellschaftlichen und po- nale Defintion sowie die Ergänzungen des litischen Ebene. Die Soziale Arbeit wirkt Berufsverbandes AvenirSocial geben Auf- auf Sozialstrukturen und «so» erreicht der schluss darüber, welche Ziele und Aufga- Mensch sein Wohlbefinden. Die direkte Kli- ben die Soziale Arbeit verfolgt und welche entenarbeit wird nicht in die Definition ein- Zielgruppen und Arbeitsbereiche einbezo- gebunden. Die Anmerkung von AvenirSocial gen sind. Die Autorin zeigt die Vulnerabilität (2016: 3) wird da expliziter: «Professionelle der Sozialarbeitenden im Schweizer Sozial- der Sozialen Arbeit begleiten Menschen so- wesen auf. Abschliessend erfolgt eine Dis- weit wie möglich; sie agieren nicht stellver- kussion über die bestehende Burnoutprä- tretend für sie, denn nur sie selbst sind in vention für Sozialarbeitende. ihre Sozialstrukturen eingebunden und sie können nur dort für ihr Wohlbefinden sor- gen.». Die Gesundheit der Sozialarbeiten- den kommt dabei insofern zur Geltung, dass 5.1 Gegenstand der Sozialen Arbeit die Professionellen nicht stellvertretend für die Klienten agieren sollen. Somit also sol- Die internationale Definition von Sozialar- len die Professionellen eine gesunde und beit wurde von der Internationalen Gemein- professionelle Nähe und Distanz zu ihrem schaft der Sozialarbeitenden im Bewusst- Klientel beachten. sein verabschiedet, dass keine Definition als vollständig und abschliessend betrach- Die Sozialarbeitenden sind in sehr unter- tet werden kann (vgl. AvenirSocial 2016: 1): schiedlichen Bereichen tätig, die nach fol- «Soziale Arbeit fördert als Profession und genden Merkmalen aufgezeigt werden kön- wissenschaftliche Disziplin gesellschaft- nen: öffentliche und private Einrichtungen liche Veränderungen und Entwicklungen, aus dem Bildungs-, Sozial- und Gesund- den sozialen Zusammenhalt und die Er- heitsbereich wie Schulen, Heime, Freizeit- mächtigung und Befreiung von Menschen. und Kulturzentren. Betroffen von sozialen Dabei sind die Prinzipien der sozialen Ge- Problemen sein können Kinder, Jugendli- rechtigkeit, der Menschenrechte, der ge- che, junge bis ältere Menschen, Frauen und meinschaftlichen Verantwortung und der Männer, Familien, die Bevölkerung eines Anerkennung der Verschiedenheit richtung- Quartiers. Zu bearbeitenden Problemkreise weisend. Die Soziale Arbeit wirkt auf So- sein können: Armut und Existenzsicherung, zialstrukturen und befähigt Menschen so, Gesundheit und Behinderung, Migration, dass sie die Herausforderungen des Le- Gewalt, Bildung und Sozialisation, Diskrimi- bens angehen und Wohlbefinden erreichen nierung (vgl. AvenirSocial 2014: 4). können». 43 Aufgabe der Sozialarbeitenden ist, mit ihrer 5.2 Vulnerabilität der Sozialarbeitenden Tätigkeit und in Kooperation mit anderen Disziplinen die Handlungsfähigkeit ihrer Kli- enten (Einzelpersonen oder Bevölkerungs- Die Autorin grenzt die Bestandsaufnahme gruppen) wiederherzustellen. Ziel ist, dass auf die Arbeitnehmende im Schweizer Sozi- die Klienten (wieder) soziale Beziehungen alwesen ein. Die nachfolgende Aufstellung eingehen und pflegen können, welche ihre bezieht sich auf die Jahre 2010 bis 2015. Bedürfnisse befriedigen und die Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse ermöglichen. Die Im Jahr 2015 waren in der Schweiz rund Sozialarbeitenden intervenieren auf drei 659‘000 Arbeitnehmende im Sozialwesen Ebenen. Erstens auf der individuellen, mik- tätig (vgl. BFS 2015: o.S.). Im Jahr 2011 wa- rosozialen Ebene, direkt mit den Betroffenen ren durchschnittlich 34% der