"Entmietet" und verdrängt werden. Perspektiven betroffener Mieter*innen auf ihre Wohnungskündigung im Kontext baulicher Aufwertung und Verdichtung und ihr Umgang damit

Abstract

Der Brief der Wohnungsverwaltung ist eingetroffen, oder man weiß bereits von Nachbar*innen, dass er bald im eigenen Briefkasten liegen wird. Mit der Begründung, dass das gesamte Haus saniert oder abgerissen werden soll, wird darin die zeitnahe Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen. Man ist früher oder später gezwungen, aus der Wohnung auszuziehen; auf vielen Mieter*innen lastet zudem der Druck, das Quartier zu verlassen, um überhaupt eine neue, für sie bezahlbare Wohnung zu finden. Gegen diese Form direkter Verdrängung können sich die Mieter*innen unter den aktuellen Bedingungen des Mietrechts nur bedingt wehren. Die im Rahmen einer qualitativen Studie gewonnenen Daten, die sich auf Fallbeispiele aus Siedlungen in einem angespannten Wohnungsmarkt im Schweizer Mittelland beziehen, geben bisher nicht vorhandene Einblicke in dieses zentrale Wohnthema: die direkte Verdrängung von Mieter*innen im Kontext baulicher Aufwertung und Verdichtung nach Innen. Systematisch von den Perspektiven Betroffener ausgehend, wurden deren unterschiedliche Strategien, mit dem (drohenden) Wohnungsverlust umzugehen, eruiert (und zugleich versteckte Verfahrensweisen renditeorientierter institutioneller Investor*innen sichtbar gemacht). Aus den subjektorientierten Erkenntnissen ließen sich letztlich – im Stil der Grounded Theory – gegenstandsverankerte theoretische Modelle zum Erleben von und Umgang mit direkter Verdrängung entwickeln.