SGwleiiscsh Jsoteulrlnuanlg o af mSo Rcaionldo gdye, s4 A0r (b2e)i,t s2m01a4rk, t3s?4 9–364 349 Gleichstellung am Rand des Arbeitsmarkts? Sozialinvestitionen und Verwirklichungschancen aus einer Genderperspektive Eva Nadai* und Alan Canonica* 1 Einleitung Der Arbeitsmarkt ist ein bevorzugtes Feld für die Gleichstellungspolitik, die sich die Öffnung von Berufen und Karrierechancen für beide Geschlechter und die Verein- barkeit von Beruf und privater Care-Arbeit auf die Fahnen geschrieben hat. Dabei gehen aber diejenigen vergessen, die aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind: Arbeitslose und Sozialhilfebeziehende, die wir in unserem Beitrag ins Zentrum stellen wollen.1 Umgekehrt ist die Beschäftigungspolitik in der Schweiz geschlechtsblind und orientiert sich am Leitbild der universalen Erwerbsbürgerschaft. Im Gegensatz dazu ist Gleichstellung bzw. Gender Mainstreaming in der Beschäftigungsstrategie der EU explizit verankert, wenngleich die Durchsetzung den Mitglieds staaten überlassen bleibt (Wöhl 2007, 176 ff.). Die Wirkungen dieser Politik in Bezug auf Re- und Dekommodifizierung bzw. Re- und Defamilialisierung (Leitner et al. 2004) werden in der einschlägigen Forschung kontrovers beurteilt (u. a. Ostendorf 2006; Rudolph 2007). Die spezifischen Massnahmen zur Förderung respektive Aktivie- rung von Erwerbslosen sind gleichstellungspolitisch ebenso ambivalent. So wird der Arbeitszwang der Beschäftigungspolitik als «Zwangs-Emanzipation ohne Rücksicht auf familiäre Verpflichtungen» kritisiert (Jaehrling 2009, 147), und es kann z. B. für Deutschland gezeigt werden, dass Frauen weniger gefördert werden als Männer (Rudolph 2007; Betzelt et al. 2009; Bothfeld und Betzelt 2011). Die forcierte Aktivierung von Erwerbslosen ist eingebettet in das Paradigma der Sozialinvestitionen, das seit geraumer Zeit die Sozialpolitik postindustrieller Gesellschaften prägt. Staatliche Mittel sollen gemäss dieser Doktrin zur Entwicklung der produktiven Potenziale der Bevölkerung eingesetzt werden mittels Investitionen in Humankapitalbildung respektive Beschäftigungsfähigkeit (Esping-Andersen 2004; Lessenich 2004; Bonoli 2008). Das aus der Ökonomie entlehnte Investitions- konzept impliziert einerseits das Ziel der Schaffung eines Mehrwerts, anderseits als Folge dieses Gewinnstrebens auch Selektivität: die Allokation von Mitteln in * Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz, CH-4600 Olten, eva.nadai@ fhnw.ch und alan.canonica@fhnw.ch. 1 Wir verwenden im Folgenden den Begriff «Erwerbslose» als Oberbegriff für Arbeitslose und Sozialhilfebeziehende, den Begriff «Arbeitslose» nur für die bei der Arbeitslosenversicherung registrierten Personen. © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich 350 Eva Nadai und Alan Canonica «profitable Investitionsobjekte». Bezogen auf erwerbslose Menschen bedeutet das, dass aktivierende Massnahmen vorzugsweise denjenigen zugutekommen sollen, denen relativ günstige Aussichten auf Arbeitsmarktintegration attestiert werden. Humankapital und Beschäftigungsfähigkeit sind Konzepte mit definitorischen Unschärfen, weshalb man sich in der Praxis der Aktivierung meist mit einem in- direkten Wirkungsindikator behilft. Als erfolgreich gelten Massnahmen, wenn die teilnehmenden Erwerbslosen im Anschluss eine Stelle gefunden haben. In dieser schlichten Gleichung wird Markterfolg mit Beschäftigungsfähigkeit konfundiert: Beschäftigungsfähig ist, wer den Eintritt in den Arbeitsmarkt schafft, und umgekehrt ist nicht beschäftigungsfähig, wer aussen vor bleibt. Problematisch ist weiter, dass nur schwer nachweisbar ist, dass tatsächlich die Teilnahme an einer bestimmten Massnahme ausschlaggebend für den Erfolg bei der Stellensuche war (Aeppli und Ragni 2009). Aus Gleichstellungssicht lässt sich schliesslich fragen, ob die Einglie- derung in den Arbeitsmarkt immer als Erfolg gelten kann. Ist es wirklich positiv zu werten, wenn z. B. eine alleinerziehende Mutter kleiner Kinder eine unterbezahlte, prekäre Beschäftigung findet, nun als Working Poor die doppelte Arbeitsbelastung trägt und dennoch ergänzende Sozialhilfe beziehen muss? In unserem Beitrag schlagen wir als alternativen normativen Referenzrahmen den Capability-Ansatz vor, der von Amartya Sen im entwicklungspolitischen Kontext entworfen, aber mittlerweile auf viele andere Politikfelder übertragen wurde, so auch auf Gleichstellungsfragen (Robeyns 2003; Dean et al. 2005; Lewis und Giullari 2005; Stutz und Knupfer 2012). Konkret fragen wir danach, ob die Sozialinvestitions- und Aktivierungspraxis in der Schweiz die Verwirklichungschancen von Erwerbslosen erweitern kann und ob sie geeignet ist, durch kompensierende Förderung spezifische Benachteiligungen von Frauen beim Arbeitsmarktzugang auszugleichen. Im Fokus stehen unqualifizierte Frauen, wobei wir von einem interdependenten Geschlech- terbegriff ausgehen (Walgenbach 2007) und die Verschränkung von Gender und weiteren Ungleichheitsdimensionen mit berücksichtigen. Unsere These lautet, dass die Selektivität und Arbeitsmarktzentriertheit der Sozialinvestitionslogik und die Ausblendung des komplexen Bedingungsgefüges für Verwirklichungschancen be- stehende Ungleichheiten von Geschlecht, Klasse, Migrationshintergrund und Alter reproduziert. Paradoxerweise bieten jedoch gerade die Massnahmen für besonders arbeitsmarktferne Erwerbslose ein gewisses Entwicklungspotenzial bezüglich “in- ternal capabilities” (Nussbaum 2011a, 21), auch wenn sie nicht unmittelbar in den Arbeitsmarkt führen. Bevor wir auf die Allokation von Bildungs- und Beschäftigungs- massnahmen (3.) und auf Verwirklichungschancen im Spannungsfeld von Sozialstaat, Arbeitsmarkt, Familie und individuellem Handeln der Erwerbslosen eingehen (4.), skizzieren wir nachfolgend unseren theoretischen Rahmen. Empirisch stützen wir uns auf ethnografische Fallstudien zur Sozialinvestitionspraxis in einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) der Arbeitslosenversicherung (ALV), einem Sozialdienst, zwei frauenspezifischen und zwei gemischtgeschlechtlichen Integra- © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich Gleichstellung am Rand des Arbeitsmarkts? 