Beschäftigten und ihren Bezugspersonen. Zweitens auf jünger als 35 Jahre (vgl. Frey/Braun/Waeber der mesosozialen Ebene, im Rahmen von 2011: 10). Rund 51% der Arbeitnehmende Gruppen und spezifischen Kollektiven. Drit- verfügen über ein Eidgenössisches Fähig- tens auf der gesellschaftlichen, makrosozi- keitszeugnis mit oder ohne Berufsmaturität. alen Ebene mit ganzen sozialen Systemen, 49% der Arbeitnehmenden verfügen über also mit Organisationen, Strukturierung und einen Abschluss einer Höheren Fachschu- der Entwicklung des Gemeinwesen (vgl. le, Fachhochschule oder Universität. Neue- ebd.: 2). Als Methoden und Ressourcen re Zahlen belegen einen deutlichen Anstieg der Sozialarbeitenden wird unter anderem bei den Abschlüssen auf Sekundarstufe 1 genannt, dass diese das eigene berufliche (vgl. BFS 2010: 4). Das Sozialwesen bleibt Handeln aufgrund fachlicher Qualitätskrite- auch weiterhin für Personen zugänglich, die rien reflektieren, beurteilen, dokumentieren keine spezifische Ausbildung in der Sozia- und gegebenenfalls verändern können (vgl. len Arbeit absolviert haben. Dieses Fehlen ebd.: 3). Damit soziale Probleme vermie- professioneller Abschlüsse stellt die Frage den, gelindert oder gelöst werden können, nach der Professionalität und der Qualität müssen die Sozialarbeitenden über die nö- in der Umsetzung (vgl. AvenirSocial o.J.: 8). tigen menschlichen, zeitlichen, materiellen Laut dem Berufsverband AvenirSocial feh- und finanziellen Ressourcen und über eine len viele grundlegende Daten, um aussage- geeignete Infrastruktur verfügen können. kräftige Erklärungen für diese Zahlen, etwa Fehlen diese Voraussetzungen, so setzen den tiefen Altersdurchschnitt, abgeben zu sich die Sozialarbeitenden öffentlich und können (vgl. ebd. : 9). Der Durchschnittsso- politisch ein, um diese Mittel zur Verfügung zialarbeiter ist demnach jünger als 35 Jahre, gestellt zu bekommen (vgl. ebd.: 4). verdient monatlich schätzungsweise CHF 5‘000 und verfügt über einen Abschluss auf der Sekundärstufe 1. 44 5. Zielgruppe Sozialarbeitende Rund 25% der Schweizer Erwerbsbevöl- Die Fachkräfte im Sozialwesen erhalten kerung geben an, dass sie von emotio- tiefe Einblicke in schwierige Lebenswelten naler Erschöpfung betroffen ist, 4% da- und bibliographische Verwerfungen, Elend von berichten von einem hohen Ausmass und Notstände, Suchtabhängigkeiten, Ver- (vgl. Staatssekretariat für Wirtschaft 2010: wahrlosung, Armut und andere belastende 77). Die Stressstudie bei den Schweizer Umstände. Mit solchen Realitäten zu ar- Erwerbstätigen von 2010 zeigt auf, dass beiten, erfordert viel Gleichgewicht in der insbesondere auch das Sozialwesen von Nähe und Distanz, um selber gesund zu Burnout und Erschöpfung betroffen ist. bleiben. Dabei greifen viele Hände nach 13% der Angestellten im Sozialwesen ar- der Fachkraft, die vielen Seiten verpflich- beiten deutlich häufiger zusätzlich in ihrer tet ist. Bereits die Ausbildung legt grossen Freizeit als der Durchschnitt der Schweizer Wert auf die Empathiefähigkeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten (vgl. ebd.: 40). Es er- dem Klientel. Die Sorge um sich selber wird staunt daher nicht, dass diese Befragten oftmals vernachlässigt zugunsten des En- angeben, sich deutlich überdurchschnitt- gagements für das Klientel. Dem Begriff lich emotional verbraucht zu fühlen. Erklärt Selbstfürsorge haftet ein negativer Hauch wird dieser Befund mit der häufigen Kon- von Egoismus, Exzentrik und Schwäche an frontation von persönlichem Leid und sozi- (vgl. Poulsen 2009: 14f.). alen