Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW

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  • Publikation
    Menschliche Adaptionsleistung im Spannungsfeld von Heroisierung, stillschweigend akzeptierter, operativer Voraussetzung und Kriminalisierung
    (18.11.2019) Ritz, Frank
    Wurde menschliche Adaptionsleistung bislang als Voraussetzung für eine sicherheitsbezogene Aufgabenerfüllung weitgehend unterschätzt, rückt sie nun zunehmend in den Fokus des sicherheitswissenschaftlichen Interesses. Stark variierende situative Anforderungen führen dazu, dass zuverlässigkeitsbasierte Handlungskonzepte bei operativen Tätigkeiten an ihre Grenzen stossen. D.h., Sicherheit lässt sich in bestimmten Situationen nicht dadurch aufrechterhalten, dass vordefinierten Prozessvorgaben gefolgt wird. Abweichende Handlungen werden in zahlreichen Arbeitsbereichen zwar toleriert und z.T. sogar voraussetzt, über diese „Grauzone“ hinaus exponieren sich Mitarbeitenden allerdings oftmals durch abweichende Anpassungshandlungen. Sie streben bspw. an, Sicherheit aufrechtzuerhalten, wenn bewährte organisationale Standards nicht greifen. Dabei begeben sie sich in ein Spannungsfeld, das von juristischen Konsequenzen bis hin zur Held/inn/enverehrung vieles bereithält. Dieser Vortrag beschreibt verschiedenartige Formen von Adaptionshandlungen und -motiven im Kontext von (Un-)Sicherheit und weist auf deren zunehmende Bedeutung im Sicherheitsmanagement hin.
    06 - Präsentation
  • Publikation
    Aufsicht durch das Bundesamt für Verkehr (BAV) und vorschriftenkonformes Verhalten in der betrieblichen Praxis - Regulation von Human-Factors-Themen im Bahnverkehr durch das Bundesamt für Verkehr (3)
    (Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW, 24.01.2019) Ritz, Frank; Brüngger, Jonas
    Im Bahnbetrieb sind Verstösse von Vorschriften relativ häufig zu beobachten (vgl. Ritz, & Brüngger, 2017). Um ein besseres Verständnis über ursächlichen Faktoren, die an der Ent-stehung von Vorschriftenverstössen beteiligt sind, zu erlangen, wurde eine theoriegestützte, multimethodische Untersuchung durchgeführt. Dabei wurden Sicherheitschefs verschiedener EVU (bzw. von Drittfirmen) inWorkshops und Interviews zum Thema Fehlpassungen von Vor-schriften und operativen Anforderungen beim Arbeiten auf Arbeitsstellen im Bahnbetrieb be-fragt. Die Ergebnisse werden in drei Themenbereiche strukturiert, innerhalb derer zehn Beispielfälle von Vorschriftenverstösse beschrieben und die entsprechenden Fehlpassungen thematisiert werden. Im ersten Themenbereich „Umgang mit Strom“ wird auf Beispiele zur unvorschriftsgemässen Erdung und zur Ausserkraftsetzung von Begrenzungen bei Maschinen eingegangen. Der zweite Themenbereich „passierende Züge“ widmet sich der Missachtung von Warnsyste-men, der unvorschriftsgemässen Fortsetzung von Arbeiten während Zugvorbeifahrten, dem Abgeben inadäquaterWarnsignale, der Verwendung „unvorschriftsgemässer“Warnmittel und dem Verletzen des Lichtraumprofils mit Maschinen. Im dritten Themenbereich „unpassende Personalplanung“ werden Verstösse durch fehlendes Sicherheitspersonal, unzureichende Sprachkompetenzen und fehlenden Streckenkenntnis-sen beschrieben. In den jeweiligen Themenbereichen wird einerseits aufgezeigt, mit welcher - durch die betrei-ligten Sicherheitschefs wahrgenommenen - Häufigkeit die beschriebenen Verstösse began-gen werden und andererseits wird beschrieben, welche zusätzlichen Massnahmen getroffen werden könnten, durch die das veränderte Risiko-/Gefahrenpotenzial des jeweiligen Verstos-ses minimiert werden könnte. Entsprechend wird für jeden Beispielfall eine Beschreibung ur-sächlicher Umstände, die einen Verstoss begünstigen, gegeben