351 tionsprogrammen für Erwerbslose. Neben teilnehmender Beobachtung wurden Leitfadeninterviews mit acht ExpertInnen, 16 Mitarbeitenden der untersuchten Institutionen und 22 Erwerbslosen durchgeführt und mit den Codierverfahren der Grounded Theory in der Linie von Strauss und Corbin (1990) ausgewertet.2 2 Theoretischer Rahmen: Capability-Ansatz Wie einleitend bemerkt, ist die Fokussierung des Sozialinvestitionsparadigmas und der Aktivierungspraxis auf Arbeitsmarktteilnahme als ultimatives Ziel für alle aus einer Gleichstellungsperspektive fragwürdig. Diese Vereinseitigung und der struk- turelle Zwangscharakter von Aktivierung werden in der einschlägigen Literatur oft kritisiert (Schallberger und Wyer 2010, 30 ff.). Die Freiheit, das Leben nach eigenen Wertvorstellungen selbst gestalten zu können, steht hingegen im Zentrum des Capability-Ansatzes. Oder präziser: Es geht um reale und dauerhaft gesicherte Handlungs- und Verwirklichungschancen, die abhängig sind von der Verfügung über materielle Ressourcen sowie von Konversionsfaktoren, d. h. individuellen Voraus- setzungen und gesellschaftlichen Strukturbedingungen (Robeyns 2005; Wolff und De-Shalit 2007; Nussbaum 2011a). Zentrale Capabilities werden als Menschenrechte behandelt, die eine gerechte Gesellschaft zu gewährleisten hat. Mit der Betonung von tatsächlichen Entfaltungschancen verweist dieser Ansatz auf die Notwendigkeit von kompensatorischer Ungleichbehandlung: Um ein gesellschaftlich definiertes Mindestmass an Wohlfahrt zu erreichen, benötigen Individuen je nach ihren per- sönlichen Voraussetzungen unterschiedliche Formen von Unterstützung. Zur Be- stimmung solcher Mindeststandards von Wohlfahrt gibt es eine breite Debatte und eine Vielzahl von Listen mit zentralen Capabilities (Robeyns 2003, 74; Nussbaum 2011a, 33 f.), die allerdings in der Regel sehr abstrakt formuliert sind, auf Gewich- tungen und Schwellenwerte verzichten und oft auf Armutskontexte bezogen sind. Geht es nicht nur ums nackte Überleben, rücken wie im Fall von Erwerbslosigkeit vor allem Fragen von Wahlfreiheit bezüglich folgenreicher Weichenstellungen im Leben in den Vordergrund. In Bezug auf die Aktivierung von Erwerbslosen werden aus der Capabilities- Perspektive drei Dimensionen diskutiert: “capability for work”, “capability for voice” und “capability for care” (Dean et al. 2005; Bonvin und Farvaque 2006; Bonvin 2009). Kritisiert wird erstens, dass die Freiheit, sich für eine subjektiv sinnstiftende 2 Das Projekt «Lohnende Investitionen? Zum Gleichstellungspotenzial von Sozialinvestitionen und Aktivierung» wurde vom Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des NFP60 «Gleichstellung der Geschlechter» gefördert (4060-129208). Die Studie ging der Frage nach, inwiefern aktivierende Massnahmen zur Verbesserung der sozialen und ökonomischen Lage von gering qualifizierten erwerbslosen Frauen (und Männern) beitragen können. Neben den Autoren waren Gisela Hauss und Loredana Monte an der Forschung beteiligt. Für einen Überblick über Fragestellung, Design, Methoden und Ergebnisse vgl. Nadai et al. (2013). © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich 352 Eva Nadai und Alan Canonica Arbeit zu entscheiden, durch den Zwang beschnitten werde, jede Arbeit anneh- men zu müssen. Zweitens werde den Betroffenen kaum Mitsprache in Bezug auf Massnahmen gewährt, und sie hätten angesichts harter Sanktionsmöglichkeiten bei Teilnahmeverweigerung keine Exit-Optionen zu akzeptablen Bedingungen. Weil Aktivierung unabhängig von den Präferenzen der Betroffenen immer auf Eingliede- rung in den Arbeitsmarkt orientiert sei, bleibe ihnen drittens die Freiheit verwehrt, sich ohne materielle Nachteile für private Care-Arbeit zu entscheiden.3 Diese Kritik ist sicher berechtigt, aber auf so grundsätzlicher Ebene angesiedelt, dass für Diffe- renzierungen wenig Raum bleibt. Überdies kommt hier eine theoretische Leerstelle zum Ausdruck: Der Capability-Ansatz stellt zwar die Wahlfreiheit des Individuums und die diesbezüglichen sozialen Voraussetzungen ins Zentrum, sagt aber wenig zur Entwicklung der für die Wahrnehmung dieser Freiheit notwendigen persönlichen Fähigkeiten (Leßmann 2011, 70).4 Die Wahl sinnstiftender Arbeit beispielsweise oder Entscheidungen zur Gewichtung von Erwerbsarbeit und Care-Arbeit fordern dem Individuum Fähigkeiten wie Selbstreflexion, Entscheidungs- und Urteilsvermögen oder das Entwerfen von Alternativen ab. Sedmak (2011) bezeichnet diese Kompe- tenzen als «Fundamentalfähigkeiten», die notwendig sind, damit ein Individuum sozial gegebene Voraussetzungen in tatsächliche Freiheit zur eigenen Lebensgestaltung ummünzen kann. Insofern persönliche Fähigkeiten immer an das Subjekt gebunden sind und von diesem in einem biografischen Prozess angeeignet werden