Konflikten (vgl. ebd.: 76). So kann ein Ausbrennen das Resultat ei- Der Wirtschaftszweig Sozialwesen fühlt ner andauernden und wiederholten emotio- sich massiv überdurchschnittlich emotional nalen Belastung im langfristigen intensiven verbraucht. Rund 33% der Sozialarbeiten- Einsatz für andere Menschen sein. Das den geben dieses Mass der Erschöpfung Ausbrennen ist auch die schmerzliche Er- an (vgl. ebd.: 77). Das Sozialwesen zeigt kenntnis, den Klienten nicht mehr helfen zu zudem ein überdurchschnittlich hohes Aus- können, ihnen nichts mehr geben zu kön- mass im Konsum von schmerzlindernden nen und sich völlig aufgeopfert zu haben Substanzen auf, um trotz Beschwerden ar- (vgl. Aronson/Pines/Kafry 1985: 25). Die beiten zu können. 32% der befragten So- Fähigkeit eines Sozialarbeitenden, um Hilfe zialarbeitenden konsumieren optimierende bitten zu können, lässt auf ein reflektiertes und schmerzlindernde Substanzen (vgl. Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ebd.: 97). Gemäss der Studie ist das Sozi- schliessen. Hilfe einzufordern befreit den alwesen überdurchschnittlich von Burnout Menschen von omnipotenten Selbstansprü- betroffen (vgl. ebd.: 114). Diese Zahlen zei- chen und befähigt zu Loslassen und Abge- gen den dringenden Bedarf nach präventi- ben (vgl. Poulsen 2009: 129). ven Lösungen auf. 45 5.3 Bestehende Burnoutprävention deutsame Erkenntnisse und erste Anwen- für Sozialarbeitende dungen der Neurowissenschaften.». Dieses Modul fokussiert laut der Leitidee und den Die Autorin konzentriert sich aufgrund der Beschreibungen der Modulinhalte auf den Datenmenge auf die bestehende Burnout- Stress und dessen Bewältigung im Rahmen prävention im Rahmen der Ausbildung zum der Neuroforschung. Allerdings liegt hier der Sozialarbeitenden an der Hochschule für Erkenntnisgewinn auf der Arbeit mit den Kli- Soziale Arbeit der Fachhochschule Nord- enten und nicht in der Arbeit mit sich selber. westschweiz. Die meisten Studierenden sind bereits während ihres Studiums im So- Das Modul BA 321 «Achtsamkeit in der So- zialwesen arbeitstätig, mindestens in zwei zialen Arbeit», geleitet von Prof. Urs Gerber halbjährigen Praxisausbildungen. In ihren legt den Fokus u.a. auf Entspannungstech- eigenen sozialarbeiterischen Arbeitstätig- niken wie die Muskelrelaxation nach Jacob- keiten fiel der Autorin auf, dass die Thematik son und die achtsamkeitsbasierte Stress- des Burnout und dessen Prävention ledig- reduktion. Die Übungen stammen gemäss lich mit Fokus auf den Klienten besprochen Modulbeschrieb aus der Praxis des Yoga wird. Auch bei belastenden Fällen wurde in und der buddhistischen Meditation. Auch der Praxisausbildung nie über die Selbst- hier konzentriert sich das Modul auf das Er- fürsorge gesprochen. Für die Auszubilden- lernen neuer Arbeitstechniken für die Arbeit den bietet das kommende Herbstsemester mit Klienten. Immerhin gibt die Modulbe- 2016/2017 einige Module an, die einen Fo- schreibung den Hinweis, dass die Methoden kus auf die Entwicklung, die Ausprägung auch selbst ausprobiert werden können. und teilweise auf die Prävention von Stress legen. Die FHNW bietet anfangs 2017 einen zwei- tägigen Lehrgang zu den «Basics für Bera- Modul BA 308 Neurowissenschaften und ter/innen und Coaches: Burnout erkennen, Soziale Arbeit: Basiswissen - Schnittstellen abklären und lösungsorientiert begleiten». und Anwendungen - kritische Orientierungs- Zielgruppe sind Fachkräfte in beratenden hilfen von Dr. Wolfgang Widulle. «Das Mo- Funktionen mit Klienten, die Anzeichen von dul