und ergänzt durch die Erhe-bung der wahrgenommen Verstosshäufigkeiten. Letztere ist zwar nicht als statistisch abgesi-cherte Kennzahl zu verstehen, kann jedoch gleichwohl im Sinne eines Indikators eines Früh-warnsystems verstanden werden, der im Kontext des jeweiligen Arbeitskontext einen sicher-heitsrelevaten Einflussfaktor darstellt. Für jedes der ausgearbeiteten Beispiel werden sich teil-weise ergänzende Strategien beschrieben, die als Grundlage für eine weiterführende Diskus-sion zu betrachten sind, um die zugrundeliegenden Fehlpassungen der Vorschriftenverstösse 7 im operativen Betrieb zu regulieren. Diese Strategien sind aus der allparteilichen, wissen-schaftlichen Perspektive der Verfasser beschrieben und stehen im Spannungsfeld von An-passungen der operativen Anforderungen durch die beteiligten Betreiberorganisationen und/oder durch Anpassungen der betreffenden regulatorischen Vorschriften. Der Anspruch, der durch diese spezifischen Strategien erwächst, zielt nicht auf eine unmittelbare behördliche Entscheidung und Umsetzung ab, sondern skizziert vielmehr den Rahmen für einen grund-sätzlichen mittel- und längerfristigen systemstischen innerbehördlichen Dialog über das Thema der adäquaten Berücksichtigung von Human Factors bei der Organisation von sicher-heitsbezogenen Vorschriften. D.h., dass potenzielle Interventionsentscheide durch die Be-hörde selbst zu treffen sind, nach eigener Risikoabwägung und/oder – ermittlung. Wobei die grundsätzliche Frage danach, wie Vorschriften und betriebliche Praxis bestmöglich in Ein-klang zu bringen sind, kontinuierlich von berücksichtigt werden sollte. Hierzu kann die vorlie-gende Studie lediglich erste die im Fazit zusammengefassten, übergeordneten Anhaltspunkte liefern. Das Fazit weist aus, dass Verstösse oftmals auf operative- Anforderungen zurückgeführt wer-den können, die ähnliche ursächliche Muster aufweisen. Diese können grob kategorisiert wer-den, als: 1. Fehler in der Planung von Arbeiten; 2. Aufrechterhaltung oder Maximierung der Wirtschaftlichkeit als priorisierte Zielgrösse; 3. Verhinderung von „Unbequemlichkeit“ bei der operativen Aufgabenbewältigung. Um die Planungsfehler zu verhindern, die später in Vorschriftenverstösse münden, werden Schulungen, exemplarische Leitfäden und zusätzliche Prüfschleifen im Planungsprozess empfohlen. Um die auf eine, gegenüber der Sicherheit priorisierte, Maximierung der Wirtschaftlichkeit von Vorschriftenverstössen zu verhindern, scheint eine Trennung der verschiedenen Interessen, für Wirtschaftlichkeit und Sicherheit, notwendig.Wobei entsprechende Kompetenzen und Ver-antwortlichkeiten zu regeln sind. In diesem Sinne scheint besonders wichtig, dass Sicherheits-ziele von Vorschriften möglichst konkret und anwendungsgerecht formuliert werden. Hier-durch könnten bspw. Führungskräfte (Kader) darin unterstützt werden, mit Mitarbeitenden handlungswirksame Sicherheitsziele zu vereinbaren und einen angemessenen Erfahrungs-rückfluss in die Organisationen zu initiieren. 8 Um „Unbequemlichkeit“ als Grund für Verstösse zu eliminieren, wird die Berücksichtigung der jeweiligen aufgabenspezifischen Bedürfnisse von Mitarbeitenden vorgeschlagen. Diese soll-ten, ebenso wie der zuvor genannte Aspekt der sicherheitsbezogenen Priorisierung, durch Vorgesetzte, unter Bezugnahme auf konkret formulierte Sicherheitsziele von spezifischen Vorschriften, direkt reguliert werden können. Um zu einer umfassenderen Einschätzung über die ursächlichen Faktoren sicherheitsrelevan-ter Vorschriftenverstössen gelangen zu können, wird empfohlen, weitere Berufsgruppen im Bahnbetrieb (Fahrdienstleitende, Lokführer, Zugvorbereitung) praxisgerecht zu befragen.
    05 - Forschungs- oder Arbeitsbericht