müssen, können sie nicht wie Ressourcen oder Rechte einfach verteilt werden. Es können jedoch soziale Bedingungen benannt und gewährt werden, die der Entwicklung solcher Fähigkeiten dienlich sind. Fundamentalfähigkeiten sind mithin notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingungen für Verwirklichungschancen. Im Kontext der Aktivierung von Erwerbslosen ist also auch danach zu fragen, inwiefern ihre Fundamentalfähigkeiten gestärkt werden. So wie der Sozialstaat nicht einfach Fähigkeiten verteilen kann, kann er auch nicht allein haftbar gemacht werden für die “capability for work” von Erwerbslosen. In der Regel wird im Capability-Ansatz der Staat implizit oder explizit als primärer, aber nicht einziger, Garant für zentrale Capabilities betrachtet (Nussbaum 2011b, 26). Im Kontext Erwerbslosigkeit spielt offensichtlich der Arbeitsmarkt eine wichtigere Rolle, wo letztlich über die Vergabe von Arbeitsplätzen und damit über eine zent- rale Voraussetzung für Verwirklichungschancen entschieden wird. Der Zugang zu Bildung, Beruf und Einkommen als «Kern der modernen Ungleichheitshierarchie» (Schwinn 2007, 273) ist geprägt von Bildungseinrichtungen und der Familie als «‹Filterinstitutionen›, die wesentliche Bedingungen für die Partizipation in allen weiteren Bereichen festlegen» (Schwinn 2007, 274). So machen Lewis und Giullari 3 Überdies wirkt sich die direkte oder indirekte Kürzung materieller Sozialtransfers der letzten Jahre (Magnin 2005; Wyss 2005) per se negativ auf die Verwirklichungschancen von Erwerbslosen aus. 4 Nussbaum (2011a, 33) führt in ihrer Liste zentraler Verwirklichungschancen die Fähigkeit, “to use the senses, to imagine, think and reason” auf, benennt aber nur kurz Bildung als notwendige Voraussetzung dafür. © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich Gleichstellung am Rand des Arbeitsmarkts? 353 (2005, 92 ff.) darauf aufmerksam, dass die Verwirklichungschancen von Frauen durch die ungleiche Verteilung von familialer Care-Arbeit massiv eingeschränkt werden und dass diesbezüglich auch die Männer eine Verantwortung tragen. “Capability for work” und “capability for care” sind für beide Geschlechter abhängig von der Verteilung von Zeit und Geld und vom Zugang zu Care-Dienstleistungen auf Haushalts- wie auf gesellschaftlicher Ebene (Lewis und Guillari 2005, 97). Die Erwerbschancen von Frauen zeichnen sich denn auch durch einen ausgeprägten “familiy gap” zwischen Frauen mit und ohne Care-Verpflichtungen aus (Leitner et al. 2004, 9), der durch Unterschiede im Bildungsniveau weiter akzentuiert wird (Baumgartner 2008). 3 Investitionen in Beschäftigungsfähigkeit? Beschäftigungsfähigkeit (employability) ist ein eher vages Konzept (Blancke et al. 2000, 5), das dennoch international zu einem Zentralbegriff der Arbeitsmarkt- politik avanciert ist. In präventiver Hinsicht benennt der Begriff die gleichsam vorauseilende Anpassung von Individuen an sich wandelnde Bedingungen des Arbeitsmarkts, während es bei Erwerbslosen um reaktive Strategien zur Kompensa- tion von Qualifikationsdefiziten und die Entwicklung von Handlungs kompetenzen geht. Insofern der Kern von Beschäftigungsfähigkeit darin besteht, “acceptable to an employer” zu sein (Mangum in Blancke et al. 2000, 5), basieren entsprechende Massnahmen auf Annahmen zu den Erwartungen von Arbeitgebern. In unserem Datenmaterial lassen sich sechs Kategorien identifizieren, die für die PraktikerInnen der beruflichen Eingliederung als Dimensionen von Beschäftigungsfähigkeit gelten: formale Qualifikationen, Berufserfahrung, Schlüsselkompetenzen, Sozialkapital, Selbstmarketingtechniken und Flexibilität. Der ideale Stellensuchende – wir be- nutzen hier mit Bedacht die männliche Form – kann berufliche Qualifikationen und Erfahrungen im angestrebten Tätigkeitsfeld vorweisen, genügt den gängigen Ansprüchen bezüglich überfachlicher Kompetenzen, verfügt über ein Netz an nütz- lichen Beziehungen für die Stellensuche, kann sich schriftlich und im Vorstellungs- gespräch gut verkaufen und ist zeitlich und örtlich flexibel verfügbar. Er ist, um die Formulierung von Acker (1991, 170) aufzunehmen, “the disembodied worker who exists only for the job.” Weder ist er durch Familienbeziehungen gebunden, noch hat er mit persönlichen, sozialen oder gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Bildung ist eine zentrale Voraussetzung für Verwirklichungschancen (Volkert 2005). Empirisch gut belegt ist, dass fehlende Berufsbildung ein zentraler Risikofaktor für Arbeitslosigkeit und Sozialhilfeabhängigkeit ist (Suter et al. 2009; Guggisberg et al. 2012). Auch wenn sich der Abstand zwischen den Geschlechtern in den jünge- ren Altersgruppen verringert, verfügen in der Schweiz immer noch deutlich mehr Frauen als Männer nicht über eine nachobligatorische Ausbildung (BFS 2011). In qualifizierende Nachholbildung mit formalen Abschlüssen wird jedoch nur wenig © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich 354 Eva Nadai und Alan Canonica investiert, denn die institutionellen Rahmenbedingungen für die Aus- und Weiterbildung von Erwerbslosen sind von historisch gewachsenen Rationalitäten geprägt (Nadai 2014). Einer Investitionslogik widerspricht insbesondere das Abstandsgebot der so- zialen Sicherung: Arme und Arbeitslose dürfen durch die staatliche Unterstützung nicht besser gestellt sein als die arbeitende Bevölkerung – nicht nur materiell, sondern auch bezüglich Bildung. So ist «Grundausbildung und die