vermittelt aktuelles und verständliches Burnout aufweisen. (vgl. Weiterbildungs- Basiswissen zur Hirnforschung. Das Modul angebot...). Teilnahmegebühr ist rund CHF nimmt ausgewählte Schnittstellen von Neu- 700.00 und damit wohl ausser Reichweite rowissenschaften und Sozialer Arbeit wie des durchschnittlichen Studierenden (vgl. Lernprozesse, menschliches Handeln und Weiterbildungsangebot der Hochschule für Entscheiden oder Stress und Bewältigung Soziale Arbeit 2016-2017). in den Blick. Das Modul diskutiert einige Methoden der Sozialen Arbeit wie Beratung, Auch im kommenden Semester liegt der Klinische Sozialarbeit oder Prävention be- Fokus weiterhin auf der Gesundheit der 46 5. Zielgruppe Sozialarbeitende Klienten der Sozialen Arbeit. Die Pflege der psychischen und physischen Gesundheit der Sozialarbeitenden wird in keinem Modul direkt thematisiert. Ob die Studierenden die Ver- knüpfung der erlernten Beratungstechniken auch auf die persönliche Situation herstellen können, ist fraglich. Man denke dabei an die Metapher «Der Schuster trägt die schlechtes- ten Schuhe». Die Autorin ist aufgrund ihrer Recherchen überzeugt, dass die Selbstfür- sorge ein zentraler Punkt im Curriculum ei- ner Hochschule für Soziale Arbeit sein sollte. Möglichkeiten, diese als Pflicht einzubinden, gäbe es genügend. Ideal wäre eine eigene Kompetenz im BA 109, dem Studentischen Portfolio. Eine weitere Möglichkeit wäre die Thematisie- rung der eigenen Gesundheit im Rahmen der Supervisionen, die die Studierenden während den Praxisausbildungen oder permanent im studienbegleitenden Studium absolvieren. Die Sensibilisierung für die eigene Gesundheit ist Aufgabe der Ausbildungsstätten, insbesonde- re für Ausbildungen, die in das Sozialwesen führen. Dazu können die Studierenden direkt über den eigenen Körper angesprochen wer- den, in dem körperorientierte Methoden wie Yoga, Tàijí Quán und Progressive Muskelre- laxation in entsprechend körperorientierten Modulen (siehe vorangehende Vorschläge) von ausgebildeten Lehrern unterrichtet wer- den. Die Arbeit eines Sozialarbeitenden und Sozialpädagogen ist immer auch in einem körperlichen Kontakt mit dem Klienten. Des- halb sollte diese Ressource, das Arbeitsinst- rument «eigener Körper» gezielter gefördert und weitergebildet werden. 47 48 6. Schlussfolgerungen Im Folgenden werden nun die theoretischen stellen sich damit ebenfalls in eine lebens- Betrachtungen miteinander verknüpft. Es lange Abhängigkeit und binden ihre Klien- wird aufgezeigt, weshalb die Arbeitneh- ten an sich. menden im Sozialwesen sich präventiv für die eigene Selbstfürsorge einsetzen sollen. Burisch (2014: 7) beschreibt Erscheinun- Die Verbindungen der Stresstheorien und gen von vollständigen und unerklärlichen die Verknüpfung mit körperorientierten Me- Verlusten der Motivation in den Helfenden- thoden werden anhand einer Darstellung und Sozialberufen. Er meint, dass sich der aufgezeigt und erklärt. In einem Fazit der «Praxisschock» bei Neueinsteigern auch Autorin werden abschliessend einige Über- im Berufsfeld der Sozialen Arbeit einstellen legungen diskutiert, die im Arbeitsprozess kann. Der Wirtschaftszweig Sozialwesen der vorliegenden Arbeit aufgetaucht sind. zeigt eine überdurchschnittlich emotionale Erschöpfung unter den Arbeitnehmenden Die Soziale Arbeit steht an vorderster Front, auf und ebenso eine überdurchschnittliche in direkter Klientenarbeit und an heraus- Einnahme schmerzlindernder Medikamen- fordernden Schnittstellen, in gesellschaft- te, um trotzdem weiterarbeiten zu können. lichen