1Effizienzsteigerung des internen Planungsprozesses bei HKP Bauingenieure AG mit dem Einsatz von VDC-Elementen MAS Digitales Bauen CAS Methoden und Technologien André Henschke & Silvano Matthaei HKP Bauingenieure AG ahenschke@hkp-bauing.ch smatthaei@hkp-bauing.ch Zusammenfassung. Die vorliegende Arbeit richtet den Fokus auf den Planungsprozess im Ingenieurbüro. Durch den Einsatz von VDC-Elementen soll ein verbesserten modellgestützter interner Standartprozess definiert werden. Mit dem Wechsel der Strategie von «Push» zu «Pull» werden im neu definierten Prozess die benötigten Input-Informationen dem Output angepasst. Diese Informationen gelangen in das Modell, welches den gesamten Prozess durchläuft. Das Modell wird für automatisierte und standardisierte Teilprozessen verwendet. Dabei wird das Modell so erstellt, dass es gegenüber Änderungen flexibler ist. Die Möglichkeit der Weitergabe von Modellen verändert zudem den Output, somit den Prozess der Planerstellung. Der Planstandard definiert diesen Prozess und führt zu mehr Transparenz im Planungsprozess. 1. Grundlagen / Projekthintergrund Bei HKP wird als Grundlage für die Schalungs- und Bewehrungspläne seit einiger Zeit ein digitales 3D-Modell verwendet. Für die statischen Berechnungen werden wiederum weitere, separate Analysemodelle verwendet. Die Arbeit mit den Modellen und deren Verwendung bezieht sich sehr stark auf die SIA-Phasen. Durch alle diese Gegebenheiten sind die Modelle untereinander nicht kompatibel und können nur für einen sehr spezifischen Zweck verwendet werden. Ein neu definierter VDC-Standardprozess soll die Verwendung der Modelle über alle, vom Ingenieur begleiteten, SIA-Phasen definieren und durch den Einsatz von VDC-Elementen wirtschaftlicher und transparenter machen. 2. Analyse des bestehenden Prozesses Der bestehende Planungsprozess ist zwar dreidimensional unterstützt, die Prozessstruktur ist allerdings immer noch zweidimensional ausgerichtet. Die Vorteile der modellbasierten Planung werden bei weitem nicht ausgeschöpft. Der bestehende Planungsprozess ist bürointern nicht standardisiert. Jeder Projektleiter arbeitet nach seinen Grundsätzen und Fähigkeiten, unabhängig von den technischen Möglichkeiten der heutigen Softwareumgebung. So erstellt z.B. jeder Ingenieur ein Ausmass für eine Submission auf seine eigene Weise. Änderungen am Projekt bedeuten für den Ingenieur einen erhöhten Planungsaufwand. Das Tragwerksmodell, welches als Grundlage für die Planerstellung dient, wird aus diesem Grund erst im letzten Moment erstellt. Erst dann kommt der Konstrukteur zum Zug, welcher in kürzester Zeit einen enormen Wissensvorsprung aufholen muss. Die Zeit dafür ist in der Praxis 2oft sehr kurz und dadurch gelangt das Ingenieurbüro schnell unter Druck, was die Qualität des Outputs nicht förderlich ist. Bei der Planerstellung wird die Geometrie vom Modell abgeleitet. Ebenso wird die Bewehrung im Tragwerksmodell erstellt, was automatisierte Bewehrungslisten ermöglicht. Alle anderen Informationen auf den Plänen (Text, Vermassung, etc.) müssen weitgehend manuell erstellt und abgesetzt werden. Dadurch sind sie grundsätzlich sehr fehleranfällig, was sich bei Projektänderungen noch verstärkt. Im bestehenden Prozess kommen nur wenige und sehr grobe Metriken zum Einsatz. Diese beschränken sich vornehmlich auf die Auswertung des phasenbestimmten Aufwandes. Dabei geben diese Metriken jedoch keine Aussage über die eigentlichen Planungselemente bzw. die jeweiligen Einzelprozesse. Entstehende Mehraufwendungen werden entweder als Nachtrag weiter verrechnet oder als Phasenverlust verbucht. Die Ursache bleibt bei dieser Betrachtung meist unbeachtet bzw. wird im Nachhinein subjektiv eingeschätzt. 3. Strategieänderung – Von Push zu Pull Die Analyse des bestehenden Prozesses verlangt nach einer Strategieänderung. Der Output soll neu den Input bestimmen, der Prozess wird am Ende gezogen und nicht mehr vom Start her gestossen. Mit dem Projektstart gilt es deshalb zu definieren, welcher Output schlussendlich verlangt wird. Dies bildet die Grundlage für den neu definierten VDC-gestützten Planungsprozess. Die möglichen Outputs werden in Anwendungsfällen definiert. Je nachdem, welche Anwendungsfälle angewandt werden, sind andere Inputs notwendig. An dieser Stelle ist ein Umdenken notwendig, da sich das Bauumfeld diese Arbeitsweise noch nicht gewohnt ist. Bild 1: Der Vergleich der Arbeitsweisen «Push» und «Pull» [1]. Die oben dargestellte Grafik zeigt vereinfacht, dennoch sehr deutlich, wie der «Pull»-Prozess die Planung von hinten aufrollt. Der Output resp. die Baustelle definiert den erforderlichen Input und nimmt so Einfluss auf den gesamten internen Planungsprozess. 