allgemeine Förderung der beruflichen Weiterbildung nicht Sache der ALV» (Seco 2013, A4). Die Sozialhilfe kann Bildungskosten nur dann übernehmen, wenn sie weder über den Grundbedarf noch über Stipendien gedeckt werden können (SKOS 2005, C.I.4). Folglich haben Erwerbslose ohne Grundausbildung keinen Anspruch auf Nachholbildung zum Erwerb eines beruflichen Abschlusses. Nur 0.4 Prozent der Arbeitslosen erhalten denn auch einen Ausbildungszuschuss.5 Ein Grossteil der Bildungsmassnahmen der ALV sind Kurse, die punktuelle Defizite in Bezug auf die bereits ausgeübte Tätigkeit angehen. Frauen sind bei dieser Form von Bildung übervertreten, insbesondere bei Sprach- und Informatikanwenderkursen, Kursen im kaufmännischen Bereich und Verkauf sowie im Bildungs- und Gesundheitswesen. Insofern sich Massnahmen der ALV prioritär auf die Vermittelbarkeit im ausgeübten Beruf beziehen müssen, spiegelt sich in diesen Befunden die geschlechterdifferen- zierende Segregation des Arbeitsmarkts.6 Die Sozialhilfe hat kein vergleichbares Angebot an Bildungsmassnahmen – ob Aus- und Weiterbildungskosten übernommen werden, wird von Fall zu Fall entschieden; entsprechend sind keine Daten dazu verfügbar. Die institutionellen Rahmenbedingungen verstärken Bildungsungleichheiten also in doppelter Hinsicht: Zum einen sind Erwerbslose ohne Grundqualifikationen benachteiligt, zum anderen haben Sozialhilfebeziehende noch geringere Chancen, gefördert zu werden, als Arbeitslose, weil die Sozialhilfe im Unterschied zur ALV keine Bildungsmassnahmen zur Verfügung hat bzw. finanzieren kann. Unterstellte Defizite bezüglich Berufserfahrung und Schlüsselqualifikationen bilden den Ansatzpunkt für Beschäftigungsmassnahmen, an denen gut ein Viertel der Arbeitslosen, aber nur 2.2 Prozent aller Sozialhilfebeziehenden im Erwerbsalter teilnehmen.7 Diese Form der Förderung von Beschäftigungsfähigkeit kommt primär den wenig qualifizierten Erwerbslosen zugute. Allerdings ist der Sinn dieses Mass- nahmentyps im Feld wie in der Wissenschaft umstritten. «Wir müssen die Leute nicht beschäftigen, wir müssen sie qualifizieren für den Arbeitsmarkt», meint eine von uns interviewte Expertin eines kantonalen Arbeitsamts. Soziologische Studien 5 Alle in diesem Abschnitt genannten Daten beziehen sich auf das Jahr 2010 und wurden auf der Basis von unveröffentlichten Tabellen des Seco für die Arbeitslosenversicherung (Seco 2010) bzw. der Schweizerischen Sozialhilfestatistik des BFS berechnet (BFS 2010). 6 Unsere Beobachtungen und Interviews zeigen zudem, dass in Beratungsgesprächen kaum je auf die Möglichkeiten geschlechtsuntypischer Tätigkeiten eingegangen wird. 7 Obwohl nur für eine kleine Minderheit von Sozialhilfebeziehenden Beschäftigungsmassnahmen zur Verfügung stehen, ist die berufliche Eingliederung auch in der Sozialhilfe ein zentrales Thema, sowohl in den Beratungsgesprächen wie in den Konzepten des untersuchten Sozialdienstes oder der SKOS. © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich Gleichstellung am Rand des Arbeitsmarkts? 355 bescheinigen Beschäftigungsmassnahmen, lediglich ein Konformitätstest ohne Nachweis von Leistungsfähigkeit zu sein (Nadai und Maeder 2008), allerdings bei Passung zwischen dem Programmprofil und den Bedürfnissen der Erwerbslosen positive Effekte auf sozialer Ebene zu haben (Schallberger und Wyer 2010). In den Beschäftigungsmassnahmen der ALV entspricht das Geschlechterverhältnis den An- teilen von Frauen und Männern an allen registrierten Arbeitslosen,8 und Frauen sind sogar öfter als Männer in arbeitsmarktnahen Typen beschäftigt.9 In den Programmen der Sozialhilfe sind Frauen hingegen klar untervertreten. Sie stellen die Hälfte der Sozialhilfebeziehenden, aber nur 37 Prozent der Programmteilnehmenden. Beson- ders benachteiligt sind Migrantinnen, die 23 Prozent aller Sozialhilfebeziehenden ausmachen, aber nur 14 Prozent der Programmteilnehmenden.10 Verschärfte Zumutbarkeitsregeln und die Mitwirkungspflicht sorgen für die (erzwungene) Flexibilität der Erwerbslosen bezüglich Arbeitsinhalten, Qualifikations- und Lohnniveau. Zeitliche Flexibilität im Sinne der Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt ist zudem in der ALV eine rechtliche Voraussetzung für den Leistungsbezug (Art. 15 AVIG), wobei jede Einschränkung zulasten der Versicherten geht. Damit werden insbesondere die Kosten für private Care-Arbeit individualisiert. Diskontinuierliche Erwerbsverläufe und atypische Beschäftigungen aufgrund von Familienpflichten erschweren Frauen den Zugang zu ALV-Leistungen (Stutz und Knupfer 2012, 63), und wenn sie eine Teilzeitarbeit suchen, reduzieren sich ihre Ansprüche entsprechend. Über die rechtliche Dimension hinaus ist Verfügbarkeit in der Praxis ein zentrales handlungspraktisches Kriterium zur Selektion von AdressatInnen für Massnahmen (vgl. ausführlicher Nadai et al. 2013). Bei Müttern wird Familie stereotyp als «Klotz am Bein» betrachtet, während Männer auch als Väter als «Arbeitstier» gelten (Zitat RAV-Beraterin). Wie gezeigt, werden aber Frauen in der ALV, so sie denn Leis- tungsansprüche erarbeitet haben, bei der Zuteilung von Massnahmen nicht weiter benachteiligt. Hingegen lässt ihre Untervertretung in den Sozialhilfeprogrammen vermuten, dass die Sozialhilfe eher versucht, die Ernährerrolle der Männer wieder herzustellen und bei Müttern weniger in die berufliche Eingliederung investiert (vgl. auch Streuli und Kutzner 2005; Keller 2012). Die Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen von ALV und Sozialhilfe können also unqualifizierten Erwerbslosen eine entscheidende Voraussetzung für Verwirklichungschancen – eine berufliche Grundausbildung – nicht verschaffen. Geprägt vom Abstandsgebot stellen sie höchstens Ersatzinvestitionen dar, die den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit auf dem bestehenden Qualifikationsniveau si- chern sollen, aber unqualifizierten Erwerbslosen keine dauerhafte Verbesserung ihrer 8 Wiederum mit Geschlechtersegregation der Einsatzfelder. 