und individuellen Realitäten. Das Dies zeigt ganz deutlich einen dringenden Kapitel 5.2 geht auf die Vulnerabilität der Bedarf nach Lösungen und Handlungsalter- Sozialarbeitenden ein. Es wird aufzeigt, nativen auf. dass geschätzt 659‘000 Arbeitnehmende im Schweizer Sozialwesen tätig sind, Ten- Als Sozialarbeitenden sind die Lager klar denz steigend. Der Durchschnittssozialar- aufgeteilt. Auf der einen Seite die Sozial- beiter ist jünger als 35 Jahre alt und verfügt arbeitenden und auf der anderen Seite das über einen Abschluss auf der Sekundärstu- Klientel. Gerät der Sozialarbeitende immer fe 1. In der Sozialen Arbeit liegt der Fokus tiefer in die Spirale eines Burnout und er der alltäglichen Arbeitstätigkeiten grössten- einsieht, dass seine Ressourcen zur Be- teils auf dem Klientel. Viele Professionelle wältigung nicht mehr ausreichen, so ist der der Sozialen Arbeit empfinden psychische Wechsel, vom einen Lager in das andere, kranke Menschen als schutzbedürftig und ein fast unmöglich anzunehmender Schritt. empfehlen oftmals eine lebenslange und Da scheint es einfacher, sich mit einer kör- enge Begleitung und Betreuung. Diese pa- perorientierten Methode auseinanderzu- ternalistische Haltung unterstützt das Ste- setzen, da sie einem weniger das Etikett reotyp von psychisch Erkrankten, dass die- «Klient» anhängen. Mit dem Praktizieren ser nicht für seine Krankheit verantwortlich einer körperorientierten Methode können sei und somit auch keine Verantwortung Sozialarbeitende sich selber ermächtigen, übernehmen muss. Dadurch entstehen bei autonom und gestärkt mit den Ressourcen den Erkrankten eine Selbststigmatisierung zur Stressbewältigung umzugehen. und Entmutigung. Die Sozialarbeitenden 49 Allerdings muss Achtgegeben werden, dass lungskräfte und die Resilienz einer Person das Ausüben einer körperorientierten Me- nicht mehr genügen, um trotz der inneren und thode nicht zu einem positiven Stress bezie- äusseren Belastungen die Gesundheit und hungsweise einem «Freizeitstress» mutiert. Leistungsfähigkeit zu erhalten. Stress- und Eine körperorientierte Methode soll nicht Burnoutprävention kann nur erfolgen, wenn für die gesellschaftliche Bewunderung oder der Zusammenhang von Körper und Psyche zur sozialen Aufwertung der eigenen Per- in der Behandlung berücksichtigt wird. son ausgeführt werden. Diese extrinsische Handlungsmotive verhindern eine nachhalti- Eine von Burnout gefährdete Person hat ge Regeneration. das Bedürfnis nach einem Gleichgewicht. Die Ungleichgewichte im Leben der Betrof- Der Einbezug der körperlichen Dimension fenen zeigen sich in sozialarbeiterischen ist kein Privileg der sozialen Arbeit, insbe- Themen wie: viel Geben und wenig Anneh- sondere im Gesundheitswesen. Soziale Ar- men, viel Leisten bei geringer Honoration, beit soll die Wechselwirkungen von sozialer viel Stress und wenig Ruhe sowie oftmals Umwelt, Lebens- und Arbeitsbedingungen, eine schwer trennbare Aufteilung von Pri- Einstellungen und Verhalten, aber auch sozi- vat- und Arbeitsleben. In der Literatur wer- ale Normen und sozialer Schichtzugehörig- den Zustände wie der permanente Perso- keit auch in Bezug zum Körper berücksich- nalmangel und die Fallüberlastungen nur tigen. Der Körper ist immer auch der Träger unzureichend betont. Bei all diesen Aspek- von Identität und Biographie, an dem sich ten ist es durchaus verständlich, dass das Krankheit und Gesundheit manifestiert (vgl. Burnout so weit verbreitet ist. Es bedarf ei- Deutzmann 2002: 36). Daher besteht die nes ständigen bewussten