34. Prozesserbesserungen Die in der Analyse des bestehenden Planungsprozesses aufgedeckten Defizite werden durch folgende Prozessveränderungen verbessert: 1. Änderung der Informationsbeschaffung von «Push» zu «Pull», gemäss Kapitel 3. Die relevanten Informationen wie beispielsweise Geologie oder Vermessung bilden die Grundlage für ein durchlässiges Modell. 2. Das Tragwerksmodell wird in einer früheren Planungsphase erstellt und dient als Informationsdatenbank und Grundlage für die Teilprozesse. (z.B. Ausmass für Submission, Angabe von Sperrzonen). Es zwingt das Planungsteam Details zu lösen, die im bestehenden Prozess gerne vernachlässigt werden (z.B. Deckenabsätze). 3. Die Teilprozesse sind dahingehend optimiert, dass sie einen grossen Automatisierungsgrad ermöglichen. Dadurch können Änderungen im Projekt schneller ausgewertet werden und die Planung wird weniger anfällig für Störungen. 4. Einführen von internen und externen modellgestützten Planungsworkshops (ICE- Sessions). Durch das Vorhandensein des digitalen Modells wird diese Art der Zusammenarbeit erst ermöglicht. Der Informationsverlust beim Übergang in die nächste Planungsphase wird verringert. 5. Das Modell wird mit Dritten ausgetauscht. So kann ein Baugrubenmodell z.B. in maschinenlesbarer Form auf die Baustelle weitergegeben werden. Dadurch verändert sich der zu erstellende Output und dessen Aufwand. Für den Austausch mit Dritten bieten sich auch digitale Kollaborationsplattformen an. Dadurch können sich auch Planer am dreidimensionalen Prozess einbringen, die nicht 3D-Ready sind. Die hier beschriebenen Prozesserbesserungen bedingen eine Standardisierung. Folgende Dokumente bilden die Grundlage dazu: Die Modellierungsrichtline definiert, wie das Modell erstellt werden muss damit die abgeleiteten Teilprozesse ausgeführt werden können. In den Anwendungsfällen werden die Teilprozesse definiert. Diese werden je nach Projekt ausgewählt und können Auswirkungen auf die Modellierungsrichtlinien haben. Der Planstandard definiert den Informationsgehalt und die Darstellung der Pläne. Damit wird auch eine klare Abgrenzung zu den Plänen des Architekten ermöglicht. Im Minimalstandard wird die kleinste für die Ausführung notwendige Informationsanforderung definiert. Dadurch werden der Planerstellungsprozess und die Anforderungen transparenter. Bedingt durch die Komplexität eines Projektes kann bewusst vom Minimalstandard abgewichen werden. 5. HKP VDC-Prozess Der neue VDC-Gesamtprozess bei HKP beinhaltet alle Prozessverbesserungen, welche alle in dem HKP-Projektabwicklungsplan zusammengefasst sind. Verändert sich das Umfeld durch neue digitale Werkzeuge oder durch neue Anforderungen Dritter, indem z.B. der Baumeister 3D-Ready wird, muss der Projektabwicklungsplan angepasst werden. 4Hier der neue VDC-gestützte Gesamtprozess in der Übersicht: Bild 2: der HKP VDC-Gesamtprozess. Der neue, modellgestützte Standardprozess ist flexibler und transparenter. Die Teilprozesse sind durch die Automatisierung zeitlich schneller durchzuführen und werden dadurch aktueller. Die Arbeit des Bauingenieurs folgt dem Projekt und hinkt nicht mehr eingefrorene Planständen nach. Auf Inputs von Dritten, die heute mehrheitlich als Störungen empfunden werden, wird im neuen Prozess proaktiv zugegangen. Dadurch kann viel Frust und eine schlechte Kommunikation vermieden werden. Daraus verbessert sich ebenfalls die «Aussenwirkung» der Arbeit des Ingenieurbüros. Schliesslich wird durch den Einsatz von Metriken der neue Prozess stetig kontrolliert und verbessert. Gerade die Messmöglichkeiten der einzelnen Teilprozesse stellen eine besondere Stärke dieses neuen VDC-Prozesses dar. 6. Quellen [1] O. a. M. Christoph Roser, „AllAboutLean.com,“ [Online]. Available: https://www.allaboutlean.com/push-pull/. [Zugriff am 29 September 2018].