9 Berufspraktika und andere Praktikumseinsätze im ersten Arbeitsmarkt machen 16.4 Prozent der Beschäftigungsmassnahmen von Frauen, aber nur 10.8 Prozent der Beschäftigungsmassnahmen der Männer aus. 10 Für die Sozialhilfe sind keine differenzierten Daten zur inhaltlichen Ausrichtung der Programme verfügbar. © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich 356 Eva Nadai und Alan Canonica prekären Lage auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen. Die Massnahmen reproduzieren Bildungs- und tendenziell auch Geschlechterungleichheiten, indem in der Regel weder die Beschränkung auf geschlechtstypische Tätigkeiten noch die Verteilung von Erwerbsarbeit und Care-Arbeit innerhalb eines Haushaltes in frage gestellt werden. 4 Verwirklichungschancen zwischen Sozialstaat, Arbeitsmarkt und Familie Sozialinvestitionen zur Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit werden nach dem Matthäusprinzip eher den Erwerbslosen zuteil, die dank Qualifikationen, Erfahrung und Flexibilität arbeitsmarktnäher sind. Allerdings werden die «schwer Vermittel- baren» nicht einfach sich selbst überlassen, sondern ebenso aktiviert. Will man sich nicht damit begnügen, dies als Disziplinierung marginalisierter Bevölkerungsgruppen zu kritisieren, ist zu fragen, ob und unter welchen Bedingungen die Massnahmen den Betroffenen dennoch gewisse Entwicklungschancen eröffnen. Um Sozialinves- titionen produktiv nutzen zu können, müssen die Erwerbslosen über persönliche Voraussetzungen physischer, psychischer und kognitiver Art (Nussbaum 2011a), insbesondere auch über Fundamentalfähigkeiten (Sedmak 2011) verfügen. Diese persönlichen Konversionsfaktoren können nur beschränkt im Rahmen relativ kurz- fristiger arbeitsmarktlicher Massnahmen hergestellt werden. Sie werden vielmehr in langfristigen biografischen Prozessen angeeignet und können sich nur im Rahmen sozial bereitgestellter Rahmenbedingungen für Verwirklichungschancen entfalten. Im Kontext der Eingliederung in den Arbeitsmarkt gehören dazu die rechtlichen Regelungen und das Handeln der involvierten Institutionen, die Bedingungen des Arbeitsmarktes, das soziale Umfeld und Infrastrukturen zur Entlastung von Care- Arbeit. Insofern AusländerInnen überdurchschnittlich stark von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen sind (Spycher et al. 2006; Guggisberg et al. 2012), ist auch das Migrationsregime von Bedeutung (Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen, Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen). Anhand von zwei kontrastierenden Fallbeispielen alleinerziehender Mütter wollen wir im Folgenden aufzeigen, wie das Zusammenspiel dieser Faktoren die Ver- wirklichungschancen von arbeitsmarktfernen Erwerbslosen beeinflusst. Mütter stellen für das Sozialinvestitionsparadigma in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung dar. Als potenzielle Arbeitskräfte sollen auch sie in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden. Zugleich gilt die Familie als zentraler Ort der Humankapitalproduktion, womit die Funktion der Mutter als (Haupt-)Verantwortliche für das Wohl der Kinder in den Fokus rückt. Auf sozialpolitischer Ebene wird dieses Dilemma durch die Ausblendung der Interessen von Frauen «gelöst» (Lewis und Giullari 2005; Jenson 2009). Für die Institutionen stellt sich die handlungspraktische Frage, ob sie eher in die Erziehungs- oder in die Erwerbsfunktion von Müttern investieren sollen (Nadai 2014). Und für die Mütter bedeutet die Arbeitsmarktzentrierung des © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich Gleichstellung am Rand des Arbeitsmarkts? 357 Sozialinvestitionsparadigmas, dass die «maternalistischen» Sonderregelungen, die sie von der Arbeitspflicht ausnehmen, infrage gestellt werden, ohne dass sie jedoch von Care-Arbeit entlastet werden (Orloff 2006). Bei Alleinerziehenden spitzt sich dieses Dilemma zwischen Ernährerin und Erzieherin sowohl für die Institutionen wie für die Betroffenen zu. Die beiden Fallbeispiele stehen für zwei von vier Handlungsmustern von Erwerbslosen, die wir in unserer Untersuchung beobachtet haben.11 Das Muster der kleinen Schritte fanden wir nur in der Sozialhilfe bei jungen Frauen, deren Entfaltungs- chancen schon früh im Leben beschnitten wurd en und die entsprechend unsicher mit der geforderten beruflichen Eingliederung umgehen. Strategisch-unternehmerisches Handeln zeichnet Erwerbslose aus, die geradezu mustergültig die Norm der Eigen- verantwortung erfüllen, dabei aber von den Institutionen bisweilen eher gebremst als unterstützt werden. Diesem und den beiden anderen Mustern (vgl. Fussnote 11) konnten sowohl KlientInnen der Sozialhilfe wie der ALV zugeordnet werden.12 4.1 «Kleine Schritte» Gül Eker13 ist zum Zeitpunkt der Untersuchung 32 Jahre alt und alleinerziehende Mutter einer elfjährigen Tochter. Als Kleinkind kommt sie mit ihrer Familie aus der Türkei in die Schweiz. Noch vor Abschluss der Sekundarschule