Anpassungspro- Legitimation, an diesem Punkt, dem Körper, zesses zwischen den eigenen Bedürfnissen in die Gesundheitsförderung und in die Bur- und den äusseren Anforderungen, den Um- noutprävention einzusteigen. weltfaktoren sowie den daraus folgenden Handlungsspielräumen. Stress erweist sich Viele Personen, die längerfristig Stress erle- als schwerwiegenden Faktor, der zu erhöh- ben, haben regelrecht vergessen, wie es sich ter Krankheitsanfälligkeit bei Sozialarbeiten- anfühlt, völlig entspannt zu sein. Mit körpero- den führt. Dieser Faktor ist bedingt durch zu rientierten Methoden können sich Sicherheit kurze Regenerationsphasen und mehrere und Vertrauen wieder etablieren. Sie för- misslungene Bewältigungsversuche (vgl. dern das Wiedererlangen von körpereigenen Nitsch 1981: 35). Empfindungen und unterstützen den Aufbau von neuen Kräften und Zukunftsstrategien. Für die Stressbewältigung gibt es unter- schiedliche Methoden, wenn die Selbsthei- 50 eine Interaktion zwischen der individuellen Dieses Modell geht davon aus, dass die Ri- Person und der Umwelt. Durch die eigene sikofaktoren den Mechanismus geschädigt Einstellung und Erfahrung ist ein positiver haben. Die Kompensation reicht nicht mehr Umgang mit Stress also lernbar. Die sub- aus, um ein Burnout zu verhindern. Eine jektive Einschätzung des Stressereignisses Person mit einer hohen Vulnerabilität wird ist zentral. Im Prozess eines Burnouts spü- bei einer bestimmten Stressintensität eher ren die Betroffenen, dass ihre Ressourcen krank, als eine Person mit tiefer Vulnera- zur Bewältigung nicht mehr ausreichen. Ein bilität. Da die Risikofaktoren ererbt oder alleinstehender Reiz ist noch kein Stressor, sozial früh erworben (etwa durch Modell- durch entsprechende körperliche und psy- lernen) wurden, besteht ein lebenslanges chische Reaktionen des Individuums kann Risiko in der Persönlichkeitsentwicklung er sich aber in einen solchen wandeln. Mit (vgl. Clauss 1995: 513). Personen mit einer der Konfrontation eines Stressors, muss solchen Vulnerabilität können mit körpero- die Person erstens die Situation bezüglich rientierten Methoden eine Schwellensen- der Bedeutung für das aktuelle Wohlbe- kung gegenüber den Reizen stärken, die zu finden und die Wirkungen auf das Selbst- einem Burnout führen können. Dies kann wertgefühl einschätzen. Zweitens muss vor allem bei Berufstätigen, welche über die Person entscheiden, ob und welche eine starke intrinsische Helferausprägung Möglichkeiten ihr für die Bewältigung die- in die Soziale Arbeit gelangt sind, eine zu- ser Belastung zur Verfügung stehen. The- sätzliche Stabilität bewirken. orien wie das Transaktionale Stressmodell sind wichtig, da sie deutlich machen, wie Insbesondere die körperorientierten Metho- die Bewertungen bewusst gemacht und den wie Yoga und Tàijí Quán vermitteln ne- verändert werden können. Das Ziel besteht ben einer gesundheitsfördernden Lebens- in der Erweiterung der Ressourcen für kon- führung auch ein neues Bewusstsein für krete und situationsangemessene Bewäl- den eigenen Körper. Körperorientierte Me- tigungsstrategien. In diesem Stressmodell thoden lehren den gestressten Menschen setzen die körperorientierten Methoden an eine neue Kontrolle über das eigene kör- der eigenen Einstellung und der Bewer- perliche und psychische Sein. Der Mensch tungsoptionen an. baut sich neue Ressourcen und Haltungen zur Bewältigung von Stress auf. Das Üben Das Vulnerabilitäts-Stressmodell geht von der Progressiven Muskelrelaxation kann Risikofaktoren aus, die bereits vor einem dem Praktizierenden ein Gefühl der Kon- Burnoutprozess vorhanden sind. Diese Ri- trollierbarkeit vermitteln. Der gestresste sikofaktoren alleine gefährden den Men- Mensch fühlt sich so seinen Stressreaktio- schen noch nicht automatisch. Um einen nen nicht mehr ausgeliefert, sondern kann Burnoutprozess zu aktivieren, braucht es sie durch das gezielte An- und Entspannen ungünstige Umweltbedingungen wie Stress. kontrollieren. 52 6. Schussfolgerung Im 19. Jahrhundert begann die wissen- schen Arbeit wie keine andere Profession schaftliche Beschäftigung westlicher For- diesen ganzheitlichen Aspekt aufnehmen. scher mit der indischen Philosophie und Yoga. Zu diesem Zeitpunkt waren Indien Als Handlungsfelder sollen die individuellen und Ländern, in denen der Buddhismus ver- Ebenen der Sozialarbeitenden, aber auch breitet war, noch weitgehend Kolonien oder die unterstützenden System im Berufsalltag sie befanden sich zumindest in wirtschaft- und die damit verbundenen sozialpoliti- licher und politischer Abhängigkeit von Eu- schen Gegebenheiten und Bewegungen ropa (vgl. Zotz 1995: 7ff.). Hinduismus und betrachtet werden. Arbeitsplatzbezogene Buddhismus gelten auch heute noch oft- Schwierigkeiten können nicht immer unter- mals in vielen Kreisen der westlichen Welt nehmensintern gelöst werden. als pessimistische Philosophie der Welt- flucht (vgl. ebd.: 11). Die Menschen erwar- Es empfiehlt sich der Einbezug externer ten Verjüngung, Vitalität, Lebenskraft, Leis- Fachpersonen wie Supervisoren oder Men- tungsfähigkeit und Erfolg (vgl. Täube 1977: toren. Und zwar bereits bevor, dass ein Ar- 112). Im Yoga und vergleichsweise auch im beitnehmer an seine maximalen Grenzen Tàijí Quán ist das wichtiges Ziel der integ- gelangt. Die externen Fachkräfte können rierte Zustand aller Aspekte der Persönlich- die individuellen, beruflichen Entwicklung keit wie Körper, Geist, Seele, Intellekt sowie und jene des Unternehmens durch inter- die sozialen und spirituellen Anteile. Da- personelle Interaktionen erfassen und ge- bei gibt es aber genauso viele individuelle meinsam bearbeiten lassen. Damit kann ein Wege, wie es Menschen gibt (vgl. Gharote Beitrag geleistet werden, um die Balance 1994a: 10). Yoga ist die Meisterschaft über zwischen inneren und äusseren Anforde- sich selber. Geist und Körper werden dabei rungen aufrechterhalten werden. Unter ei- als Werkzeuge betrachtet. ner externen Fachkraft versteht die Autorin aber auch eine Expertin einer körperorien- Das westliche Denken kennt keine «Phi- tierten Methode, die beispielsweise zu ei- losophie», die auch den praktischen Le- nem bestimmten, wöchentlichen Sitzungs- bensvollzug einschliesst, zur Entwicklung termin in den sozialarbeiterischen Betrieb der Persönlichkeit beiträgt und als Weg zur kommt und vor Ort mit den Arbeitnehmen- Erkenntnis nicht nur die Ratio anrechnet, den an den individuellen und gemeinsamen sondern auch der Intuition grossen Wert Themen arbeitet. anrechnet (vgl. Deutzmann 2002: 79). Es geht um die Weiterentwicklung der Per- Im Verlauf der Arbeit verstärkte sich folgen- sönlichkeit, die auf einer Körperschulung de Meinung der Autorin immer deutlicher: basiert und zu erhöhten Handlungskompe- Der Begriff «Körperorientierte Methoden» tenzen und Belastbarkeit führt. Die Soziale ist nur bedingt geeignet, um die ganzheit- Arbeit kann insbesondere in der systemi- lichen und komplexen Ansätze der vorge- 53 stellten Methoden adäquat einzufangen. Abschliessend möchte die Autorin fest- Aussagekräftiger wäre, den Begriff «Psy- halten: Jede Reise beginnt