wird sie von den Eltern aus der Schule genommen und in die Türkei zurückgeschickt, weil sie einen Freund hat. Nach etwa eineinhalb Jahren wird sie wieder in die Schweiz geholt und arbeitet an verschiedenen Stellen im Verkauf und in der Gastronomie. Seit der Geburt ihrer Tochter ist sie nicht mehr erwerbstätig und mehrheitlich von der Sozialhilfe abhängig. Zum Kindsvater hat sie keinen Kontakt mehr, von ihrer Her- kunftsfamilie wird sie wegen der unehelichen Tochter abgelehnt. Auf Anregung des Hilfesystems holt sie den Sekundarschulabschluss nach und will eine Berufslehre in Angriff nehmen. Der Berufsberater schlägt ihr vor, eine verkürzte Erwachsenenlehre als Verkäuferin zu absolvieren. Das lehnt sie wegen der unregelmässigen Arbeits- zeiten im Verkauf ab. Sie bevorzugt eine Bürolehre. Auf eigenen Wunsch wird sie von ihrer Sozialarbeiterin einem Integrationsprogramm für Frauen zugewiesen. Sie 11 Die beiden anderen sind ein Muster der reaktiven Konformität mit den Erwartungen der Insti- tutionen und ein Muster der Resignation. Aus Platzgründen können wir diese vier Muster und ihre Verschränkung mit institutionellem Handeln hier nicht ausführlich darstellen (vgl. Nadai et al. 2013). 12 Für die Typenbildung wurden zunächst detaillierte Einzelfallanalysen durchgeführt, die sich auf die Bildungs-, Erwerbs- und Familienbiografie, die individuellen Handlungsstrategien in diesen Lebensbereichen und die Unterstützungskarrieren bezogen. Diese wurden in Bezug gesetzt zu den Capabilities (operationalisiert als Verfügung über Zeit, Geld und soziale Unterstützung sowie Mitsprache und Berechtigungen). Auf der Basis der anschliessenden fallvergleichenden Kontrastierung wurde ein Merkmalsraum konstruiert mit den Kategorien «Umgang mit dem Unterstützungssystem», «Bedeutung von Erwerbsarbeit und Care im Lebenszusammenhang» und «Capabilities», in welchem die Fälle verortet wurden. Die so gebildeten Gruppen wurden dann auf interne Homogenität und externe Heterogenität überprüft (vgl. Kelle und Kluge 1999). 13 Alle Namen sind Pseudonyme. © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich 358 Eva Nadai und Alan Canonica arbeitet nun seit elf Monaten dort in der Produktion und im Bürobereich, hat aber ihren Beschäftigungsgrad wegen gesundheitlichen Beschwerden reduziert und das Ziel einer Bürolehre vorläufig sistiert. Bei Frau Eker fällt als erstes auf, dass ihre Verwirklichungschancen schon früh und mit langfristiger Wirkung von der Familie eingeschränkt werden. Durch die Abschiebung in die Türkei werden ihr der Sekundarschulabschluss und eine Berufs- bildung verwehrt; die uneheliche Mutterschaft führt zum Bruch mit der Familie, so dass sie mit ihrer Tochter ohne soziales Netz dasteht. Sowohl in der Herkunftsfamilie als auch später in der Partnerschaft ist sie Opfer von Gewalt.14 In Bezug auf berufliche Pläne und ein selbständiges Leben verhält sie sich vor dem Hintergrund fehlender kultureller, sozialer, gesundheitlicher und ökonomischer Ressourcen ambivalent. Sie unternimmt Schritte in Richtung Arbeitsmarkt, z. B. durch das Nachholen des Sekundarschulabschlusses und die Formulierung beruflicher Wünsche. Mangelndes Selbstbewusstsein bremst sie aber immer wieder: «Irgendwie will ich schon, aber irgendwie tu ich mich selber zurückhalten. Weisst du, selber irgendwie ein Bein stellen, dass ich darüber stolpere». Sie könne momentan «nicht irgendwie zu weit denken», sondern wolle «wirklich kleine Schritte machen». Unterstützung erhält Gül Eker primär vom Sozialstaat, der ihre kleinen Schritte mit einer Vielzahl von Interventionen mitträgt. Aus Sicht der Sozialhilfe ist Frau Eker jung, arbeitsfähig, ohne «Ernährer» und hat ein bereits schulpflichtiges Kind, womit sie gleichzeitig als potenzielle Arbeitskraft und als Erzieherin eines armutsbetroffenen Kindes zum Objekt von Integrationsbemühungen wird. Vor dem schwierigen biografischen Hintergrund stösst die Hilfe allerdings an Grenzen, weil sowohl die persönlichen wie die sozialen Konversionsfaktoren fehlen. Das Hilfe- system reagiert zwar gezielt auf die Bedürfnisse der vulnerablen Klientin. So wird sie als alleinerziehende Mutter mit gesundheitlichen Problemen lange nicht in den Arbeitsmarkt gedrängt und dann beim Erwerb von Qualifikationen und vor allem im Frauenprogramm beim Aufbau von Selbstvertrauen und Fundamentalfähigkeiten unterstützt.15 Die Mutterschaft entbindet sie aber dennoch nicht auf Dauer von der Arbeitspflicht und auf dem Arbeitsmarkt werden Frau Ekers Verwirklichungschancen massiv behindert. Als Care-Leistende kann sie den zeitlichen Flexibilitätsanforderun- gen nicht genügen. Auch für eine Berufslehre – für die sie mit 32 Jahren ohnehin als «zu alt» gilt – müsste sie ein Vollzeitpensum erfüllen. Ohne Ausbildung ist jedoch fraglich, ob sie sich und ihre Tochter tatsächlich mit eigener Erwerbstätigkeit ganz ohne ergänzende Sozialhilfe durchbringen könnte. Bei Frau Eker kumulieren sich negative persönliche und fehlende soziale Konversionsfaktoren zu einer Lebenssi- tuation mit sehr geringen Verwirklichungschancen. 14 Damit ist sie kein Einzelfall: In den beiden von uns untersuchten Frauenprogrammen berichteten die Mitarbeiterinnen, dass viele der Klientinnen von häuslicher Gewalt betroffen seien. 15 Derart langfristige und auf die ganze Person zielende Unterstützung ist nicht die Regel und institutionell nur in der Sozialhilfe möglich, während die Arbeitslosenversicherung lediglich kürzere und eng auf die Stellensuche fokussierte Hilfestellung bieten kann. © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich Gleichstellung am Rand des Arbeitsmarkts? 359 4.2 Strategisches Handeln Nesrin Karimi ist zum Zeitpunkt der Untersuchung 44 Jahre alt. Sie ist vor etwa zehn Jahren vom Iran in die Schweiz eingewandert. In ihrer Heimat hat sie Verwal- tung studiert, aber ihre Diplome werden in der Schweiz nur als Grundschulbildung angerechnet. Sie arbeitet zunächst in der Gastronomie, wird dann schwanger und verliert während ihrer Schwangerschaft die Aufenthaltsbewilligung. Weil sie noch verheiratet ist, wird angeordnet, dass sie zu ihrem Mann zurück in den Iran ziehen soll.16 Dagegen wehrt sie sich erfolgreich und erhält eine neue Bewilligung. Sie wird nun von der Sozialhilfe unterstützt, und als ihr Sohn drei Jahre alt wird, muss sie wieder Arbeit suchen. Die Sozialhilfe schickt sie in eine Beschäftigungsmassnahme, wo sie im Service arbeitet. Nach neun Monaten wird das Programm abgebrochen, weil sie ihre Aufenthaltsbewilligung wieder verliert. Erneut gelingt es ihr, eine Be- willigung zu erhalten, worauf sie sich wieder der beruflichen Integration widmen kann. Ihr Ziel ist nun, eine Lehre als «Fachfrau Betreuung Kind» zu absolvieren. Die Sozialhilfe bietet ihr an, über ein Integrationsprogramm ein dafür notwendiges Praktikum zu absolvieren. Seit zwei Monaten ist sie nun in einem Arbeitseinsatz, sammelt erste berufliche Erfahrungen in einer Kindertagesstätte und schätzt diese Arbeit als ihren «Lieblingsjob». Nesrin Karimis Situation ist geprägt durch das widersprüchliche Handeln staatlicher Institutionen. Während die Sozialhilfe auf ihre Integration in die Schweiz hinarbeitet, werden ihre Verwirklichungschancen von den Migrationsbehörden massiv behindert. Die Aufenthalts bewilli gungen sind «gekommen, verloren, gekommen, verloren, so». Das erschwert die berufliche Planung und sie lebt in Ungewissheit und muss jederzeit ihre Ausweisung befürchten: «Wann werde ich verhaftet und in Ausschaffungshaft gebracht oder solch artige Dinge. Es ist eine sehr schlimme Zeit ge- wesen.» Erst als ihr Aufenthaltsstatus in der Schweiz geklärt ist, kann sie längerfristige Ziele ins Auge fassen. Die Unsicherheit hat auch Auswirkungen auf die Sozialhilfe, wo man einen Einsatz in einem Beschäftigungsprogramm abbrechen muss und aus Sicht von Frau Karimi zu spät eine berufsqualifizierende Strategie einleitet. Sie ist überzeugt, dass sie ohne eine neue berufliche Ausbildung keine eigenständige Existenzsicherung erreichen kann: «Aber wirklich, ich weiss, wenn ich nicht etwas lerne, komme ich nicht weiter.» Sie hätte sich gewünscht, das Praktikum bereits zu dem Zeitpunkt ab- solviert zu haben, als ihr Kind noch in der Krippe war, denn jetzt müsse sie vermehrt für ihren Sohn da sein, weil die Einschulungszeit «anstrengend für das Kind ist». In Frau Karimis Fall trifft ein standardisierendes Unterstützungssystem auf eine hoch motivierte, engagierte und selbstbewusste Erwerbslose, die geradezu idealtypisch die «unternehmerische» Klientin verkörpert und selbst eine Investitionsperspektive einnimmt. Im Unterschied zu Gül Eker verfügt sie über Fundamentalfähigkeiten, um Hilfe in Verwirklichungschancen umsetzen zu können. Allerdings wird auch sie durch die sozialen Rahmenbedingungen behindert. Durch die Migration steht 16 Die Ehe wird später geschieden. © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich 360 Eva Nadai und Alan Canonica ihr Aufenthaltsrecht zur Disposition und ihr kulturelles Kapital wird weitgehend entwertet, so dass sie wie viele qualifizierte Migrantinnen einen sozialen Abstieg hin- nehmen muss (vgl. Riaño 2008). Von der Sozialhilfe wird sie anfänglich stereotyp als unqualifizierte, der Sprache nicht mächtige Migrantin und Mutter eines Kleinkinds behandelt, die man in ein Beschäftigungsprogramm ohne Perspektiven abschiebt, welches sie als «Strafplatz» und «Endstation» erlebt. Auf dem Arbeitsmarkt muss sie als Alleinerziehende ohne familiäre Unterstützung hohe Hürden überwinden. Aktuell kann sie nur ein 60 Prozent-Pensum absolvieren, was schon bei der Suche nach einem Praktikumsplatz Schwierigkeiten bereitet und für die angestrebte Lehre zu wenig wäre. Falls sie als 44-Jährige noch eine Lehrstelle findet, wird sie weiter auf Sozialhilfe angewiesen sein und selbst mit einem Abschluss wäre ihre finanzi- elle Lage prekär, wenn sie nur Teilzeit arbeiten würde. In ihrem Fall verschränken sich die Benachteiligungen als Migrantin mit institutionell zunichte gemachtem Bildungskapital und prekärem Aufenthaltsstatus, als alleinerziehende Mutter ohne soziales Netz und als Auszubildende im «falschen» Alter dergestalt, dass sie ihre persönlichen Fähigkeiten trotz hoher Motivation und strategischem Handeln nur begrenzt in Verwirklichungschancen umwandeln kann. Insbesondere wird ihr zu Beginn der Unterstützung in paternalistischer Bevormundung die “capability for voice” verwehrt, wodurch sich ihre berufliche Eingliederung verzögert. 