mit dem ersten chosomatische Methoden» zu verwenden. Schritt. Sozialarbeitende sollen in Bewegung Dieser Begriff unterstreicht die Bedeutung kommen, bevor sie von einem Burnout zur der Integration von Körper uns Psyche. (hyperaktiven und gleichzeitig hypoaktiven) Bewegung gezwungen werden. Die körper- Auch wenn die Burnoutforschung mit der orientierten Methoden Yoga, Tàijí Quán und Schwierigkeit konfrontiert ist, eine genaue Progressive Muskelrelaxation erleichtern und einheitliche Definition zu finden, sollte den Einstieg in die körperliche Aktivität, da sie dennoch intensiv weitergeführt werden. sie sanft und langsam praktiziert werden. Mithilfe der begleiteten Reflexionsgefässe könnten wissenschaftlich nutzbares Da- tenmaterial gesammelt werden, die Auf- schluss über das Individuum und seine Verarbeitungs- und Schutzmechanismen geben. Eine gelingende Burnoutprävention soll nicht nur auf der individuellen Ebene von Sozialarbeitenden angegangen wer- den. Massnahmen auf der Ebene sozial- arbeiterischen Institutionen und auf Ebene des Arbeitsteams sind ebenso wertvoll. Um die Arbeitnehmenden vor Burnout zu schützen, sind die Arbeitgeber der Sozia- len Arbeit in der Verantwortung, das The- ma aufzugreifen Wie auch die beiden Dozentinnen Beate Knepper und Prof. Clara Burges der FHNW HSA fordern, sollen Lehrveranstaltungen in der Ausbildung die Unterschiede zwischen Burnout und temporären Stresssituationen vermitteln. Die Burnoutprävention und der Umgang mit belastenden Situationen sollen zum Pflichtprogramm jeder Bildungsinsti- tution der Sozialen Arbeit werden (vgl. Egli 2012: 9). Mit gezielten Unterrichtseinheiten kann die Selbstfürsorge und Gesundheits- förderung gefördert werden. 54 6. Schussfolgerung 55 56 7. Quellenverzeichnisse 7.1 Literatur Burisch, Matthias (2006). Das Burnout-Syn- drom. Theorie der inneren Erschöpfung. 3. Abraham, Anke (2011). Der Körper als heil- Aufl. Berlin Heidelberg: Springer Verlag sam begrenzender Ratgeber? Körperver- hältnisse in Zeiten der Entgrenzung. In: R. Burisch, Matthias (2013). Das Burnout-Syn- Keller& M. Meuser (Hrsg.). Körperwissen. drom. Theorie der inneren Erschöpfung. 4. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissen- Aufl. Berlin Heidelberg: Springer Verlag schaften. S. 31-52 Burisch, Matthias (2014). Das Burnout-Syn- Allwinn, Sabine (2010). Stressbewältigung. drom. Theorie der inneren Erschöpfung - Eine multiperspektivische Einführung für die Zahlreiche Fallbeispiele – Hilfen zur Selbst- Soziale Arbeit und andere psychosoziale hilfe. 5. Aufl. Berlin Heidelberg: Springer Professionen. 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Anhang Das Mindmap der Autorin zum Erfassen der Thematik 65 Dhanyavaad sagt der Praktizierende des Yoga Xièxiè sagt der Praktizierende des Tàijí Quán Thank you sagt der Praktizierende der Progressiven Muskelrelaxation Danke sagt die Autorin Ich bedanke mich bei Frau Prof. Clara Ange- lika Burges für ihre richtungsweisende und kompetente Unterstützung während der Be- gleitzeit und ihre konstruktiven Feedbacks. Ein grosses Dankeschön an meinen Vater Toni Möri, der immer wieder Kapitel für Ka- pitel gelesen hat. Für seinen Glauben an mich, bin ich ihm unendlich dankbar. Grossen Dank an Susanne Walther für das konzentrierte Gegenlesen, die hilfreichen, weiterführenden Informationen und die vie- len konstruktiven Rückmeldungen. Danke an meine Schwester und Grafikerin Noemi Möri für das tolle Layout und die un- zähligen Zeichen, die sie für mich millime- tergenau hin und her geschoben hat.