5 Fazit Das Sozialinvestitionsparadigma rechnet mit grundsätzlich handlungsfähigen Akteuren, die mit Druck und relativ geringen Ersatzinvestitionen den Schritt in den Arbeitsmarkt schaffen. Die beiden hier präsentierten Fallbeispiele und unsere weiteren 20 im Detail analysierten Fälle zeigen, dass Beschäftigungsfähigkeit weitaus voraussetzungsvoller ist. Dies gilt erst recht für die Bereitstellung von Verwirkli- chungschancen, die wir als normativen Massstab für eine Sozialinvestitionsstrategie postuliert haben. Die “capability for work”, “for care” und “for voice” (Dean et al. 2005) sind abhängig von biografisch geprägter individueller Handlungsfähigkeit und sozialen Konversionsfaktoren wie Unterstützung durch Familie, soziale Netze und den Sozialstaat, von institutionellen Berechtigungen sowie den Bedingungen des Arbeitsmarkts. Für erwerblose Frauen (insbesondere Mütter), die wie Gül Eker mehrfach belastet sind, ist es nur bedingt möglich, Sozialinvestitionen in Verwirk- lichungschancen umzusetzen. Das gilt auch für «unternehmerische» Erwerbslose wie Nesrin Karimi, die ebenso angewiesen sind auf ermöglichende gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie eine Care-Infrastruktur, familienkompatible Arbeitszeiten, Qualifizierungsa ngebote, existenzsichernde Löhne u. a. m. Die Unterstützung von Erwerbslosen zielt primär auf die Förderung von Beschäftigungsfähigkeit. Wie gezeigt, handelt es sich dabei um höchst selektive © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich Gleichstellung am Rand des Arbeitsmarkts? 361 Ersatzinvestitionen, die nicht individuelle Defizite oder strukturelle Startnachteile kompensieren, sondern bestehende Ungleichheiten reproduzieren. Bevorzugt wird in der Tat der “disembodied worker” (Acker 1991), der nah am Arbeitsmarkt und frei von ausserberuflichen Belastungen ist: qualifiziert, mit Berufserfahrung, ohne Care-Verpflichtungen oder unterstellte kulturelle Fremdheit. Solange sie frei von privater Care-Arbeit sind, werden Frauen gleich wie Männer als “adult worker” behandelt. Sobald sie Kinder haben, werden sie jedoch v. a. in der Sozialhilfe in Paarhaushalten als Teil eines “one-and-a-half-breadwinner”-Arrangements (Lewis 2001) und sekundäre Investitionsobjekte wahrgenommen. Alleinerziehende irritieren die Aktivierungspraxis besonders und nehmen eine ambivalente Position zwischen potenzieller Arbeitskraft und Erzieherin ein. Hingegen werden bisweilen gerade die besonders arbeitsmarktfernen Erwerbs- losen bei der Entwicklung von persönlichen Fähigkeiten gefördert. Wie im Beispiel von Gül Eker wird ihnen mehr Zeit und Raum für persönliche Standortbestimmungen, berufliche Richtungswechsel und die Entwicklung von Fundamentalfähigkeiten zugestanden. Ihr Selbstwertgefühl wird gestärkt, und sie werden dabei unterstützt herauszufinden, was sie können, was sie wollen und wie sie ihre Ziele mit kleinen Schritten konkret in Angriff nehmen können. Für manche der von uns interviewten Frauen aus bildungsfernen Milieus war es eine neue Erfahrung, zur Artikulierung beruflicher Wünsche ermuntert zu werden und mit Unterstützung erste Schritte zu deren Realisierung machen zu können. Diese Schritte werden sie nicht heute oder morgen in den Arbeitsmarkt und zu ökonomischer Unabhängigkeit führen, aber vielleicht mittel- oder langfristig zu mehr Autonomie und Verwirklichungschancen. Selbstbestimmung wird jedoch allen Erwerbslosen insofern verwehrt, als So- zialinvestitionen immer schon auf die Arbeitsmarktteilnahme aller arbeitsfähigen Erwachsenen zielen. In dieser Hinsicht treffen sich das Sozialinvestitionsparadigma und die Gleichstellungspolitik: Sie pflegen gleichsam eine “apotheosis of work” (Gil- bert 2008, 97). Erwerbsarbeit, so Gilbert, sei von einer kleinen Schicht privilegierter Feministinnen zum primären Ort von Selbstbestimmung und -verwirklichung für alle Frauen verklärt worden. Für unsere Untersuchungspopulation, erwerbslose Frauen mit geringem kulturellem Kapital, sind ökonomische Unabhängigkeit und eine selbstbestimmte und subjektiv sinnstiftende Arbeit nur schwer erreichbar, vor allem wenn sie (allein) für Kinder sorgen müssen. Das Leitbild der universalen Er- werbsbürgerschaft des Sozialinvestitionsparadigmas erweist sich für sie als ambivalente Errungenschaft. Einerseits werden nun auch sie zur Zielgruppe von Investitionen in Humankapital. Anderseits werden Sonderregelungen, welche die Reproduktions- arbeit von Müttern in Rechnung stellen, zunehmend aufgehoben (Orloff 2006). Ohne Nachqualifizierung und Zugang zu familienergänzender Kinderbetreuung ist diesen Frauen nur Teilzeitarbeit in Tätigkeiten mit tiefen Löhnen und oft prekären Beschäftigungsverhältnissen zugänglich, so dass sie mit einiger Wahrscheinlichkeit trotz eigener Erwerbstätigkeit weiterhin keine ökonomische Unabhängigkeit erreichen © 2014; Schweizerische Gesellschaft für Soziologie und Seismo Verlag, Zürich 362 Eva Nadai und Alan Canonica können. Eingliederung in den Arbeitsmarkt stellt unter diesen Umständen nicht per se eine Verwirklichungschance dar, sondern vor allem eine weitere Belastung, zusätzlich zur Sorgearbeit für die Familie und zum Stress eines Lebens in Armut. 6 Literaturverzeichnis Acker, Joan. 1991. Hierarchies, jobs, bodies. A theory of gendered organizations. S. 163–179 in The Social Construction of Gender, hrsg. von Judith Lorber und Susan A. Farrell. Newbury Park: Sage. Aeppli, Daniel C. und Thomas Ragni. 2009. Ist Erwerbsarbeit für Sozialhilfebezüger ein Privileg? Bern: Seco. Baumgartner, Doris A. 2008. Die flexible Frau. Frauenerwerbsarbeit im Werte- und Strukturwandel. Zürich: Seismo. Betzelt, Sigrid, Joachim Lange und Ursula Rust (Hrsg.). 2009. Wer wird «aktiviert» – und warum (nicht)? Erste Erkenntnisse zur Realisierung der gleichstellungspolitischen Ziele des SGB II. Rehburg Loccum: Evangelische Akademie Loccum. BFS (Bundesamt für Statistik). 2010. 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